Übermittelt vom Bundesministerium der Finanzen am 3. Mai 2005 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).
Die Vorlage ist von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 25. April 2005 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.
Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische
Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und sozialausschuss
und den Ausschuss der Regionen
Verbesserung des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz
(Text von Bedeutung für den EWR)
1. Hintergrund und Zweck
1.1. Hintergrund
Das Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz unterstützt und erleichtert die Mobilisierung der am unmittelbaren Bedarf der betroffenen Länder orientierten unverzichtbaren Katastrophenhilfe. Diese positive Leistung baut auf Lehren und Erfahrungen bei Hilfeleistungen nach einer Vielzahl unterschiedlicher Katastrophen innerhalb und außerhalb der EU auf: unter anderem bei den Überschwemmungen in Mitteleuropa (2002) und Frankreich (2003), dem Prestige-Unfall (2002), den Erdbeben in Algerien (2003), Iran (2003) und Marokko (2004), den Waldbränden in Frankreich und Portugal (2003, 2004) und der Explosion in Asunciön (2004). Erst kürzlich haben Schweden und Albanien um Unterstützung im Rahmen des Gemeinschaftsverfahrens gebeten, um mit den Folgen eines großen Sturms bzw. von Schneestürmen fertig zu werden.
Das Verfahren ermöglichte eine rasche und wirksame Reaktion auf die Flutwellenkatastrophe in Südasien im Dezember 2004. Der Einsatz des Verfahrens in Südasien - der größte seit seiner Einrichtung - hat weitere Facetten der europäischen Katastrophenschutzeinsätze offengelegt, die bei früheren Notsituationen nicht so deutlich wurden.
Allgemein hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Reaktionsfähigkeit der EU im Bereich des Katastrophenschutzes weiter verstärkt werden muss. Die Kommission hat nun die Schaffung eines Krisenreaktions- und Vorbereitungsinstruments für Katastrophenfälle1 vorgeschlagen, das den rechtlichen Rahmen für die Finanzierung von Katastrophenschutzeinsätzen bilden soll. In dieser Mitteilung werden weitere Maßnahmen zur Stärkung des Beitrags der Europäischen Union in diesem Bereich genannt.
1.2. Ersuchen des Rates und des Europäischen Parlaments
Auf seiner außerordentlichen Tagung vom 7. Januar 2005 beschloss der Rat "Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen", mögliche Verbesserungen des Katastrophenschutzmechanismus einschließlich der Analysekapazität zu prüfen und die Möglichkeit zum Aufbau eines Schnellreaktionssystems der EU zu untersuchen. Außerdem nennt der am 31. Januar 2005 nach der Flutwellenkatastrophe im Indischen Ozean verabschiedete EU-Aktionsplan die wichtigsten Bereiche, in denen Maßnahmen mit unmittelbarem Bezug auf den Katastrophenschutz getroffen werden müssen.
Fast zeitgleich mit der Bitte des Rates hat das Europäische Parlament "die Schaffung einer Reihe spezialisierter ziviler Zivilschutzeinheiten mit entsprechender Ausrüstung (gefordert), die gemeinsam ausgebildet werden und bei humanitären, Natur- oder Umweltkatastrophen oder bei Katastrophen mit industriellem Hintergrund in der Union oder in der übrigen Welt zur Verfügung stehen"2.
Gleichzeitig haben mehrere Mitgliedstaaten Vorschläge zur Verbesserung der Reaktionsfähigkeit des Katastrophenschutzverfahrens der EU vorgelegt. Die Vorschläge der Mitgliedstaaten unterscheiden sich zwar in Einzelheiten, doch besteht Einigkeit darüber, das auf dem bisherigen Verfahren aufgebaut werden sollte, anstatt zusätzliche und doppelte Strukturen aufzubauen.
1.3. Zweck der Mitteilung
Die vorliegende Mitteilung konzentriert sich auf das Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz, das innerhalb der EU und in Drittländern mobilisiert werden kann. Sie gibt einen Überblick darüber, wie die Kommission auf das Ersuchen des Rates zum Katastrophenschutz durch Schritte auf zwei verschiedenen Ebenen reagieren wird.
Die unmittelbaren Maßnahmen konzentrieren sich auf die Verbesserung des Verfahrens und die Maximierung der Unterstützung innerhalb des bestehenden rechtlichen Rahmens. Die in Abschnitt 3 vorgeschlagenen Maßnahmen sollen in der unmittelbaren Zukunft einer klareren Demonstration der europäischen Solidarität dienen, ohne dass die bestehenden Rechtsinstrumente geändert werden.
Zusätzlich werden strukturelle Reformen des Verfahrens vorgeschlagen, die auf die Stärkung der Katastrophenschutzressourcen ausgerichtet sind, so dass die EU in Zukunft schneller und wirksamer auf Katastrophen aller Art reagieren kann. Diese in Abschnitt 4 erläuterten Reformen machen eine Änderung der Entscheidung des Rates über das Verfahren erforderlich.
Mit diesen Vorschlägen für Maßnahmen zur Stärkung des Katastrophenschutzverfahrens möchte die Kommission außerdem Synergien und Ergänzungsmöglichkeiten zwischen dem Verfahren und anderen Instrumenten steigern, die bei den unterschiedlichen Katastrophen, mit denen die EU innerhalb und außerhalb ihrer Grenzen konfrontiert wird, mobilisiert werden können. Damit soll die Kohärenz des EU-Katastrophenschutzes verbessert werden.
