A. Problem und Ziel
Die Wohnkosten für Studierende sind in den vergangenen Jahren erheblich angestiegen, so dass auch die letzte Erhöhung der BAföG-Bedarfssätze durch das 25. BAföGÄndG im Jahre 2016 in vielen Fällen nicht mehr ausreicht, um die Kosten zu decken.
Mit der Gesetzesänderung wird das Ziel verfolgt, nach dem BAföG geförderten Studierenden, die nicht bei ihren Eltern wohnen und die anders als alle anderen Auszubildenden keine Möglichkeit haben, aufstockend Leistungen nach dem SGB II zu beziehen, schnell höhere Leistungen für die Unterkunft zu gewähren. Damit soll noch vor umfassenden weiteren notwendigen Änderungen im Ausbildungsförderungsrecht den stark gestiegenen Mieten und den zunehmenden Mietkostenunterschieden Rechnung getragen werden.
B. Lösung
Das Ausbildungsförderungsrecht hat sich bewährt und soll in der gegebenen Grundstruktur erhalten bleiben. Eine Reihe von Detailregelungen ist aber aktuell auf den Prüfstand zu stellen. Darüber hinaus ist der Mechanismus der Festsetzung von Freibeträgen, Bedarfssätzen und Sozialpauschalen im Sinne einer automatisierten, an der Einkommens- und Preisentwicklung orientierten Anpassung in nächster Zeit grundlegend neu zu gestalten.
Vordringlich ist jedoch das Problem der unzureichenden Erhöhungsbeträge für den Wohnbedarf nicht bei den Eltern wohnender Studierender an Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 BAföG zu lösen. Nur diese Gruppe von Auszubildenden ist von der Möglichkeit zusätzlicher Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen (§ 27 Abs. 3 und § 7 Abs. 5 und 6 SGB II). Dabei ist zu beachten, dass auch die Unterschiede in den Mietkosten größer werden. Je nach Stadt, Region und Gemeinde schwanken die Kosten für eine studentische Unterkunft zwischen 250 € und über 400 € (21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, S. 49 bis 51).
Aus diesem Grunde wird eine Anhebung des Erhöhungsbetrages zum Bedarf für die Kosten der Unterkunft nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 BAföG vorgesehen. Darüber hinaus wird wieder eine nachweisabhängige Bedarfskomponente eingeführt. Damit kann den deutlich unterschiedlichen Mieten entsprochen werden. Schon bisher müssen die Studierenden zum Nachweis der auswärtigen Unterbringung Meldebescheinigungen oder Mietverträge vorlegen. Insoweit erhöhen sich die Mitwirkungspflichten der Studierenden und der Verwaltungsaufwand bei den Ämtern für Ausbildungsförderung nur unmerklich. Auf die Wiedereinführung der früher geregelten verwaltungsaufwändigen Nebenkostenberücksichtigung wird verzichtet. An ihre Stelle tritt die ebenfalls früher schon geregelte pauschale Bedarfserhöhung, wenn in den nachgewiesenen Mietkosten Heizkosten nicht enthalten sind.
Da die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von Studierenden unmittelbar an die Höhe der Bedarfssätze nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 BAföG gekoppelt sind und somit eine Erhöhung des Bedarfssatzes nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 BAföG gesetzesautomatisch eine Beitragserhöhung zur Folge hat (§ 236 Abs. 1 SGB V, auf den auch § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI verweist), ist für die förderungsberechtigten Auszubildenden eine entsprechende Anpassung der Zuschläge für die Kranken- und Pflegeversicherung nach § 13a BAföG vorzusehen.
C. Alternativen
keine
D. Finanzielle Auswirkungen
Bundeshaushalt ca. 400 Mio. € Betriebsmittel jährlich (davon die Hälfte als Darlehen). Länderhaushalte Saldo von zusätzlichen Ausgaben und zusätzlichen Einnahmen 0 €.
Keine bezifferbare Erhöhung der Verwaltungskosten.
