Der Bundesrat hat in seiner 823. Sitzung am 16. Juni 2006 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
Der Bundesrat hat zu TOP 9 seiner Sitzung am 7. April 2006 eine Entschließung gefasst (Drucksache 198/06(B) ), in der er die steuertechnische Umsetzung der im Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung enthaltenen Regelungen zum Abzug von Kinderbetreuungskosten für nicht zweckmäßig und administrativ nicht handhabbar erachtet. In dieser Entschließung strebt der Bundesrat eine wirkungsgleiche Neuformulierung der entsprechenden Regelungen auf der Grundlage eines Vorschlags von Schleswig-Holstein an.
Der Entwurf des Steueränderungsgesetzes 2007 sieht eine Änderung des mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung eingeführten § 4f des Einkommensteuergesetzes vor, ohne das Grundanliegen des Bundesrates in der o. a. Entschließung aufzugreifen.
Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf, im Zuge des weiteren Gesetzgebungsverfahrens den Abzug der Kinderbetreuungskosten im Einkommensteuerrecht zweckmäßig und administrativ handhabbar auszugestalten. Die seinerzeit vorgelegte Formulierung löst die angesprochenen Probleme, indem sie den Abzug von Kinderbetreuungskosten ausschließlich bei den Sonderausgaben regelt. Sie läuft im Detail darauf hinaus, die Tatbestandsmerkmale und die Rechtsfolgen in einer neu einzufügenden Nummer in § 10 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes zu bündeln. Die Wiederholung von nämlichen Tatbestandsmerkmalen und weitgehend identischen Rechtsfolgen an verschiedenen Stellen im Gesetz kann entfallen. Auch komplizierte Verweisungen - die Regelungen zum Betriebsausgabenabzug von Kinderbetreuungskosten gelten sinngemäß für den Werbungskostenabzug - werden so vermieden.
2. Zu Artikel 1 Nr. 7 ( § 9 EStG)
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die im Entwurf vorgesehene Regelung zur Entfernungspauschale auf ihre Verfassungsfestigkeit insbesondere hinsichtlich der Kappungsgrenze von 20 Entfernungskilometern sowie der Einhaltung des steuerlichen Nettoprinzips zu prüfen und den Prüfbericht dem Bundestag und Bundesrat zeitnah zukommen zu lassen.
3. Zu Artikel 1 Nr. 11 und 12 (§§ 32a und 32c EStG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, inwieweit die Regelungen zum Zuschlag auf die Einkommensteuer (§ 32a Abs. 1) und zur Tarifbegrenzung bei Gewinneinkünften ( § 32c EStG) in den Fällen des Zusammentreffens mit tarifermäßigt zu besteuernden Einkommensteilen (§§ 34 und 34b EStG) und in den Fällen des Progressionsvorbehalts (§ 32b EStG) so ausgestaltet werden können, dass
- - Gewinneinkünfte in vollem Umfang von der Tariferhöhung ausgenommen werden und
- - die Steuerbelastung nicht unter das für das Jahr 2006 geltende Niveau sinkt.
Begründung
Der in § 32c EStG vorgesehene Entlastungsbetrag für Gewinneinkünfte kommt beispielsweise nicht zur Anwendung, wenn das zu versteuernde Einkommen 250.000 Euro nicht übersteigt, der anzuwendende Steuersatz aufgrund des Progressionsvorbehalts jedoch oberhalb von 42 v. H. liegt.
Andererseits kommt es zu Entlastungen aufgrund dieser Norm, auch wenn der Steuersatz, beispielsweise wegen der Tarifermäßigung für Betriebsveräußerungsgewinne ( § 34 Abs. 3 EStG), die 42 v. H.-Grenze nicht übersteigt.
4. Zu Artikel 1 Nr. 15 Buchstabe b (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe e EStG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, inwieweit die vorgesehene Ausdehnung der beschränkten Einkommensteuerpflicht der Einkünfte von Flugpersonal entsprechend den Regelungen in den Doppelbesteuerungsabkommen auf die Fälle beschränkt werden kann, in denen das Flugpersonal im internationalen Verkehr tätig ist.
Begründung
Die vorgesehene Neuregelung in § 49 Abs. 1 Nr. 4e EStG erfasst nach ihrem Wortlaut auch Fälle, in denen im Ausland ansässige Arbeitnehmer von deutschen Unternehmen beschäftigt werden, jedoch ausschließlich im Ausland tätig sind, beispielsweise
- - Ein in Deutschland ansässiges Unternehmen beschäftigt einen in den USA wohnenden Hubschrauberpiloten für Flüge über den Grand Canyon. In diesem Fall geht das vorgesehene deutsche Besteuerungsrecht ins Leere, weil nach dem deutschamerikanischen Doppelbesteuerungsabkommen das Besteuerungsrecht dem Tätigkeitsstaat, also den USA, zusteht. Die Erweiterung des § 49 EStG führt insoweit nur zu einem bürokratischen Mehraufwand.
- - Ein in Deutschland ansässiges Erdölexplorationsunternehmen beschäftigt einen in einem "Nicht-DBA-Staat" ansässigen Piloten für Transportflüge zwischen den in diesem Staat belegenen Ölquellen.
