Der Bundesrat hat in seiner 847. Sitzung am 19. September 2008 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu Artikel 3 bis 5 allgemein
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Artikel 3 bis 5 des Gesetzentwurfs mit § 16 des Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke (BStatG) vereinbar sind oder ob § 16 BStatG geändert werden muss.
Begründung
Die Artikel 3 bis 5 des vorgelegten Gesetzentwurfs regeln jeweils die Übermittlung von Tabellen mit statistischen Ergebnissen durch das Statistische Bundesamt an das Umweltbundesamt. Nach § 16 Abs. 4 BStatG ist allein die Übermittlung an oberste Bundes- oder Landesbehörden vorgesehen. Beim Umweltbundesamt handelt es sich nicht um eine oberste Bundesbehörde, sondern um eine Bundesoberbehörde.
2. Zu Artikel 6a - neu - ( § 11 GewStG)
Nach Artikel 6 ist folgender Artikel 6a einzufügen:
Das Gewerbesteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom ... (BGBl. I S. ...), zuletzt geändert durch ... (BGBl. I S. ...), wird wie folgt geändert:
Begründung
In Artikel 6 des Gesetzentwurfs ist eine Erhöhung des Freibetrags für bestimmte Körperschaften auf 5 000 Euro vorgesehen ( § 24 KStG); dies führt dazu dass künftig erst ab einem Einkommen von 5 000 Euro eine Körperschaftsteuerveranlagung vorgenommen werden muss. Davon profitieren vor allem juristische Personen des privaten Rechts, wie z.B. Vereine und Stiftungen.
Eine dem § 24 KStG vergleichbare Freibetragsregelung gibt es auch im geltenden § 11 GewStG. Um ein Auseinanderdriften der Freibetragsregelungen zu vermeiden, wird eine entsprechende Anhebung des Freibetrags auch im Gewerbesteuergesetz vorgeschlagen. Auch dort dient die Freibetragsanhebung der Entlastung von überflüssigen bürokratischen Vorgaben.
3. Zu Artikel 9 Nr. 2a - neu - (§ 14a - neu - GewO)
In Artikel 9 ist nach Nummer 2 folgende Nummer einzufügen:
- "2a. Nach § 14 wird folgender § 14a eingefügt.
§ 14a Andere Stellen nach §§ 14, 15 Abs. 1
- Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung auch andere Stellen, insbesondere Handwerkskammern und Industrie- und Handelskammern, zu der Entgegennahme der Anzeige nach § 14 Abs. 1 sowie der Bescheinigung der Anzeige nach § 15 Abs. 1 berechtigen; diese Stellen haben zur Wahrnehmung der Zwecke der Gewerbeüberwachung und der Statistik die Daten der Gewerbeanzeige und der Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 der zuständigen Behörde zu übermitteln. Die anderen Stellen unterliegen der Aufsicht der von der Landesregierung bestimmten Behörde."
Begründung
Aus den Kreisen der Industrie- und Handelskammern und der Handwerkskammern gibt es Wünsche, anlässlich der Existenzgründungsberatung Gewerbeanzeigen entgegennehmen und bescheinigen zu können. Dies erfolgt derzeit durch staatliche Behörden. Die Länder sollen auch andere Stellen, die möglicherweise in Zukunft Interesse bekunden, zu diesen Tätigkeiten berechtigen können; die gewerberechtliche Aufsicht verbleibt bei den zuständigen Behörden. Als andere Stellen kommen beispielsweise Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern oder Zusammenschlüsse solcher Kammerorganisationen, aber auch Zusammenschlüsse von Kammern etwa im Rahmen der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie, in Betracht.
Nach § 14a Satz 1 Halbsatz 2 GewO-E haben diese Berechtigten anderen Stellen den zuständigen Behörden, d. h. den Gewerbeämtern, die Daten der Gewerbeanzeige zu übermitteln. Hierdurch wird eine effektive Gewerbeüberwachung sichergestellt. Soweit andere Stellen berechtigt werden, ist aus rechtsstaatlichen Gründen eine staatliche Aufsicht erforderlich.
