Übermittelt vom Bundesministerium der Finanzen am 13. Juli 2005 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).
Die Vorlage ist von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 29. Juni 2005 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.
Hinweis: vgl. Drucksache 037/98 = AE-Nr. 980117, Drucksache 596/02 = AE-Nr. 022101 und AE-Nr. 022104
Vom Umdruck der fremdsprachigen Anhänge ist abgesehen worden, sie werden als Folgedokumente an die Länder verteilt.
Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und sozialausschuss
Einleitung einer Diskussion über eine Gemeinschaftsregelung für Fischerei-Umweltsiegel (Text von Bedeutung für den EWR)
1. Einleitung
In der Mitteilung der Kommission über die Zukunft des Marktes für Fischereierzeugnisse in der EU vom Dezember 19971 wurde zum ersten Mal die Notwendigkeit eines Rechtsrahmens für freiwillige, nicht diskriminierende Öko-Zertifizierungssysteme angesprochen. In den darauf folgenden Diskussionen befürworteten die meisten Mitgliedstaaten einen Gemeinschaftsrahmen, doch über dessen Ausführung gingen die Meinungen auseinander. Im Jahr 2002 legte die Kommission einen Aktionsplan der Gemeinschaft zur Einbeziehung der Erfordernisse des Umweltschutzes in die Gemeinsame Fischereipolitik2 vor und kündigte an, dass sie eine Diskussion über Umweltsiegel für Fischereierzeugnisse einleiten wird.
Die im Dezember 2002 reformierte Gemeinsame Fischereipolitik3 hat zum Ziel, die Nutzung lebender aquatischer Ressourcen unter nachhaltigen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Bedingungen zu gewährleisten. Mit fortschreitender Durchführung der Reform ist es angezeigt, die Einführung von Umweltsiegeln als Mittel zur Integration der Umweltbelange im Fischereisektor zu prüfen. Durch die wachsende Zahl von Erzeugnissen mit "Öko-Siegeln" stellen sich auch grundlegende Fragen der Wettbewerbs-, Handels- und Verbraucherschutzpolitik.
Ferner sind die laufenden Beratungen über Umweltsiegel in internationalen Gremien zu berücksichtigen. In der FAO wird derzeit an Leitlinien über Umweltsiegel für Fisch und Erzeugnisse der Seefischerei gearbeitet. Ferner verpflichteten sich die Mitglieder der WTO in der Erklärung von Doha, Bestimmungen über Umweltsiegel im Rahmen der Beratungen des Ausschusses für Handel und Entwicklung zu prüfen.
Die Kommission hält es für wichtig, dass das Potenzial einer glaubwürdigen Regelung für Fischerei-Umweltsiegel optimal genutzt wird. Dies könnte wesentlich zur Integration der Umweltschutzbelange im Fischereisektor beitragen. Die vorliegende Mitteilung beabsichtigt, eine grundlegende Diskussion über dieses Thema einzuleiten und Möglichkeiten für das weitere Vorgehen aufzuzeigen.
2. REGELUNGEN für Umweltsiegel
2.1. Definition4
Mit der Vergabe eines Umweltsiegels dürfen Produkte ein besonderes Zeichen oder eine Aufschrift tragen, die dem Verbraucher gewährleisten, dass bei der Herstellung bestimmte Umweltstandards beachtet wurden, wie die nachhaltige Bewirtschaftung der Rohstoffe, die Umweltfolgen der Produktionsverfahren oder die Wiederverwertbarkeit. Die Umweltsiegel basieren auf dem Konzept, dass durch eine angemessene Information der Verbraucher und deren Kaufentscheidung der Verbrauch umweltgerechter Produkte gefördert werden kann. Auf diese Weise können die Verbraucher auf das Verhalten von Herstellern und politischen Entscheidungsträgern einwirken.
In Industrie und Forstwirtschaft gibt es bereits zahlreiche Umweltsiegel und Zertifizierungssysteme. Rund zwanzig Gruppen von Industrieprodukten sind in der Gemeinschaftsregelung zur Vergabe von Umweltsiegeln5 erfasst. Diese gilt jedoch nicht für Nahrungsmittel, Getränke und Arzneimittel.
