Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 0336 - vom 14. Januar 2009.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 18. Dezember 2008 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen von 1948,
- - unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966,
- - unter Hinweis auf das Abkommen über den politischen Dialog und die Zusammenarbeit vom 15. Dezember 2003 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Republiken Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama andererseits und das Rahmenübereinkommens über die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und den Republiken Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama1,
- - unter Hinweis auf die Leitlinien der Europäischen Union zu Menschenrechtsverteidigern,
- - unter Hinweis auf die Berichte des EU-Sachverständigenteams über die Kommunalwahlen in Nicaragua, die am 9. November 2008 stattgefunden haben,
- - unter Hinweis auf die Erklärungen von Kommissionsmitglied Benita Ferrero Waldner zu den Vorfällen in Nicaragua nach den Kommunalwahlen vom 9. November 2008,
- - unter Hinweis auf die laufenden Verhandlungen für den Abschluss eines Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen Union und den Ländern Zentralamerikas,
- - unter Hinweis auf die Pressemitteilung der 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 22. Oktober 2008 zu den Menschenrechtsverteidigern und Menschenrechtsorganisationen,
- - unter Hinweis auf die sechste Verhandlungsrunde für das Assoziierungsabkommen EU-Zentralamerika am 26. und 27. Januar 2009 in Brüssel,
- - gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in Erwägung der Betrugsvorwürfe in Zusammenhang mit den Ergebnissen der Kommunalwahlen vom 9. November 2008, die in den Berichten des EU-Sachverständigenteams erhoben werden, in denen auf den mangelnden Willen der nicaraguanischen Behörden hingewiesen wurde, einen wirklich demokratischen Wahlprozess zu organisieren; in Erwägung der damit einhergehenden Gewaltakte, die sich vor allem gegen die Medien richteten, sowie der daraus herrührenden Polarisierung und Zusammenstöße,
B. in der Erwägung, dass die Vereinten Nationen, die Europäische Union, die Vereinigten Staaten und mehrere nicaraguanische NGO sich über den Grad an Transparenz bei den Wahlen besorgt gezeigt haben,
C. in Erwägung der Entschließungen des Obersten Wahlrats vom 11. Juni 2008, in denen einerseits der Sandinistischen Erneuerungsbewegung (MRS) die Rechtspersönlichkeit entzogen und andererseits geltend gemacht wurde, dass die Konservative Partei (PC) die Voraussetzungen, um an den Kommunalwahlen im November 2008 teilnehmen zu können, nicht erfüllt habe, wodurch die Teilnahme dieser beiden Parteien verhindert wurde,
D. in Erwägung der zahlreichen Angriffe und Anfeindungen gegenüber Menschenrechtsorganisationen und deren Mitgliedern, Journalisten und Medienvertretern, die seit einigen Monaten von Personen, politischen Kräften und Organisationen, die in Verbindung zur Staatsmacht stehen, ausgehen,
E. in Erwägung des Vorschlags des nicaraguanischen Vizeministers für Zusammenarbeit, einen gemeinsamen Besteuerungsmechanismus für die finanziellen Hilfen der NGO einzuführen, sowie der Ermittlungen bei mehreren NGO wegen angeblicher Missachtung der gesetzlichen Auflagen und der Beschuldigungen gegen 17 Menschenrechtsorganisationen wegen "Dreiecksgeschäften bei Finanzmitteln",
F. in Erwägung der strafrechtlichen Ermittlungen gegen die Verteidiger der sexuellen und reproduktiven Rechte, einschließlich der Unterstützer eines vergewaltigten Mädchens, bei dem zu einem Zeitpunkt eine Abtreibung vorgenommen wurde, um sein Leben zu retten, als Abtreibung aus medizinischen Gründen offiziell keine Straftat war,
G. in der Erwägung, dass die Entwicklung und die Konsolidierung der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit ebenso wie die Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten fester Bestandteil der Außenpolitik der Europäischen Union sein müssen,
H. in der Erwägung, dass die Europäische Union und ihre Partner, wenn sie Vereinbarungen mit Drittstaaten unterzeichnen, die eine Menschenrechtsklausel enthalten, die Verantwortung dafür übernehmen, dafür Sorge zu tragen, dass internationale Menschenrechtsstandards beachtet werden, und dass diese Klauseln auf Gegenseitigkeit beruhen,
I. in Erwägung der immer größeren Armut, in die Nicaragua in den letzten beiden Jahrzehnten geraten ist,
- 1. bedauert zutiefst die Art und Weise, wie der Wahlprozess der Kommunalwahlen vom 9. November 2008 verlaufen ist, und ist der Auffassung, dass ihre Ergebnisse jeglicher demokratischer Legitimität entbehren;
- 2. bedauert, dass in dem Klima des Betrugsverdachts es in einigen Gemeinden zu Demonstrationen und Zusammenstößen zwischen den Anhängern politischer Parteien mit zahlreichen Verletzten gekommen ist, die die bereits bestehende schwere politische Krise verschärft haben;
- 3. fordert die Regierung Nicaraguas auf, Sofortmaßnahmen zu ergreifen, um die so entstandene Situation zu beruhigen, und ersucht die nicaraguanischen Behörden, die Arbeit der Menschenrechtsorganisationen zu respektieren;
- 4. bedauert die zahlreichen Angriffe und Anfeindungen, denen Menschenrechtsorganisationen, deren Mitglieder, unabhängige Journalisten und die Vertreter der Delegation der Europäischen Kommission in Nicaragua in den letzten Monaten durch Personen, politische Kräfte und Organisationen, die in Verbindung zur Staatsmacht stehen, ausgesetzt sind;
- 5. fordert die politischen Parteien auf, die von ihren Anhängern verübten Gewaltakte zu verurteilen;
- 6. bedauert, dass zwei politische Parteien nicht an den Kommunalwahlen teilnehmen konnten; ist beunruhigt in Bezug auf Fortschritte bei der demokratischen Konsolidierung und Regierbarkeit des Landes, vor allem was die Prozesse der Integration und aktiven Teilnahme anbelangt;
- 7. fordert die nicaraguanische Regierung und die Behörden nachdrücklich auf, die Freiheit der Meinungsäußerung und die Unabhängigkeit der Justiz zu schützen und somit die Erhaltung der demokratischen Fundamente des Landes zu gewährleisten und dafür zu sorgen, dass Nicaragua so rasch wie möglich das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs ratifiziert;
- 8. begrüßt erfreut die offizielle Pressemitteilung der 27 EU-Mitgliedstaaten vom 22. Oktober 2008, in dem die Angriffe gegen Menschenrechtsverteidiger und Menschenrechtsorganisationen angeprangert werden;
- 9. fordert, dass in den Verhandlungen über das Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und den zentralamerikanischen Ländern Nicaragua erinnert wird, dass es die Grundsätze der Achtung des Rechtsstaats, die Demokratie und die Menschenrechte, Werte, die die Europäische Union vertritt und fördert, achten muss;
- 10. fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, die Lage in Nicaragua auf die Tagesordnung aller Sitzungen - sowohl auf bilateraler als auch multilateraler Ebene - mit den nicaraguanischen Behörden zu setzen;
- 11. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten, der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika, dem Zentralamerikanischen Parlament sowie der Regierung und dem Parlament der Republik Nicaragua zu übermitteln.
- 1 ABl. L 63 vom 12.3.1999, S. 39.