974. Sitzung des Bundesrates am 15. Februar 2019
A
Der federführende Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen zuzustimmen:
1. Zu Artikel 1 Nummer 4 und 6 (§ 19 Absatz 3 Satz 1 und § 32 Absatz 9 StromNEV)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
- a) In Nummer 4 ist das Wort "Niederspannung" durch die Wörter "Umspannung Mittel-/Niederspannung" zu ersetzen.
- b) In Nummer 6 sind in § 32 Absatz 9 nach dem Wort "Niederspannung" die Wörter "oder in Umspannung Mittel-/Niederspannung" einzufügen.
Begründung:
Ein gesondertes Netzentgelt für singulär genutzte Betriebsmittel ist nach seinem Sinn und Zweck nur oberhalb der Umspannebene Mittel-/Niederspannung sachgerecht. Ein gesondertes Netzentgelt bei ausschließlich genutzten Anlagen der Umspannebene Mittel-/Niederspannung oder von Niederspannungsleitungen war vom Verordnungsgeber nicht gewollt und führt zu Zufälligkeiten bei der Netzentgeltbildung in den Netzebenen Umspannung Mittel-/Niederspannung und Niederspannung. Vielfach handelt es sich bei derartigen Anschlusskonstellationen um Zufälligkeiten, für die eine Privilegierung weder angemessen noch sachdienlich ist. Folglich sind auch die Betriebsmittel der Umspannung Mittel-/Niederspannung von der Privilegierung auszuschließen, und die vom Verordnungsgeber vorgesehene Übergangsregelung ist um die Betriebsmittel der Umspannung Mittel-/Niederspannung zu ergänzen.
2. Zu Artikel 2 Nummer 9 Buchstabe c (§ 34 Absatz 11 Satz 1 und 1a - neu - ARegV)
In Artikel 2 Nummer 9 Buchstabe c ist § 34 Absatz 11 wie folgt zu ändern:
- a) In Satz 1 sind nach der Angabe " § 23 Absatz 1 Satz 4 und 5" die Wörter "sowie Absatz 1a" einzufügen.
- b) Nach Satz 1 ist folgender Satz einzufügen:
"Für alle Investitionsmaßnahmen, die vor dem 31. Dezember 2018 beantragt wurden, findet § 23 Absatz 1 Satz 4 in der bis zum [Datum des Inkrafttretens der Verordnung nach Artikel 5] geltenden Fassung Anwendung."
Begründung:
Die Änderungen haben zum Ziel, die bisher für Investitionsmaßnahmen bestehende Betriebskostenpauschale von 0,8 Prozent aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit unverändert für alle diejenigen Investitionsmaßnahmen zu erhalten, die bis zum 31. Dezember 2018 beantragt wurden. Die bisher vorgesehene Vertrauensschutzregelung gemäß § 34 Absatz 11 - neu - ARegV bezieht sich lediglich darauf, dass für diese Investitionsmaßnahmen die bereits erteilte oder noch zu erteilende Genehmigung spätestens mit dem Ablauf der dritten Regulierungsperiode endet. Damit wäre für diejenigen Anträge auf Genehmigung von Investitionsmaßnahmen, die vor dem Inkrafttreten der Änderungsverordnung gestellt, aber noch nicht verbeschieden wurden, jedenfalls ab dem Inkrafttreten der Änderungsverordnung lediglich eine stark abgesenkte Betriebskostenpauschale gemäß § 34 Absatz 12 - neu - ARegV genehmigungsfähig. Dies widerspricht - insbesondere aufgrund der langen und komplexen Investitionsplanungen für Investitionsmaßnahmen - jedoch dem begründeten Vertrauen der Netzbetreiber in die Beständigkeit der Rechtslage. Es erschiene willkürlich, Netzbetreiber, deren Anträge bereits vor längerem gestellt, die aber durch Zufälligkeiten im Verwaltungsablauf der Bundesnetzagentur derzeit noch nicht verbeschieden sind, schlechter zu behandeln als diejenigen Netzbetreiber, deren Genehmigungen bereits erteilt und damit bestandskräftig sind. Da der Vertrauensschutz der Netzbetreiber hinsichtlich zukünftiger Änderungen der Betriebskostenpauschale bereits aufgrund des Kabinettbeschlusses der Änderungsverordnung erschüttert ist, sieht die vorgeschlagene Regelung vor, dass von der Fortgeltung der bisherigen Betriebskostenpauschale lediglich diejenigen Netzbetreiber profitieren, die bis zum 31. Dezember 2018 Anträge auf Genehmigung von Investitionsmaßnahmen gestellt hatten.