1.4. Geltungsbereich dieser Mitteilung
Die Mitteilung konzentriert sich ausschließlich auf die Katastrophenhilfe im Rahmen des Verfahrens. Katastrophenschutz bedeutet Soforthilfe in den ersten Stunden und Tagen nach einer Katastrophe3. Wie die humanitäre Hilfe der EU dient sie der Rettung von Menschenleben und der Linderung der Auswirkungen der Katastrophe in den ersten Tagen. Sie unterscheidet sich jedoch von der humanitären Hilfe in vierfacher Hinsicht: Katastrophenhilfe befasst sich sowohl mit den Umweltauswirkungen von Katastrophen als auch mit deren Auswirkungen für die Menschen; für die Katastrophenhilfe werden Teams, Experten und Ausrüstung von den am Verfahren beteiligten Mitgliedstaaten bereitgestellt und nicht von humanitären Organisationen (spezialisierte VN-Organisationen, Rot-Kreuz-Organisationen und NRO), auf die ECHO zurückgreift; Katastrophenhilfe kann innerhalb und außerhalb der EU geleistet werden und das Verfahren kann ebenfalls als Instrument zur Erleichterung und Förderung des Krisenmanagements im Rahmen der GASP dienen.
Diese Mitteilung bezieht sich auf sämtliche Arten von Notfällen, in denen das Verfahren aktiviert werden kann, einschließlich Notfällen in den Mitgliedstaaten. Für Katastrophen in Drittländern4 bzw. in den Mitgliedstaaten gelten zwar unterschiedliche Verfahren, doch gibt es eine Reihe gemeinsamer Herausforderungen, die in einer einzigen Mitteilung behandelt werden sollten.
Diese Mitteilung geht weder auf den Schutz wichtiger Infrastrukturen und damit zusammenhängende Vorsorgemaßnahmen ein noch konzentriert sie sich auf Maßnahmen zur Begrenzung der mittelfristigen Auswirkungen von Terroranschlägen, die zum Schutz des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts erforderlich sind. Diese werden in dem am 6. April 2005 angenommenen Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Aufstellung des Programms "Prävention, Abwehrbereitschaft und Folgenbewältigung im Zusammenhang mit Terrorakten"5 behandelt.
Auch auf die finanzielle Unterstützung, die den von einer Katastrophe betroffenen Mitgliedstaaten oder Beitrittsländern im Rahmen des bestehenden EU-Solidaritätsfonds und des neuen Vorschlags für einen Solidaritätsfonds (am 6. April 2005 angenommen)6 gewährt wird, geht die Mitteilung nicht ein. Dieser Solidaritätsfonds leistet finanzielle Hilfe, um eine rasche Wiederherstellung der normalen Lebensbedingungen in den betroffenen Gebieten zu ermöglichen und zur finanziellen Entschädigung von Terrorismusopfern beizutragen. Er erstreckt sich auch auf medizinische Unterstützung und Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor drohenden Gesundheitsgefahren einschließlich der Kosten für Impfstoffe, Arzneimittel, medizinische Produkte, Ausrüstung und Infrastruktur im Katastrophenfall.
2. Der bestehende Rahmen für den Katastrophenschutz
2.1. Die Rechtsinstrumente für den Katastrophenschutz
Den Rahmen für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Katastrophenschutzes bilden derzeit zwei Rechtsinstrumente.
Das im Oktober 2001 geschaffene Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz7 ist ein operatives Instrument, das der Erhöhung der Einsatzbereitschaft und der Mobilisierung der Soforthilfe im Katastrophenfall dient. Es kann bei Natur- oder von Menschen verursachten Katastrophen, einschließlichen nuklearen Zwischenfällen, aktiviert werden. Heute beteiligen sich 30 Staaten - die EU-25, Bulgarien, Rumänien, Liechtenstein, Norwegen und Island - an dem Mechanismus. Die Mittelzuweisung erfolgt jährlich.
Das Aktionsprogramm für den Katastrophenschutz8 stellt Mittel für Maßnahmen bereit, die Prävention, Vorsorge und eine wirksame Reaktion zum Ziel haben. Es läuft Ende 2006 aus.
Für die Zeit ab 2007 hat die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Schaffung eines Krisenreaktions- und Vorbereitungsinstruments für Katastrophenfälle verabschiedet. Dieser Vorschlag soll die neue Rechtsgrundlage bilden für die Gewährung gemeinschaftlicher Finanzunterstützung für Katastrophenschutzmaßnahmen sowie Maßnahme zur Vorbereitung und Reaktion auf Katastrophen, die innerhalb der EU und der am Verfahren beteiligten Länder auftreten. Die Rechtsgrundlage für die finanzielle Unterstützung von Katastrophenschutzmaßnahmen außerhalb der EU bildet das vorgeschlagene Instrument für Stabilität.
2.2. Die Rolle des Verfahrens
Die operative Zentrale des Verfahrens ist das Beobachtungs- und Informationszentrum (MIC) bei der Europäischen Kommission in Brüssel. Über das rund um die Uhr besetzte MIC kann die Kommission im Katastrophenfall die Mobilisierung der Katastrophenschutzkräfte aus den Mitgliedstaaten erleichtern.
Jedes von einem Katastrophe größeren Ausmaßes betroffene Land innerhalb oder außerhalb der Europäischen Union kann über das MIC Hilfe anfordern. Das MIC leitet das Hilfsersuchen umgehend an das Netz nationaler Kontaktstellen weiter. Diese teilen dem MIC mit, ob sie in der Lage sind, Hilfe zu leisten. Das MIC sammelt die Antworten und unterrichtet den um Hilfe ersuchenden Staat über die verfügbare Hilfe. Das betroffene Land wählt die benötigte Hilfe aus und nimmt selbst Kontakt zu dem Hilfeleistenden Land auf. Das MIC kann ferner technische Unterstützung einschließlich verbessertem Zugang zu Satellitenbildern anbieten und fungiert als Informationszentrum, das Daten sammelt und regelmäßige Aktualisierungen an alle beteiligten Länder verteilt.
