858. Sitzung des Bundesrates am 15. Mai 2009
A.
Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten und der Verkehrsausschuss empfehlen dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen zuzustimmen:
1. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 2 Absatz 1 und Absatz 3 Nummer 3 bis 5 FreqBZPV)
Artikel 1 Nummer 1 ist zu streichen.
Folgeänderungen:
Artikel 1 Nummer 3 ist wie folgt zu ändern:
- a) In Anlage Frequenzbereichszuweisungsplan mit Nutzungsbestimmungen Teil A: Tabelle lfd. Nummer 30 Spalte 2 ist nach der Angabe "2 5" die Zahl "30" anzufügen.
- b) In Anlage Frequenzbereichszuweisungsplan mit Nutzungsbestimmungen Teil B: Nutzungsbestimmungen ist Nummer 30 wie folgt zu fassen:
"30
Begründung
Sende- und Empfangsfunkanlagen, die in definierten Frequenzbereichen zu Sicherheitszwecken betrieben werden, sowie öffentliche Telekommunikationsnetze bedürfen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit eines besonderen Schutzes vor den Auswirkungen elektromagnetischer Störungen.
Für diese Fälle billigt Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie 2004/108/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die elektromagnetische Verträglichkeit und zur Aufhebung der Richtlinie 89/336/EWG (Abl. L 390 vom 15.12.2004, S. 24) den Mitgliedstaaten besondere Maßnahmen zu. Hierfür ist in § 6 Absatz 3 des Gesetzes über die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln (EMVG) eine entsprechend ausgestaltete Verordnungsermächtigung vorgesehen.
Durch die "Verordnung zum Schutz von öffentlichen Telekommunikationsnetzen und Sende- und Empfangsfunkanlagen, die in definierten Frequenzbereichen zu Sicherheitszwecken betrieben werden (SchuTSEV)" wird diese Ermächtigung ausgefüllt. Sie trägt dabei speziell dem Umstand Rechnung, dass derzeit keine europäischen harmonisierten Normen verfügbar sind, die den Schutz dieser Funkanlagen - den Bedürfnissen der jeweiligen Nutzer entsprechend - gewährleisten. Sind maßgebliche harmonisierte Normen verfügbar, können die Regelungen der SchuTSEV (auch im Hinblick des Bürokratieabbaus) entsprechend rückgeführt werden. Die SchuTSEV wurde am 11. Februar 2009 vom Bundeskabinett beschlossen und befindet sich derzeit im EU-Notifizierungsverfahren.
Das EMV-Regime geht grundsätzlich von der freizügigen Nutzung von Frequenzen in leitergebundenen Telekommunikationsnetzen aus, soweit entsprechende harmonisierte Normen vorhanden sind und eingehalten werden.
Dies bedeutet, dass Einschränkungen der freizügigen Nutzung durch räumliche (regionale Schutzzonen), sachliche (Grenzwerte) und zeitliche Festlegungen zu konkretisieren und auf ein Minimum zu beschränken sind. Die SchuTSEV enthält daher gemäß dem von der Bundesnetzagentur ermittelten tatsächlichen Störpotenzial entsprechende Regelungen für den Schutz sicherheitsrelevanter Funkanwendungen und öffentlicher Telekommunikationsnetze vor Störaussendungen aus leitergebundenen Telekommunikationsanlagen und -netzen.
Dementsprechend übernimmt die SchuTSEV die nötigen Regelungen des § 2 der aktuell gültigen Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung (FreqBZPV) und stellt die minimalen Anforderungen an den Schutz des Funks der BOS in diesem Bereich dar.
In der Begründung zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 2) der zweiten Verordnung zur Änderung der FreqBZPV wird darauf hingewiesen, dass zusätzliche Regelungen zum Schutz des Funks der BOS in der Verordnung lediglich dann nicht mehr erforderlich wären, wenn dieser Schutz in ausreichendem Maße durch die SchuTSEV gewährleistet wäre, was beim derzeitigen Stand nicht der Fall ist.
