A. Problem und Ziel
- Nachdem nunmehr 3 Monate seit dem Inkrafttreten des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (HARTZ IV) vergangen sind, zeigt sich, dass die getroffenen Regelungen an einigen Stellen in der Praxis hinderlich sind, an anderen Stellen sogar der Intention des Gesetzgebers zuwiderlaufen.
- Angesichts der alarmierenden Zahl von über 5,2 Millionen Arbeitslosen hält es der Bundesrat für dringend erforderlich, die im SGB II enthaltenen, wesentlichen Fehlsteuerungen schnellstmöglich zu beseitigen.
B. Lösung
- Änderungen im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch; Folgeänderungen im Dritten Buch Sozialgesetzbuch.
C. Alternativen
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
E. Sonstige Kosten
Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Optimierung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II - Optimierungsgesetz)
Der Bundesrat hat in seiner 811. Sitzung am 27. Mai 2005 beschlossen, den beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.
Anlage
Entwurf eines Gesetzes zur Optimierung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II - Optimierungsgesetz)
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch
Das Zweite Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954, 2955), zuletzt geändert durch Artikel 2a des Gesetzes vom 21. März 2005 (BGBl. I S.818), wird wie folgt geändert:
- 1. In § 7 Abs. 5 Satz 2 werden die Worte "als Darlehen" gestrichen.
- 2. § 16 Abs. 1 wird wie folgt geändert:
- a) Satz 1 wird wie folgt gefasst:
Als Leistungen zur Eingliederung in Arbeit kann die Agentur für Arbeit alle im Zweiten und Dritten Abschnitt des Dritten Kapitels, im Ersten bis Dritten und Sechsten Abschnitt des Vierten Kapitels, im Fünften Kapitel, im Ersten, Fünften und Siebten Abschnitt des Sechsten Kapitels und die in den §§ 417, 42lg, 42li, 42lk und 42lm des Dritten Buches geregelten Leistungen erbringen.
- b) Satz 6 wird gestrichen.
- 3. In § 23 Abs. 3 werden in Nummer 2 die Wörter "und Geburt" durch die Wörter "und Babyerstausstattung" ersetzt."
- 4. Nach § 36 wird folgender § 36a eingefügt:
§ 36a Kostenerstattung bei Aufenthalt im Frauenhaus
(1) Werden Leistungsberechtigte (Frauen und Kinder) in einem Frauenhaus aufgenommen, ist entsprechend § 36 der kommunale Träger und die Agentur für Arbeit am Sitz des Frauenhauses zuständiger Träger der Leistung. Der kommunale Träger, in dessen Bereich die leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in das Frauenhaus oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat, ist dem zuständigen Träger für die Kosten der Leistungen nach §§ 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 und 22 erstattungspflichtig; dies gilt nicht, soweit die Kosten vom Bund gemäß § 46 Abs. 10 erstattet werden.
(2) Verlässt die leistungsberechtigte Person das Frauenhaus und erhält im Bereich des örtlich zuständigen Trägers, in dem das Frauenhaus liegt, innerhalb von einem Monat danach Leistungen nach §§ 22, 23 Abs. 3 sind dem Träger der Leistungen die aufgewendeten Kosten von dem Träger zu erstatten, in dessen Bereich die leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in das Frauenhaus oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatte. Die Erstattungspflicht wird nicht durch einen Aufenthalt außerhalb dieses Bereichs unterbrochen, wenn dieser zwei Monate nicht übersteigt; sie endet, wenn für einen zusammenhängenden Zeitraum von zwei Monaten Leistungen nicht zu erbringen waren, spätestens nach Ablauf von zwei Jahren seit dem Verlassen des Frauenhauses.
(3) Die §§ 111 bis 113 des Zehnten Buches gelten entsprechend."
5. § 53 wird wie folgt gefasst:
§ 53 Beirat und Statistik
(1) Die Bundesagentur für Arbeit erstellt aus den bei der Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende von ihr nach § 5lb erhobenen und den ihr von den kommunalen Trägern und den zugelassenen kommunalen Trägern nach § 5lb übermittelten Daten Statistiken. Das zuständige Bundesministerium bestimmt im Einvernehmen mit dem Beirat Art und Umfang sowie Tatbestände und Merkmale der Statistiken und der Berichterstattung. Der Beirat wird bei der Bundesagentur eingerichtet und bei allen Maßnahmen nach Satz 1 sowie bei der Datenaufbereitung und -verarbeitung beteiligt. Näheres über die Arbeitsweise, die Bildung, das Verfahren und die Zusammensetzung des Beirates ist durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.
