Artikel 196 AEUV bewirkt somit bereits vom Wortlaut her eine Eingrenzung des Tätigkeitsfelds der EU, die sich aus Artikel 308 EGV (heute: Artikel 352 AEUV) noch nicht herleiten ließ. Damit ist es der EU verwehrt, einen eigenständigen Katastrophenschutz zu betreiben. Sie hat sich vielmehr auf akzessorische Maßnahmen zu beschränken, die die Mitgliedstaaten nicht aus ihrer primär verantwortlichen Rolle herausdrängen. Normzweck und rechtspolitische Intention des Artikels 196 AEUV als "Unterstützungskompetenz" beschränken die EU mithin darauf, den Mitgliedstaaten bei der Wahrnehmung ihrer Schutzverantwortung an der Seite zu stehen. Nach Maßgabe dieser Grundregel erweisen sich aus Sicht des Bundesrates verschiedene Bestandteile des Legislativakts als problematisch. Im Einzelnen ist hierzu folgendes festzustellen:
- - Die Begriffsdefinitionen der "Katastrophe" (jede Situation, die schädliche Auswirkungen auf Menschen, Umwelt oder Eigentum hat oder haben kann) im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 bzw. der "schweren Katastrophe" (jede Situation, die schädliche Auswirkungen auf Menschen, Umwelt oder Eigentum hat oder haben kann und Anlass zu einem Hilfeersuchen im Rahmen des Verfahrens geben kann) im Sinne des Artikels 4 Absatz 2 lassen nach Auffassung des Bundesrates aufgrund mangelnder Definitionsschärfe nicht hinreichend zuverlässig die Anwendbarkeitsgrenzen der Bestimmung erkennen. Der Bundesrat verkennt nicht, dass die Definitionen des Legislativvorschlags inhaltsgleich an Artikel 3 Absatz 1 der Entscheidung des Rates vom 8. November 2007 über ein Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz (Neufassung) angelehnt sind; dies indes findet seine Erklärung in dem Umstand, dass die Entscheidung des Rates über das Gemeinschaftsverfahren (Neufassung) auf Artikel 308 EGV gestützt war und diese Bestimmung auch den weiten Bereich "schwerer Notfälle" im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 des Gemeinschaftsverfahrens (Neufassung) abdeckte. Im einschlägigen Schrifttum werden für den Fall eines Neuerlasses der Ratsentscheidung deutliche Zweifel angemeldet, ob der sachlich engere Artikel 196 AEUV als Kompetenzgrundlage zur Verfügung steht (vgl. Grabitz/Hilf AEUV Artikel 196 Rn. 18). Der Bundesrat schließt sich diesen Zweifeln an und erwartet, dass der Begriff der Katastrophe näher am Normzweck des Artikels 196 AEUV als Extremereignis mit außergewöhnlichen Schadensfolgen beschrieben wird, die von den unmittelbar betroffenen Menschen nicht selbst bewältigt werden können.
- - Soweit Artikel 3 Absatz 1 des Legislativvorschlages "Spezifische Ziele" für das Katastrophenschutzverfahren der EU formuliert, tritt der Bundesrat diesen im Grundsatz bei, erkennt aber in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b - "bessere Vorbereitung der Union auf den Katastrophenfall" - erneut einen konzeptionellen Fehler: Eben nicht die EU soll in der Lage sein, wirkungsvoll auf Katastrophen zu reagieren, sondern die Mitgliedstaaten.
Artikel 3 Absatz 2 des Beschlussvorschlags bestimmt, dass die Fortschritte bei der Verwirklichung der zuvor genannten spezifischen Ziele anhand von unterschiedlichen Indikatoren bewertet werden sollen. Die Durchführung dieser Bewertung soll ganz offensichtlich, ohne dass dies eigens formuliert wird, der Kommission obliegen.
