Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 110158 - vom 14. Juni 2005. Das Europäische Parlament hat die Entschließung
in der Sitzung am 12. Mai 2005 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf das am 11. Dezember 1997 unterzeichnete Protokoll von Kyoto zur Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) sowie die Durchführungsverfahren zu dessen Umsetzung, die auf den Konferenzen der Vertragsparteien in Bonn (Juli 2001), Marrakesch (November 2001), Neu-Delhi (November 2002), Mailand (Dezember 2003) und Buenos Aires (Dezember 2004) angenommen wurden,
- - in Kenntnis des Beschlusses der Zehnten Vertragsstaatenkonferenz (COP 10), im Mai 2005 ein Regierungsexpertentreffen einzuberufen, um einen informellen Informationsaustausch zu fördern, der Aktionen zur Emissionsminderung und Anpassung zum Gegenstand hat, durch die die Vertragsstaaten bei der weiteren Entwicklung wirksamer und angemessener Reaktionen auf den Klimawandel unterstützt werden sollen, sowie die von den jeweiligen Regierungen angenommenen Politiken und Maßnahmen zur Unterstützung der Einhaltung der bestehenden Verpflichtungen nach der UNFCCC und dem Protokoll von Kyoto,
- - unter Hinweis auf seine Entschließungen zum Klimawandel, insbesondere jene vom 13. Januar 2005 zu dem Ergebnis der Klimakonferenz von Buenos Aires1,
- - gestützt auf Artikel 108 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass der Klimawandel eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts ist und weltweit erhebliche negative Auswirkungen in den Bereichen Umwelt, Wirtschaft und Soziales hat und dass damit zu rechnen ist, dass er die nachhaltige Entwicklung beeinträchtigt und den Lebensunterhalt von Millionen von Menschen auf der ganzen Welt gefährdet,
B. in der Erwägung, dass die UNFCCC, die am 21. März 1994 in Kraft getreten ist und mittlerweile von 189 Parteien unterzeichnet wurde, einen Rahmen für Maßnahmen schafft, die auf eine Stabilisierung der Konzentrationen von Treibhausgasen in der Atmosphäre abzielen, um eine gefährliche Störung des Klimasystems durch den Menschen zu verhindern,
C. in der Erwägung, dass das Protokoll von Kyoto zur UNFCCC am 16. Februar 2005 in Kraft getreten ist, nachdem es von 146 Staaten und Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration ratifiziert wurde, die für 61,6 % der Treibhausgas-Emissionen im Jahr 1990 gemäß Anhang I verantwortlich waren,
D. in der Erwägung, dass im Protokoll von Kyoto für die in Anhang I genannten Länder für den Zeitraum 2008-2012 verbindliche Emissionsreduktionsziele festgelegt sind; in der Erwägung, dass im Protokoll außerdem festgelegt ist, dass Verpflichtungen für die darauf folgenden Zeiträume mindestens sieben Jahre vor Ablauf des ersten Verpflichtungszeitraums geprüft werden sollen,
E. in der Erwägung, dass bei der COP 10 in Buenos Aires im Dezember 2004 beschlossen wurde, im Mai 2005 ein Regierungsexpertentreffen einzuberufen, um den Informationsaustausch zwischen den Vertragsstaaten über Aktionen zur Emissionsminderung und Anpassung sowie über Politiken und Maßnahmen zur Unterstützung der Einhaltung der bestehenden Verpflichtungen zu fördern,
F. in der Erwägung, dass die entwickelten Länder eine große Verantwortung für die Treibhausgas-Emissionen haben und daher eine Führungsrolle bei der Reduktion der Emissionen einnehmen sollten; in der Erwägung, dass das Europäische Parlament stets gefordert hat, dass die Europäische Union eine solche Führungsrolle übernimmt,
G. in der Erwägung, dass die Ziele des Protokolls von Kyoto eine wesentliche Voraussetzung für eine globale Strategie gegen den Klimawandel darstellen, dass jedoch bald weitere Ziele für den Zeitraum nach 2012 festgesetzt werden müssen, um Investitionssicherheit für Energiequellen mit geringerem CO₂-Ausstoß, Technologien mit geringeren Treibhausgas-Emissionen und erneuerbare Energien zu schaffen und Investitionen in damit nicht vereinbare Energieinfrastrukturen zu verhindern; in der Erwägung, dass Maßnahmen gegen den Klimawandel auch Innovationschancen- und -anreize entsprechend den in der Lissabon-Agenda festgesetzten Zielen bieten,
