Siehe Drucksache 569/16(B)
Europäische Kommission
Brüssel, 02.05.2017
C(2017) 2409 final
Sehr geehrte Frau Bundesratspräsidentin,
die Kommission dankt dem Bundesrat für seine Stellungnahme zum Vorschlag der Kommission für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rahmen für die Bereitstellung besserer Dienste für Kompetenzen und Qualifikationen (Europass) und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 2241/2004/EG {COM (2016) 625 final).
Das Hauptziel des Europasses seit seiner Annahme im Jahr 2004 war die Förderung der Transparenz von Kompetenzen und Qualifikationen in Europa. Der Vorschlag für eine Änderung des Beschlusses baut auf den bisherigen Erfolgen und Bewertungen des Europasses auf und soll sicherstellen, dass die EU-Instrumente und -Dienste im Einklang mit den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger und den Veränderungen in unseren Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung und auf den Arbeitsmärkten weiterentwickelt und modernisiert werden. Mit dem Vorschlag soll eine Plattform,für die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union, den Mitgliedstaaten und den Interessenträgern bereitgestellt werden, um die wirksamsten Instrumente und Dienste zu entwickeln. Er ist Teil eines Pakets von Maßnahmen, die in der Mitteilung der Kommission über die neue europäische Agenda für Kompetenzen {COM (2016) 381 final} vorgeschlagen werden.
Die Kommission freut sich über die Gelegenheit, einige Erläuterungen zu dein Vorschlag zu machen, und möchte den Bundesrat für die eher technischen Anmerkungen auf den beigefügten Anhang verweisen.
Die in dieser Antwort angeführten Punkte stützen sich auf den von der Kommission vorgelegten ersten Vorschlag, der sich derzeit im Gesetzgebungsverfahren unter Einbeziehung sowohl des Europäischen Parlaments als auch des Rates befindet.
Die Kommission hofft, dass die vom Bundesrat aufgeworfenen Fragen mit diesen Ausführungen geklärt werden können, und sieht der Fortsetzung des politischen Dialogs erwartungsvoll entgegen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Frans Timmermans Erster Vizepräsident
Marianne Thyssen Mitglied der Kommission
Frau Malu DREYER
Präsidentin des Bundesrates
Leipziger Straße 3-4 10117
Berlin Deutschland
Anhang
Die Kommission hat die in der Stellungnahme des Bundesrates angesprochenen Punkte sorgfältig geprüft und möchte folgende Anmerkungen dazu abgeben.
- 1. Mit dem Vorschlag werden die bisherigen Erfolge des Europasses anerkannt, insbesondere die häufige Nutzung des Europass-Lebenslaufs. Mit dem Vorschlag soll Flexibilität zur Anpassung und Änderung der bestehenden Europass-Dokumentationsdienste ermöglicht werden, um sicherzustellen, dass diese ihrem Zweck entsprechen. Die Kommission möchte betonen, dass etwaige Änderungen erst nach einer umfassenden Konsultation der Mitgliedstaaten und der Betroffenen durchgeführt werden. Die Änderungen an den bestehenden Diensten (z.B. die Entwicklung eines Instruments für Bewerbungsschreiben und des Europäischen Qualifikationspasses) wurden von den Mitgliedstaaten angestoßen und vorangetrieben, und das Ziel des Vorschlags ist es, den Europass im Einklang mit den Forderungen der Mitgliedstaaten und Nutzer zu entwickeln.