Für Einsätze innerhalb und außerhalb der Europäischen Union gelten unterschiedliche Verfahren. Bei Einsätzen innerhalb der EU koordiniert der um Unterstützung ersuchende Staat die im Rahmen des Verfahrens geleisteten Beiträge. Die europäischen Katastrophenhilfseinsätze außerhalb der EU werden durch die Kommission in enger Abstimmung mit dem Ratsvorsitz koordiniert. Dabei kann es sich um autonome Hilfseinsätze oder einen Beitrag zu einem Einsatz unter Leitung einer internationalen Organisation handeln. Bei diesen Einsätzen gewährleistet das MIC die enge Abstimmung mit ECHO und dem UN-Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UNOCHA), dessen Aufgabe es ist, internationale Hilfsanstrengungen insgesamt zu koordinieren. Für Einsätze außerhalb der EU kann das MIC innerhalb weniger Stunden Experten entsenden, die den Bedarf vor Ort evaluieren, Katastrophenschutzmaßnahmen koordinieren und Kontakt zu den zuständigen Behörden und internationalen Organisationen halten. Die Entscheidung für die Entsendung von Evaluierungsexperten wird in enger Absprache mit dem Vorsitz getroffen. Besondere Verfahren gelten für den Einsatz des Verfahrens bei Maßnahmen zur Krisenbewältigung im Rahmen der GASP9.
Das Verfahren soll auch die Vorsorge stärken. Unterstützt wird es durch eine Datenbank mit Angaben zu den auf nationaler Ebene für Hilfseinsätze verfügbaren Ressourcen. Das Verfahren übernimmt auch den Inhalt der vom EU-Militärstab (EUMS) erstellten Militärdatenbank, der einen breiten Überblick über alle für das Krisenmanagement im Katastrophenfall verfügbaren Ressourcen liefert. In die Datenbank zum Katastrophenschutz aufgenommene Experten und Teamleiter werden zur Teilnahme an einem Schulungsprogramm mit Kursen, Übungen und einem Expertenaustausch aufgefordert. Ein gemeinsames Kommunikations- und Informationssystem für Notfälle (CECIS) wird derzeit aufgebaut; es soll den wirksamen Informationsaustausch zwischen dem MIC und den nationalen Kontaktstellen gewährleisten.
3. Verbesserung des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz
Im Aktionsplan werden vier Bereiche für mögliche Verbesserungen des Verfahrens ausgemacht: bessere Vorbereitung von Katastrophenschutzeinsätzen, Stärkung der Analyse - und Evaluierungskapazität, stärkere Koordination und verbesserte Hilfe für EU-Bürger, die außerhalb der Europäischen Union Opfer einer Katastrophen wurden. Folgende Maßnahmen können innerhalb des bestehenden Rechtsrahmens getroffen werden:
3.1. Bessere Vorsorge
Durch Investitionen in Schulung, Übungen und Reaktionsbereitschaft konnte in den vergangen Jahren eine wirksame Mobilisierung der Katastrophenhilfe für betroffene Länder innerhalb und außerhalb der EU gewährleistet werden. Im Aktionsplan werden die weitere Arbeit an der Entwicklung von Szenarios, der Ausbau der Schulungsprogramme und die Stärkung der Interoperabilität einschließlich der zivilmilitärischen Interoperabilität gefordert.
Die Evaluierung der Katastrophenschutzressourcen
In den vergangenen Monaten hat die Kommission Szenarios ausgearbeitet, anhand derer die Ressourcen bestimmt werden sollen, die in den Mitgliedstaaten im Fall eines schweren Terroranschlags verfügbar sind. Die Evaluierung ermöglicht es den Mitgliedstaaten, Lücken und Schwachpunkte der europäischer Katastrophenhilfe zu bestimmen und ist unverzichtbar im Hinblick auf die Verbesserung der Interoperabilität der verfügbaren Mittel.
Die Arbeit muss rasch fortgesetzt und auf Natur- und andere Katastrophen ausgeweitet werden, bei denen der Katastrophenschutz sehr wahrscheinlich mobilisiert werden wird. Dafür ist die volle Beteiligung aller Mitgliedstaaten erforderlich. Die Kommission ersucht die wenigen Mitgliedstaaten, die bisher noch keine Angaben vorgelegt haben, dies rasch zu tun.
Die Kommission wird weiterhin die Verbindung zum Militärstab der EU (EUMS) halten, um eine aussagekräftige Evaluierung aller verfügbaren Ressourcen zu ermöglichen10.
Ein modulares Konzept
Als Teil des erweiterten Übungsszenarios schlägt die Kommission vor, dass jedes beteiligte Land im Voraus rasch einsetzbare und autarke Module benennt, die es - vorbehaltlich einer
Vorschläge zur Stärkung der Berbindungen zwischen der Kommission und dem EU-Militärstab, einschließlich der Abordnung von Verbindungsoffizieren zur zivilmilitärischen Zelle - KOM (2005) 153 vom 20.4.2005
Bestätigung in jedem Einzelfall - für einen europäischen Katastrophenschutzeinsatz zur Verfügung stellen kann. Sobald die Schlüsselmodule klar definiert sind, werden sie zur Teilnahme an den einschlägigen Schulungskursen und Übungen aufgefordert.
Das bedeutet, dass das MIC in Zukunft die Mitgliedstaaten ersuchen kann, spezielle Module zu mobilisieren. Dieses Konzept ermöglicht es dem MIC, einheitliche Katastrophenhilfepakete zusammenzustellen und zielgerichteter auf den jeweiligen Bedarf im Katastrophenfall zu reagieren.
Dieses modulare Konzept stellt eine logische Weiterentwicklung des bisherigen Systems dar, bei dem in den meisten Mitgliedstaaten bestimmte Teams für eine kurzfristige Entsendung verfügbar sind. Es hat den zusätzlichen Vorteil, dass die in den einzelnen Mitgliedstaaten vorhandenen unterschiedlichen Fachkenntnisse voll genutzt werden können.
Die Entwicklung von Modulen wäre ferner eine wichtige Maßnahme zur Stärkung der internationalen Krisenreaktionsfähigkeit, so dass die EU mit speziellen Katastrophenhilfepaketen Drittländer unterstützen kann. Bei der Entwicklung des modularen Konzepts wird auf Vereinbarkeit und Komplementarität mit den im Rahmen der VN entwickelten Modulen und Standards geachtet.