2.2. Umweltsiegel in der Fischwirtschaft
Supermarktketten und Handelsunternehmen zeigen wachsendes Interesse an Lebensmitteln, die dem Aspekt der Nachhaltigkeit Rechnung tragen. Dadurch haben sich auch im Fischereisektor privatwirtschaftliche Umweltsiegel entwickelt, von denen einige gut auf dem Markt eingeführt sind (wie das Delfinschutzzeichen oder das MSC-Siegel). Inzwischen gibt es eine Vielzahl privatwirtschaftlicher Initiativen mit unterschiedlichen umweltbezogenen Aussagen, deren Gültigkeit sich nicht immer eindeutig überprüfen lässt6.
2.2.1. Delfinschutzzeichen für Thunfisch
Das bekannteste - und wahrscheinlich umstrittenste - Umweltsiegel in der Fischwirtschaft ist das Delfinschutzzeichen auf Thunfischkonserven. Damit wird bescheinigt, dass beim Fang des Thunfischs der Schutz der Delfine gewährleistet wird, entweder basierend auf dem Abkommen über das Internationale Delfinschutzprogramm (AIDCP), einer multilateralen regionalen Fischereiorganisation, oder nach dem Programm des Earth Island Institute, einer Nichtregierungsorganisation mit Sitz in den USA.
Das Delfinschutzzeichen war zunächst als technische Regelung konzipiert, doch hat es seither den Markt so verändert, dass Thunfischkonserven ohne dieses Siegel in manchen Ländern nicht mehr verkauft werden können. Allerdings sind die AIDCP- und die US-Normen nicht komplementär. Thunfisch mit Delfinschutzzeichen, der nach AIDCP-Standards gefangen wurde, ist der Zugang zum US-Markt verwehrt. Dies gab Anlass zu laufenden Streitigkeiten zwischen Mexiko und den USA. Die von der amerikanischen Regierung angestrebte rechtliche Umsetzung der AIDCP-Vorschriften wurde von einigen Verbänden angefochten, da sie die AIDCP-Maßnahmen nicht für streng genug halten.
Revision des gemeinschaftlichen Systems zur Vergabe eines Umweltzeichens (ABl. L 237 vom 21.9.2000, S. l).
Die Gemeinschaft unterstützt das freiwillige AIDCP-Delfinschutz-Zertifizierungssystem. Nach der Einführung des Identifizierungssystems für Thunfisch7 stellt sich die Frage, ob und wie das AIDCP-Zertifizierungssystem auf Gemeinschaftsebene umgesetzt werden soll. Dabei werden zahlreiche verschiedene Aspekte zu berücksichtigen sein.
2.2.2. Umweltsiegel des Marine Stewardship Council
Der Marine Stewardship Council (MSC), der 1997 gemeinsam von Unilever und dem World Wildlife Fund for Nature (WWF) gegründet wurde, doch inzwischen unabhängig arbeitet, hat eine breit angelegte private Initiative für ein Umweltsiegel gestartet, das dem Verbraucher gewährleisten soll, dass die Erzeugnisse aus einer vernünftig betriebenen Fischerei stammen und nicht zum Umweltproblem der Überfischung beigetragen haben. Bislang wurden zehn Fischereien, davon vier europäische, für dieses Umweltsiegel zertifiziert. Weltweit tragen 180 Erzeugnisse das MSC-Siegel. Zwölf Fischereien, darunter Nordseehering und Pazifischer Pollack, werden derzeit geprüft.
Zur Anwendung der MSC-Regeln gab es Vorbehalte seitens der Entwicklungsländer, denn sie befürchten, dass ihre Produkte vom Markt der entwickelten Länder ausgeschlossen werden.
3. BERATUNGEN über Umweltsiegel IN internationalen Gremien
3.1. Organisation für Nahrungsmittel und Landwirtschaft (FAO)
Im Rahmen der FAO begann die Diskussion über Umweltsiegel auf der 22. Sitzung des FAO-Fischereiausschusses (COFI) im Jahr 1997 als Reaktion auf die Gründung des MSC. Dabei wurden keine großen Fortschritte erzielt, da unter anderem befürchtet wurde, Umweltsiegel könnten zu neuen Handelshemmnissen führen. Generell waren sich die Experten jedoch einig, dass etwaige Leitlinien mit dem FAO-Verhaltenskodex für verantwortungsvolle Fischerei übereinstimmen müssten8.