Mit diesem Ansatz, der keinerlei Entsprechung im bislang gültigen Regelwerk findet, geht die Kommission nach Auffassung des Bundesrates deutlich über das Maß an Regelungsintensität hinaus, das für die Verwirklichung der genannten Ziele erforderlich ist. Ein derart gestaltetes Katastrophenmanagement mit kontrollähnlichen Befugnissen der Kommission stellt einen qualitativen Unterschied gegenüber der Struktur des Artikels 196 AEUV als bloßer Unterstützungskompetenz dar und ist nach Überzeugung des Bundesrates nicht haltbar. Die in Artikel 3 Absatz 1 genannten spezifischen Ziele rechtfertigen jedenfalls keinerlei Beschränkungen mitgliedstaatlicher Autonomie durch die Etablierung eines Bewertungs- und letztlich Kontrollsystems auf EU-Ebene.
- - Im Rahmen der Präventionsmaßnahmen sieht Artikel 6 des Beschlussvorschlags die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Vorlage in Artikel 4 Absatz 9 näher definierter nationaler Risikomanagementpläne bis spätestens 2016 vor. Damit soll eine effektive Kooperation innerhalb des Gemeinschaftsverfahrens sichergestellt werden.
Der Bundesrat merkt hierzu folgendes an:
Im Risikomanagement wird generell zwischen proaktiven (Vermeidungsmöglichkeiten/Maßnahmen zur Verringerung der Eintrittswahrscheinlichkeit) sowie reaktiven Planungsbestandteilen (Maßnahmen nach dem Eintritt der Katastrophe) unterschieden. Für die daraus gegebenenfalls abgeleitete Alarm- und Einsatzplanung sowie die Organisation von Ressourcen sind in Deutschland die Katastrophenschutzbehörden der Länder und die kommunalen Gebietskörperschaften zuständig.
Auf EU-Ebene gibt Artikel 196 Absatz 1 Buchstabe a AEUV den Rahmen für gemeinschaftliches Agieren im Präventionsbereich vor. Danach soll die EU die Tätigkeit der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Risikoprävention unterstützen und ergänzen. Nach Ansicht des Bundesrates geht die in Artikel 6 geforderte Aufstellung und Vorlage von Risikomanagementplänen deutlich über diese Prämisse hinaus. Insbesondere bei den reaktiven Anteilen der Risikomanagementplanung ist eine operative Ausrichtung unverkennbar und tangiert damit Kernkompetenzen der Länder. Somit läge es in deren Ermessen, ob eine entsprechende Planung nötig und auch realisierbar ist.
Zudem erscheint es nach Ansicht des Bundesrates zumindest fraglich, ob die Vorlage nationaler Risikomanagementpläne tatsächlich die Wirksamkeit der Zusammenarbeit im Rahmen des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz gewährleistet. Jedenfalls soll die Anforderung von Hilfseinheiten im Fall von eingetretenen oder drohenden Großschadenslagen auch zukünftig durch den betroffenen Mitgliedstaat selbst erfolgen. Dieser hat in der Anforderung anzugeben, für welche Einsatzbereiche er in welchem Umfang Hilfskräfte benötigt. Es ist folglich nicht Aufgabe der Kommission, dies zu prüfen und ggf. die Anforderung anhand nationaler Risikomanagementpläne anzupassen. Aufgrund zweifelhafter Kompetenzgrundlage und fehlender fachlicher Notwendigkeit lehnt der Bundesrat daher die Verpflichtung zur Aufstellung nationaler Risikomanagementpläne ab.