Schulung und Übungen
Schulungskurse und Simulationsübungen helfen bei der Verstärkung der Interoperabilität und der Entwicklung einer gemeinsamen Einsatzkultur. Die bisherigen Anstrengungen in diesem Bereich müssen weiterentwickelt und nötigenfalls intensiviert werden. Dazu können eine Spezialausbildung und Übungen zu bestimmten Themen (z.B. Evaluierungsmethoden) oder für bestimmte Zielgruppen zählen. Die Beteiligung militärischer Stellen an Schulungskursen und Übungen sollte im Sinne der zivilmilitärischen Interoperabilität gefördert werden. Kohärenz und Synergien mit den bestehenden Schulungssystemen der VN und des Roten Kreuzes werden geprüft, um eine gemeinsame Einsatzkultur und Interoperabilität zu entwickeln. Die gegenseitige Teilnahme an Übungen wird gefördert.
3.2. Bedarfsanalyse und -evaluierung Frühwarnung und Analyse
Durch Stärkung der Querverbindungen zwischen dem MIC und den Frühwarnsystemen auf EU- und VN-Ebene kann wertvolle Zeit gewonnen werden. Beim Zentrum müssen alle Warnungen vor Naturkatastrophen eingehen, damit es rasch einschätzen kann, ob mit Hilfsersuchen zu rechnen ist. Dadurch kann das MIC die zur Vorbereitung eines Katastrophenschutzeinsatzes erforderliche Zeit verkürzen.
Das MIC sollte ferner in der Lage sein, den Fortgang einschlägiger Katastrophen unter größtmöglichem Einsatz aller verfügbaren Informationsquellen kontinuierlich zu verfolgen11. Neue Entwicklungen und eingehende Berichte müssen sofort analysiert werden, damit ihre möglichen Auswirkungen und der möglicherweise vorhandene Bedarf an Katastrophenhilfe bestimmt werden können. Die auf europäischer Ebene verfügbaren wissenschaftlichtechnischen Ressourcen, einschließlich Informations- und Überwachungssystemen, werden einen zusätzlichen Beitrag leisten.
Dazu muss das MIC eine echte "rund um die Uhr"-Besetzung12 sicherstellen, damit auf Notfälle sofort reagiert werden kann, und über genügend Unterstützungspersonal verfügen, damit jederzeit ein angemessener Personalbestand gewährleistet ist.
Stärkung der Bedarfsermittlung vor Ort
Eine der wichtigsten Lektionen der jüngsten Flutwellenkatastrophe ist die Notwendigkeit, die Fähigkeit zur Bewertung am Ort der Katastrophe zu verstärken, damit der spezifische Bedarf in Bereichen, auf die der Katastrophenschutz spezialisiert ist, ermittelt werden kann. Dabei muss natürlich eng mit den Einsatzteams für humanitäre Krisen von ECHO sowie den VN und anderen Evaluierungsteams vor Ort zusammengearbeitet werden. Die Kapazität der EU zur Evaluierung des Katastrophenschutzbedarfs sollte weiter ausgebaut werden, um die weltweit bestehenden Kapazitäten durch die Abstimmung des EU-Beitrags mit den UN-Hilfsleistungen und die Schaffung zusätzlicher Kapazitäten innerhalb der Europäischen Union zu stärken.
Abhängig vom Umfang der Katastrophe soll das MIC künftig in der Lage sein, kleine Evaluierungsteams mit etwa 5 Mitgliedern anstelle einzelner Experten auszusenden. Dazu müssen die Mitgliedstaaten dem MIC im Voraus alle für kurzfristige Einsätze verfügbaren Experten nennen und deren Verfügbarkeit in der Frühphase einer Katastrophe bestätigen.
Darüber hinaus müssen die Evaluierungsmethoden und -standards unter Berücksichtigung der Evaluierungsmethoden und -standards der VN und anderer Stellen überarbeitet werden, damit ein einheitliches Konzept für die Evaluierung des Bedarfs an Katastrophenhilfe im Rahmen des Verfahrens entwickelt werden kann.
Die Qualität der Evaluierung kann durch spezielle Fortbildung für die Evaluierungsexperten weiter gesteigert werden. Die Fortbildung wird schwerpunktmäßig die Koordinierung mit den VN, ECHO, IFRK und anderen Experten sowie die Evaluierungsmethoden und -standards betreffen.
Schließlich hat sich der Rat am 4. Oktober 2004 darauf geeinigt, dass die Kommission gemeinsame Abzeichen festlegen wird, an denen das Personal vor Ort als EU-Helfer zu erkennen ist. Dadurch wird das Gefühl gestärkt, zur EU-Katastrophenschutztruppe zu gehören, und die Präsenz der EU im Katastrophengebiet wird deutlicher sichtbar.
3.3. Stärkere Koordinierung
Der Rat hat die Kommission aufgefordert, Vorschläge für eine verbesserte Koordinierung der Beiträge der Mitgliedstaaten vorzulegen, die sowohl bei autonomen Einsätzen der Union als auch im Rahmen gemeinsamer Beiträge der EU zu Einsätzen unter der Leitung anderer Organisation geleistet werden.
Koordinierte europäische Katastrophenhilfe
Für eine gut koordinierte Reaktion der EU ist vor allem die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Rahmen des Verfahrens wichtig. Bei der Reaktion auf die Katastrophe in Südasien zeigten sich erhebliche Unterschiede in den Konzepten der Mitgliedstaaten. Damit das Verfahren sein volles Potenzial entfalten kann, ist der feste Wille zur Zusammenarbeit auf europäischer Ebene - zur Unterstützung der Vereinten Nationen und des betroffenen Landes - erforderlich.
