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Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) und der Verkehrsausschuss (Vk) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Initiative der Kommission zur Zusammenlegung und Vereinfachung des bislang auf verschiedene Einzelvorschriften verteilten Zulassungsverfahrens für Fahrzeuge der Klasse "L" und die gleichzeitig erreichte Angleichung der Anforderungen an das Europäische Aktionsprogramm für die Straßenverkehrssicherheit und die Europäische Charta für die Straßenverkehrssicherheit.
- 2. Die Einstufungskriterien der Fahrzeugklassen und -unterklassen in Anhang I der vorgeschlagenen Verordnung sollten bezüglich der Fahrzeugklasse L1e (leichte zweirädrige Kraftfahrzeuge) jedoch noch einmal überprüft werden.
- 3. Bei der Unterklasse L1Be (zweirädrige Kleinkrafträder - "Mopeds") ist eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von bis zu 25 km/h vorgesehen, was sich von der bislang zulässigen Höchstgeschwindigkeit von bis zu 45 km/h deutlich unterscheidet. Aus Sicht des Bundesrates besteht kein Anlass, die Höchstgeschwindigkeit für diese Kleinkrafträder abzusenken, für deren Führen ein Führerschein der Klasse M erforderlich ist.
- 4. Der Bundesrat stellt fest, dass der Vorschlag der Kommission bezüglich der Emissionsgrenzwerte für Luftschadstoffe und Lärm deutlich hinter den durch bereits verfügbare Lärm- und Abgasminderungstechnologien eröffneten Möglichkeiten zurückbleibt und damit das Ziel, die Emissionsnormen von Motorrädern und Leichtkraftfahrzeugen denen für Pkw allmählich anzunähern, deutlich verfehlt.
- 5. Der Bundesrat stellt ferner fest, dass die in dem Verordnungsvorschlag genannten Geräuschgrenzwerte insbesondere für Motorräder zu hoch sind.
- 6. Nach dem Stand der Technik könnten diese um mindestens 2 dB(A) gesenkt werden.
- 7. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, sich im Rahmen der weiteren Beratungen für eine Verschärfung der in dem Verordnungsvorschlag genannten Geräuschgrenzwerte nach dem Stand der Technik einzusetzen.
- 8. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung außerdem, sich in den Ratsverhandlungen dafür einzusetzen, dass der Zeitrahmen für die verbindliche Einführung der Euro-4-Grenzwerte für die Geräusch- und Luftschadstoffemissionen der Fahrzeugklassen L 1 e bis L7e um drei Jahre auf 2014 bzw. 2015 vorgezogen wird.
- 9. Ferner bittet er die Bundesregierung, sich darüber hinaus dafür einzusetzen, dass in Anhang VI, Abschnitt D die Euro-4-Grenzwerte für die Geräuschemission im Vergleich zur Euro-3-Norm verschärft werden.
- 10. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im Rahmen des längerfristigen und mehrstufigen Grenzwertmodells auf eine Dynamisierung der Geräuschgrenzwerte entsprechend dem jeweiligen Stand der Technik hinzuwirken.
- 11. In den Abstimmungen zu den UN/ECE-Regelungen 9, 41 und 63 ist darauf einzuwirken, dass die enthaltenen Geräuschgrenzwerte und die Prüfverfahren dem Stand der Technik entsprechen. Insbesondere sollten Krafträder in jedem möglichen Betriebsbereich die entsprechenden Geräuschgrenzwerte einhalten.
Begründung zu Ziffern 1, 4, 8, 9 und 11 (nur gegenüber dem Plenum):
Die Luftqualitätsgrenzwerte werden in vielen europäischen Städten immer noch häufig überschritten. Sie können in vielen Ballungsräumen selbst bei Inanspruchnahme der verlängerten Einhaltungsfristen nur schwer eingehalten werden. Auch die städtische Lärmbelastung liegt häufig über den gesundheitlich relevanten Schwellenwerten.
Die Abgasstandards für Pkw und Lkw wurden deshalb in den letzten Jahren unter Ausschöpfung des technischen Fortschritts bei der Abgasminderung sukzessive verschärft.