- - Artikel 7 Buchstabe a des Beschlussvorschlags sieht die Einrichtung und Verwaltung eines Notfallabwehrzentrums (ERC) vor, welches rund um die Uhr als Koordinierungszentrale für Einsätze im Rahmen des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz zur Verfügung stehen soll und zu diesem Zweck mit den nationalen Kontaktpunkten in Verbindung steht. Gemäß Artikel 11 Absatz 6 stellt das ERC, z.B. im Falle der Aktivierung des Gemeinschaftsverfahrens, die registrierten Einheiten der Europäischen Notfallabwehrkapazität auf Ersuchen der Kommission für Einsätze zur Verfügung. Zusammenfassend wird dem ERC zumindest eine Monitoring-, Informations- und Koordinierungsfunktion zugewiesen; eine detaillierte Beschreibung der Kompetenzen im Rahmen des Beschlussvorschlages unterbleibt.
Mit Blick auf die mit der anstehenden Fortentwicklung und Erweiterung des "Monitoring and Information Center" (MIC) verbundenen Ziele bleibt daher die Mitteilung "Auf dem Weg zu einer verstärkten europäischen Katastrophenabwehr: die Rolle von Katastrophenschutz und humanitärer Hilfe" vom 26. Oktober 2010 maßgeblich, wonach die Überführung des bisherigen MIC in das ERC "einen inhaltlichen Übergang vom reinen Informationsaustausch und der Reaktion auf Katastrophen hin zu einer proaktiveren Rolle bei Planung, Überwachung, Vorbereitung, operativer Koordinierung und Logistikunterstützung" mit sich bringen soll. Darüber hinaus wird der Ausbau zu einer Plattform, die andere an der Bewältigung von Großkatastrophen beteiligte Dienste unterstützen soll, in Aussicht gestellt.
Bereits mit der Stellungnahme vom 17. Dezember 2010 (BR-Drucksache 701/10(B) ) hat der Bundesrat darauf hingewiesen, dass im vorbeschriebenen Zusammenhang die Möglichkeit einer Übernahme und Bündelung nationaler Kompetenzen aufscheint. Der Bundesrat bekennt sich deshalb auch weiterhin nachdrücklich zu einer Stärkung der Funktionsfähigkeit des MIC als gut etablierte Informations-, Beratungs- und Koordinierungsplattform. Gleichzeitig unterstreicht der Bundesrat, dass eine Umgestaltung zu einer operativen Einsatzzentrale, verbunden mit entsprechenden Kompetenzen, auch zukünftig nicht mitgetragen werden kann.
Schließlich erscheint die beabsichtigte Aufgabe der bisherigen Bezeichnung "MIC" durchaus zweifelhaft, weil der Terminus "Notfallabwehrzentrum" eine nicht gegebene Zuständigkeit für Notfallabwehrmaßnahmen suggeriert.
- - Im Abschnitt "Vorbereitungsmaßnahmen der Kommission" werden in Artikel 7 Buchstabe e und f logistische Hilfen aufgeführt, die zum einen eine allgemeine Komponente enthalten, wonach die Kommission befähigt werden soll, Module, Expertenteams und sonstige Abwehrkapazitäten in einer nicht näher definierten Art und Weise zu unterstützen. Zum anderen sollen zur Vorhaltung von Materialressourcen sog. Logistikzentren auf Ebene der EU eingerichtet werden.
Das seitens des Bundesrates immer befürwortete Modulkonzept der EU (siehe hierzu die Stellungnahme vom 23. Mai 2008, BR-Drucksache 185/08(B) ) beinhaltet hingegen den Grundsatz der Autarkie der Einsatzkräfte. Danach sollen die Module, bezogen auf Logistik, Ausrüstung und Personal, in der Lage sein, ihre Mission unverzüglich bei Eintreffen vor Ort zu beginnen. Zur Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit der Module dienen im Bedarfsfall sog. Technical Assistance Support Teams (TASTs), zu deren Aufgaben auch die logistische Unterstützung zählt. Diese ebenfalls aus dem Modulkonzept der EU resultierenden nationalen Einheiten können im Verbund mit den Einsatzteams etwaige Autarkiedefizite ausgleichen und die Einsatzkräfte dazu befähigen, sich ausschließlich auf den Hilfseinsatz zu konzentrieren. Der Bundesrat trägt diesen Ansatz - wie bereits in den Stellungnahmen vom 23. Mai 2008 (BR-Drucksache 185/08(B) ) und 17. Dezember 2010 (BR-Drucksache 701/10(B) ) ausgeführt - mit, soweit Module und TASTs in nationaler Verantwortung stehen.