- 2. Die Kommission bestätigt, dass die Rolle des Europasses als Rahmen zur Unterstützung der Transparenz und des Verständnisses von Kompetenzen und Qualifikationen unverändert bestehen bleibt. Es besteht keine Absicht; den Europass in ein Anerkennungsinstrument umzuwandeln. Der Europass spielt eine etablierte Rolle bei der Dokumentation von Kompetenzen und Qualifikationen (Europass-Lebenslauf), bei der Selbstbewertung (Sprachenpass und Selbsteinschätzungsraster für digitale Kompetenzen) und bei der Bereitstellung von Informationen über die Qualifikationen und Lernergebnisse (Diplomzusatz und Zeugniserläuterung). Der Vorschlag würde es ermöglichen, die bestehenden Funktionen zu modernisieren, und sicherstellen, dass die betreffenden Informationen auch über den Europass zugänglich sind, um eine umfassendere Dienstleistung bereitzustellen. Die Kommission erinnert auch daran, dass der Europass-Rahmen Gegenstand zweier externer Bewertungen war (die letzte wurde 2013 durchgeführt), deren Ergebnisse in den Vorschlag eingeflossen sind. Ferner umfasste die Konsultation zur Vorbereitung der neuen europäischen Agenda für Kompetenzen gezielte Veranstaltungen und Konsultationen zum Europass, unter anderem auch direkt mit den Europass-Interessenträgern: den nationalen Europass-Zentralstellen, den nationalen Koordinierungsstellen für den Europäischen Qualifikationsrahmen und dem Euroguidance-Netz. Ohne vorherige Konsultation der Mitgliedstaaten und eine umfassende Analyse der Bedürfnisse der Nutzer und der Rolle der bestehenden Dienste werden keine neuen Instrumente und Dienste hinzugefügt.
- 3. Was die Informationsplattform betrifft, so wird der Großteil der in dem Vorschlag angeführten Informationen bereits von den Mitgliedstaaten erhoben und an die EU-Plattformen (insbesondere an das Portal "Learning Opportunities and Qualifications in Europe" und das EU-Kompetenzpanorama) weitergegeben. Mil dem Vorschlag soll sichergestellt werden, dass diese Informationen im Kontext eines einheitlichen Rahmens erhoben werden, um ihre Kohärenz und Qualität zu wahren. Alle Berichterstattungspflichten werden vorher mit den Mitgliedstaaten erörtert. Es besteht nicht die Absicht, durch " Webcrawling" Daten von den Mitgliedstaaten ohne deren Zustimmung zu erheben.
- 4. Die europäische Klassifizierung für Fähigkeiten/Kompetenzen, Qualifikationen und Berufe (ESCO) ist in dem Vorschlag als Instrument zur Unterstützung des wirksamen technischen Betriebs der Europass-Plattform vorgesehen. Die Kommission bestätigt, dass ihre Aufnahme in die Plattform keine Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten nach sich ziehen würde.
Die Verwendung der Klassifizierung in künftigen Portalen würde vorbehaltlich des Ergebnisses der laufenden Konsultation und Prüfung des Klassifizierungssystems erfolgen. Die Bereitstellung von Online-Diensten zu Kompetenzen stützt sich auf semantische Bestände (wie Klassifizierungssysteme oder Wörterbücher), die die entsprechende Terminologie enthalten. Die Kommission beabsichtigt, diese Dienste in allen EU-Amtssprachen zur Verfügung zu stellen. Die Klassifizierung ist derzeit der wichtigste semantische Bestand, der diese Anforderungen erfüllt.
Die Kommission möchte darauf hinweisen, dass die Verwendung des Klassifizierungssystems durch die Mitgliedstaaten vollkommen freiwillig ist.
Die Vorlage für den Diplomzusatz wird durch den Europass-Rahmen verbreitet. Die Hochschuleinrichtungen passen die Vorlage an ihre lokalen Systeme an und binden Informationen ein, bevor sie sie an Hochschulabsolventen ausstellen. Der Vorschlag verpflichtet die Hochschuleinrichtungen nicht dazu, bei der Ausstellung des Diplomzusatzes die europäische Klassifizierung für Fähigkeiten/Kompetenzen, Qualifikationen und Berufe oder eine andere Systematik zu verwenden. Der Vorschlag steht vollständig im Einklang mit der gemeinsamen Verantwortung mit der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) und dem Europarat für den Diplomzusatz .