(2) Die Bundesagentur übernimmt die 1aufende Berichterstattung und bezieht die Leistungen nach diesem Buch in die Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ein. Die §§ 280, 281 und 282a des Dritten Buches gelten entsprechend. Die Bundesagentur legt die Statistiken dem Beirat vor und veröffentlicht sie in geeigneter Form. Sie gewährleistet, dass auch kurzfristigem Informationsbedarf des zuständigen Bundesministeriums, der Länder und der Kommunen entsprochen werden kann.
(3) Die Bundesagentur stellt den Ländern und den kommunalen Trägern für die 1aufende Sozialberichterstattung ab 1. Januar 2005 kleinräumig aggregierte Datenbestände mit monatlicher Periodizität kostenfrei zur Verfügung. Sie bildet hierbei auf Länderebene Gemeindedaten, auf kommunaler Ebene innerhalb von Gemeinden auch Daten für Gemeindeteile und Straßenabschnitte ab, soweit die Kommunen entsprechende Verschlüsselungen liefern. Die Bundesagentur stellt den Zugriff auf eine entsprechende Datenbank analog derjenigen für die Beschäftigtenstatistik durch den Bund, die Länder und die kommunalen Träger sicher. Sie gewährleistet den direkten Zugriff der Arbeitsgemeinschaften auf alle im Rahmen des Zweiten Buches anfallenden Daten, einschließlich notwendiger Kontextdaten, darunter die Entwicklung der Arbeitslosigkeit insgesamt. Über Datenbankinhalte, Funktionalitäten und Bereitstellungstermine entscheidet der Beirat nach Absatz 1.
(4) Für Zusatzaufbereitungen und zur Erstellung eines Gesamtbildes des sozialstaatlichen Transfersystems, zur Deckung des Informationsbedarfs des Bundes und der Länder und Kommunen und soweit dies für Auswertungen zur Schaffung gleichartiger Revisionsgrundlagen nach § 46 oder zur Wahrnehmung der Aufsichtsfunktion der obersten Landesbehörden erforderlich ist, übermittelt die Bundesagentur oder die von ihr beauftragte Stelle auf Anforderung den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder Einzelangaben ohne Name und Anschrift. Übermittelt werden Einzelangaben, welche die Bundesagentur bei der Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 5lb erhebt oder die ihr von den kommunalen Trägern und den zugelassenen kommunalen Trägern nach § 5lb übermittelt wurden sowie anonymisierte Daten über die Art der Leistungen, die nach den Vorgaben des Beirates nach Absatz 1 als verbindliche Datengrundlage erstellt wurden."
Artikel 2
Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch
§ 22 Abs. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997 (BGBl. I S. 594, 595), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 21. März 2005 (BGBl. I S.818), wird wie folgt geändert:
- 1. Satz 1 wird wie folgt geändert:
- a) Vor der Angabe "37, 37c" wird die Angabe "35 bis" eingefügt.
- b) Der Punkt am Satzende wird durch ein Semikolon ersetzt und folgender Halbsatz angefügt: "dies gilt nicht für erwerbsfähige Hilfebedürftige, die Entgeltersatzleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch erhalten."
- 2. Satz 2 wird gestrichen.
Artikel 3
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am ..... in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
Der Bundesrat hält es für notwendig, das SGB II in den für die Praxis wichtigsten Punkten einer Überarbeitung zu unterziehen.
Nachdem nunmehr 3 Monate seit dem Inkrafttreten des SGB II (HARTZ IV) vergangen sind, zeigt sich, dass die getroffenen Regelungen an einigen Stellen in der Praxis hinderlich sind, an anderen Stellen sogar der Intention des Gesetzgebers zuwiderlaufen.