Auf der 25. Sitzung des COFI im Jahr 2003 wurde die FAO aufgefordert, Leitlinien über Umweltsiegel für Fisch und Erzeugnisse der Seefischerei aufzustellen. Bei den technischen Beratungen im Oktober 2004 setzten sich die Delegationen für eine rasche Ausarbeitung internationaler Leitlinien für Umweltsiegel ein. Der endgültige Text der Leitlinien wurde auf der 26. COFI-Sitzung im März 2005 verabschiedet. Die Europäische Gemeinschaft hat im gesamten Beratungsprozess aktiv mitgewirkt.
3.2. Welthandelsorganisation
Gemäß der Verpflichtung in Absatz 32 iii der Entwicklungsagenda von Doha, Vorschriften für Umweltsiegel besonders zu prüfen, haben seit der Ministertagung von Doha im Jahr 2001 entsprechende Beratungen im WTO-Ausschuss für Handel und Entwicklung stattgefunden. Diese konzentrierten sich auf freiwillige Regelungen basierend auf dem Konzept des Lebenszyklus der Fische9. Dabei regte die Gemeinschaft an, bestimmte Aspekte der Funktion und Anwendung von Umweltsiegeln im Sinne eines besseren Zusammenwirkens zwischen Überwachung und Überprüfung der Thunfischfänge (ABl. L 127 vom 23.05.2003, S. l). Handels-, Entwicklungs- und Umweltpolitik zu berücksichtigen10. Die Beratungen sind noch nicht abgeschlossen.
4. Ziele einer Gemeinschaftspolitik für Fischerei-Umweltsiegel
Die Kommission sieht Umweltsiegel als ein Mittel zur Integration der Umweltschutzbelange im Fischereisektor und befürwortet die generellen Ziele einer dahingehenden Politik, nämlich insbesondere
- 1) das Bewusstsein der Verbraucher für die Umweltaspekte der Fischerei zu stärken und dadurch
- 2) Fischereimanagement und Fischer für die Umweltfolgen der Fischerei zu sensibilisieren, damit sie ihre Verantwortung für die Umwelt besser wahrnehmen.
In diesem Sinne könnten Marktanreize wie Umweltsiegel die Erzeuger zu verantwortungsvolleren Fischereipraktiken bewegen. Daher sollten freiwillige Umweltsiegel gefördert werden. Allerdings muss der rechtliche Schutz der natürlichen Ressourcen unter staatlicher Verantwortung bleiben. Umweltsiegel können eine nachhaltige Fischereitätigkeit fördern, doch sie dürfen die staatliche Erhaltungspolitik nicht ersetzen.
Nach Auffassung der Kommission muss ein kohärentes Gemeinschaftskonzept für die Vergabe und Anwendung von Fischerei-Umweltsiegel entwickelt werden, um die Fragen zu regeln, die sich durch die entstandene Vielfalt unterschiedlicher Umweltsiegel ergeben.
Eine solche Regelung sollte folgenden Zielsetzungen dienen:
(1) Nachhaltige Fischerei11 und angemessener Schutz des Ökosystems: Umweltsiegel, die auf klar definierten Kriterien und geeigneten Indikatoren beruhen, können die Fortschritte zu einer nachhaltigen Fischerei unterstützen und die Öffentlichkeit für Zusammenhänge der Nachhaltigkeit sensibilisieren.
(2) Harmonisierte Regelung für Umweltsiegel in der ganzen Gemeinschaft: Die Verbraucher müssen sicher sein, dass alle Umweltsiegel in der Gemeinschaft nach ähnlichen Leitlinien und Grundsätzen angewandt werden.
(3) Transparente und objektive Information der Verbraucher: Wenn die Kaufentscheidungen teilweise auf nicht inhärenten Produktmerkmalen wie Erzeugungsverfahren und Umweltfolgen basieren, bedarf es eindeutiger und verifizierbarer Informationen, um irreführende Behauptungen auszuschließen. Die Umweltsiegel müssen auch den generellen Anforderungen der Verbraucherpolitik genügen, um ein hohes Verbraucherschutzniveau im Sinne von Artikel 153 EG-Vertrag zu gewährleisten.
(4) Lauterer Wettbewerb: Es muss ausgeschlossen werden, dass Umweltsiegel missbräuchlich oder nur als Werbemittel für einzelne Unternehmen verwendet werden.
(5) Freier Zugang: Alle Umweltsiegel müssen den Marktteilnehmern generell ohne Diskriminierung offen stehen, und die Teilnahmekosten dürfen für kleine und mittlere Unternehmen und kleine Fischereibetriebe nicht prohibitiv sein.