Ergänzung und Koordinierung mit den Vereinten Nationen
Bei Einsätzen in Drittländern muss die Europäische Union in der Lage sein, Anstrengungen der nationalen oder lokalen Behörden zu unterstützen und einen umfassenden Beitrag zu den von den VN koordinierten internationalen Hilfsanstrengungen zu leisten. Bei Einsätzen außerhalb der EU wird die Führungsrolle von UNOCHA bei der Koordinierung in vollem Umfang anerkannt. Während der Katastrophe in Südasien hat das Katastrophenschutzverfahren eng mit UNOCHA und dessen Personal vor Ort zusammengearbeitet. Die bestehende Zusammenarbeit und Koordinierung mit den VN auf der Grundlage der Vereinbarung von 0413 wird in allen wichtigen Bereichen der Katastrophenhilfe, sowohl vor Ort als auch in der Zentrale, weiterentwickelt. Die Kommission stellt die vollständige Durchführung der Vereinbarung mit UNOCHA sicher, um die Nutzung der verfügbaren Ressourcen zu maximieren und eine koordinierte Reaktion bei Katastrophen in Drittländern zu gewährleisten.
Ergänzung und Koordinierung mit der humanitären Hilfe
In vielen Notsituationen interveniert der Katastrophenschutz entsprechend den humanitären Erfordernissen und trägt zur humanitären Hilfe im weiteren Sinne bei. Es muss daher sichergestellt werden, dass bei Einsätzen des Katastrophenschutzes auf allen Ebenen eine gute Koordinierung mit den Akteuren der humanitären Hilfe stattfindet.
Auf Gemeinschaftsebene wird im Rahmen des Verfahrens ferner eng mit ECHO zusammengearbeitet, sowohl vor Ort als auch in der Zentrale, um eine umfassende europäische Reaktion auf unerwartete Katastrophen sicherzustellen. Durch die kommissionsüblichen Verfahren werden Synergien und Ergänzungen zwischen der humanitären Hilfe und dem Katastrophenschutz der Gemeinschaft auch weiterhin gestärkt, aufbauend auf ihrer jeweiligen Rolle und komparativen Vorteilen. Die bereits eingeleitete Arbeit im Hinblick auf gesammelte Erfahrungen und die operative Verknüpfung von der Planung bis zur Durchführung wird fortgesetzt, um eine ordnungsgemäße gemeinsame Reaktion zu gewährleisten, wenn beide Instrumente im Rahmen derselben Katastrophe mobilisiert werden.
Stärkung der operativen Planungskapazität
Die operative Planungskapazität des MIC muss verstärkt werden. Dies wird es dem Zentrum ermöglichen, eine zentralere Rolle bei Planung und Koordinierung der Beförderung, Verteilung und Leistung von Katastrophenhilfe durch die Mitgliedstaaten innerhalb und außerhalb der EU zu übernehmen.
Verstärkte Koordinierung vor Ort
Bei Einsätzen außerhalb der EU sollte der verstärkten Kapazität des Hauptquartiers eine gleich starke Koordinierung vor Ort gegenüberstehen. Für eine verbesserte Koordinierung der europäischen Katastrophenhilfe ist eine stärkere Koordinierung des europäischen Beitrags vor Ort erforderlich. Durch die Schaffung einer einzigen Kontaktstelle für die gesamte EU-Katastrophenhilfe wird es den örtlichen Behörden und den VN erleichtert, die Hilfsanstrengungen zu koordinieren. Die Koordinierung erstreckt sich auf Ankunft, Verteilung und Leistung europäischer Katastrophenhilfe sowie die Koordinierung mit externen Beteiligten, etwa UN-Organisationen, örtlichen und internationalen Nichtregierungsorganisationen.
Koordinierung mit militärischen Stellen
Die Nutzung militärischer Ressourcen bei Katastrophenschutzeinsätzen außerhalb der EU muss auf der Grundlage der entsprechenden internationalen Regeln, vor allem der Leitlinien der Vereinten Nationen von 1994 für den Einsatz von Militär- und Zivilschutzmitteln bei der Katastrophenhilfe (der sogenannten Osloer Leitlinien) und der Leitlinien der Vereinten Nationen von 2003 für den Einsatz von - und Zivilschutzmitteln in komplexen Notsituationen sowie unter Beachtung der allgemeinen Koordinierungsfunktion der VN (wenn anwesend) erfolgen.
Bei der Flutwellenkatastrophe hat sich gezeigt, wie wertvoll militärische Unterstützung bei großen Katastrophen sein kann und wie wichtig eine bessere Koordinierung mit den militärischen Stellen ist. Wo der Einsatz militärischer Mittel erforderlich und nach internationalem Recht erlaubt ist, muss das Verfahren auf militärische Ressourcen zur Unterstützung seiner zivilen Hilfsanstrengungen zurückgreifen können.
Der Rat hat am 17. Mai 2004 die Modalitäten verabschiedet, um den Inhalt der militärischen Datenbank für den Gemeinschaftsmechanismus verfügbar zu machen. Dazu zählen auch Verfahren für die Nutzung militärischer Mittel im Rahmen des Verfahrens bei Terroranschlägen innerhalb der Europäischen Union. Darin ist vorgesehen, dass der Gemeinschaftsmechanismus alle Hilfsersuchen an die benannten nationale Katastrophenschutz-Kontaktstellen weiterleitet, die bei der Reaktion auf Hilfsersuchen Auskunft über die verfügbaren militärischen Mittel und Fähigkeiten geben. Ähnliche Verfahren sollten für andere Arten von Katastrophen geschaffen werden, so dass militärische Mittel im Bedarfsfall schneller und nutzbringender mobilisiert werden können.
Der Zugang zu militärischen Mitteln der EU kann ferner durch eine bessere Nutzung der EU-Datenbank zu militärischen Mitteln verbessert werden. In der Mitteilung der Kommission "Stärkung der Katastrophen- und Nothilfe der EU"14 wird dargelegt, wie auch die Ausarbeitung spezieller Planungsszenarios zusammen mit der zivilmilitärischen Zelle zum Erreichen dieses Ziels beitragen kann.