Angesichts der alarmierenden Zahl von über 5,2 Millionen Arbeitslosen hält es der Bundesrat für dringend erforderlich, die im SGB II enthaltenen, wesentlichen Fehlsteuerungen schnellstmöglich zu beseitigen.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1
Zu Nummer 1 (Ausbildung erwerbsfähiger Hilfebedürftiger)
Das SGB II schreibt in § 3 Abs. 2 vor, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unverzüglich nach Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II in eine Arbeit, eine Ausbildung oder eine Arbeitsgelegenheit zu vermitteln sind. Hilfebedürftige ohne Berufsabschluss sind vorrangig in eine Ausbildung zu vermitteln. Wenn dies nicht möglich ist, soll die vermittelte Arbeit oder Arbeitsgelegenheit zur Verbesserung ihrer beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten beitragen - also möglichst zu einer Hinführung zur Ausbildung beitragen und einen reibungslosen Übergang in Berufsvorbereitung oder Ausbildung entsprechend unterstützen.
Dies ist auch arbeitsmarktpolitisch sinnvoll, da seit Jahrzehnten ein beständiger Anstieg der Qualifikationsanforderungen des Beschäftigungssystems zu beobachten ist. Die Arbeitsmarktrisiken der unteren Qualifikationsebenen steigen immer weiter an, die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes für Personen ohne Berufsausbildung wird immer geringer. Diese grundlegenden Trends werden sich sowohl nach der Projektion zur Entwicklung der Tätigkeitslandschaft des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung gemeinsam mit der Prognos AG als auch nach der Projektion der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung auch künftig fortsetzen. Wenn erwerbsfähige Hilfebedürftige keinen Berufsabschluss haben, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie immer wieder in den Leistungsbezug zurückfallen, sehr hoch.
Deshalb lohnt es sich für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, bei jüngeren erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Ausbildung zu investieren. Zwar kann eine Berufsausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) bis zu dreieinhalb Jahre, wenn die Wiederholung von Abschlussprüfungen nötig wird, sogar bis zu viereinhalb Jahre dauern. Nach dieser Ausbildung kommen jedoch noch vierzig oder mehr Jahre, in denen die jetzt hilfebedürftige Person entweder ihre Existenz aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten kann oder immer wieder auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen sein wird. Auch eine Investition, die deutlich über die Eingliederungspauschale hinausgeht, wird sich deshalb aller Voraussicht nach für die Träger der Grundsicherung amortisieren.
Nach § 7 Abs. 5 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) oder der §§ 60 bis 62 SGB III (Berufsausbildungsbeihilfe - BAB) dem Grunde nach förderfähig ist, jedoch keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. In besonderen Härtefällen können Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen geleistet werden.
Daraus ergeben sich mehrere Probleme:
- 1. Die Ausbildungsvergütungen reichen nur in ganz wenigen Berufen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Bei außerbetrieblichen Ausbildungen sind sie sehr oft auf die Höhe der BAB beschränkt.
- 2. Die Leistungen nach BAföG oder BAB reichen in der Regel nicht aus, um auch die Kosten für Unterkunft und Heizung in vollem Umfang abzudecken. In solchen Härtefällen können nach SGB II zwar ergänzende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gezahlt werden, aber ausschließlich als Darlehen.
- 3. Wer noch nicht 18 Jahre alt ist und bei den Eltern wohnt, hat dem Grunde nach keinen Anspruch auf BAföG oder BAB. Diese Personen bleiben Teil der Bedarfsgemeinschaft nach SGB II und haben Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Wenn ein junger Mensch jedoch das 18. Lebensjahr vollendet hat und auszieht, ist er nicht mehr Teil dieser Bedarfsgemeinschaft. Dann ist eine begonnene Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig nach BAföG bzw. BAB, also können Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Härtefällen ausschließlich als Darlehen gezahlt werden.
- 4. Wenn ein junger Mensch begreift, dass die Aufnahme einer Berufsausbildung bedeutet, dass er am Ende der Ausbildung infolge eines gewährten Darlehens mit einem Schuldenberg dasteht, ist die Gefahr groß, dass er sich gegen die Aufnahme einer Ausbildung entscheidet. Dies wäre arbeitsmarktpolitisch höchst kontraproduktiv.
- 5. Die Umsetzung von Landesprogrammen (wie z.B. das Programm "Ausbildung statt Arbeitslosengeld II" in Hessen) wäre gefährdet.
Diese Probleme sollten baldmöglichst dadurch gelöst werden, dass § 7 Abs. 5 SGB II wieder analog dem früher geltenden § 26 Abs. 1 BSHG angepasst wird.