Im Ergebnis ist festzustellen, dass für den Funk der BOS bei Zustimmung zur Verordnung in der vorliegenden Fassung momentan kein ausreichender Schutz mehr gegeben wäre.
2. Zu Artikel 1 Nummer 3 (Anlage Frequenzbereichszuweisungsplan mit Nutzungsbestimmungen Teil B: Nutzungsbestimmungen Nummer 36, Satz 4 - neu - FreqBZPV)*
In Artikel 1 Nummer ist in der Anlage Frequenzbereichszuweisungsplan mit Nutzungsbestimmungen Teil B: Nutzungsbestimmungen der Nummer 36 folgender Satz anzufügen:
- Sekundärnutzern in diesem Frequenzbereich wird mindestens sechs Jahre Zeit für technische Umstellungen und Räumung dieses Bereichs eingeräumt.
Begründung
Der geplante parallele Einsatz von Mobilfunk und Beschallungstechnik (Sekundärnutzung) im selben Frequenzbereich (790 - 862 MHz) ist umstritten, da nicht feststeht, welchen störenden Einfluss die Mobilfunktechnik auf die Beschallungstechnik haben wird. Experten schließen Störungen auf benachbarte Drahtlosanwendungen (kabellose Mikrofone etc.) nicht aus.
Der Frequenzbereich (790 - 862 MHz) eignet sich besonders gut für die Flächenversorgung mit Mobilfunk. In diesem Frequenzbereich können größere Flächen mit weniger Funkstationen auskommen, als bei den bisherigen UMTS-Frequenzen.
Mit weniger Funkstationen könnte der Betrieb von Mobilfunk wirtschaftlicher angeboten werden.
Die an sich begrüßenswerte Zuweisung von freiwerdenden Frequenzen an den Mobilfunk birgt aber ein wirtschaftliches und technisches Risiko für die Sekundärnutzer wie z.B. Anbieter von Beschallungstechnik (Betrieb funkloser Mikrofone und von Funkstrecken für die Programmproduktion).
Es muss den betroffenen Unternehmen genügend Zeit eingeräumt werden, den Umstieg auf eine neue Frequenz und der damit verbundenen Umrüstung ihrer Technik vorzubereiten.
- * Ziffern 2 und 3 werden bei Annahme redaktionell zusammengefasst.
3. Zu Artikel 1 Nummer 3 (Anlage Frequenzbereichszuweisungsplan mit Nutzungsbestimmungen Teil B: Nutzungsbestimmungen Nummer 36, Satz 5 - neu - FreqBZPV)*
In Artikel 1 Nummer 3 ist in der Anlage Frequenzbereichszuweisungsplan mit Nutzungsbestimmungen Teil B: Nutzungsbestimmungen der Nummer 36 nach Satz 4 - neu - folgender Satz anzufügen:
- Möglichst frühzeitig sind den auf dieser Frequenz parallel sendenden Anbietern der drahtlosen Mikrofone der professionellen Produktionstechnik alternative Funkfrequenzen zuzuteilen, damit künftige Produkte in diesem Techniksegment für die neuen Funkfrequenzen zeitnah entwickelt werden können.
Begründung
Die auf Seite 89 der Begründung von der Bundesregierung angesprochenen direkten und indirekten Kosten für Sekundärnutzer (beispielsweise drahtlose professionelle Programmproduktion einschließlich drahtloser Mikrofone), werden als erheblich eingeschätzt. Sollten diese Sekundärnutzer den Frequenzbereich 790 - 862 MHz zukünftig räumen müssen, könnten sich viele der von ihnen getätigten investiven Ausgaben mangels Absatzmöglichkeit der dann veralteten und dann wahrscheinlich nicht mehr verkäuflichen Technik nicht mehr amortisieren.
