923. Sitzung des Bundesrates am 13. Juni 2014
A
Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
Zum Gesetzentwurf allgemein
- 1. Der Bundesrat erkennt das Bestreben der Bundesregierung, einen Interessenausgleich zwischen Versicherungsunternehmen und Versicherungsnehmern insoweit herbeizuführen, als auch die Versicherungsunternehmen selbst sowie ihre Eigentümer einen Beitrag zur Senkung der Stabilitätsrisiken der Lebensversicherer leisten sollen. Vor allem mit der Begrenzung der Ausschüttungen an Aktionäre bei einer Gefährdung der Erfüllbarkeit von Garantiezusagen, der Senkung des Höchstrechnungszinses für Neuverträge sowie der Senkung des Höchstzillmersatzes für die bilanzielle Anrechnung von Abschlusskosten enthält der Gesetzentwurf auch aus verbraucherpolitischer Sicht bereits einige begrüßenswerte Ansätze.
- 2. Der Bundesrat ist jedoch der Auffassung, dass Voraussetzung für das langjährige Funktionieren des Geschäftsmodells der Lebensversicherungen das Vertrauen der Versicherten ist, nach jahrzehntelanger Beitragszahlung auch entsprechende Leistungen zu erhalten. Um dieses Vertrauen der Versicherten nicht zu gefährden, ist es erforderlich, dass Änderungen am System der Lebensversicherung, die sich unmittelbar auf die Höhe der Leistungen auswirken, die die Versicherten erhalten, mit Bedacht und im Dialog mit Verbraucherorganisationen und den Interessenverbänden der Versicherten entwickelt werden. Nach Ansicht des Bundesrates hat dieser Dialog im bisherigen Gesetzgebungsverfahren nicht in ausreichendem Maße stattgefunden.
- 3. Der Bundesrat stellt des Weiteren fest, dass aus dem Gesetzentwurf erneut nicht klar hervorgeht, ob und welche Alternativlösungen für die vorgeschlagenen Neuregelungen und Fristen überhaupt in Betracht gezogen worden sind. Der Bundesrat erwartet, dass solche gesetzlichen Neuregelungen im Dialog mit den Verbänden der Versicherten und Verbraucher sowie der Versicherungswirtschaft nach einem Konzept entwickelt werden, aus dem deutlich wird, dass den berechtigten Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher innerhalb der Versichertengemeinschaften als auch im Verhältnis zu den Unternehmen und Aktionären der Versicherungswirtschaft hinreichend Rechnung getragen wird.
- 4. Der Bundesrat hat Zweifel, ob der Gesetzentwurf dem Interessenausgleich zwischen Versicherungsunternehmen und Versicherungsnehmerinnen und -nehmern, insbesondere jenen, deren Lebensversicherungsverträge in Kürze auslaufen werden, hinreichend gerecht wird.
- 5. Insbesondere liefert die pauschale Bezugnahme auf ein Stressszenario der Deutschen Bundesbank für den Zeitraum von zehn Jahren für sich genommen noch keine ausreichenden Belege für das Vorliegen einer solchen finanziellen Schieflage der Lebensversicherungsbranche, die es bereits zum jetzigen Zeitpunkt legitimieren würde, Versicherungskunden, die kurzfristig aus dem Versicherungsverhältnis durch regulären Ablauf oder vorzeitige Kündigung ihrer Verträge ausscheiden, mit umfangreichen Kürzungen ihrer gesetzlich zustehenden Beteiligung an Bewertungsreserven und damit erheblichen Einbußen bei ihren jeweiligen Ablaufsummen zu belasten. Der Gesetzentwurf enthält insbesondere keine nachvollziehbare Begründung für die bei den maßgeblichen Prognoserechnungen zugrunde gelegte Entwicklung des Zinsniveaus. Der Bundesrat behält sich eine abschließende Bewertung der Dringlichkeit der hier vorgeschlagenen Stabilisierungsmaßnahmen vor.
