Der Hessische Ministerpräsident Wiesbaden, den 11. Februar 2005
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Hessische Landesregierung hat beschlossen, dem Bundesrat den anliegenden
- Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung
- der steuerlichen Rahmenbedingungen des Finanzplatzes Deutschland *)
mit dem Antrag zuzuleiten, seine Einbringung beim Deutschen Bundestag gemäß § 76 Abs. 1 Grundgesetz zu beschließen.
Die Hessische Landesregierung hat ferner beschlossen, in Verbindung mit diesem Gesetzentwurf dem Bundesrat den Entwurf einer
Entschließung des Bundesrates - Initiative zur Stärkung des Immobilienmarktes in Deutschland, Einführung von Real Estate Investment Trusts (REITs) in Deutschland
mit dem Antrag zuzuleiten, die Entschließung zu fassen.
*) siehe Drucksache 104/05 (PDF)
Ich bitte Sie, die Vorlagen gemäß § 36 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der Bundesratssitzung am 18. Februar 2005 aufzunehmen.
Mit freundlichen Grüßen Roland Koch
Entschließung des Bundesrates - Initiative zur Stärkung des Immobilienmarktes in Deutschland, Einführung von Real Estate Investment Trusts (REITs) in Deutschland
Der Bundesrat möge beschließen:
1. Der Bundesrat stellt fest, dass eine Weiterentwicklung des deutschen Immobilienmarktes vor dem Hintergrund der internationalen Standards unerlässlich ist und die Einführung von Real Estate Investment Trusts (REITs) daher einen wichtigen Schritt darstellt, um ein international akzeptiertes, zukunftsträchtiges Produkt auch im Inland zu ermöglichen und dadurch den Finanzplatz zu stärken. REITs, nach ausländischem Vorbild sind börsennotierte Aktiengesellschaften, die sich überwiegend mit der Verwaltung von Immobilien befassen, und bei denen die Besteuerung vornehmlich beim Anteilseigner erfolgt.
In deutschen Unternehmen ist derzeit viel Kapital in Immobilien gebunden, oft auch mit hohen stillen Reserven. Durch eine Auslagerung auf REITs könnte verstärkt Vermögen liquide gemacht werden. Das Unternehmen kann sich dann zudem auf sein Kerngeschäft konzentrieren, während die Immobilien durch die professionelle Verwaltung in REITs in den meisten Fällen effektiver genutzt werden als vorher. Die Steuerbelastung, die aufgrund der Einbringung der Grundstücke durch die Aufdeckung der stillen Reserven ausgelöst wird, könnte gesetzlich ermäßigt werden.
2. Derzeit gibt es in Deutschland nur steuertransparente Immobilienfonds und einige wenige steuerlich aber nicht begünstigte Immobilien-AGs. Im Investmentgesetz (InvG) sind zwar Regelungen für eine Investmentaktiengesellschaft geschaffen worden, doch Immobilien sind bei den zulässigen Unternehmensgegenständen ausgenommen (gerade auf diese wird in § 96 Abs. 2 InvG nicht verwiesen). Immobilienfonds erfahren durch das Investmentsteuergesetz (InvStG) zwar steuerliche Begünstigungen, diese finden jedoch bei ausländischen Anlegern kaum Interesse. Zum einen, weil sie im Allgemeinen weniger volatil und rentabel als die in anderen Ländern bereits üblichen REITs-Strukturen sind, bei denen sich der Wert der Aktie über Angebot und Nachfrage an der Börse abbildet. Daneben ist das Produkt "Immobilienfonds" im Ausland kaum bekannt, die deutschen Einkünfteermittlungsvorschriften sind dort fremd und die Wertermittlung durch Gutachter schreckt Investoren ab. REITs dagegen sollten nach internationalen Vorschriften (IFRS) bilanzieren. Sie existieren beispielsweise in den USA, Japan und Australien bereits seit langem erfolgreich, andere Industrienationen wie Großbritannien und Frankreich führen sie gerade ein.
Im Gegensatz zu den bisher üblichen Immobilienfonds sollen REITs börsennotiert sein. Neben der tagesaktuellen Bewertung über den Kapitalmarkt gibt es zusätzlich noch einen wesentlichen Vorteil: Durch die Börsennotierung erlangen die Manager von REITs mehr Planungssicherheit für ihre Investitionen. Käufe und Verkäufe von Anteilen haben keine Auswirkungen auf das von ihnen verwaltete Vermögen. Bei Fonds kann dagegen jederzeit die Anteilsrückgabe zu Mittelabflüssen führen, die erst die Liquiditätsreserve aufzehren und dann im Extremfall auch den zwangsweisen und damit tendenziell verlustbringenden Verkauf von Anlageobjekten nötig machen.
Insgesamt ist zu erwarten, dass die Einführung von REITs in Deutschland positive Auswirkungen auf die Unternehmen und den Immobilienmarkt und damit auch auf die wirtschaftliche Lage insgesamt haben wird. Nicht zuletzt stärkt die Entwicklung dieser neuen Produktsparte die Stellung des Finanzplatzes und verhindert, dass Deutschland die internationale Entwicklung verpasst und ins Hintertreffen gerät.
3. Bei der rechtlichen Gestaltung der REITs sollten keine Steuerschlupflöcher entstehen und Steuerausfälle müssen sich in Grenzen halten. REITs nach ausländischem Vorbild bereiten unter den Bedingungen des deutschen Steuerrechts besondere Probleme, weil die ursprünglich steuerpflichtigen Mieterträge über Auslandstransaktionen in steuerbefreite Dividendenerträge umgewandelt werden können. Daneben sind dieselben Steuervergünstigungen, die inländischen REITs gewährt werden, aus europarechtlichen Gründen auch ausländischen REITs zu gewähren, die im Inland tätig sind. Dies könnte im Ergebnis eine Steuerpräferenz für den ausländische REIT bedeuten, weil im Ausland - je nach Standort - niedrigere Quellensteuersätze gelten als in Deutschland.
Sollte die Steuerbefreiung der REITs nach ausländischem Vorbild wegen der Einbindung Deutschlands in das internationale Recht untragbare Ergebnisse entfalten, sind alternative Modelle einer ermäßigten Besteuerung der REITs zu prüfen.
4. Die dringend gebotene Einführung von REITs auch in Deutschland sollte sich an den folgenden Eckpunkten orientieren:
- Weitgehende Steuervergünstigungen für REIT-Gesellschaften
- Börsennotierung der REITs
- Vermeidung von Steuerschlupflöchern (insbesondere bei Fällen mit Auslandsbezug)
- Vermeidung von unverhältnismäßigen Reglementierungen
- Steuererleichterung für Unternehmen, die ihre Grundstücke in REITs einbringen
5. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, umgehend einen Gesetzentwurf mit den zuvor genannten Eckpunkten vorzulegen.