Die im vorliegenden Beschlussvorschlag entwickelten Vorstellungen laufen dem vorab dargelegten Konzept insoweit zuwider, als logistische Unterstützung nunmehr auf die Ebene der Gemeinschaft gehoben werden soll. Eine derartige Kompetenzverschiebung im operativen Bereich kann von Seiten des Bundesrates nicht unterstützt werden. Gleiches gilt für die Einrichtung von Logistikzentren in der EU zur zentralen Vorhaltung von Ausrüstung.
- - In Artikel 11 des Beschlussvorschlags sind Aufbau und Einsatz der "Europäischen Notfallabwehrkapazität", eines zentralen Vorhabens des Legislativpakets, beschrieben. Danach soll die Notfallabwehrkapazität auf der Grundlage eines freiwilligen Pools von Ressourcen geschaffen werden, die von den Mitgliedstaaten bereitgehalten werden. Art und Umfang der benötigten Einheiten werden von der Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten festgelegt ("Kapazitätsziele"). Auch Qualitätsanforderungen werden durch die Kommission festgelegt, die ferner ein Verfahren für die Zertifizierung und Registrierung der Kapazitäten schafft und verwaltet.
Nach Artikel 11 Absatz 5 ermitteln und registrieren die Mitgliedstaaten im Grundsatz freiwillig die Einheiten, die für das neue Verfahren bereitgestellt werden. Diese sollen alsdann auf Ersuchen der Kommission über das ERC in konkreten Einsatzfällen zur Verfügung gestellt werden, wobei es der Darlegung "zwingender Gründe" gegenüber der Kommission bedarf, wenn ein Mitgliedstaat Kapazitäten in einem bestimmten Notfall nicht einsetzen kann oder will.
Im Einsatzfall bleiben die Ressourcen der Leitung des betreffenden Mitgliedstaates unterstellt, während die Kommission diese über das ERC koordiniert. Maßnahmen auf der Grundlage von Artikel 11 können schließlich mit bis zu 25 Prozent aus dem Gemeinschaftshaushalt gefördert werden, Artikel 21 Buchstabe g.
Aus Sicht des Bundesrates erweist sich das vorgeschlagene Verfahren derzeit nicht als zustimmungsfähig:
Wenngleich der Aspekt der Freiwilligkeit im Text des Legislativakts und im Rahmen der ausführlichen Vorarbeiten immer wieder hervorgehoben wurde, spiegelt sich dies im Regelungssystem nicht wider. Danach ist vielmehr davon auszugehen, dass Kapazitäten, die für den freiwilligen Pool grundsätzlich zur Verfügung gestellt wurden, der Disposition der Mitgliedstaaten letztlich sehr weitgehend entzogen werden. So legt die Kommission (gemeinsam mit den Mitgliedstaaten) die Kapazitätsziele fest, regelt (allein) die Qualitätsanforderungen und schafft (allein) ein Zertifizierungs- und Registrierungsverfahren. Die Ablehnung der Zurverfügungstellung von Einheiten durch einen Mitgliedstaat setzt "zwingende Gründe" voraus, was eine erhebliche Hürde darstellen dürfte.