Um eine wirksame Aufgabenübertragung auf Selbstverwaltungskörperschaften zu ermöglichen, ist eine hinreichend bestimmte Zuweisungsnorm erforderlich.
Der Hinweis der Bundesregierung in der BT-Drs. 016/4764 (S. 31) auf § 155 Abs. 2 GewO, wonach die Länder im Rahmen ihrer Organisationshoheit die für die Entgegennahme der Gewerbeanzeige zuständigen Stellen bestimmen können trifft rechtlich diesen Sachverhalt nicht. Dieser Behauptung widerspricht bereits, dass nach § 14 Abs. 9 GewO die genannten Kammern eindeutig nur als Empfänger von Gewerbeanzeigen benannt sind, mithin keinesfalls die Konzeption der §§ 14 ff. GewO diese Kammern als originär zuständige Institutionen optional in Betracht zieht. Das Gewerbeanzeigenverfahren nach §§ 14 ff GewO hat wegen seiner Zielrichtung der Gewerbeüberwachung einen konsistenten Regelungskreis hinsichtlich Pflichten und Rechten - auch unter Datenerhebungs- und -weitergabeaspekten -, so dass die differenzierte, klar eingegrenzte Zuordnung von Teilaufgaben an andere Institutionen als Behörden, wie hier an die Körperschaften des öffentlichen Rechts, einer Ermächtigungsgrundlage (Vorbehalt des Gesetzes) bedarf.
4. Zu Artikel 9 Nr. 3 (§§ 15a, 15b GewO)
Artikel 9 Nr. 3 ist zu streichen.
Folgeänderungen:
Artikel 9 ist wie folgt zu ändern:
- a) Nummer 1 ist wie folgt zu fassen:
- b) Nummer 7 ist zu streichen.
Begründung
Die Regelungen der §§ 15a, 15b GewO mit der Verpflichtung der Gewerbetreibenden zur Angabe ihres Namens am Laden und im Schriftverkehr bezwecken Transparenz und dienen damit Wirtschaft und Verbrauchern. Eine Abschaffung dieser Vorschriften würde z.B. bei der Verwendung von Phantasiebezeichnungen oder lediglich Postfachangaben durch dubiose Unternehmen bei der Rechtsverfolgung - auch bei Behörden - zu erhöhtem Aufwand führen weil erst der richtige Name und die ladungsfähige Anschrift (Postfachanschrift genügt hierfür nicht) ermittelt werden müssten; u .U. wäre dies auch überhaupt nicht möglich. Das Gleiche gilt auch für wettbewerbsrechtliche Ansprüche von Konkurrenten bei unlauterem Verhalten des Gewerbetreibenden.
Insbesondere die Aufhebung von § 15b GewO, der erst zum 22. Mai 2007 um die Verpflichtung zur Angabe der zustellungsfähigen Anschrift ergänzt wurde, würde den Verbraucherschutz erheblich beeinträchtigen und die Gewerbeämter mit unnötigem zusätzlichem Aufwand belasten, wie auch die Begründung zu dieser aktuellen Gesetzesänderung aufzeigt (BR-Drs. 303/06 (PDF), Seite 29):
- Die mangelnde Identifizierbarkeit von Unternehmen wurde von Verbrauchern wie auch Gewerbetreibenden in der Vergangenheit des Öfteren beklagt. Die verbreitete Angabe einer bloßen Postfachadresse erschwert insbesondere den Zugriff auf Unternehmen, die sich dubioser Praktiken bedienen. Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift vereinfacht die Rechtsverfolgung für Geschäftspartner und Verbraucher und stellt eine Gleichbehandlung zu den Unternehmen her die den speziellen handels- oder gesellschaftsrechtlichen Publizitätspflichten im GmbHG, AktG, GenG oder HGB unterliegen.
Zudem würde die Wirtschaft durch die Abschaffung dieser Informationspflichten auch nicht von Bürokratiekosten entlastet werden. Denn die im Gewerbebereich (Artikel 9) angesetzten 66 Mio Euro Kostenentlastung durch den Wegfall der Pflicht zur Anbringung des Namens am Laden ( § 15a GewO) erfolgte unter Einrechnung - vom Gesetz nicht geforderter und in der Praxis auch nicht üblicher - hoher Materialkosten für ein Schild. Ähnliches gilt für die Aufhebung der erst im Jahr 2007 um die Angabe der ladungsfähigen Anschrift ergänzten Pflicht zur Angabe der Anschrift im Briefkopf ( § 15b GewO), die nur den Umfang des Briefkopfs betrifft und daher nicht zu messbaren Kostenreduzierungen führt.