- 5. Mit dem Vorschlag zur Gründung von nationalen Kompetenz-Koordinierungsstellen sowie zum Betrieb der entsprechenden nationalen Dienste wird keine Zusammenführung, Zusammenlegung oder jede andere Form der Umstrukturierung der entsprechenden nationalen Zentren vorgeschrieben. Es wird auch nicht vorgeschrieben, wie die nationalen Dienste organisiert werden sollen. Die einzige Anforderung ist, dass die Mitgliedstaaten eine zentrale Anlaufstelle in jedem Mitgliedstaat als Koordinierungsstelle für die Tätigkeiten dieser Zentren benennen: Dies bedeutet eine Verringerung des Verwaltungsaufwandes sowohl für die Mitgliedstaaten als auch für die Organe der Europäischen Union. Die Koordinierungsstelle erhält die Finanzmittel für die Tätigkeiten der nationalen Zentren und legt als zentrale Stelle die Finanzierungsanträge und den Abschlussbericht über die Tätigkeiten bzw. für Auditzwecke vor. Der Umfang einer etwaigen Zusammenarbeit darüber hinaus und der Betrieb der Zentren ist jedoch ganz und gar Sache der Mitgliedstaaten.
Die Evaluierungen des Europass-Rahmens haben ergeben, dass in vielen Ländern die Wirksamkeit, Bekanntheit und Effizienz der Zentren unklar ist und dass das Fehlen strategischer Konzepte oft die Wirksamkeit ihrer Arbeit beeinträchtigt. Die von der Kommission für die Tätigkeiten der Zentren bereitgestellte Kofinanzierung wird auch größtenteils nicht ausgeschöpft bzw. nicht ausreichend genutzt (8 Mio. EUR seit 2011); die Zuweisung einer einzigen Finanzhilfe an jeden Mitgliedstaat würde eine flexiblere Nutzung dieser Mittel im Einklang mit nationalen Ressourcen und Prioritäten ermöglichen.
Der Vorschlag würde keine der bestehenden Aufgaben beenden; vielmehr würden die Tätigkeiten der Euroguidance-Zentren erstmals in einem Rechtstext festgelegt, und es würde erneut auf die Bedeutung der Tätigkeiten der nationalen Europass-Zentralstellen und der nationalen Koordinierungsstellen für den Europäischen Qualifikationsrahmen verwiesen werden.
- 6. In dem Vorschlag wird bestätigt, dass die Vorlagen der Europass-Qualifikationserläuterung(en) den Diplomzusatz und die Zeugniserläuterung umfassen (siehe Fußnote 32 des Vorschlags). Die Definitionen dieser Dokumente sind im Vergleich zur derzeitigen Entscheidung unverändert (siehe S. 20 des Vorschlags), d.h. sie sind "Dokumente im Anhang eines Zeugnisses", liefern Kontext und Informationen und sind somit nicht als Anrechnungsdokumente oder Ersatz für die Zertifizierung anzusehen. In den Rückmeldungen im Rahmen der Konsultation über den Europass sprachen sich viele Teilnehmer für Überlegungen über die Relevanz und Nutzung beider vorhandener Dokumente aus. In dem Vorschlag ist die Möglichkeit zur Änderung und Ergänzung der Erläuterungsvorlagen nur für den Fall vorgesehen, dass ein klarer Bedarf besteht. Es werden durch den Vorschlag keine neuen Zusätze und kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand geschaffen. In dem Vorschlag ist festgelegt, dass die Erläuterungsvorlagen durch den Europass in elektronischer Form zur Verfügung gestellt werden sollen, jedoch nicht, wie die ausgefüllten Vorlagen ausgestellt werden sollen - dies muss die zuständige Stelle bestimmen.
