Staatsministerium Baden-Württemberg Stuttgart, 18. April 2018
Staatsminister und Chef der Staatskanzlei
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Regierenden Bürgermeister
Michael Müller
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierung von Baden-Württemberg hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates zur Schließung der Förderlücke für ausbildungs-/ studienwillige Personen mit Aufenthaltsgestattung oder Duldung und Voraufenthaltszeiten von mehr als 15 Monaten zuzuleiten.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 967. Sitzung des Bundesrates am 27. April 2018 aufzunehmen und sie anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus-Peter Murawski
Entschließung des Bundesrates zur Schließung der Förderlücke für ausbildungs-/ studienwillige Personen mit Aufenthaltsgestattung oder Duldung und Voraufenthaltszeiten von mehr als 15 Monaten
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung erneut auf, eine gesetzliche Regelung auf den Weg zu bringen, dass für Personen mit Aufenthaltsgestattung oder Duldung, die nach einem 15-monatigen Voraufenthalt Analogleistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, bei Aufnahme einer dem Grunde nach förderfähigen Ausbildung oder eines Studiums der Lebensunterhalt verlässlich gesichert werden kann.
Begründung:
Analogleistungsbezieher nach § 2 AsylbLG sind bei Aufnahme einer dem Grunde nach förderfähigen Ausbildung oder eines dem Grunde nach förderfähigen Studiums nach dem SGB III oder dem BAföG vom Leistungsausschluss nach § 22 SGB XII betroffen, obwohl ihnen in bestimmten Fallgestaltungen mangels persönlicher Voraussetzungen Leistungen zur Förderung der Berufsausbildung nicht zustehen. Dies führt dazu, dass Ausbildungsoder Studienaufnahmen, denen ausländerrechtliche Gründe nicht entgegenstehen, durch Einschränkungen im Leistungsrecht verhindert werden. Hinzu kommt eine Ungleichbehandlung der Analogleistungsbezieher gegenüber den Leistungsberechtigten nach § 3 AsylbLG, obwohl Analogleistungsbezieher diesen gegenüber besser gestellt werden sollten.
Nach der derzeitigen Rechtslage stellt sich ein ausbildungs-/studienwilliger Geflüchteter im Analogleistungsbezug im Vergleich zu seiner bisherigen Situation als Leistungsempfänger nach dem AsylbLG in bestimmten Fallgruppen schlechter, wenn er eine Ausbildung oder ein Studium aufnimmt, da durch die Aufnahme einer Ausbildung oder eines Studiums der Leistungsausschluss nach § 22 SGB XII ausgelöst wird. Wenn bereits während des Bezugs von Leistungen nach § 3 AsylbLG eine Ausbildung oder ein Studium aufgenommen wurde, entfällt mit dem Wechsel in den sogenannten Analogleistungsbezug in bestimmten Fallgruppen die Möglichkeit der Sicherung des Lebensunterhalts. Die Regelung hemmt so die Aufnahme einer Ausbildung/eines Studiums und führt zu Rechtsunsicherheit bei Betroffenen und Betrieben. Bislang sind Lösungen allenfalls im Einzelfall über einen Rückgriff auf Härtefallregelungen möglich, was jedoch nicht die für alle Beteiligten erforderliche Rechtssicherheit schafft. Hinzu kommt, dass es nicht im Einflussbereich der Asylsuchenden liegt, ob das in Bundeszuständigkeit durchgeführte Asylverfahren länger als 15 Monate andauert und damit der Leistungsbezug nicht mehr nach § 3 AsylbLG, sondern gem. § 2 AsylbLG analog SGB XII erfolgt.
Es ist dringend notwendig, wie von den Ländern seit 2015 vom Bund gefordert (siehe auch Bundesratsbeschluss vom 17. Juni 2016 (Drs. 266/16(B) )), die leistungs- oder förderrechtlichen Vorschriften so anzugleichen, dass Ausbildungs- oder Studienaufnahmen nicht durch das Leistungsrecht verhindert und konterkariert werden. Dabei ist sicherzustellen, dass keine Besserstellung gegenüber inländischen Auszubildenden oder Studierenden erfolgt.