Nach Beobachtungen der Gewerbebehörden, die vom Deutsche Industrie- und Handelskammertag bestätigt werden, lassen unseriöse Gewerbetreibende ihren Namen und auch die Anschrift weg. Die Vorschriften haben sich zudem bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit bewährt. Auf Grund dessen kann auf die §§ 15a und 15b GewO nicht verzichtet werden.
Im Übrigen geht auch die Bundesregierung davon aus, dass die Unternehmen nicht tatsächlich entlastet werden. Denn in der Gesetzesbegründung zu Artikel 9 Nr. 3 führt sie aus, dass es sich bei den nach §§ 15a, 15b GewO anzugebenden Informationen um Selbstverständlichkeiten handelt, die jeder Gewerbetreibende macht; dann fehlt es aber an einer echten Entlastung.
Dementsprechend fordert auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag im Interesse der lauteren Kaufmannschaft eine Beibehaltung der §§ 15a, 15b GewO, weil diese Informationspflichten tatsächlich keine Kosten verursachen, sondern im Gegenteil Kosten z.B. bei der Identitätsfeststellung vermeiden
5. Zu Artikel 14 (§ 14 Abs. 2 und 3 MuSchG)
Artikel 14 ist zu streichen.
Als Folge ist Artikel 15 zu streichen.
Begründung
Derzeit zahlen die Krankenkassen den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld zu Lasten des Bundes an ihre Mitglieder aus, wenn deren Arbeitsverhältnis während der Schwangerschaft oder während der Schutzfristen aufgelöst wurde oder wenn der Arbeitgeber seinen Zuschuss wegen Insolvenz nicht zahlen kann. Die tatsächlichen Aufwendungen erhalten die Krankenkassen über das Bundesversicherungsamt erstattet.
Mit Artikel 14 soll § 14 Abs. 2 und 3 MuSchG dahin gehend geändert werden, dass die Krankenkassen den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld für die betroffenen Mitglieder nicht mehr "zu Lasten des Bundes" auszahlen; die entsprechenden Wörter sollen aus den Vorschriften gestrichen werden.
Aus der Begründung zu Artikel 14 ergibt sich, dass die Krankenkassen die Aufwendungen pauschal aus dem Betrag ersetzt bekommen sollen, der nach § 221 SGB V als "Beteiligung des Bundes an Aufwendungen" (für versicherungsfremde Leistungen) zur Verfügung gestellt wird. Eine entsprechende Erhöhung dieser Beteiligung des Bundes ist jedoch nicht vorgesehen.
Die Beteiligung des Bundes nach § 221 SGB V wird nach dem Verhältnis aller versicherungsfremden Leistungen zu dem zur Verfügung stehenden Betrag verteilt. Weder der einzelnen mit dem Leistungsaufwand belasteten Krankenkasse noch den Krankenkassen insgesamt werden also die tatsächlich aufgewendeten Leistungen erstattet.
Angesichts der zu erwartenden Belastungen durch bereits beschlossene Strukturänderungen (Gesundheitsfonds, deutliche und durch das Bundesministerium für Gesundheit bereits versprochene Aufstockung der Honorare für Vertragsärzte u. ä.) ist selbst eine vergleichsweise geringe zusätzliche Belastung nicht verantwortbar.
Durch die in Artikel 14 vorgesehenen Änderungen werden daher ausschließlich der Bund (finanziell) und das Bundesversicherungsamt zu Lasten der Krankenkassen entlastet. Für den Mittelstand ("Drittes Mittelstandsentlastungsgesetz") treten keine noch so marginalen Entlastungen ein. Auch für die Krankenkassen ist angesichts der geringen Zahl von Erstattungsfällen keine Bürokratiekostenersparnis zu erwarten, die den Verlust der Erstattung rechtfertigen könnte.