Zu Nummer 2 (Zuständigkeit für Berufsberatung und Berufsorientierung) zu Buchstabe a
Nach den §§ 16 Abs. 1 Satz 1 SGB II, 22, 29 sowie 33 SGB III ist vorgesehen, dass die Optionskommunen für die Berufsberatung und Orientierung zuständig sind, soweit es sich um Empfänger von Leistungen des SGB II handelt (Kinder, deren Eltern Arbeitslosengeld II erhalten) und im Übrigen die Agenturen für Arbeit zuständig sind.
Dies führt in der Praxis u.a. dazu, dass Mitarbeiter der Agenturen für Arbeit bei Veranstaltungen zur Berufsorientierung in den Schulen die Kinder von Arbeitslosengeld II - Empfängern ausschließen. Die Kinder werden damit in der Schule auch gezwungen zu offenbaren, dass sie in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Um derartige Stigmatisierungen zukünftig zu verhindern, sollte die Zuständigkeit für die Berufsberatung und Berufsorientierung bei den Agenturen für Arbeit konzentriert werden.
zu Buchstabe b
Folgeänderung zu Artikel 2 Nr. 1 des Gesetzentwurfs.
Zu Nummer 3
Nach § 20 SGB II bzw. §§ 27 und 28 SGB XII sind aus der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der einmaligen Leistungen nach § 23 Abs. 3 SGB II bzw. § 31 Abs. 1 SGB XII, sämtliche Bedarfe zu decken. Darüber hinausgehende einmalige Leistungen für notwendige Anschaffungen können nur noch als Darlehen bewilligt werden (§ 23 Abs. 1 SGB II, § 37 SGB XII). Bedürftige Schwangere haben daher nach § 23 Abs. 3 Nr. 2 SGB II bzw. § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII nur noch Anspruch auf Schwangerschaftsbekleidung sowie auf Bekleidung für das neugeborene Kind. Sonstige notwendige Ausstattung aufgrund von Schwangerschaft und Geburt, wie z.B. Kinderbett, Kinderwagen, Schrank für Kinderbekleidung, Wickelauflage, müssten aus der Regelleistung angespart und finanziert werden. Verkannt wird dabei, dass es sich um einen Bedarf handelt, der dem Kind zuzurechnen ist, dem aber erst mit seiner Geburt solche Leistungen zustehen können. Dementsprechend hat auch die Bundesstiftung "Mutter und Kind - Schutz des ungeborenen Lebens" hier eine normative Lücke erkannt und einen gesetzlichen Nachbesserungsbedarf gesehen.
Zu Nummer 4
Zu § 36a Abs. 1
In der Rechtsprechung zum BSHG gibt es Entscheidungen, die deutlich machen, dass der für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit entscheidende "gewöhnliche Aufenthalt" am Sitz des Frauenhauses begründet wird. Jedoch ist die rechtliche Bewertung dieser Frage nicht einheitlich (vgl. Bräutigam, in: Fichtner, Kommentar zum BSHG, 2. Auflage, 2003, § 97 Rdnr. 20 m.w.N. zur Rspr.; a. A. OVG Magdeburg, zit. ebd.). Um sicherzustellen, dass für die Abwicklung der Antragstellung und die Betreuung der von Gewalt betroffenen Frauen die ARGE/Optionskommune am Sitz des Frauenhauses zuständig ist, muss klarstellend eine ausdrückliche Regelung getroffenen werden. Gerade in Fällen eines nur kurzfristigen Aufenthaltes in einem Frauenhaus könnten sonst im Einzelfall Streitigkeiten über die Zuständigkeit entstehen. Diese Lösung ist auch sachgerecht, weil zugleich sichergestellt wird, dass eine Regelung zur Kostenerstattung durch die Herkunftskommune geschaffen wird. Dieses Ziel wird aber nur dann wirklich erreicht, wenn neben den Leistungen für Unterkunft und Heizung auch die Leistungen für psychosoziale Betreuung erstattungsfähig werden, da die während des Aufenthalts im Frauenhaus hierfür notwendigen Aufwendungen nicht selten die für die Unterkunft deutlich übersteigen. Deshalb ist eine entsprechende Ergänzung durch § 36a Abs. 1 erforderlich. In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass der im Gesetz verwendete und allgemein anerkannte Begriff des Frauenhauses Zufluchtsstätten für von häuslicher Gewalt betroffene Frauen in einem umfassenden Sinne beschreibt und alle Einrichtungen umfasst, die misshandelten Frauen und ihren Kindern Schutz an einem sicheren Ort und psychosoziale Betreuung anbieten. Ob es sich um "Häuser" oder "Wohnungen" handelt, ist dabei unerheblich.