Zum Verfahren
- 6. Der Bundesrat weist darauf hin, dass eine sachgerechte Beratung und abschließende Prüfung des Gesetzentwurfs innerhalb der verkürzten Beratungsfrist nicht möglich ist. Die Komplexität und erhebliche Bedeutung des Gesetzesvorhabens für die Entwicklung der privaten Altersvorsorge deutscher Bürgerinnen und Bürger gebieten eine eingehende Prüfung seiner kurz- und langfristig zu erwartenden wirtschaftlichen Auswirkungen. Die Prüfung durch den Bundesrat sollte ohne Zeitdruck und unter Vorlage transparenter und nachvollziehbarer Kalkulationsgrundlagen seitens der Bundesregierung erfolgen. Eine abschließende Einschätzung der konkreten Folgen für die Unternehmen sowie für alle von dem Gesetz betroffenen Versichertengruppen ist weder anhand des Gesetzentwurfs noch der bisherigen Äußerungen der Bundesregierung möglich.
- 7. Der Bundesrat sieht keine hinreichende Rechtfertigung dafür, einen Gesetzentwurf hierzu in einem derart beschleunigten Verfahren voranzutreiben. Bereits der Vorstoß der Bundesregierung in der vergangenen Legislaturperiode (sog. SEPA-Begleitgesetz, BR-Drucksache 702/12 (PDF) ) zur Stärkung der Risikotragfähigkeit der Lebensversicherer scheiterte 2013 am Widerstand des Bundesrates, da hiermit eine einseitige Überwälzung der Lasten auf die Versicherungsnehmer zu befürchten war. In dem hierzu geführten Vermittlungsverfahren war deutlich geworden, dass die komplexe Materie eine reifliche Folgenabschätzung etwaiger gesetzlicher Regelungen bzw. Alternativen und entsprechend eine intensive und zwischen Bund und Ländern gut vorabgestimmte Befassung erfordert, die seither aber nicht in dem für erforderlich gehaltenen Umfange stattgefunden hat.
- 8. Soweit die Bundesregierung in der Begründung zum Gesetzentwurf betont, die vorgeschlagene Begrenzung der Ausschüttung von Bewertungsreserven an ausscheidende Versicherungskunden diene einem gerechten Interessenausgleich innerhalb der Versichertengemeinschaft, weist der Bundesrat darauf hin, dass nach dem maßgeblichen Urteil des Bundesverfassungsgerichts der Gesetzgeber rechtliche Vorkehrungen dafür zu treffen hatte, dass bei der Ermittlung eines den Versicherten bei Vertragsende zuzuteilenden Schlussüberschusses die durch ihre Prämienzahlungen jeweils geschaffenen Vermögenswerte angemessen berücksichtigt werden. In Umsetzung dieser Rechtsprechung werden nach dem geltenden Versicherungsvertragsgesetz (§ 153) die Bewertungsreserven den Versicherten bei der Schlussüberschussbeteiligung "verursachungsorientiert" zugeordnet. Dies ist konsequent, denn die Wertsteigerungen sind mit den Prämienzahlungen der jeweiligen Versicherten erzielt worden. Die vom Gesetzgeber getroffene Begrenzung des an ausscheidende Kunden auszuzahlenden Anteils an den Bewertungsreserven auf 50 Prozent bildet bereits jetzt einen Kompromiss zwischen den vermögensrechtlichen Interessen der ausscheidenden Versicherten und dem Bedarf nach einer langfristigen Finanzierbarkeit der Garantieleistungen für Bestandskunden. Einen gerechten Interessenausgleich zwischen diesen Versichertengruppen vermag der Bundesrat in der vorgeschlagenen Gesetzesänderung bislang nicht zu erkennen.
- 9. Der Bundesrat äußert erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit der im Gesetzentwurf vorgesehenen Kürzung der Beteiligung von Versicherungskunden an den Bewertungsreserven mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juli 2005 (1 BvR 80/95). Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die geplante Neuregelung je nach Höhe des jeweils ermittelten Sicherungsbedarfs dazu führen kann, dass ausscheidende Kundinnen und Kunden entgegen den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätzen überhaupt nicht an den Bewertungsreserven beteiligt werden.
- 10. Der Bundesrat hält es für erforderlich, dass sich gesetzliche Regelungen bezüglich der Beteiligung der Versicherten an Überschüssen und Bewertungsreserven von Lebensversicherungen selbstverständlich an den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung - wie dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juli 2005 (1BvR 80/95) - orientieren, weshalb eine entsprechende Prüfung und Würdigung aus der Gesetzesbegründung klar hervorgehen sollte.