Bei zusammenfassender Betrachtung bleibt für einen freiwilligen und an den aktuellen nationalen Gegebenheiten und Notwendigkeiten orientierten Ansatz desjenigen, der sich zur Beteiligung am System des Artikels 11 entschlossen hat, nur sehr geringer Raum. Gleichzeitig weitet die Kommission ihren Wirkungsbereich weitreichend aus: Zwar verbliebe die Befehlsgewalt im Falle entsprechenden Einsatzgeschehens formal bei den Mitgliedstaaten, doch würden sämtliche Rahmenbedingungen (Zusammensetzung, Einsatzfähigkeit, Qualitätsanforderungen) von der EU definiert. Auf diese Weise erlangte die Kommission planerische Hoheit für das operative Einsatzgeschehen, indem sie vor dem Hintergrund abstrakter Festlegungen den konkreten Bedarf bestimmt und die Mitgliedstaaten auffordert, entsprechende Notfallabwehrkapazitäten zu entsenden.
Vor diesem Hintergrund besteht nach Überzeugung des Bundesrates mit Blick auf Artikel 11 erheblicher Nachbesserungsbedarf.
- - Auf der Grundlage von Artikel 12 möchte die Kommission zunächst Lücken in der Europäischen Notfallabwehrkapazität ermitteln, um sodann die Mitgliedstaaten bei der Schließung dieser Lücken zu unterstützen. Hierfür werden "unter anderem" zwei mögliche Wege aufgezeigt: Zum einen sollen "interessierte Mitgliedstaaten" beim Aufbau von Kapazitäten für die Notfallabwehr, die im Rahmen der Europäischen Notfallabwehrkapazität nicht oder nicht in ausreichender Menge verfügbar sind, unterstützt werden (Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe a). Zum anderen sollen - sofern dies kostenwirksamer ist - Kapazitäten für die Notfallabwehr auf Unionsebene aufgebaut werden, die der gemeinsamen Bewältigung kollektiver Risiken dienen können (Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe b). Maßnahmen nach dieser Bestimmung können über Artikel 21 Buchstabe h mit bis zu 85 Prozent aus dem Gemeinschaftshaushalt gefördert werden. Alle hiernach entwickelten Ressourcen werden Teil der Europäischen Notfallabwehrkapazität. Sofern diese Kapazitäten im Rahmen des Gemeinschaftsverfahrens nicht eingesetzt werden, stehen sie den Mitgliedstaaten, die sie vorhalten, für deren eigene Zwecke zur Verfügung.
Der Bundesrat lehnt die sich aus Artikel 12 ergebenden Möglichkeiten zur Schließung vermeintlicher Kapazitätslücken insgesamt ab. Mit Blick auf Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe b ist darauf hinzuweisen, dass der Bundesrat in der Vergangenheit wiederholt und zuletzt mit der Stellungnahme vom 17. Dezember 2010 (BR-Drucksache 701/10(B) ) darauf hingewiesen hat, dass die Errichtung eigener Ressourcen der Gemeinschaft die Grundlage eines Einstiegs in operative Kompetenzen darstellt und keinesfalls akzeptabel ist. Die in Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe b entwickelte Verfahrensweise erlaubt nur den Schluss, dass hier - ungeachtet der letztlich noch vorzunehmenden Konstruktion in der Durchführung - im materiellen Sinne Unionskapazitäten entstehen. Eine derartige Selbstermächtigung der Gemeinschaft geht entschieden über die Kompetenzregel des Artikels 196 AEUV hinaus. Im Übrigen würde eine derartige Praxis auch im politischen Rahmen ein denkbar falsches Signal setzen. Denn es kann angenommen werden, dass hiernach auch die Bereitschaft einiger Mitgliedstaaten weiter sinken dürfte, ihre Defizite aus eigenem Antrieb abzubauen und für die entsprechenden Hilfsstrukturen zu sorgen.