Verstärkte Koordinierung innerhalb der Kommission
Die Erfahrung in Südasien hat gezeigt, welche Bedeutung der Koordinierung zwischen den Kommissionsdienststellen zukommt. Am 20. Oktober 2004 kündigte die Kommission den Aufbau von ARGUS und einer zentralen Krisenstelle an15. Die Kommission überprüft ferner ihre internen Verfahren im Hinblick auf das Ziel, im Notfall möglichst effektiv und kohärent handeln zu können.
Finanzierung der Beförderung
Für eine bessere Koordinierung der europäischen Katastrophenschutzeinsätze muss es ferner möglich sein, alle verfügbaren Ressourcen zu nutzen, um dem betroffenen Land zu helfen. Wie die Erfahrung mit der Flutwellenkatastrophe gezeigt hat, besteht eindeutig Bedarf an einer Verstärkung der Transportkapazität der europäischen Katastrophenhilfe. Gemäß der Entscheidung des Rates über das Verfahren kann das MIC bereits die Beförderung von Einsatzmitteln und -kräften erleichtern. Das vorgeschlagene Krisenreaktions- und Vorbereitungsinstruments für Katastrophenfälle wird es nach seiner Annahme ermöglichen, einen Beitrag zu diesen Beförderungskosten bei Katastrophen innerhalb der EU oder in den am Verfahren beteiligten Ländern zu leisten.16 Die mit der Beförderung der Katastrophenhilfe in Länder außerhalb der EU verbundenen Kosten werden im vorgeschlagenen Instrument für Stabilität behandelt.
3.4. Ausrichtung des Verfahrens auf die Anforderungen der GASP
Auf dem Europäischen Rat von Feira wurde der Katastrophenschutz als einer der Prioritätsbereiche ausgewiesen, in denen die Kapazitäten der EU für die Bewältigung ziviler Krisensituationen ausgebaut werden sollten. Das Gemeinschaftsverfahren spielt eine zentrale Rolle beim Aufbau dieser Kapazitäten. Die Kommission verweist auf die Gemeinsame Erklärung vom 29. September 2003, in der die Verfahren für die Nutzung des Katastrophenschutzverfahrens in Bezug auf Maßnahmen im Rahmen der GASP festgelegt sind. Die Kommission wird ihre Zusammenarbeit mit dem Rat fortsetzen, um zu gewährleisten, dass das Verfahren den Anforderungen künftiger Maßnahmen im Rahmen der GASP voll und ganz genügt.
3.5. Verbesserte Hilfe für EU-Bürger
Schließlich hat der Rat betont, dass die Hilfe für europäische Bürger, die außerhalb der EU Opfer einer Katastrophe wurden, verbessert werden muss; er rief zu einer Diskussion darüber auf, welche Rolle die bestehenden Instrumente in diesem Zusammenhang spielen sollen.
Die Erfahrung in Südasien hat gezeigt, dass die Zusammenarbeit zwischen Katastrophenschutz- und Konsularbehörden bei Einsätzen außerhalb der Union für beide von Nutzen sein kann. Durch sein rund um die Uhr funktionierendes Verbindungsnetz zu den Verwaltungen der Mitgliedstaaten kann das Gemeinschaftsverfahren wertvolle Unterstützung leisten, vor allem beim Austausch von Informationen über Identifizierungsteams, Rückführung und (medizinisch) notwendige Evakuierungen aus allen Mitgliedstaaten. Außerdem hat das MIC die Mitgliedstaaten dazu angeregt, die Flugzeuge, mit denen Katastrophenhilfe geleistet wird, zur Rückführung europäischer Bürger zu nutzen und damit eine Brücke zwischen Katastrophenhilfe und der konsularischen Zusammenarbeit zu schlagen. Die Kommission ist bereit, das Verfahren gegebenenfalls auch im Rahmen dieser neuen Aufgaben einzusetzen.
4. Langfristige Maßnahmen zum Ausbau der Katastrophenschutzressourcen der Europäischen Union
Der Rat hat die Kommission aufgefordert, Vorschläge dafür auszuarbeiten, wie die Europäische Union qualitative Fortschritte beim Katastrophenschutz machen kann, und die Ressourcen zu stärken. Im EU-Aktionsplan vom 31. Januar 2005 werden die besonderen Themen genannt, die zu berücksichtigen sind, unter anderem die Zusammenlegung der Ressourcen, die Beziehungen zwischen MIC und ECHO und zwischen den Mitgliedstaaten (z.B. über ein Online-Informationssystem), die Koordinierung der militärischen Ressourcen zur Unterstützung ziviler Katastrophenschutzeinsätze und die Koordinierungsstrukturen, die vor Ort aufgebaut werden müssen.
Das Gemeinschaftsverfahren, das in der Lage ist, zivile Katastrophenhilfe in ganz unterschiedlichen Situationen rasch zu mobilisieren, kann seinen Beitrag zum EU-weiten Schnellreaktionssystem leisten. Zusätzlich zu den vorgeschlagenen Verbesserungen wird eine Strukturreform des Verfahrens angeregt, um die Reaktionsfähigkeit zu stärken.
4.1. Zusammenlegung der Katastrophenschutzressourcen
Auf der Grundlage der Entscheidung des Rates über das Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz können die Mitgliedstaaten bereits ihre Katastrophenschutzressourcen auf europäischer Ebene vereinen Wie vorstehend gesagt, wird die Evaluierung der Ressourcen anhand von Szenarios es den Mitgliedstaaten ermöglichen, Mängel der bisher im Rahmen des Verfahrens verfügbaren Katastrophenhilfekapazitäten zu bestimmen.