Obwohl kein territorialer Bezug zum deutschen Hoheitsgebiet besteht, werden die Einkünfte des im Ausland ansässigen und tätigen Piloten in die deutsche Besteuerung einbezogen. Dies steht in einem gewissen Widerspruch zur Systematik der deutschen Besteuerung von im Ausland ansässigen Arbeitnehmern. Nur aus dem Umstand heraus, dass ein Beschäftigungsverhältnis zu einem deutschen Unternehmen besteht, wird im Regelfall keine deutsche beschränkte Steuerpflicht begründet. Die vorgesehene Neuregelung könnte somit zu einer wirtschaftlichen Belastung von Auslandsaktivitäten deutscher Unternehmen führen.
5. Zu Artikel 1 Nr. 19 Buchstabe g1 - neu - (§ 52 Abs. 55f - neu - EStG)
In Artikel 1 Nr. 19 ist nach Buchstabe g folgender Buchstabe g1 einzufügen:
- "g1) Nach Absatz 55e wird folgender Absatz 55f eingefügt:
- (55f) Für die Anwendung des § 44a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 auf Kapitalerträge, die nach dem 31. Dezember 2006 zufließen, gilt Folgendes:
Ist ein Freistellungsauftrag vor dem 1. Januar 2007 unter Beachtung des § 20 Abs. 4 in der bis dahin geltenden Fassung erteilt worden, darf der nach § 44 Abs. 1 zum Steuerabzug Verpflichtete den angegebenen Freistellungsbetrag nur zu 56,37 vom Hundert berücksichtigen.
Sind in dem Freistellungsauftrag der gesamte Sparer-Freibetrag nach § 20 Abs. 4 in der Fassung des Gesetzes vom [ ] (BGBl. I S. [ ]) und der gesamte Werbungskosten-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nr. 2 in der Fassung des Gesetzes vom [ ] (BGBl. I S. [ ]) angegeben, ist der Werbungskosten-Pauschbetrag in voller Höhe zu berücksichtigen."
Begründung
Aufgrund der Herabsetzung des Sparer-Freibetrags können früher erteilte Freistellungsaufträge nicht mehr ausgeführt werden, ohne dass Steuerausfälle und entsprechende Haftungsfolgen für die Kreditinstitute drohen. Die Freistellungsaufträge müssen deshalb an den neuen Sparer-Freibetrag angepasst werden.
Um den damit verbundenen Aufwand für die Steuerpflichtigen wie für die Kreditwirtschaft auf das Unvermeidliche zu beschränken und unnötige Veranlagungsfälle zu vermeiden, wird zugelassen, dass die Kreditwirtschaft die Freistellungsbeträge in entsprechend reduzierter Höhe weiterhin berücksichtigen kann, auch wenn kein neuer Freistellungsauftrag vorliegt. Die Reduzierung ist bei jedem Freistellungsauftrag um den Prozentsatz vorzunehmen, um den der bisherige Sparer-Freibetrag einschl. Werbungskosten-Pauschbetrag verringert wird, das sind 56,37 v. H. Ein neuer Freistellungsauftrag braucht in diesem Fall nur erteilt zu werden, wenn der Steuerpflichtige das reduzierte Freistellungsvolumen - unter Beachtung der neuen Freistellungsgrenze - ändern möchte.
Alternativ könnte zugelassen werden, dass die Kreditwirtschaft bestehende Freistellungsaufträge ab dem 1. Januar 2007 gesetzlich generell bis maximal 801 Euro bzw. 1.602 Euro (bei Zusammenveranlagung) berücksichtigen darf.
Werden diese neuen Höchstbeträge nicht überschritten, könnten bestehende Freistellungsaufträge grundsätzlich weiter verwendet werden. Dieses Verfahren wäre für die Kreditwirtschaft möglicherweise etwas einfacher zu vollziehen, kann allerdings zu unzutreffenden Ergebnissen führen, wenn das Freistellungsvolumen auf verschiedene Kreditinstitute verteilt worden ist. Es wären daher häufig Anpassungen der Freistellungsaufträge erforderlich, was mit einem deutlichen Mehraufwand sowohl für die Steuerpflichtigen als auch für die Kreditinstitute verbunden wäre.
6. Zu Artikel 2 Nr. 2 und 3 - neu - (§ 34 Abs. 13c - neu - und § 38 Abs. 1 KStG)
Artikel 2 ist wie folgt zu ändern:
Begründung
Zu Nr. 2 Buchst. b (§ 34 Abs. 13c)
Der neue Absatz 13c bestimmt, dass der durch dieses Gesetz neu eingeführte § 38 Abs. 1 Satz 6 rückwirkend in allen noch offenen Veranlagungszeiträumen, in denen die Vorschriften des Halbeinkünfteverfahrens gelten, anzuwenden ist. Gleichzeitig wird zur Vermeidung von Gestaltungen die Anwendung auf jene Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften beschränkt, die zum Zeitpunkt des Wechsels vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren bereits bestanden haben oder lediglich aus solchen hervorgegangen sind.
Zu Nr. 3 (§ 38 Abs. 1 Satz 6)
Die Rückzahlung von Genossenschaftsguthaben an ausscheidende Genossen gilt nach geltender Gesetzeslage als Leistung im Sinne des § 38. Deshalb führt die Verwendung des fortzuschreibenden Teilbetrags im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG 1999 (EK 02) für diese Leistung nach § 38 Abs. 2 zu einer Erhöhung der Körperschaftsteuer. Durch die gesetzliche Änderung wird sichergestellt, dass diese Rechtsfolge nicht eintritt, soweit die Rückzahlung die eigene Einzahlung des Genossen umfasst.