Zu keinem anderen Ergebnis gelangt der Bundesrat hinsichtlich der in Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe a vorgesehenen Unterstützung von Mitgliedstaaten beim Aufbau von Kapazitäten. Hier fällt zunächst ins Auge, dass diese ganz uneingeschränkt einem unionalen Vorrang unterliegen, sofern sie im Rahmen des Gemeinschaftsverfahrens benötigt werden und die Kommission um ihren Einsatz ersucht hat. Die im Rahmen des Artikels 11 vorgesehene Möglichkeit, bei Vorliegen "zwingender Gründe" einen nationalen Vorbehalt zu erklären, besteht hier nicht. Berücksichtigt man schließlich die (sehr naheliegende) Möglichkeit ganz überwiegender Gemeinschaftsfinanzierung dieser Kapazitäten, so entstehen nach Auffassung des Bundesrates der Sache nach letztlich europäische Kapazitäten, die lediglich in den Mitgliedstaaten verwaltet werden. Die entscheidende Frage - wo, wann und wie diese Instrumente eingesetzt werden - entscheidet letztlich die Kommission. Den Mitgliedstaaten verbleibt nur noch die Ausführung vor Ort oder die Nutzung dieser Ressourcen außerhalb des Gemeinschaftsverfahrens.
- - Was die Frage der Transportfinanzierung betrifft, sieht das Finanzierungsinstrument für den Katastrophenschutz bislang bei Hilfstransporten innerhalb wie außerhalb der EU im Einzelfall eine Gemeinschaftsfinanzierung von bis zu 50 Prozent der entstandenen Transportkosten vor.
Die Mitteilung zur Krisenreaktionsfähigkeit vom 26. Oktober 2010 kündigte insoweit eine Verstärkung der Kofinanzierung an, ohne jedoch konkrete Zahlen vorzuschlagen. Der Bundesrat hatte sich seinerzeit mit der Stellungnahme vom 17. Dezember 2010 (BR-Drucksache 701/10(B) ) vom Grundsatz her einer Flexibilisierung der Transportthematik geöffnet, da die ursprüngliche Regelung nicht immer den praktischen Gegebenheiten gerecht wurde.
Das vorliegende Legislativpaket sieht nunmehr unter Artikel 18 Absatz 1 eine Unterstützung beim Zugang zu Ausrüstungen und Transportmitteln durch die Kommission vor. Dabei sammelt die Kommission Informationen über entsprechende Kontingente in den Mitgliedstaaten und gibt diese bei Bedarf weiter. Darüber hinaus soll der ersuchende Mitgliedstaat beim Zugang zu Transportmitteln und Ausrüstungen aus anderen Quellen, z.B. aus dem Privatsektor, unterstützt werden. Die Entscheidung über die Inanspruchnahme dieser Angebote soll allerdings beim Transporthilfe anfordernden Mitgliedstaat verbleiben. Diese Beschränkung auf die Aufgabe der Informationssammlung und -weitergabe wird von Seiten des Bundesrates als adäquate Unterstützungsmaßnahme begrüßt.
Unter Artikel 18 Absatz 2 findet sich sodann eine außerordentlich weit gefasste Regelung betreffend die Bereitstellung "zusätzlicher Transportmittel" durch die Kommission, "die erforderlich sind, um eine rasche Abwehr schwerer Katastrophen zu gewährleisten". Eine derartige Generalbevollmächtigung zum Aufbau ergänzender Transportmittelkontingente auf Gemeinschaftsebene lässt nicht einmal ansatzweise Anlass, Umfang und Voraussetzungen ihres potentiellen Anwendungsbereichs erkennen und vermag damit aus Sicht des Bundesrates keinen Bestand zu haben.
Gemäß Artikel 23 Absatz 2 soll die Transportfinanzierung der Gemeinschaft zukünftig bis zu 85 Prozent und in bestimmten Einzelfällen bis zu 100 Prozent der förderfähigen Kosten betragen. Wenngleich der Bundesrat grundsätzlich eine Erweiterung der Transportfinanzierung nicht ausschließen möchte, betrachtet er den vorliegenden Ansatz als zu weitgehend. Einer Diskussion über eine maßvolle Erhöhung der Gemeinschaftsfinanzierung verschließt er sich nicht.