B
3. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit empfiehlt dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes zuzustimmen.
C
4. Der federführende Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat ferner, folgende Entschließung zu fassen:
- a) Der Bundesrat stellt fest, dass unser Energieversorgungssystem zum Gelingen der Energiewende ganzheitlich betrachtet und insbesondere unsere leitungsgebundene Energieversorgung enger gekoppelt werden muss.
- b) Der Bundesrat bekräftigt, dass die direkte Energienutzung dem Grundsatz des "Efficiency First" grundsätzlich am besten genügt. Er stellt zugleich auch fest, dass elektrische Energieerzeugung aus Erneuerbaren Energien zunehmend abgeregelt wird, weil der Strom nicht abtransportiert werden kann und damit Strom aus Erneuerbaren Energien in erheblichem Umfang nicht sinnvoll genutzt werden kann. Die Energiewandlung ist ein wirksames Instrument, das eine Nutzung dieser Energie ermöglicht und zugleich den Zielen der sicheren, sauberen und bezahlbaren Energieversorgung dient.
- c) Der Bundesrat hält es für unerlässlich, Strom- und Gasnetz systemdienlich zu koppeln, um die Sektorkopplung zu stärken und die gut ausgebaute Gasinfrastruktur zu nutzen, um die dargebotsabhängige Stromerzeugung mit den Bedarfen in Einklang zu bringen und Energie in den benötigten Mengen zwischenzuspeichern.
- d) Der Bundesrat begrüßt, dass künftig Strom- und Gasnetz verstärkt gemeinsam geplant und betrachtet werden sollen. Er fordert die Bundesregierung auf, künftig auch Wasserstofferzeugung, -speicherung und -bedarf für Mobilitätszwecke und die Industrie in die Betrachtungen noch eingehender zu integrieren.
5.
- e) Der Bundesrat sieht die Notwendigkeit, zur Nutzung des weiteren erheblichen Aufwuchses Erneuerbarer Energien den Ausbau des Stromübertragungsnetzes zügig voranzutreiben und zugleich die Entwicklung, den Bau und die Nutzung großtechnischer Elektrolyseanlagen zu fördern.]
- f) Der Bundesrat ist der Auffassung, dass schon heute mit der Errichtung von großtechnischen Elektrolyseanlagen mit mehr als 50 Megawatt (MW) Leistung begonnen werden muss, damit bis 2030 die Skalierung, die Weiterentwicklung der Produktionstechnik für die Anlagen und deren Netzintegration gelingt.
- g) Der Bundesrat stellt fest, dass derzeit die für das Gelingen der Energiewende unerlässliche Wasserstoffelektrolyse noch nicht wirtschaftlich ist. Er fordert die Bundesregierung auf, ein Markthochlaufprogramm aufzulegen, mit dem die Erstellung großtechnischer Anlagen zur elektrolytischen Wasserstofferzeugung ermöglicht wird.
- h) Zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit der Energieversorgung erachtet es der Bundesrat für erforderlich, großtechnische Elektrolyseanlagen in räumlicher Nähe zu den Schwerpunkten der Energieumwandlung und -speicherung aus Erneuerbaren Energien oder zur Gasleitungsinfrastruktur zu bauen.
- i) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, zu prüfen, welche europarechtskonformen Änderungen des Energiewirtschaftsrechts geeignet sind, um die benannten Ziele zu erreichen. Änderungen des bestehenden Rechtsrahmens sind eine dringend erforderliche Bedingung dafür, dass Elektrolyseanlagen als Transformatoren zur Verknüpfung von Strom- und Gasnetzen errichtet und kostenmäßig berücksichtigt werden können. Der Bundesrat bittet, entsprechende Rechtsänderungen kurzfristig in das laufende Rechtsetzungsverfahren einzubringen.
- j) Der Bundesrat hält es für geboten, dass die ersten Anlagen mit einer Gesamtleistung von 1.000 MW im Rahmen eines Markthochlaufprogramms durch entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen für die Investoren ermöglicht werden.