Zu § 36a Abs. 2
In Absatz 2 wird eine über den Frauenhausaufenthalt hinausgehende Kostenerstattungspflicht geschaffen, die für die Herkunftskommune für zwei Jahre bestehen bleiben sol1. Für diese weitergehende Regelung soll die Kostenerstattungspflicht auch die Kosten nach § 23 Abs. 3 SGB II umfassen, da ansonsten ein kaum zu begründender Unterschied gemacht wird: Die Herkunftskommune trägt weiterhin die Kosten für Unterkunft und Heizung, die Erstausstattung der neuen Wohnung wird aber von der Kommune am Sitz des Frauenhauses getragen.
Jedoch besteht keine Notwendigkeit dafür, dass die Zuständigkeit der Herkunftskommune selbst dann bestehen bleibt, wenn die Frau nach dem Frauenhausaufenthalt an einem anderen - dritten - Ort den Wohnsitz nimmt. Dies geht über das Ziel der Regelung - Absicherung der Existenz der Frauenhäuser und gerechte Verteilung der Lasten, insbesondere für die Kommunen, die ein Frauenhaus unterhalten, - hinaus.
Zu Nummer 5 (Übermittlung der Daten aus dem SGB II an die Statistischen Landesämter)
Durch die Bestimmung wird der notwendige Datenaustausch auch bei den für die nach dem SGB II für die Aufsicht zuständigen Länder sichergestellt.
Zu Artikel 2
(Zuständigkeit für Bezieher von Arbeitslosengeld mit ergänzendem ALG II-Anspruch)
Zu Nummer 1
Nach der derzeit geltenden Rechtslage herrscht zwischen dem BMWA und einigen Ländern Unklarheit über die Frage, ob die sog. Aufstocker, d.h. Personen, die zusätzlich zu Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II beziehen, Eingliederungsleistungen nach dem SGB II oder dem SGB III erhalten.
Die Aufstocker müssen Vermittlungs- und Eingliederungsleistungen ausschließlich nach dem SGB III erhalten, da sonst eine Zuständigkeitsverschiebung zu Lasten der Steuerzahler erfolgte.
Durch die Hinzufügung des Halbsatzes "dies gilt nicht für erwerbsfähige Hilfebedürftige, die Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III erhalten" am Ende des § 22 Abs. 4 Satz 1 SGB III wird erreicht, dass Aufstocker weiterhin beitragsfinanziert durch die Arbeitsagentur betreut werden.
In Folge der gleichzeitigen Erweiterung des Anwendungsbereiches (Anwendung auch bzg1. §§ 35 und 36) gilt § 22 Abs. 4 Satz 1 künftig auch für die Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit.
Für Aufstocker sind künftig allein die Arbeitsagenturen, für reine SGB II-Bezieher die Arbeitsgemeinschaften bzw. zugelassenen kommunalen Träger zuständig.
Zu Nummer 2
Durch die Streichung des § 22 Abs. 4 Satz 2 SGB III wird eine sachlich nicht begründete Ungleichbehandlung zwischen Optionskommunen und Arbeitsgemeinschaften i.S.d. § 44b (ARGEn) beseitigt. § 22 Abs. 4 Satz 2 SGB III in der gegenwärtigen Fassung regelt, dass Optionskommunen ausschließlich und nicht gemeinsam mit der Arbeitsagentur für die Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit zuständig sind; im Fall der Bildung einer ARGE ist neben dieser jedoch auch die Arbeitsagentur für die Vermittlung zuständig.
Durch die Streichung des § 22 Abs. 4 Satz 2 und die gleichzeitige Erweiterung des Anwendungsbereiches des § 22 Abs. 4 Satz 1 (Anwendung auch bzg1. §§ 35 und 36; vgl. Nr. l) sind künftig die ARGEn und die Optionskommunen für die Vermittlung von ALG II-Empfängern alleine zuständig. Abgrenzungsschwierigkeiten durch Doppelzuständigkeiten werden vermieden.
Gleichzeitig wird klargestellt, dass die Vermittlung von Aufstockern Aufgabe der Arbeitsagentur ist.
Zu Artikel 3
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.