- 11. Nach Auffassung des Bundesrates ist es im Besonderen auch erforderlich, im Rahmen von Neuregelungen geeignete Maßnahmen zu treffen, um der bestehenden Intransparenz bei der Beteiligung der Versicherten an Überschüssen und Bewertungsreserven von Lebensversicherungen effektiv entgegenzuwirken.
- 12. Die weitere Zinsentwicklung kann von niemandem verlässlich prognostiziert werden. Insofern bittet der Bundesrat zu prüfen, ob und inwiefern es zweckmäßig und rechtlich möglich wäre, die Möglichkeit zur Begrenzung der Beteiligung der Versicherten an den Bewertungsreserven auf festverzinsliche Anlagen (Artikel 1 Nummer 3 - § 56a Absatz 3 VAG-E) einer befristeten Regelung zu unterziehen. In diesem Falle wären die Auswirkungen einer solchen befristeten Regelung für die Versicherungsunternehmen durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vor Fristablauf zu evaluieren und die Ergebnisse nach umfassender Diskussion im Verbraucherbeirat zu veröffentlichen.
- 13. Die ausscheidenden Versicherungsnehmerinnen und -nehmer, deren Beteiligung an den Bewertungsreserven auf festverzinsliche Anlagen begrenzt wird, sind darüber und über die Höhe des nicht ausgezahlten Betrages von den Lebensversicherungsunternehmen bei Vertragsende zu informieren. Der Bundesrat regt an zu prüfen, ob in Abhängigkeit von der weiteren Zinsentwicklung die Verpflichtung für einen späteren Nachteilsausgleich gesetzlich geregelt werden kann (Ergänzung von Artikel 1 Nummer 3 - § 56a Absatz 3 VAG-E).
- 14. Bei der Berechnung des Sicherungsbedarfs (Artikel 1 Nummer 3 - § 56a Absatz 4 und 5 VAG-E) kommt der Definition und der Entwicklung des maßgeblichen Euro-Zinsswapsatzes eine entscheidende Bedeutung zu. Die Berechnung dieses Zinssatzes beruht möglicherweise auf Daten, deren Erhebungsqualität Außenstehende nicht überprüfen können. Die Definition dieses sogenannten Bezugszinses und die Auswirkungen seiner Anwendung sollten deshalb von der BaFin in Zusammenarbeit mit der Bundesbank regelmäßig evaluiert und die Ergebnisse im jährlichen Finanzstabilitätsbericht veröffentlicht werden. Dabei sollte auch dargelegt werden, wie hoch der gesamte Sicherungsbedarf in der betrachteten Periode gewesen ist.
- 15. Zur Verbesserung der Transparenz bittet der Bundesrat zu prüfen, ob die gesetzlichen Vorschriften zur Festlegung des maßgeblichen Euro-Zinsswapsatzes weiter präzisiert werden können.
- 16. Im Übrigen vertritt der Bundesrat die Auffassung, dass die in Artikel 1 Nummer 3 - § 56a Absatz 4 und 5 VAG-E vorgesehene Regelung bislang nicht den Anforderungen an eine eindeutige und unterschiedliche Auslegungen sicher ausschließende gesetzliche Definition des vorgesehenen Sicherungsbedarfs entspricht. Denn über die Berechnung des Sicherungsbedarfs werden sowohl die Beteiligungen der ausscheidenden Versicherungsnehmer an den Bewertungsreserven als auch die Ausschüttungen an die Aktionäre begrenzt. Mit Blick auf die sich aus der Berechnung des Sicherungsbedarfs ergebenden wesentlichen Folgen für Versicherte und Aktionäre gibt der Bundesrat zu bedenken, dass es mit der Wesentlichkeitstheorie unvereinbar sein könnte, wenn dem Bundesministerium für Finanzen im Gesetzentwurf die Möglichkeit eingeräumt wird, nähere Einzelheiten zur Berechnung im Rahmen einer Rechtsverordnung festzulegen, und diese Ermächtigung wiederum an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht weiter übertragen werden darf. Wesentliche Vorgaben zur Berechnung des Sicherungsbedarfs sollten nach Ansicht des Bundesrates bereits in dem Lebensversicherungsreformgesetz selbst festgelegt werden.
