Der Bundesrat hat in seiner 926. Sitzung am 10. Oktober 2014 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst.
Anlage
Entschließung des Bundesrates "Verlässliche, planungssichere und auskömmliche Planungsfinanzierung im Bundesfernstraßenbau"
- I. Der Bundesrat stellt fest, dass derzeit die Planung und Zuteilung der Mittel für den Bundesfernstraßenbau in den Ländern von der Mittelfristigen Finanzplanung, dem jährlichen Verfügungsrahmen sowie dem unterjährigen Mittelausgleich bestimmt wird. Das Jährlichkeitsprinzip des Haushalts, abnehmende Investitionslinien für Aus- und Neubaumaßnahmen in der Mittelfristigen Finanzplanung und die zunehmende Bedeutung nicht planbarer unterjähriger Mittelzuweisungen am Jahresende stehen einer verlässlichen, bedarfsgerechten und planungssicheren Finanzierung von Bundesfernstraßen in den Ländern entgegen.
Der Bundesrat sieht mit großer Sorge, dass die derzeitige Zweckausgabenpauschale des Bundes für die Entwurfsbearbeitung und Bauaufsicht der Bundesfernstraßen in Höhe von 3 Prozent nicht auskömmlich ist, da der tatsächliche Bedarf mit 15 bis 20 Prozent weit darüber liegt. Die Länder sind so gezwungen, die fehlenden Planungsmittel zu ihren Lasten aufzubringen. Für eine nachhaltige und bedarfsgerechte Finanzierung muss die Planung, Verfügbarkeit und Steuerung der Finanzmittel im Bundesfernstraßenbau deutlich verbessert werden.
Vor diesem Hintergrund hält der Bundesrat wesentliche Verbesserungen bei Planung, Verfügbarkeit und Steuerung der Finanzmittel im Bundesfernstraßenbau im Sinne von nachhaltiger und bedarfsgerechter Finanzierung für unbedingt notwendig.
- II. Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen um künftig mehr Planbarkeit, Verlässlichkeit und Flexibilität im Straßenbauhaushalt sicherzustellen. Die Länder benötigen langfristig gesicherte Finanzierungslinien sowie eine Mittelausstattung für Planung und Baubegleitung, welche der Höhe der tatsächlichen Planungskosten entspricht.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, ein Konzept für eine langfristige und zuverlässige Abwicklung von Infrastrukturprojekten vorzulegen, das eine bedarfsgerechte, maßnahmenorientierte, auf die gesamte Bauphase orientierte und überjährig planbare Durchführung von Infrastrukturprojekten erlaubt. Ziel muss es sein, einen Paradigmenwechsel von der kameralistisch liquiditätsorientierten Finanzierung hin zu einem bedarfsgerechten, effizienten und projektorientierten Finanzmanagement zu vollziehen.
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, bei mehrjährigen Infrastrukturvorhaben zur Durchfinanzierung der Projekte generell eine überjährige Verwendung von Investitionsmitteln zu ermöglichen und hierfür die haushaltsrechtlichen Rahmenbedingen zu schaffen.
Der Bundesrat hält es vor dem Hintergrund der vorläufigen Haushaltsführung in 2014 für geboten, dass die Bundesregierung alle notwendigen Maßnahmen ergreift, damit den Ländern eine vollständige Umsetzung der Investitionsmittel im Bundesfernstraßenbau 2014 ermöglicht wird. Hierzu ist es dringend notwendig, die Finanzierung von Maßnahmen, die 2014 noch begonnen werden, überjährig und ohne Anrechnung nicht verwendeter Mittel auf die Finanzierungslinie ab 2015 abzusichern.
- III. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung zu prüfen, ob wegen der erheblich gestiegenen Bedeutung der Bürgerbeteiligung und des hiermit einhergehenden deutlich früheren und erhöhten finanziellen Aufwands bei der Planung und Verwirklichung von Infrastrukturvorhaben eine ausgleichsbedürftige Belastung der Länder vorliegen kann, die bei Aufgaben der Bundesauftragsverwaltung eine Kostenübernahme durch den Bund rechtfertigt.