Gesetzesantrag der Länder Berlin, Brandenburg, Bremen
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföGÄndG)
Chef der Senatskanzlei Berlin Berlin, 14. März 2018
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Regierenden Bürgermeister
Michael Müller
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierungen von Berlin, Brandenburg, Bremen haben am 13. März 2018 beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage mit Begründung beigefügten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföGÄndG) mit dem Antrag zuzuleiten, seine Einbringung beim Deutschen Bundestag zu beschließen.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 966. Sitzung des Bundesrates am 23. März 2018 zu setzen und sie anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Björn Böhning
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Das Bundesausbildungsförderungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Dezember 2010 (BGBl. I 1952; 2012 I S. 197), das zuletzt durch Artikel 71 des Gesetzes vom 29. März 2017 (BGBl. I S. 626) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 13 wird wie folgt geändert:
- a) In Absatz 2 Nummer 2 wird die Angabe "250" durch die Angabe "300" ersetzt.
- b) Nach Absatz 2 wird folgender Absatz eingefügt:
(3) Soweit die monatlichen Kosten der Unterkunft nachweislich den Betrag nach Absatz 2 Nummer 2 übersteigen, erhöht sich der dort genannte Bedarf um bis zu monatlich 100 Euro. Wenn in dem Mietpreis für die Unterkunft Heizkosten nicht eingeschlossen sind, ist dem Mietpreis für jeden Bewohner ein Betrag von monatlich 50 Euro für alle Nebenkosten hinzuzurechnen. Bewohnt der Auszubildende die Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, so ist davon auszugehen, dass die Kosten der Unterkunft auf alle Bewohner zu gleichen Teilen entfallen. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn bei Auslandsausbildungen bei dem Bedarf ein Zu- oder Abschlag nach Maßgabe des Absatzes 4 vorgenommen wird."
2. § 13a wird wie folgt geändert:
- a) In Absatz 1 Satz 1 wird die Angabe "71" durch die Angabe "76" ersetzt.
- b) In Absatz 2 wird die Angabe "15" durch die Angabe "18" ersetzt.
Artikel 2
Inkrafttreten
Das Gesetz tritt am 1. August 2018 mit der Maßgabe in Kraft, dass die darin bestimmten Änderungen nur bei Entscheidungen für die Bewilligungszeiträume zu berücksichtigen sind, die nach dem 31. Juli 2018 beginnen. Vom 1. Oktober 2018 an sind diese Änderungen ohne die einschränkende Maßgabe des Satzes 1 zu berücksichtigen.
Begründung:
A. Allgemeiner Teil
Die Wohnkosten für Auszubildende sind in den vergangenen Jahren erheblich angestiegen, so dass auch die letzte Erhöhung der BAföG-Bedarfssätze durch das 25. BAföGÄndG im Jahre 2016 in vielen Fällen nicht mehr ausreicht, um die Kosten zu decken. Zugleich sind die Mietkostenunterschiede zwischen Städten, Regionen und Gemeinden stark angewachsen. Allein nicht bei den Eltern wohnende Studierende können ergänzende Leistungen nach dem SGB II nicht erhalten. Um für diesen Personenkreis den allgemein gestiegenen Kosten Rechnung zu tragen, werden eine Erhöhung des pauschalen Betrages für die Mietkosten und ein nachweisabhängiger Erhöhungsbetrag für nicht bei den Eltern wohnende Studierende vorgeschlagen.
Die Erhöhung des pauschalen Betrages für die Mietkosten führt automatisch zu einer entsprechenden Anhebung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge der Auszubildenden, die durch eine Anpassung der nach dem BAföG vorgesehenen Kranken- und Pflegeversicherungszuschläge aufgefangen werden soll.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des BAföG)
Zu Nummer 1 Buchstabe a (§ 13 Abs. 2 Nr. 2)
Im Zuge des 25. BAföGÄndG 2016 erfolgte eine Steigerung der Bedarfssätze und Freibeträge um jeweils 7% und eine Erhöhung der Mietpauschale um 10%. Inzwischen reichen die vorgenommenen Anpassungen mit Blick auf die bundesweit gestiegenen Mieten nicht mehr aus. Schülerinnen und Schüler sowie bei den Eltern wohnende Studierende haben die Möglichkeit, zusätzliche Leistungen nach dem SGB II zu beantragen. Studierende, die nicht bei ihren Eltern wohnen, sind seit dem Wintersemester 2016/17 auf den Wohn-Bedarfssatz nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 BAföG mit monatlich 250 Euro angewiesen.