Wo die kombinierten nationalen Einsatzmittel und Fähigkeiten nicht ausreichen, um den Bedarf zu decken, sind weitere Schritte zum Aufbau zusätzlicher Katastrophenschutzressourcen auf nationaler Ebene erforderlich, damit eine bessere Zusammenlegung von Ressourcen auf europäischer Ebene gewährleistet ist. Hierfür sind eine klare Rechtsgrundlage und die Bereitschaft der Mitgliedstaaten erforderlich, mehr Katastrophenschutzressourcen für die Unterstützung anderer Länder bereitzustellen und die entsprechenden Informationen auszutauschen.
Das neue Instrument zur Änderung der Entscheidung des Rates über das Katastrophenschutzverfahren, das 2005 vorgeschlagen werden soll, wird die Grundlage bilden für quantitative Ziele hinsichtlich der auf europäischer Ebene zur Unterstützung von Mitgliedstaaten und Drittländern im Bedarfsfall verfügbaren Katastrophenschutzressourcen.
4.2. Ein aktives Konzept
Bei Einsätzen außerhalb der EU haben jedoch die jüngsten Erfahrungen gezeigt, dass möglicherweise wertvolle Zeit verloren wird zwischen dem Eintreten der Katastrophe und dem Eingang eines förmlichen Hilfsersuchens.
Die Stärkung der Analysekapazitäten des MIC kann einem aktiveren Konzept den Weg bahnen, bei dem aus Katastrophen Lehren gezogen werden. In Zukunft sollte das MIC den Auftrag haben, ein Drittland über die EU-Delegationen, EU-Experten vor Ort oder diplomatische Kanäle davon zu unterrichten, das ein Hilfsersuchen gestellt werden kann, wenn eindeutig Bedarf an Katastrophenhilfe besteht. Dadurch wird die Zeitspanne zwischen dem Eintreten der Katastrophe und der Hilfsleistung so kurz wie möglich gehalten. Lehnt das betroffene Land es ab, um Hilfe zu ersuchen, so können keine weiteren Schritte eingeleitet werden.
4.3. Bereitschaftsteams
Heute entscheidet jeder Mitgliedstaat adhoc und auf freiwilliger Grundlage, ob er die beantragte Katastrophenhilfe leisten kann. Dieses System macht die Schnelligkeit der europäischen Katastrophenhilfe abhängig von der nationalen Entscheidungsfindung in 25 Mitgliedstaaten.
In Zukunft können die Mitgliedstaaten auf der Grundlage des in Abschnitt 3.1 genannten modularen Konzepts einen Schritt weiter gehen, indem sie eine kleine Zahl von Schlüsselmodulen ständig für europäische Katastrophenschutzeinsätze in Bereitschaft halten. Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten - bevor ein Notfall eintritt - eine politische Einigung darüber erzielen, dass diese in Bereitschaft befindlichen Katastrophenschutzteams sofort mobilisiert werden, wenn die zuständige europäische Behörde ihre unmittelbare Entsendung fordert. Dadurch wird sichergestellt, dass einige Kernteams jederzeit zur Entsendung bereit sind und so die für die Mobilisierung der Katastrophenhilfe benötigte Zeit verkürzt wird.
Auch wenn die Mitgliedstaaten im Voraus ihre Bereitschaft zur Entsendung dieser Teams nach Eingang eines Hilfsersuchens erklären, sollten Vorkehrungen für den Fall eines vorrangigen nationalen Bedarfs getroffen werden. Gruppen von Mitgliedstaaten können sich beispielsweise die Aufgabe teilen, bestimmte Kernteams in Bereitschaft zu halten, so dass auf europäischer Ebene die ständige Verfügbarkeit gewährleistet ist.
Diese Einheiten müssen rasch entsendet werden und vollkommen autonom sein. Mit den Mitgliedstaaten müssen klare Vereinbarungen über die Entsendungsbedingungen getroffen werden. Die Interoperabilität dieser Einheiten, die den Kern jedes europäischen Katastrophenschutzeinsatzes bilden, kann durch Übungen und Schulungen gewährleistet werden. Auf diese Weise bilden sie den Kern einer europäischen Katastropheneinsatztruppe.
4.4. Stärkung der logistischen Grundlage
Das Verfahren muss über geeignete logistische Mittel verfügen. Im Vorschlag für eine Verordnung zur Schaffung eines Krisenreaktions- und Vorbereitungsinstruments für Katastrophenfälle ist die Möglichkeit der Finanzierung der Kosten von gemieteten Ausrüstungen vorgesehen, die für eine schnelle europäische Reaktion benötigt werden und von den Mitgliedstaaten nicht bereitgestellt werden können. Als Beispiele wären Flugzeuge oder Ausrüstung zur Bekämpfung von Waldbränden in den Sommermonaten zu nennen. Für
Einsätze außerhalb der Europäischen Union müssen mögliche Synergien mit den VN geprüft werden, vor allem mit dem Gemeinsamen Logistikzentrum der Vereinten Nationen (UNJLC) und dem UN-Zentralregister der Kapazitäten zur Bewältigung von Katastrophen.
In ihrer Mitteilung zur Stärkung der Katastrophen- und Nothilfe der EU17 hat die Kommission eine Durchführbarkeitsstudie für den Aufbau einer gemeinsamen logistischen Plattform für direkt verwaltete Einsätze außerhalb der EU vorgeschlagen
4.5. Förderung der internationalen Koordinierung der Katastrophenhilfe
Angesichts seines Auftrags, die Mobilisierung der Katastrophenhilfe aus 30 europäischen Ländern zu erleichtern, hat das Gemeinschaftsverfahren Zugang zu einem breiten Spektrum von Hilfsressourcen. Zusätzlich zur allgemeinen Katastrophenhilfe ist eine Vielfalt fortgeschrittener technischer Ressourcen verfügbar, von Dekontaminierungsausrüstungen bis hin zu Spezialausrüstung zur Brandbekämpfung. Dadurch können internationale Hilfsanstrengungen bei unterschiedlichen Katastrophen wirkungsvoll ergänzt werden.