Neben der begrüßenswerten Prüfung der Umlage dieser Kosten auf die von der Zweiten Änderung der Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung in erster Linie profitierenden Mobilfunkanbieter sind so schnell wie möglich Anstrengungen hinsichtlich der Zuteilung neuer Frequenzen für Sekundärnutzer zu unternehmen, damit diese genügend zeitlichen Vorlauf für die Entwicklung und Testung neuer Technik erhalten.
Die auf Seite 90 der Begründung (letzter Spiegelstrich) angesprochene Verfügung der Bundesnetzagentur, dass in den Funkfrequenzbereichen 790 -814 und 838 - 862 MHz bis 2015 drahtlose Mikrofone für professionelle Nutzungen allgemein zugeteilt werden dürfen wird zwar begrüßt. Ebenso die Zusage der Bundesregierung sich auf europäischer/internationaler Ebene dafür einzusetzen, dass rechtzeitig alternative Frequenzbereiche für diese Nutzungen verfügbar sind. Zugleich wird aber darauf hingewiesen, dass sich die alternativ angebotenen Frequenzen 1400 - 1500 MHz sowie der Bereich 1800 - 1805 MHz noch in einem frühen Stadium der Erprobung befinden.
Die Sekundärnutzern in Aussicht gestellten Erprobungen und Testungen neuer Frequenzbereiche sind zu forcieren, damit diese rechtzeitig Technik entwickeln und testen können, die in diesem Bereich sendefähig ist.
- * Ziffern 2 und 3 werden bei Annahme redaktionell zusammengefasst.
B.
- 4. Der federführende Wirtschaftsausschuss und der Ausschuss für Kulturfragen empfehlen dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes zuzustimmen.
C.
- 5. Der federführende Wirtschaftsausschuss und der Ausschuss für Kulturfragen empfehlen dem Bundesrat darüber hinaus, die nachstehende Entschließung zu fassen:
- a) Der Bundesrat hebt hervor, dass mit der Änderung der Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung nur ein erster Schritt für die Nutzung der Frequenzen 790 - 862 MHz für die mobile breitbandige Internetversorgung im ländlichen Raum getan wird. Die weitere Umsetzung bedarf der intensiven Abstimmung zwischen Bund und Ländern.
- b) Der Bundesrat geht davon aus, dass die von der Bundesnetzagentur geplante Versteigerung der Frequenzen 790 - 862 MHz besonders dafür geeignet ist, einen Verwertungserlös zu erzielen. Der Bundesrat erwartet, dass dieser Erlös zur Deckung der Kosten, die sich aus notwendigen Umstellungen für Rundfunksendeunternehmen und Sekundärnutzer ergeben, eingesetzt wird.
- [6.] [c) Der Bundesrat erwartet, dass der Bund die Umstellungskosten den die Frequenzen bisher nutzenden Kultur- und Bildungseinrichtungen bzw. den sie tragenden Kommunen oder Ländern in geeigneter Form erstattet.]
- d) Vor der tatsächlichen Frequenzvergabe und Nutzung der Digitalen Dividende ist für die Störproblematiken für drahtlose Produktionsmittel und sowohl für leitungsgebundene als auch für nicht leitungsgebundene Rundfunkübertragung eine befriedigende Lösung aufzuzeigen. Außerdem sieht der Bundesrat die Notwendigkeit, den Nutzern von drahtlosen Mikrofonen bereits vor Beginn des Versteigerungsverfahrens ein gleichwertiges Ersatzspektrum verbindlich zu benennen.
- e) Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Schließung von Versorgungslücken bei der breitbandigen Internetversorgung in ländlichen Bereichen in allen Ländern gleichmäßig sichergestellt werden muss.
- f) Der Bundesrat erwartet, dass diese Fragen im Benehmen mit den Ländern gelöst werden. Er geht davon aus, dass die Beteiligung der Länder über das übliche Anhörungsverfahren hinausgeht.