Begründung:
Die Bundesrepublik Deutschland ist als wichtiger Industrie- und Dienstleistungsstandort auf den Erhalt und die Funktionsfähigkeit ihrer hochwertigen Verkehrsinfrastruktur angewiesen. Die Bundesregierung hat im März 2014 beschlossen, für die Verkehrsinfrastrukturfinanzierung bis 2017 insgesamt 5 Mrd. Euro zusätzliche Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen, davon ca. 3,6 Mrd. für den Straßenbau.
Die sachgerechte Planung und Finanzierung des Ausbau- und Erhaltungsbedarfs der Bundesfernstraßen in den Ländern erfordert eine bedarfsgerechte Mittelausstattung, eine realistische Mittelfristige Finanzplanung und eine verlässliche und transparente Haushaltssteuerung. Dies ist unter den jetzigen Bedingungen zunehmend weniger gegeben. Die derzeitige Mittelfristige Finanzplanung beim Bundesfernstraßenbau sieht vielerorts ein deutliches Absinken der Haushaltsansätze für Aus- und Neubaumaßnahmen vor. Die Mittelansätze sind mit Blick auf den Finanzierungsbedarf selbst für die dringlichsten, mit dem Bund abgestimmten Vorhaben völlig unzureichend. Die zu geringen Haushaltsansätze der Mittelfristigen Finanzplanung zu Beginn eines Jahres und eine entsprechend restriktive Baufreigabe durch den Bund führen dazu, dass in den Ländern eine zuverlässige Planbarkeit der Investition in die Bundesfernstraßen nicht mehr gegeben ist.
Den praktizierten unterjährigen Mittelzuweisungen und insbesondere den unkalkulierbaren kurzfristigen Mittelausgleichen am Jahresende kommt zunehmend stärkere Bedeutung zu. Nicht bedarfsgerechte Ansätze in der Finanzplanung und die Spekulation auf Mittel im Verlauf eines Jahres machen eine sachgerechte Planung und Steuerung praktisch unmöglich. In den Auftragsverwaltungen der Länder fehlen vielerorts personelle Kapazitäten. Die Straßenbauverwaltungen in den Ländern können nicht so kurzfristig ihre Kapazitäten anpassen.
Durch die vorläufige Haushaltsführung des Bundes im Jahr 2014 treten zusätzlich erhebliche Verzögerungen bei der Mittelzuweisung an die Länder auf. Der neue Haushalt wird erst ab August 2014 zum Vollzug zur Verfügung stehen. Bis dahin werden Investitionsmittel in einem viel zu geringen Umfang zugewiesen. Baufreigaben für Neubeginne werden nicht erteilt. Die fristgerechte und vollständige Umsetzung der 2014 für Erhalt und Ausbau des Bundesfernstraßennetzes insgesamt zur Verfügung stehenden und teilweise erst sehr spät zugeteilten Mittel wird so erheblich erschwert.
Die Bundesregierung trägt die Verantwortung für eine Revision des gesamten Systems der Infrastrukturfinanzierung, so auch im Bundesfernstraßenbereich. Zwei von den Verkehrsministern der Länder eingesetzte Kommissionen haben hierzu konzeptionelle Vorarbeiten geleistet. Der Bund muss den Ländern mit einem bedarfsgerechten, überjährigen und flexiblen Finanzierungssystem eine verlässliche Planung und Abwicklung der baureifen Maßnahmen ermöglichen. Das Jahresbudget muss dabei über einen längeren Zeitraum zuverlässig planbar sein.
Ein Kernproblem der Investitionsmittelplanung ist das Jährlichkeitsprinzip. Denn der Einjahreszeitraum für die Mittelbereitstellung und -abrechnung ist mit den mehrjährigen Investitionszyklen großer Infrastrukturvorhaben nicht in Einklang zu bringen. Daher ist künftig eine überjährige Verwendung von Mitteln für langjährige Investitionsprojekte zwingend erforderlich. Für 2014 hat die Bundesregierung vor dem Hintergrund der vorläufigen Haushaltsführung bereits eine bessere Übertragbarkeit der Mittel angekündigt.
Seit Jahren fordern die Länder eine ausreichende Mittelausstattung beim Planungszuschuss. Die vom Bund gezahlte Zweckausgabenpauschale von 3 Prozent für Planung und Aufsicht bei Bundesfernstraßenprojekten steht in keinem Verhältnis mehr zu den tatsächlichen Kosten von 15 bis 20 Prozent. Hier ist eine ausreichende Mittelausstattung zwingend erforderlich.