Der Bundesrat hat in seiner 970. Sitzung am 21. September 2018 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf insgesamt
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zur vollständigen Umsetzung des Artikels 7 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 2018/302
über Maßnahmen gegen ungerechtfertigtes Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb des Binnenmarkts (Geoblocking-Verordnung) der Bundesnetzagentur zusätzliche, der Bußgeldverhängung vorgelagerte Befugnisse einzuräumen. Insbesondere erscheint es sinnvoll und geboten, die Bundesnetzagentur mit der Befugnis auszustatten, im Bedarfsfall an Unternehmen gerichtete Anordnungen zu treffen, die den ortsdatenunabhängigen Zugang zu Waren oder Dienstleistungen sicherstellen.
Begründung:
Die Umsetzung der Artikel 7 Absatz 1 und Artikel 8 der Geoblocking-Verordnung wird durch die Einfügung des Zusatzes in Artikel 1 Nummer 2 des Gesetzentwurfs gewährleistet.
Die Verordnung hat zum Ziel, dass Verbraucher zukünftig ortsdatenunabhängig gleichen Zugang zu Online-Angeboten in Form von Waren oder Dienstleistungen erhalten und Produkte aus den EU-Mitgliedstaaten zu denselben Konditionen bestellen können.
Artikel 7 Absatz 2 der Geoblocking-Verordnung sieht vor, dass die Mitgliedstaaten "Vorschriften über die Maßnahmen, die bei Verstößen gegen diese Verordnung anwendbar sind", erlassen. Bislang beschränkt sich nach dem Gesetzentwurf die nationale Umsetzung im Wesentlichen darauf, näher aufgeschlüsselte Verstöße gegen die Verordnung in § 149 Absatz 1c TKG als Ordnungswidrigkeiten-Tatbestände festzusetzen. Einziges Mittel der Bundesnetzagentur zur Sicherstellung der Einhaltung der Vorgaben der Verordnung stellt damit die Sanktionierung in Form der Verhängung von Bußgeldern dar.
Um aber die umfassende Umsetzung von Artikel 7 Absatz 2 Geoblocking-Verordnung sicherzustellen, ist es notwendig, der Behörde zusätzliche Instrumente in die Hand zu geben, um die Einhaltung der Geoblocking-Verordnung durch die Unternehmen zu gewährleisten. Eine Beschränkung auf repressive Sanktionsmaßnahmen bleibt hinter den üblichen Handlungsmöglichkeiten der öffentlichen Verwaltung zurück und ist auch mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kritisch zu sehen. Daher sollte die Bundesnetzagentur in die Lage versetzt werden, auch mit bindenden Anordnungen - gerichtet an diejenigen Unternehmen, die einen der in § 149 Absatz 1c TKG eingefügten Tatbestände erfüllen - die von der Verordnung vorgesehenen rechtmäßigen Zustände herzustellen.
2. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a (§ 35 Absatz 5a Satz 1 TKG)
Der Bundesrat hält die in § 35 Absatz 5a Satz 1 gewählte Umsatzschwelle von 100 Millionen Euro Jahresumsatz für zu gering und bittet daher im weiteren Gesetzgebungsverfahren um Prüfung einer moderaten Anhebung, die der Marktmacht der am Telekommunikationsmarkt auftretenden Wettbewerber besser gerecht wird.
Begründung:
Die Ergänzung von § 35 TKG dient dazu, Unternehmen, die entgeltregulierte Vorleistungen in Anspruch nehmen und über eine ausreichende Finanzkraft für Rücklagen verfügen, nicht mehr - so wie bisher - von späteren Nachzahlungen zu befreien. Die gewählte Umsatzschwelle entspricht einem Marktanteil von deutlich unter einem Prozent und nimmt damit auch relativ kleine Wettbewerber vom Schutzgedanken der Vorschrift aus.
- a) Der Bundesrat begrüßt, dass mit der letzten TKG-Novelle der Bundesnetzagentur mit § 45d Absatz 4 TKG weitere Kompetenzen eingeräumt wurden. Er bestärkt die Bundesnetzagentur, das Redirect-Verfahren flächendeckend und für alle Vertragsschlüsse einzuführen.
- b) Der Bundesrat erinnert an seine Forderung zur Einführung einer selektiven Drittanbietersperre (BR-Drucksache 436/16(B) -, Ziffer 3). Er schlägt vor, § 45d Absatz 3 TKG um den rechtsverbindlichen Anspruch Betroffener auf die Einrichtung einer selektiven Sperre für ausgewählte Anbieter oder Leistungen zu ergänzen. § 45d Absatz 3 TKG eröffnet Nutzern derzeit die Möglichkeit, kostenlos eine sogenannte Drittanbietersperre einzurichten. Abrechnungen von Drittanbietern werden so generell unterbunden, was jedoch dazu führt, dass diese bequeme Abrechnungsmöglichkeit auch für seriöse und nützliche Dienste, wie z.B. die mobile Buchung von Fahrkarten, nicht mehr zur Verfügung steht. Eine selektive, auf einzelne Anbieter oder Branchen beschränkte Sperre wird zwar derzeit von einigen Mobilfunkanbietern freiwillig angeboten, einen gesetzlichen Anspruch darauf gibt es jedoch nicht.
- c) Der Bundesrat erinnert an seine Forderung, das Opt-In-Prinzip bei der Drittanbietersperre standardmäßig einzuführen (BR-Drucksache 436/16(B) -, Ziffer 3). Zur weiteren Eindämmung von Kostenfallen bei der Mobilfunknutzung erscheint es geboten, Abbuchungen von Drittanbietern jedenfalls bei Verbraucherverträgen künftig nach dem Optin-Prinzip standardmäßig auszuschließen und nur auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers in dem von ihm gewünschten Umfang zuzulassen. Hierzu sollte Verbrauchern die Möglichkeit eingeräumt werden, durch ausdrückliche Erklärung eine Drittanbieterabbuchung pauschal oder selektiv für die von ihm bevorzugten Anbieter und Leistungsarten bei Vertragsschluss oder zu einem späteren Zeitpunkt zuzulassen. Eine spätere Änderung durch erneute Einrichtung einer vollständigen Sperre oder durch Sperrung weiterer Anbieter oder Leistungen soll jederzeit kostenlos möglich sein.
4. Zur Verbreitung digitaler Radioempfangsgeräte
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, zu besseren Verbreitung digitaler Radioempfangsgeräte den Entwurf des Vierten Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes vom 4. Mai 2017 (BR-Drucksache 357/17 (PDF) ) wieder aufzugreifen und als eigenständiges Gesetzgebungsverfahren unabhängig von der Umsetzung des Europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (EECC) anzustoßen.