H. in der Erwägung, dass das Ziel, den durchschnittlichen globalen Temperaturanstieg unter der Marke von 2°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten, auch im Rahmen der UNFCCC und des Protokolls von Kyoto festgelegt werden sollte,
I. in der Erwägung, dass jüngsten wissenschaftlichen Berichten zufolge das Risiko, die +2°C-Grenze zu überschreiten, bei etwa 85 % liegt, wenn die Treibhausgaskonzentrationen bei 550 ppm (CO₂-eq) stabilisiert werden, und bei etwa 50 %, wenn sie bei 450 ppm stabilisiert werden; in der Erwägung, dass in diesen Berichten daher betont wird, dass die Welt viel weniger Zeit haben könnte, um mit der Reduzierung der Gesamtemissionen von Treibhausgasen zu beginnen, als bislang angenommen wurde, wenn vermieden werden soll, dass der durchschnittliche globale Temperaturanstieg 2°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau überschreitet, und somit ein gefährlicher Klimawandel verhindert werden soll; in der Erwägung, dass dies für alle größeren Treibhausgasemittenten eine stärkere Einschränkung der Emissionen in naher Zukunft erfordern könnte, und daher unter nachdrücklichem Hinweis darauf, wie wichtig verstärkte globale Anstrengungen sind,
- 1. begrüßt den in Buenos Aires gefassten Beschluss, wonach ein Regierungsexpertentreffen stattfinden soll; bedauert jedoch, dass bei der COP 10 trotz der Bemühungen der EU-Delegation nur ein sehr beschränktes Mandat für dieses Treffen vereinbart wurde;
- 2. ist zutiefst davon überzeugt, dass die Europäische Union bei den internationalen Bemühungen um eine Bekämpfung des Klimawechsels ihre Führungsrolle beibehalten sollte; betont, dass ein dreigleisiger Ansatz notwendig ist, um die EU-Klimapolitik zuhause zu stützen: Verringerung der Energieintensität der EU-Wirtschaft um 2-2,5 % jährlich, erhebliche Erhöhung des Anteils der alternativen Energieträger am Gesamtenergiemix und wesentliche Aufstockung der Beihilfen für Forschung und Entwicklung im Bereich der nachhaltigen Energienutzung; betont, dass der Verkehrssektor eine enorme Herausforderung darstellt und dass neue und innovative Politiken erforderlich sind, um die Emissionen des Straßen-, Luft- und Seeverkehrs zu verringern, und fordert die Kommission mit Nachdruck auf, Vorschläge für rentable Maßnahmen zur Lösung dieser Probleme vorzulegen;
- 3. begrüßt die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Brüssel vom 22. und 23. März 2005 und insbesondere die Tatsache, dass für die Gruppe der entwickelten Länder Reduktionsziele in der Größenordnung von 15-30 % bis 2020 vereinbart wurden; bedauert jedoch, dass der Europäische Rat keinerlei Äußerungen zu längerfristigen Reduktionszielen gemacht hat, und regt an, eine Reduktion in der Größenordnung von 60-80 % bis 2050 zu fordern;
- 4. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, bei dem bevorstehenden Regierungsexpertentreffen im Namen der Europäischen Union Vorschläge für eine künftige Regelung vorzulegen, die mit dem Ziel der Europäischen Union im Einklang stehen, den durchschnittlichen globalen Temperaturanstieg unter der Marke von 2°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten - wonach die globalen Treibhausgas-Emissionen also in den nächsten beiden Jahrzehnten ihren Höhepunkt erreichen würden -, und in deren Rahmen die Grundsätze der Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit, Verantwortlichkeit und Handlungsfähigkeit gewahrt werden;
- 5. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Vorschläge für eine künftige Strategie auf der Grundlage des Protokolls von Kyoto sowie der Ökoinnovation und der Entwicklung von Umwelttechnologien mit besonderem Schwerpunkt auf dem Energie- und dem Verkehrssektor vorzulegen und diesen Vorschlägen im Rahmen der maßgeblichen politischen Initiativen wie dem Aktionsplan für Umwelttechnologie, dem Siebten Forschungsrahmenprogramm usw. besonderen Vorrang einzuräumen; ist der Ansicht, dass Bemühungen unternommen werden sollten, um mit verschiedenen Ländern zusammenzuarbeiten, insbesondere mit den fortschrittlichsten Entwicklungsländern;
