Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Berlin, 16. Juni 2020
Parlamentarische Staatssekretärin
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Dietmar Woidke
Sehr geehrter Herr Präsident,
namens der Bundesregierung übersende ich Ihnen in der Anlage die Antwort der Bundesregierung zur Entschließung des Bundesrates zu mehr Transparenz und Kundenschutz bei Internetverträgen vom 19. Oktober 2018 ( 440/18(B) ).
Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Winkelmeier-Becker
Siehe Drucksache 440/18(B)
Entschließung des Bundesrates zu mehr Transparenz und Kundenschutz bei Internetverträgen
Beschluss des Bundesrates vom 19. Oktober 2018 ( 440/18(B) )
Zu den einzelnen Punkten der Entschließung nimmt das BMWi folgendermaßen Stellung:
Zu 1.:
Der Bundesrat betrachtet mit Sorge, dass Kundinnen und Kunden, die mit einem Telekommunikationsunternehmen einen Vertrag über schnelle Internetverbindungen abgeschlossen haben, in vielen Fällen die vertraglich zugesicherte maximale Datenübertragungsrate nicht einmal ansatzweise zur Verfügung gestellt bekommen.
Die Bundesnetzagentur hat Anfang 2018 den Jahresbericht zur Breitbandmessung vorgelegt. Das Ergebnis ist aus Sicht der Bundesregierung nicht zufriedenstellend. Der Bericht macht deutlich, dass Kundinnen und Kunden nach wie vor oftmals nicht die vertraglich vereinbarte Datenübertragungsrate erhalten. Vor diesem Hintergrund setzt sich die Bundesregierung für die Fortführung der Breitbandmessung ein und begrüßt die angestoßenen Maßnahmen der Bundesnetzagentur.
Zu 2.:
Der Bundesrat ist der Überzeugung, dass weitere Maßnahmen ergriffen werden müssen, um mehr Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Wirtschaft über den nach einem Vertragsabschluss zu erwartenden Leistungsumfang sicherzustellen.
Der Gesetzgeber hat 2017 mit der Ergänzung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) die Rechtsposition der Kundinnen und Kunden gegenüber den Anbietern bereits erheblich gestärkt.
Infolgedessen hat die Bundesnetzagentur Leitlinien erlassen, die konkretisieren, wann eine erhebliche Abweichung der tatsächlichen von der vertraglich vereinbarten Datenübertragungsrate vorliegt. Diese Leitlinien stellen eine Beweiserleichterung für die Kundinnen und Kunden dar und können auch den Gerichten als Auslegungshilfe dienen. Kundinnen und Kunden können sich seitdem unmittelbar an die Bundesnetzagentur wenden, wenn Streit mit dem Anbieter darüber besteht, ob Download- und Upload-Geschwindigkeit auch tatsächlich "vertragstreu" geliefert wurden. Die Bundesnetzagentur leitet dann ein Beschwerdeverfahren gegenüber dem Anbieter ein. So soll vermieden werden, dass Kundinnen und Kunden den oft langwierigen Weg über ein Gericht beschreiten müssen. Das Verfahren ist kostenfrei und zudem schneller als ein ordentliches Gerichtsverfahren.
Zu 3.:
Zum Erreichen dieses Ziels kommen verschiedene Instrumente in Betracht. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher um Prüfung, ob:
- a) Anbieter von Internetzugangsdiensten Kundinnen und Kunden vor Vertragsabschluss über die tatsächlich realisierbare Breitband-Geschwindigkeit anhand von Vergleichsberechnungen mit vergleichbaren Anschlüssen im selben Einzugsgebiet aufklären sollten,
- b) gesetzliche Regelungen geschaffen werden sollten, die es Kundinnen und Kunden ermöglichen, den vereinbarten Preis zu mindern, wenn es zu einer deutlichen Abweichung von der vereinbarten Datenübertragungsrate kommt. Als deutliche Abweichung ist die Grenze bei weniger als 90 Prozent der vertraglich vereinbarten normalen Bandbreite festzusetzen,
- c) bei erheblichen, kontinuierlichen oder regelmäßig wiederkehrenden Abweichungen bei der Geschwindigkeit oder bei anderen Dienstqualitätsparametern von Internetzugangsdiensten pauschalierte Schadenersatzansprüche für Verbraucherinnen und Verbraucher vorgesehen werden sollten,
- d) die Breitbandmessungen der Bundesnetzagentur als Grundlage für eine widerlegbare Vermutung einer nicht vertragskonformen Leistung des Anbieters von Internetzugängen dienen sollten,
- e) die Instrumente der Bundesnetzagentur hinsichtlich ihrer Eingriffsmöglichkeiten bei Abweichungen von den zugesicherten Bandbreiten bis hin zur Verhängung von Bußgeldern weiter ausgebaut werden sollten.
Die Bundesregierung prüft im Rahmen der aktuellen Novellierung des TKG, ob hinsichtlich der Ziffern 3 a) bis e) gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht.
Die TKG-Novelle dient der Umsetzung des im Dezember 2018 in Kraft getretenen "Europäischen Kodex für elektronische Kommunikation" (Richtlinie (EU) Nr. 2018/1972
), welcher modernisierte und harmonisierte Verbraucherschutzregeln, unter anderem zu den Themen Vertragslaufzeit, Kündigung und Anbieterwechsel enthält. Einige der unter Ziffer 3 a) bis e) aufgeführten Punkte werden bereits im Kodex adressiert.
Die zuständigen Fachabteilungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) und des Bundesministeriums für Verkehr und Digitale Infrastruktur (BMVI) als federführende Ressorts für die Umsetzung dieses TK-Kodex, haben mit Datum vom 21. Februar "Eckpunkte zur TKG-Novelle 2019" mit ersten Vorschlägen zur Änderung des TKG veröffentlicht. Im Bereich des Kundenschutzes prüft die Bundesregierung auch die Wirksamkeit der den Verbrauchern zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe, insbesondere für Fälle, in denen die tatsächlich zur Verfügung gestellte Dienstleistung von der vertraglich vereinbarten Qualität abweicht. Einen ersten Referentenentwurf zur TKG-Novelle werden die federführenden Ressorts in Kürze vorlegen.