(6) Handel und Entwicklung: Die von der Gemeinschaft in der WTO befürworteten Prioritäten für die Belange der Entwicklungsländer sollen angemessen berücksichtigt werden.
5. MÖGLICHE Optionen
Für die staatlichen Behörden geht es vor allem um die Frage, welche Regeln für die freiwillige Anwendung von Umweltsiegeln zu erlassen sind, um die öffentlichen Belange zu wahren. Dabei stehen im Wesentlichen drei Optionen offen.
5.1. Option 1: Status quo
Die erste Option bestünde darin, es bei der derzeitigen Situation zu belassen. Umweltsiegel könnten sich demnach ohne staatliche Eingriffe frei auf dem Markt entwickeln. Bislang hat die Gemeinschaft keine Maßnahmen in diesem Bereich getroffen.
Diese Option hätte folgende Vorteile:
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Es bestünde eine klare Trennung zwischen privatwirtschaftlichen Initiativen, die Aspekte des Ursprungs und der Fangmethoden für die Vermarktung der Produkte nutzen, und den staatlichen Maßnahmen zur Erhaltung und nachhaltigen Entwicklung der Fischerei Vergabe und Anwendung der Umweltsiegel würden von der Wirtschaft selbst geregelt. Dies könnte eine breitere Entwicklung von Umweltsiegeln begünstigen.
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Freiwillige Regelungen der Wirtschaft wären wahrscheinlich flexibler und ließen sich bei veränderten Gegebenheiten leichter anpassen Außerdem wären die staatlichen Behörden nicht der Kritik ausgesetzt, den Handel mit Fischereierzeugnissen durch zusätzliche Auflagen zu belasten.
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Durch ein höheres Bewusstsein für Nachhaltigkeit in der Öffentlichkeit und der Wirtschaft könnten irreführende Behauptungen verhindert und bewährte Praktiken gefördert werden
Die Option wäre mit folgenden Nachteilen verbunden:
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Ohne unabhängige Zertifizierung und Zulassung wären die Umweltsiegel fragwürdig
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Im Gegensatz zu anderen Kennzeichnungssystemen (wie z B. im ökologischen Landbau) ist die Funktion des Umweltsiegels in der Fischwirtschaft noch nicht eindeutig definiert. Für einige bedeutet es die Zertifizierung einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Fischbestände, für andere steht die Bewertung der Umweltfolgen besonderer Fangtechniken oder der Fischwirtschaft insgesamt im Mittelpunkt. Ohne Mindestvorschriften bei der Vergabe von Umweltsiegeln könnten manche Unternehmen versucht sein, übertriebene oder unberechtigte Behauptungen für ihre Erzeugnisse aufzustellen.
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Es besteht die Gefahr, dass eine unterschiedliche Politik für Umweltsiegel in den einzelnen Mitgliedstaaten zu einer Fragmentierung des Gemeinschaftsmarkts führt Als Reaktion auf die Verbreitung von Erzeugnissen mit Umweltsiegel in der Gemeinschaft könnten manche Mitgliedstaaten oder Unternehmen geneigt sein, eigene Regeln aufzustellen, was wiederum den freien Warenverkehr beeinträchtigen könnte.
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Wenn die Regelung der Umweltsiegel ausschließlich in den Händen der Wirtschaft liegt, könnte jede öffentliche Förderung von den nicht beteiligten Partnern als Subvention betrachtet werden und zu Handelsverzerrungen sowie Klagen der Entwicklungsländer führen Überdies wäre es für die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten schwierig, Entwicklungsländern finanzielle und technische Hilfe zu leisten, wenn die Umweltsiegel ausschließlich von der Wirtschaft geregelt würden.
In jedem Fall muss auf die möglichen Risiken richtig eingegangen werden, solange es kein klares Gemeinschaftskonzept für die Vermarktung von Erzeugnissen mit Umweltsiegel gibt. Anstatt sich nachträglich mit gegensätzlichen oder unangemessenen Regelungen und den daraus resultierenden negativen Auswirkungen auf dem Markt und/oder für die Erhaltung der Fischbestände auseinandersetzen zu müssen, erscheint es vernünftiger, dass die Gemeinschaft von vornherein ein umfassenderes gemeinsames Konzept verfolgt. Deshalb wird die Option des Status quo von der Kommission nicht befürwortet.