- 7. Der Europass verfügt über eine Selbstbewertungsfunktion mit zwei Instrumenten für die Selbstbeurteilung von digitalen und fremdsprachlichen Kompetenzen. Diese Bestimmung ermöglicht die Entwicklung von Selbstbewertungsinstrumenten auf der Grundlage der Nutzerbedürfnisse. Es gibt keine spezifischen Vorschriften für neue Selbstbewertungstools, falls sich aber auf der Grundlage der Rückmeldungen der Mitgliedstaaten und der Interessenträger ein eindeutiger Bedarf ergibt, sieht der Vorschlag die Möglichkeit vor, diese hinzuzufügen. Die Kommission bestätigt, dass sie im Bedarfsfall solche Instrumente in Absprache mit den Mitgliedstaaten entwickeln würde. Die Entwicklung würde auf der Grundlage einer faktengestützten Bewertung des Bedarfs und der vorhandenen Dienste erfolgen, und ein vollständig geprüftes Produkt würde auf der Grundlage erprobter Methoden entwickelt. Dies wurde bei den bestehenden Selbst bewertungsinstrumenten ebenso gehandhabt. In dieser Hinsicht bedeutet der Verweis auf andere EU-Instrumente und die Instrumente zur Bewertung durch Dritte lediglich, dass der Einzelne in der Lage wäre, die Ergebnisse dieser Selbstbewertungen in seinen Europass-Dokumenten wie dem Europass-Lebenslauf zu speichern.8
- 8. Die Kommission nimmt die Aussage des Bundesrates zur Kenntnis, dass die vorgeschlagene Aktivität des Voneinanderlernens und der Unterstützung in Form von "Peer Learning" und nicht in Form von "Peer Reviews" erfolgen soll.
- 9. Die Kommission bestätigt; dass die Rechtsgrundlage des Vorschlags dieselbe bleibt wie bei der derzeitigen Europass-Entscheidung. Sowohl der Vorschlag für eine Empfehlung über den neuen Europäischen Qualifikationsrahmenl als auch der Vorschlag für einen neuen Europass-Beschluss wurden im Rahmen der neuen europäischen Agenda für Kompetenzen entwickelt. Die vorgeschlagene Überarbeitung der Verordnung über die Errichtung eines Europäischen Zentrumsflir die Förderung der Berufsbildung (Cedefop)? ermöglicht eine entsprechende Rolle bei der Umsetzung des Europass-Beschlusses. Die Rolle des Cedefop bei der Bereitstellung von Fachwissen in Bezug auf die Umsetzung der Europass-Initiative flir die Kommission und die Mitgliedstaaten ist in der Entscheidung von 2004 festgelegt (das Zentrum betreut derzeit das bestehende Europass-Portal). Auf die Aufgabe der Bereitstellung von Fachwissen wird in Erwägungsgrund 24 des Vorschlags neuerlich hingewiesen.
Die Vorschläge für den Europäischen Qualifikationsrahmen, den Europass und das Cedefop sind nicht derartig miteinander verknüpft. dass sie nicht getrennt diskutiert, verhandelt und umgesetzt werden könnten.
- 10. Auf den Europäischen Qualifikationsrahmen wird in dem Vorschlag als Unterstützungsrahmen verwiesen, um Kohärenz in die im neuen Europass-Dienst enthaltenen Informationen zu bringen. Es sei darauf hingewiesen, dass bereits in allen Informationen über Lernangebote und Qualifikationen. die derzeit von den Mitgliedstaaten an das Portal "Learning Opportunities and Qualifications in Europe" übermittelt werden, auf den Europäischen Qualifikationsrahmen Bezug genommen wird.
Die Einbeziehung des Europäischen Qualifikationsrahmens in den derzeitigen Vorschlag würde für die Mitgliedstaaten keinerlei neue Verpflichtungen schaffen oder den freiwilligen Charakter der Beteiligung an dem Rahmen ändern.
- 1. COM (2016) 383 final.
- 2. COM (2016) 532 final.