Der jetzt vorliegende Verordnungsvorschlag lässt jedoch eine ähnlich ambitionierte Anpassung der Emissionsnormen an den technischen Fortschritt für "L"-Fahrzeuge vermissen.
So entsprechen die vorgeschlagenen, erst für 2014/15 verbindlichen Euro-3- Grenzwerte für die Luftschadstoffemissionen in weiten Bereichen noch den Abgasvorschriften für Pkw von 1992. Dies führt zu der paradoxen Situation, dass die vorgeschlagene Verordnung Motorrädern und anderen Kleinfahrzeugen bis auf Weiteres erheblich mehr Emissionen zugesteht, als selbst Pkw und Lkw, die unter das Fahrverbot in Umweltzonen fallen.
Auch bezüglich der Geräuschemission werden wenig anspruchsvolle Grenzwerte vorgeschlagen. Beispielsweise wird für zweirädrige Krafträder mit einem Hubvolumen > 175 cm3 in dem Vorschlag der Verordnung ein Geräuschgrenzwert von 80 dB(A) sowohl für Euro 3 als auch für Euro 4 vorgeschlagen, wohingegen für zweirädrige Krafträder mit einem Hubvolumen > 150 cm3 mit Stand des Jahres 2003 schon 75 dB(A) als Geräuschgrenzwert vorgeschlagen wurde, welcher in einer zweiten Stufe noch einmal um 2 dB(A) gesenkt werden sollte. Hier werden Minderungspotentiale offenbar, die eine Absenkung der Euro-4-Grenzwerte für die Geräuschemission möglich machen.
Gleichzeitig erlaubt der derzeitige Stand der Abgasminderungstechnik eine um mindestens drei Jahre vorgezogene Einführung der Euro-4-Norm, um dem Ziel näher zu kommen, dass langfristig auch Motorräder und Kleinfahrzeuge nicht mehr Schadstoffe und Lärm verursachen als Pkw und kleine Lkw.
Im Rahmen der bei der UN/ECE anhängigen Entwicklung der Regelungen zur Typprüfung sollte darauf hingewirkt werden, dass die zugrundeliegenden technischen Kriterien die Geräuschemissionen in der Realität widerspiegeln.
Begründung zu Ziffern 5 bis 7 und 10 (nur gegenüber dem Plenum):
Motorräder stellen bezüglich ihres Lärmpotenzials in der EU die mit Abstand lauteste Fahrzeugkategorie dar. Die Grundlage für die in dem Verordnungsvorschlag im Anhang VI unter D) genannten Geräuschgrenzwerte für Motorräder ist die Richtlinie 87/56/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986. Diese Grenzwerte traten am 1. Oktober 1993 bzw. am 31. Dezember 1994 in Kraft. Es ist deshalb notwendig, die Grenzwerte anzupassen und zu senken. Zudem sollen künftig die Grenzwerte zu jeder Stufe im Grenzwertmodell dynamisiert fortgeschrieben werden. Neben den zweirädrigen Motorrädern sollten die anspruchsvolleren Grenzwerte auch für Straßen-Quads und sogenannte "Trikes" gelten.
Seit einigen Jahren ist ein neues Messverfahren für die Geräuschtypprüfung von Kraftfahrzeugen bei der UN/ECE in Entwicklung, welches realitätsnähere Geräuschpegelmessungen ermöglichen soll. Das Ergebnis liegt voraussichtlich erst ab 2013 vor. Es ist allerdings für eine Fortschreibung von Geräuschemissionsgrenzwerten nicht erforderlich, dieses Ergebnis abzuwarten.
Lärmminderung bei den wichtigsten Lärmquellen, wie beispielsweise Straßenfahrzeuge, ist ein wichtiges Ziel der Umgebungslärmrichtlinie (Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002), um vorzugsweise schädliche Auswirkungen, einschließlich Belästigungen, durch Umgebungslärm zu verhindern, ihnen vorzubeugen oder sie zu mindern. Im Regelungsbereich der vorgeschlagenen Verordnung besteht bei zwei-, drei- und vierrädrigen Fahrzeugen der Klasse L ein besonders hohes Lärmminderungspotenzial an der Quelle.
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- 12. Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß § § 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.