5.2. Option 2: Gemeinschaftsregelung mit einheitlichem Fischerei-Umweltsiegel
Von manchen Seiten wurde vorgeschlagen, dass die Gemeinschaft eine umfassende Regelung mit eigenem Umweltsiegel erlässt, die von den staatlichen Behörden oder staatlich beauftragten Stellen angewandt wird. Dabei wären die staatlichen Stellen auf allen Stufen an der Ausarbeitung, Durchführung und Kontrolle der Regelung beteiligt.
Für diese Option werden hauptsächlich drei Argumente angeführt:
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Wegen möglicher Überschneidungen zwischen den Kriterien für Umweltsiegel und den öffentlichen Bestandserhaltungsmaßnahmen werden durch eine Gemeinschaftsregelung mit einheitlichem Umweltsiegel die staatlichen Befugnisse bei der Bewirtschaftung der Fischereiressourcen gestärkt
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Privatwirtschaftliche Umweltsiegel sind möglichst einzuschränken, da sie durch die Differenzierung zwischen Produktgruppen zu Marktstörungen führen könnten, z B. durch Zertifizierung bestimmter Fischereien ungeachtet anderer Fischereien bei den selben Fischbeständen.
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Ein Gemeinschaftssiegel würde Verwechslungen zwischen verschiedenen konkurrierenden Umweltsiegeln ausschließen und die Glaubwürdigkeit der Regelung durch strengere Umweltnormen, unabhängige Garantien und staatliche Autorität gewährleisten
Die Kommission ist von diesen Argumenten nicht überzeugt. Verschiedene Umweltsiegel müssen nicht unbedingt verwirrend sein, sofern die Bewertung objektiv und transparent erfolgt und die zugrunde gelegten Kriterien dem Verbraucher deutlich gemacht werden.
Ferner stellen sich bei einer staatlichen Regelung mit einheitlichem Umweltsiegel verschiedene andere Probleme:
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Die rechtliche Verantwortung des Staates für den Schutz der natürlichen Ressourcen könnte durch die gleichzeitige Durchführung eines freiwilligen Zertifizierungssystems für bestimmte Fischbestände oder Fischereien verwischt werden Würde die Norm für ein einheitliches Umweltsiegel auf die Einhaltung der Gemeinschaftsvorschriften beschränkt, so könnte sie nicht die vom Verbraucher erwartete Produktdifferenzierung leisten.
Tatsächlich kann ein Umweltsiegel nur dann einen Mehrwert bringen, wenn es über die Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften hinausgeht. Sonst könnte möglicherweise der Eindruck entstehen, dass die Rechtsvorschriften selbst zu locker oder gar unzureichend sind.
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Bei einem eigenen Umweltsiegel müsste die Gemeinschaft entscheiden, was für die einzelnen Fischereien bescheinigt werden soll Ohne Konsens über Kriterien für die Umweltfolgen der Fischerei könnte dies zu kontroversen Situationen führen, wobei die staatlichen Behörden in Widersprüche zwischen ihrer Bewirtschaftungspolitik und dem Zertifizierungsstandard gerieten. Gleich welches Kriterium herangezogen wird, es gibt immer "Gewinner" und "Verlierer". Viele Fischereien in der Gemeinschaft, die sich außerhalb sicherer biologischer Grenzen bewegen, kämen eine geraume Zeit wohl nicht für ein Umweltsiegel in Betracht. Für die staatlichen Behörden wäre es schwierig, hierfür die Verantwortung zu übernehmen.
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Eine umfassende staatliche Regelung würde auch erhebliche öffentliche Verwaltungsmittel für die Bewertung, Zertifizierung und Kontrolle erfordern Dies allein könnte bedeuten, dass diese Option nicht realisierbar ist.
Dadurch, dass sich viele Fischbestände in den Gemeinschaftsgewässern außerhalb sicherer biologischer Grenzen befinden, könnte eine Bezugnahme auf die Definition für nachhaltige Bewirtschaftung in Artikel 3 Buchst. e der Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 des Rates (siehe Fußn. 10) Importerzeugnisse aus solchen Ländern begünstigen, die ihre Fischbestände schon seit längerer Zeit nach dem Vorsorgeprinzip bewirtschaften.
