928. Sitzung des Bundesrates am 28. November 2014
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt das Ziel der Kommission, ein Verfahren zu einer hinreichend genauen Berichterstattung gemäß Artikel 7a Absatz 5 der Richtlinie 98/70/EG zur Berechnung der Treibhausgasemissionen aus Kraftstoffen und anderen Energieträgern aus nichtbiologischen Quellen aufzustellen. Die gemäß dem EU-Klima- und Energiepaket notwendige Änderung der Richtlinie 98/70/EG zur Qualität von Otto- und Dieselkraftstoffen ist dringend umzusetzen, damit die Zielvorgabe für diesen Sektor, bis zum Jahr 2020 sechs Prozent der Lebenszyklustreibhausgasintensität zu mindern, erreicht werden kann.
- 2. Unter Klimaschutzaspekten problematisch ist insbesondere die Gewinnung von Kraftstoffen aus so genanntem Teersand. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Herstellung von Kraftstoffen aus Teersand in keiner Weise den Kriterien und Zielen der Nachhaltigkeit genügt, und fordert die Bundesregierung auf, sich auf EU-Ebene gegen eine Markteinführung von Kraftstoffen aus Teersand einzusetzen.
- 3. Der Bundesrat hält es des Weiteren für unabdingbar, dass die vorgeschlagene Berechnungsvorschrift im Anhang I des Richtlinienvorschlags geändert wird. Die Zugrundelegung von nur jeweils einem Standardwert ("gewichtete Lebenszyklustreibhausgasintensität") für Kraftstoffe ist nicht zielführend, weil dadurch bei den Anbietern fossiler Kraftstoffe keine Anreize zur Treibhausgasminderung geschaffen werden.
- 4. Dieses Problem wird verstärkt, sollte der Anteil an der Einfuhr von Kraftstoffen mit vergleichsweise hohen Lebenszyklustreibhausgasemissionen in den kommenden Jahren zunehmen, da der Standardwert nach dem Richtlinienvorschlag bis 2020 unverändert gelten soll. Daher sollten die Lebenszyklustreibhausgasberechnungen auf der Basis der Rohstoffherkunft und des Herstellungsverfahrens erfolgen (Varianten C, D oder E der Folgenabschätzung, vergleiche Kommissionsdokument SWD(2014) 295 final).
- 5. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass nur ein genaues Berechnungsverfahren, welches nach den Einsatzstoffen, deren Rohstoffen sowie den zugehörigen vorgelagerten Emissionen differenziert, einen wirksamen Beitrag zum Klimaschutz gewährleisten kann.
- 6. Der Bundesrat fordert die Kommission daher auf und bittet die Bundesregierung darauf hinzuwirken, den Richtlinienvorschlag zu überarbeiten und falls erforderlich weitere europarechtliche Vorschriften um effektive Instrumente zu erweitern, welche die Verwendung von Kraftstoffen fördern, die mit Verfahren hergestellt wurden, deren Lebenszyklustreibhausgasintensität pro Energieeinheit und damit Klimaschädlichkeit möglichst gering sind.
- 7. Aus Sicht des Bundesrates enthält der Richtlinienvorschlag keine Verfahrens-
- 8[]. regelungen zum Nachweis von Emissionsminderungen in Drittstaaten [oder zur Frage der Anerkennung von Emissionsminderungen aus anderen EU-Mitgliedstaaten]. Hierbei ist sicherzustellen, dass eine Doppelanrechnung ausgeschlossen ist. Der Bundesrat bittet die Kommission, eine entsprechende Ergänzung dieser Regelungen vorzunehmen, und fordert die Bundesregierung dazu auf, bei der Kommission hierauf hinzuwirken.
- 9. Auf eine Gruppenberichterstattung im Sinne des Artikels 7a Absatz 4 der Richtlinie 98/70/EG über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinweg sollte aus Gründen der Zuverlässigkeit der Daten sowie aus Überwachungsgründen verzichtet werden, da dies kaum in Einklang mit den Berichtspflichten der Mitgliedstaaten und den gemäß Artikel 6 des Richtlinienentwurfs vorgesehenen individuellen Sanktionen in den Mitgliedstaaten zu bringen ist.
- 10. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Vor allem unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit ist insbesondere die Gewinnung von Kraftstoffen aus so genanntem Teersand problematisch. Verfahren zur Kraftstoffgewinnung aus diesem Sand werden hauptsächlich von Ländern außerhalb der EU betrieben und zeichnen sich durch eine gegenüber herkömmlicher Kraftstoffproduktion erheblich erhöhte Klimaschädlichkeit aus. Zusätzlich ist dieses Herstellungsverfahren energieintensiv und hat erhebliche schädliche Auswirkungen unter Natur-, Landschafts- und Umweltschutzaspekten. Aus klimaschutzpolitischer Sicht ist die Verwendung einer gewichteten Lebenszyklustreibhausgasintensität nicht zielführend im Hinblick darauf, effektive Anreize zur Minderung der Treibhausgasemissionen bei der Förderung, Gewinnung und Herstellung von Kraftstoffen zu schaffen.
Die Verwendung einer gewichteten Lebenszyklustreibhausgasintensität führt beispielsweise für Ottokraftstoff unabhängig von der eingesetzten Rohstoffquelle und des Verfahrens zur Verwendung des gleichen Wertes in der Berechnungsformel, obwohl die Lebenszyklustreibhausgasintensität von 93,2 g CO₂äq/MJ (für Ottokraftstoff aus konventionellem Rohöl) bis hin zu 172 g CO₂äq/MJ (für Ottokraftstoff aus verflüssigter Kohle) je Einheit reicht.
Im Vorschlag für die Richtlinie werden keine Verfahrensregelungen zum Nachweis von Emissionsminderungen in Drittstaaten oder zur Frage der Anerkennung von Emissionsminderungen aus anderen Mitgliedstaaten getroffen. Klimaschutz als globales Anliegen erfordert, dass bei Maßnahmen zur Emissionsminderung im Lebenszyklus auch die Treibhausgasemissionen berücksichtigt werden müssen, die außerhalb des europäischen Binnenmarktes entstehen. Durch geeignete Mechanismen ist sicherzustellen, dass keine Möglichkeit zur Doppelanrechnung besteht.
B
- 11. Der Verkehrsausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.