Aufbauend auf dem Zusatznutzen der europäischen Katastrophenhilfe und zur Unterstützung der Führungsrolle der Vereinten Nationen muss es das Ziel des Katastrophenschutzverfahrens sein, die internationale Koordinierung zu verstärken, um die Nutzung der verfügbaren Ressourcen zu maximieren und eine koordinierte Reaktion bei Katastrophen in Drittländern zu erleichtern. Dazu zählt die Mitarbeit an der Weiterentwicklung der Verfahren für die Koordinierung vor Ort und die Bedarfsevaluierung. Dies erfordert eine aktivere Rolle des Verfahrens auf internationaler Ebene auf der Grundlage der Koordinierung mit UNOCHA und unter Berücksichtigung der Mandate anderer internationaler Organisationen.
5. Schlussfolgerung
In Abschnitt 3 dieser Mitteilung werden Maßnahmen zur Verbesserung des Verfahrens für den Katastrophenschutz genannt, die rasch getroffen werden können. Abschnitt 4 enthält eine Reihe von Vorschlägen für die künftige Weiterentwicklung des Katastrophenschutzverfahrens, für die eine Änderung der Entscheidung des Rates über das Verfahren erforderlich ist.
Die in beiden Abschnitten enthaltenen Vorschläge haben finanzielle Auswirkungen. Vorbereitungsmaßnahmen fallen unter das Krisenreaktions- und Vorbereitungsinstruments für Katastrophenfälle, das von der Kommission am 6. April 2005 angenommen wurde18. Maßnahmen außerhalb der EU werden vom Stabilitätsinstrument abgedeckt19. Diese Instrumente müssen noch vom Rat angenommen werden.
Die Auswirkungen dieser Vorschläge in Bezug auf die Humanressourcen werden im Rahmen der jährlichen Mittelzuweisung behandelt, bei der die Ressourcenzuteilung mit den auf politischer Ebene festgelegten Prioritäten in Einklang gebracht wird. Eine detaillierte Aufschlüsselung der zur Durchführung der vorstehend beschriebenen tätigkeiten insgesamt benötigten Mittel enthält der dem Vorschlag für ein Krisenreaktions- und Vorbereitungsinstrument beigefügte Finanzbogen. Kann dieser Bedarf nicht voll gedeckt werden, so muss der Umfang der vorgeschlagenen Tätigkeit möglicherweise überarbeitet werden.
Die Kommission ersucht den Rat und das Europäische Parlament, die in dieser Mitteilung genannten Leitlinien und Vorschläge zu unterstützen.
Hinweis: vgl.
Drucksache 676/00 = AE-Nr. 002954,
Drucksache 431/01 = AE-Nr. 011717, AE-Nr. 050215,
Drucksache 294/05 (PDF) = AE-Nr. 051080,
Drucksache 312/05 (PDF) = AE-Nr. 051116 und
Drucksache 318/05 (PDF) = AE-Nr. 051117
2 Entschließung des Europäischen Parlaments zu der jüngsten Tsunami-Katastrophe im Indischen Ozean, 13. Januar 2005.
3 Dazu zählen typischerweise Suche und Rettung, medizinische Notfallhilfe, Brandbekämpfung, Unterkünfte, Lebensmittel und Wasser. Je nach Art der Katastrophe zählt dazu häufig auch eher technische Hilfe, wie etwa Löschflugzeuge (bei Waldbränden), Pumpanlagen (Überschwemmungen), Schiffe zur Bekämpfung von Umweltverschmutzung (Ölpest) sowie Einrichtungen zum Aufspüren und Dekontaminieren (chemische, biologische und atomare Zwischenfälle).
4 Zu Einsätzen in Drittländern siehe insbesondere Artikel 6 der Entscheidung des Rates vom 23. Oktober 2001 über ein Gemeinschaftsverfahren zur Förderung einer verstärkten Zusammenarbeit bei Katastrophenschutzeinsätzen (2001/792/EG, Euratom)
5 KOM (2005) 124 vom 6.4.2005.
6 KOM (2005) 108 vom 6.4.2005.
7 Entscheidung des Rates 2001/792/EG, Euratom.
8 Entscheidung des Rates vom 9. Dezember 1999 über ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft für den Katastrophenschutz (1999/847/EG).
9 In der Gemeinsamen Erklärung von Rat und Kommission vom 29. September 2003 sind die Regeln für die Nutzung des Verfahrens im Rahmen des GASP-Krisenmanagements festgelegt.
10 In ihrer Mitteilung "Stärkung der Katastrophen- und Nothilfe der EU" macht die Kommission
11 Zu den bestehenden Informationsquellen zählen beispielsweise die EU-Delegationen, die Krisenzentrale der GD RELEX, die Krisenzentrale und Experten von ECHO, ECURIE, sowie Hilfsmittel, beispielsweise GDAS, der Gemeinsamen Forschungsstelle und der GD Forschung und das UNDAC-WArnsystem.
12 Derzeit ist das MIC zwar 24 Stunden täglich an 7 Tagen die Woche reaktionsbereit, doch steht das Personal nur auf Abruf bereit und kann seinen Dienst binnen 30 Minuten antreten, in Zusammenarbeit mit der Direktion Sicherheit der Kommission.
13 Briefwechsel zwischen UNOCHA und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über ihre Zusammenarbeit im Rahmen der Invention im Katastrophenfall (bei gleichzeitiger Intervention in einem von einer Katastrophe betroffenen Land), 27./28. Oktober 2004.
14 KOM (2005) 153 vom 20.4.2005.
15 KOM (2004) 701 vom 20.10.2004.
16 KOM (2005) 113 vom 6.4.2005.
17 KOM (2005) 153 vom 20.4.2005.
18 KOM (2005) 113 vom 6.4.2005.
19 KOM (2004) 630 vom 29.9.2004.