Die Kommission hält einen einheitliches, staatlich geregeltes Umweltsiegel für Fischereierzeugnisse weder für angebracht noch für praktikabel. Wenn Wirtschaft und Verbände Vorteile in der Einführung von Umweltsiegel sehen und dafür einstehen wollen, sollte dies ihnen freigestellt sein, sofern es nicht wesentlichen öffentlichen Belangen wie dem lauteren Wettbewerb, objektiven Informationen und einer vernünftigen Bewirtschaftung und Erhaltung der Fischbestände zuwiderläuft.
5.3. Option 3: Festlegung von Mindestanforderungen für freiwillige Umweltsiegel
Eine dritte Option für die Gemeinschaft bestünde darin, eine Reihe von Mindestanforderungen für die freiwillige Anwendung marktorientierter Umweltsiegel festzulegen.
So könnten sich Umweltsiegel durch öffentliche und/oder private Initiativen frei entwickeln, solange sie den Mindestanforderungen genügen. Die staatlichen Behörden hätten sich nur um die Registrierung zu kümmern und die Erfüllung der Mindestanforderungen zu kontrollieren. Diese Anforderungen sollten sowohl technische als auch Verfahrens- und Regelungsaspekte umfassen (s. Anhang II).
Diese Option bietet hauptsächlich folgende Vorteile:
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Weitgehend flexible und vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten für Umweltsiegel, die dem Verbraucher beweisen, dass das Verhalten der Fischwirtschaft bzw der Fischereimanager zur nachhaltigen Ressourcenbewirtschaftung beiträgt, und auf diese Weise ihre Funktion als Marktanreiz voll erfüllen und ein besseres Fischereimanagement fördern;
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- ein "Sicherheitsnetz" an Auflagen, die das Risiko von Wettbewerbsverzerrungen oder Irreführungen ausschließen und den Verbrauchern angemessene Garantien bieten sollten;
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- einen Anreiz zur Erfüllung anspruchsvoller Umweltziele, die den wesentlichen Aspekten der Nachhaltigkeit angemessen Rechnung tragen und die Glaubwürdigkeit und Kohärenz der Umweltsiegel erhöhen;
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- Abstimmung der Umweltsiegel auf die jeweiligen Fischereien und/oder Wirtschaftspartner, wie kleine und mittlere Unternehmen oder Entwicklungsländer; wodurch die Regelungen besser zugänglich und ihre Durchführung für die Wirtschaft weniger kostspielig wären;
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leichtere Einbeziehung bereits bestehender Regelungen
Der Nachteil besteht vor allem darin, dass der Gewinn an Flexibilität möglicherweise zu Lasten der Wirkung geht.
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Die Mindestanforderungen müssten sich auf die bisherigen Erfahrungen in der Erhaltungspolitik stützen Da mehrjährige Bewirtschaftungspläne noch nicht für alle Fischereien angewandt werden, dürfen die Mindestkriterien, gemessen an der Erhaltungspolitik der Gemeinschaft, zunächst nicht zu anspruchsvoll, aber auch nicht diskriminierend sein. Die Kriterien wären anhand der gewonnenen Erfahrungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse anzupassen, so dass die Anforderungen für Umweltsiegel nach und nach erhöht würden.
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Nicht alle Umweltsiegel auf dem Markt werden die gleiche Gewähr für eine nachhaltige Fischereitätigkeit bieten Manche dürften sich auf Bewirtschaftungsaspekte konzentrieren, während andere den Nachdruck auf den Schutz des Ökosystems legen würden. Dies wäre den Verbrauchern durch eine entsprechende Information zu verdeutlichen.
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Die Überwachung der Regelung für Umweltsiegel erfordert Fachkenntnisse in der Durchführung von Zertifizierungssystemen Die Fischereibehörden werden sich diese Kenntnisse aneignen müssen.
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In jedem Fall wird die Kommission ihre Aufsichtsbefugnisse wahrnehmen müssen, um die Einhaltung der geltenden Gemeinschaftsvorschriften sicherzustellen
6. Fazit
Da die Frage der Anwendung von Umweltsiegeln für Fischereierzeugnisse auf dem Gemeinschaftsmarkt zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist es an der Zeit, im Rahmen einer umfassenden Diskussion zu klären, ob hierzu ein gemeinsames Konzept entwickelt werden soll oder nicht.
Bei einem so vielschichtigen Thema wie Umweltsiegeln werden im Laufe der Debatte unweigerlich viele verschiedene Fragen zu behandeln sein.