- 17. Der Bundesrat sieht in der nun vorgesehenen Verpflichtung zur Offenlegung der Provision als Gesamtbetrag in Euro grundsätzlich eine geeignete Möglichkeit, Kunden das Eigeninteresse des Versicherungsvermittlers am Abschluss des Vertrages offen zu legen und damit die Transparenz über bestehende Vertriebsanreize zu erhöhen. Der Bundesrat sieht allerdings die Gefahr, dass Umgehungstatbestände zu Lasten der Kunden geschaffen werden, weil die Regelung ihrem Wortlaut nach nur auf die bei Abschluss anfallenden Provisionen und nicht insgesamt auf geldwerte Vorteile erstreckt wird (Artikel 2 Nummer 2 - § 61 Absatz 3 VVG-E). Hier ist es nicht überzeugend, wenn laut Gesetzesbegründung nur aus Gründen der Praktikabilität auf die Offenlegung weiter gehender Provisionen, wie zum Beispiel Bestandsprovisionen und Ähnliches, verzichtet werden soll. Der Bundesrat sieht daher die Notwendigkeit, den Anwendungsbereich der Regelungen zur Provisionsoffenlegung auszuweiten und grundsätzlich alle gewährten geldwerten Vorteile zu erfassen.
- 18. Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, in § 169 Absatz 3 VVG bei der Berechnung des Rückkaufswertes eine gleichmäßige Verteilung der angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten über die gesamte Vertragslaufzeit zu Grunde zu legen.
Begründung:
Die durch den Abschluss von Lebensversicherungsverträgen entstehenden Abschlusskosten sind bereits in der Tarifkalkulation berücksichtigt, mit der Folge, dass der Versicherungsnehmer über die gesamte Laufzeit einen höheren Beitrag zahlen muss, als wenn es diese Kosten nicht gebe. Über dieses System bevorschussen die Versicherer die Abschlusskosten, da der Vermittler seine Provision direkt nach Eingang der ersten Prämie erhält. In seiner Gewinn- und Verlustrechnung aktiviert der Versicherer die entsprechenden Kosten als "Forderungen gegen Versicherungsnehmer". Die Abschlusskosten werden aus den Beiträgen der ersten Jahre entnommen und reduzieren das rechnungsmäßige Guthaben des Versicherungsnehmers. Dieses Vorgehen hat zur Folge, dass sich erst dann ein positives Deckungskapital ergibt, wenn die Abschlusskosten vollständig getilgt sind.
Als Folge dieses Vorgehens ergeben sich bei Abschluss der Lebensversicherung sehr hohe Abschlussprovisionen; während der Laufzeit gezahlte Provisionen fallen demgegenüber deutlich geringer aus.
Unabhängig von der im Gesetzentwurf aufgegriffenen Kostenbegrenzung sollte deshalb gleichzeitig auch die Kostenverteilung angegangen werden. Ziel sollte es sein, die Abschluss- und Vertriebskosten über die gesamte Vertragslaufzeit zu verteilen, statt wie bisher die Beiträge in den ersten Vertragsjahren für solche Kosten zu verwenden, bevor auszahlbares Kapital gebildet wird. Die heutigen Erwerbsbiographien verlaufen nicht mehr so homogen wie in früheren Jahrzehnten - gebrochene Erwerbsbiographien sind die Regel und nicht die Ausnahme. In der Altersvorsorge wird daher mehr Flexibilität benötigt. Die Produkte müssen sich besser der Lebenswirklichkeit anpassen. Eine gleichmäßige Verteilung der Abschluss- und Vertriebskosten muss als Leitbild gelten, um sich den geänderten Verhältnissen anzupassen.
Mit einem zukünftig abgesenkten Garantiezins wird es noch schwerer sein beziehungsweise wesentlich länger dauern, "Verluste" auszugleichen, die bei der hohen Kostenvorausbelastung entstehen.
Zu Artikel 4 (Änderung der Deckungsrückstellungsverordnung)
- 19. Der Bundesrat regt an zu prüfen, ob es neben einer Festlegung des Anteils der Abschlusskosten, der zu Vertragsbeginn dem Vertrag angelastet werden kann (Artikel 4 Nummer 2 - § 4 DeckRV), ein sachgerechteres Verfahren zu deren wirksamen Begrenzung gibt. Insbesondere könnte die Höhe der Abschlusskosten zukünftig durch Vereinbarung zwischen Versicherungsvermittler und Versicherungsnehmerinnen und -nehmern festgesetzt werden (Ergänzung des § 60 VVG um einen Absatz 4). Unterschiede in der Qualität und Intensität der Beratung würden sich dann in unterschiedlich hohen Abschlusskosten widerspiegeln und Anreize schaffen, die Effizienz der Beratung weiter zu erhöhen.