- 6. fordert nachdrücklich, dass sich das Regierungsexpertentreffen auf die Frage konzentriert, wie man in der Zeit nach 2012 im Rahmen der UNFCCC und des Protokolls von Kyoto wirksam und angemessen auf den Klimawandel reagieren kann; fordert, dass ein schriftlicher Bericht über die Ergebnisse des Treffens veröffentlicht wird, der die Grundlage der formellen Verhandlungen für den Verpflichtungszeitraum nach 2012 bilden sollte, die 2005 aufgenommen werden;
- 7. ist der Ansicht, dass die künftige Regelung auf gemeinsamen, aber differenzierten Zuständigkeiten, auf weiteren und stärkeren Emissionsreduktionen und auf der Einbeziehung von mehr Ländern - insbesondere der USA einerseits und Indiens und Chinas und anderer fortschrittlicher Entwicklungsländer andererseits - in die Bemühungen um eine Reduzierung beruhen sollte; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten daher nachdrücklich auf, in ihren Dialogen mit internationalen Partnern, insbesondere den Vereinigten Staaten, China und Indien, die Notwendigkeit des Klimaschutzes besonders hervorzuheben;
- 8. ist der Ansicht, dass international konkurrierende Unternehmen, insbesondere energieintensive Industrieunternehmen, einen sektorbezogenen Ansatz für die künftigen internationalen Reduktionsziele benötigen, um weltweit gleiche Voraussetzungen zu gewährleisten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, einen solchen sektorbezogenen Ansatz in die Diskussionen aufzunehmen;
- 9. ist sich der Gefahr einer Verlagerung der Emissionsquellen in die fortschrittlicheren Entwicklungsländer bewusst;
- 10. fordert die Staaten, die das Protokoll von Kyoto nicht ratifiziert haben, auf, dies so rasch wie möglich zu tun; fordert die Vereinigten Staaten und Australien auf, ihre Entscheidung gegen eine Beteiligung zu überdenken und als ersten Schritt ihrer Verpflichtung im Rahmen der UNFCCC zur Verringerung der Emissionen auf das Niveau von 1990 nachzukommen;
- 11. fordert die Kommission auf, in allen Kosten-Nutzen-Analysen von Klimamaßnahmen die Möglichkeit zu berücksichtigen, Ausgleichsmaßnahmen an den Grenzen im Bereich des Handels zu ergreifen, um eventuelle Wettbewerbsvorteile von Produzenten in industrialisierten Staaten ohne Emissionsauflagen auszugleichen;
- 12. weist nachdrücklich darauf hin, dass die Finanzhilfe für Anpassungsmaßnahmen in Entwicklungsländern unter besonderer Berücksichtigung der am wenigsten entwickelten Länder aufgestockt werden muss; betont ferner, dass das Wirtschaftswachstum ein Recht aller Entwicklungsländer ist; erkennt jedoch an, dass Entwicklungsländer nicht die umweltschädlichen Praktiken der industrialisierten Länder übernehmen müssen und dass die Europäischen Union starke Mechanismen entwickeln sollte, z.B. durch Ausfuhrkreditagenturen der EU-Mitgliedstaaten, um die Nutzung fortschrittlicher Technologien im Energie- und im Verkehrssektor in den Entwicklungsländern zu unterstützen und so eine Entwicklung auf der Grundlage eines geringen CO₂-Ausstoßes zu fördern;
- 13. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, messbare Fortschritte hin zu einer Wirtschaft mit einem geringen CO₂-Ausstoß zu machen; ermutigt alle Mitgliedstaaten, ihre Erfahrungen und bewährte Verfahren sowohl untereinander als auch mit Staaten in anderen Teilen der Welt auszutauschen;
- 14. fordert den künftigen britischen und österreichischen Ratsvorsitz auf, dafür zu sorgen, dass die Impulse auf dem Gebiet des Klimawandels erhalten bleiben und sogar noch verstärkt werden, während die Verpflichtungen verschärft werden und sich die Zahl der internationalen Teilnehmer an diesem Prozess erhöht;
- 15. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und dem Sekretariat des UNFCCC mit dem Ersuchen zu übermitteln, dass sie an alle Vertragsparteien, die nicht der Europäischen Union angehören, weitergeleitet wird.
1 Angenommene Texte, P6_TA(2005)0005.