In der Diskussion werden u. a. folgende Schlüsselfragen anzusprechen sein:
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- Was soll mit den Umweltsiegeln bescheinigt werden: eine Fischerei, eine Fangmethode, andere Aspekte? Soll das Konzept auch Umweltsiegel einschließen, die nur einem einzigen Aspekt gelten?
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- Wie lässt sich sicherstellen, dass das Konzept möglichst frei von Widersprüchen ist und dabei ein großes Maß an Freiwilligkeit und Machbarkeit bietet?
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- Wie lässt sich das Potenzial der Umweltsiegel optimal zur Förderung einer nachhaltigen Fischerei nutzen, während Fischer, fischverarbeitende Betriebe und Verbraucher daraus einen echten Gewinn erzielen?
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- Sollte das Konzept eher ergebnisorientiert oder maßnahmenorientiert sein?
Übergeordnetes Ziel aber ist ein echtes Gemeinschaftskonzept für Fischerei-Umweltsiegel, das sich auf die bewährten Praktiken in diesem Bereich stützt. Ferner gilt es, das starke Engagement der Gemeinschaft für nachhaltige Methoden des Fischfangs und der Verwertung von Fisch zu bekräftigen. Eine enge Zusammenarbeit mit der Fischwirtschaft im Interesse einer geteilten Aufsicht ist selbstverständlich Teil eines solchen Konzepts.
Alles in allem hält die Kommission derzeit die dritte Option für die geeignetste, nämlich die Einigung auf Mindestanforderungen für eine freiwillige Umweltsiegelregelung. Dieser Ansatz ist flexibel genug und bringt keine übermäßigen Kosten mit sich. Er unterstützt geeignete Maßnahmen zur Förderung der Nachhaltigkeit, erlaubt aber gleichzeitig einen allmählichen Übergang, und er bietet einen ausreichenden Verbraucherschutz.
Die Kommission fordert den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss auf, die in dieser Mitteilung aufgeworfenen Fragen zu erörtern. In Anbetracht ihres starken Interesses an diesem Thema werden für ein gemeinsames Vorgehen auch die EWR-Länder konsultiert werden müssen. Die Kommission beabsichtigt ferner, die Interessengruppen einzubeziehen, in erster Linie über der Beratenden Ausschuss für Fischerei und Aquakultur, und gleichzeitig wissenschaftliche und technische Vorarbeiten zu leisten. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse können erfolgreich in die Diskussion einfließen und gegebenenfalls die Grundlage für mögliche Folgenabschätzungen bilden.
Im Anschluss an die Debatte, die mit dieser Mitteilung ausgelöst werden soll, wird die Kommission gegebenenfalls geeignete Vorschläge für Rechtsakte unterbreiten.
1 Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Die Zukunft des Marktes für Fischereierzeugnisse in der Europäischen Union: Verantwortung, Partnerschaft, Wettbewerbsfähigkeit. KOM (1997)719 endg. vom 16. Dezember 1997.
2 Mitteilung der Kommission über einen Aktionsplan der Gemeinschaft zur Einbeziehung der Erfordernisse des Umweltschutzes in die Gemeinsame Fischereipolitik. KOM (2002) 186 endgültig vom 28. Mai 2002.
3 Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 des Rates vom 20. Dezember 2002 über die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Fischereiressourcen im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik (ABl. L 358 vom 31.12.2002, S. 59).
4 Definitionen, Erfahrungen in anderen Bereichen und technische Einzelheiten siehe Anhang il.
5 Verordnung (EG) Nr. 1980/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juli 2000 zur
6 Nähere Einzelheiten siehe Anhang i-2.
7 Verordnung (EG) Nr. 882/2003 des Rates vom 19. Mai 2003 zur Einführung einer Regelung zur
8 Report 23rd Session of the Committee on Fisheries (Rom, 15.-19. Februar 1999), FAO Fisheries Report. No. 595.
9 siehe Anhang il.
10 Unterlage JOB(03)/130 vom 27. Juni 2003.
11 Nach Artikel 3 Buchst. e der Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 des Rates vom 20. Dezember 2002 über die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Fischereiressourcen im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik bedeutet nachhaltige Bewirtschaftung "die Nutzung eines Bestands in einer Weise, die die künftige Nutzung dieses Bestands nicht gefährdet und keine negative Auswirkung auf die marinen Ökosysteme hat".