Die vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung durchgeführte Studie zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der Studierenden in Deutschland 2016 (21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks) führt jedoch aus, dass insbesondere die Studierenden, die nur ein geringes monatliches Einkommen zur Verfügung haben, fast die Hälfte ihrer monatlichen Mittel für die Miete verwenden müssen:
"Das Viertel der Studierenden mit den geringsten Einnahmen (bis zu 700 €) hat durchschnittliche Mietausgaben in Höhe von 274 Euro und benötigt zur Begleichung der Mietkosten mit 46 Prozent fast die Hälfte ihrer monatlichen Einnahmen." Im Übrigen schwanken die Mietkosten (Durchschnittswerte) je nach Wohnform und Stadt/Region/Gemeinde zwischen 260 € und 390 € (21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, S. 49 bis 51).
Eine Anpassung an die bundesweit gestiegenen Mietkosten ist demnach dringend geboten - auch im Sinne der Chancengleichheit.
Der pauschale Wohnbedarf für nicht bei den Eltern wohnende Studierende soll deshalb auf 300 € angehoben werden. Damit wird bereits einem großen Teil der Betroffenen geholfen.
Zu Nummer 1 Buchstabe b (§ 13 Abs. 3)
Die Erhöhung der Wohnkostenpauschale für auswärts wohnende Studierende reicht in vielen Fällen, insbesondere in Großstädten und Ballungsräumen, in denen die Mietkosten für einfache Studierendenwohnungen teilweise sogar über 400 € liegen, nicht aus. Eine Erhöhung des Pauschalbetrages nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 BAföG auf etwa 400 € würde zwar dem betroffenen Personenkreis helfen, wäre aber in vielen Fällen nicht gerechtfertigt. Um den gewachsenen Unterschieden bei den Miethöhen Rechnung zu tragen, ist der nachweisabhängige Wohnkostenzuschlag wieder einzuführen. Mit einem nachweisabhängigen Mietkostenzuschlag in Höhe von bis zu 100 € können Kosten für Mieten bis 400 € übernommen werden. Um den Nachweisaufwand für die Studierenden und den Aufwand für die Förderungsverwaltung gering zu halten, wird auf die früher übliche und aufwändige Nebenkostenermittlung verzichtet. Stattdessen wird allein für Heizkosten, soweit sie nicht in der Miete enthalten sind, zur Miete eine Erhöhungspauschale hinzugerechnet.
Zu Nummer 2 Buchstabe a (§ 13a Abs. 1 Satz 1)
Die Zuschläge für Kranken- und Pflegeversicherung werden als Folge der Anhebung des Bedarfssatzes in § 13 Abs. 2 Nr. 2 BAföG ebenfalls angehoben.
§ 236 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, auf den auch § 57 Abs. 1 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch verweist, knüpft für die maßgebliche fiktive Bemessung der studentischen Einkommen an § 13 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 BAföG an, so dass die Anhebung des Bedarfssatzes in § 13 Abs. 2 Nr. 2 BAföG auch automatisch den prozentual abgeleiteten Beitragssatz steigen lassen wird.
Zu Nummer 2 Buchstabe b (§ 13a Abs. 2)
Vgl. Nummer 2 Buchstabe a.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass nach dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz zu Beginn des Jahres 2017 bereits eine Anhebung der Beitragssätze zur Pflegeversicherung von 2,35 % auf 2,55 % erfolgt ist. Diese Änderung wird ebenfalls berücksichtigt.
Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)
Das Inkrafttreten entspricht der für BAföG-Änderungsgesetze üblichen Regelung.