- 20. Der Bundesrat begrüßt die Erhöhung des Mindestbeteiligungssatzes in Bezug auf den Risikoüberschuss von 75 Prozent auf 90 Prozent. Er unterstreicht die Notwendigkeit, Kunden an den erwirtschafteten Überschüssen stärker zu beteiligen, da Risikogewinne für Kunden angesichts niedriger Kapitalmarktzinsen von zunehmender Relevanz sind. Der Bundesrat ist allerdings skeptisch, ob eine Beteiligung in Höhe von 90 Prozent bereits eine adäquate Berücksichtigung der Kundeninteressen darstellt. Denn bei diesen Überschüssen handelt es sich letztendlich um insgesamt von den Kunden aufgebrachte Gelder, welche seitens der Versicherer nur aus Gründen der vorsichtigen Kalkulation zurückgehalten werden. Der Bundesrat bittet daher um Überprüfung, ob nicht eine noch weiter gehende Beteiligungsquote angemessen wäre, und regt im Übrigen an, über den Bereich der Risikoüberschüsse hinaus den Gesetzentwurf insgesamt zum Anlass für eine Neuregelung des Systems der Überschussbeteiligungen im Interesse der Kunden zu nehmen.
Zu Artikel 10 (Inkrafttreten, Außerkrafttreten)
- 21. Der Bundesrat bewertet die bislang vorgesehene Regelung, das LVRG in seinen wesentlichen Inhalten sogleich nach Verkündung in Kraft treten zu lassen, mit Blick auf die vorgesehene Modifikation der Beteiligung an den Bewertungsreserven und deren Auswirkungen auf Versicherungsnehmer als nicht sachgerecht.
Sachgerecht wäre es aus Sicht des Bundesrates vielmehr, für das Inkrafttreten des LVRG einen Zeitpunkt ab dem 1. Januar 2015 festzulegen, um Versicherungsnehmern eine realistische Möglichkeit zu gewähren, über die Fortführung ihres Vertrages (auch unter Berücksichtigung relevanter Kündigungsfristen) eine fundierte Entscheidung treffen zu können.
Begründung:
Das LVRG sieht - neben anderen Aspekten - eine Kürzung der Beteiligung der ausscheidenden Versicherungsnehmer an den Bewertungsreserven für festverzinsliche Wertpapiere und Zinsabsicherungsgeschäfte vor, soweit dies zur Erfüllung der Garantiezusagen gegenüber den verbleibenden Versicherungsnehmern notwendig ist.
Insbesondere Altkunden, deren Verträge in naher Zukunft auslaufen, werden durch die neuen Regelungen benachteiligt und könnten Einbußen in nicht unbeachtlicher Höhe erleiden. Versicherungsnehmer sehen sich deshalb mit der Frage konfrontiert, ob ihre alsbald auslaufenden Verträge nicht besser gekündigt werden sollten, um sich die gegenwärtig noch höhere Beteiligung an den Bewertungsreserven zu sichern. Um diese Frage aber sachgerecht beantworten zu können, wäre im Einzelfall genau zu untersuchen, auf welche Weise sich der Altkunde "besserstellt".
Bislang ist aber vorgesehen, die Regelungen des LVRG (mit Ausnahme von Artikel 4 Nummer 1 und 2 sowie Artikel 5 Nummer 1) am Tag nach der Verkündung in Kraft treten zu lassen, was für eine eingehende Prüfung naturgemäß nicht ausreicht. Verbraucherschützer kritisieren überdies, dass die Informationen, die Versicherungsnehmer vom Versicherer über die jeweils aktuellen Vertragswerte erhalten, nicht immer ausreichend sind.
Der vorgeschlagene Zeitpunkt ist im Übrigen so gewählt, dass er Raum für ein (evtl. auch in bestimmten Teilbereichen) späteres Inkrafttreten des LVRG ließe.
B
- 22. Der federführende Finanzausschuss, der Rechtsausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.