961. Sitzung des Bundesrates am 3. November 2017
A
Der federführende Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift gemäß Artikel 84 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen zuzustimmen:
1. Zu Nummer 3 (Besondere Regelungen für Anlagen usw. Abschnitt "ALTANLAGEN" Unterabschnitt "Kontinuierliche Messungen" Überschrift, Satz 1)
In Nummer 3 sind im Abschnitt "ALTANLAGEN" Unterabschnitt "Kontinuierliche Messungen" die Überschrift "Kontinuierliche Messungen" und Satz 1 zu streichen.
Begründung:
Eine kontinuierliche Messung der Emissionen an Stickstoffoxid bei Altanlagen in Raffinerien ist europarechtlich nicht erforderlich (siehe Durchführungsbeschluss der Kommission vom 9. Oktober 2014 über Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken (BVT) in Bezug auf das Raffinieren von Mineralöl und Gas; BVT 4) und widerspricht damit der Forderung nach einer 1 : 1-Umsetzung von EU-Recht.
Um deutsche Raffinerien im Wettbewerb mit Raffinerien in anderen EU-Mitgliedstaaten nicht zu benachteiligen, ist auf diese Forderung nach kontinuierlichen Messungen zu verzichten. Es ist auch bei Altanlagen ausreichend, die Emissionen an Stickstoffoxiden jährlich und nach einem maßgeblichen Brennstoffwechsel zu ermitteln, wie dies in Nummer 3 Abschnitt "Einzelmessungen" festgelegt ist.
2. Zu Nummer 3 (Besondere Regelungen für Anlagen usw. Abschnitt "ALTANLAGEN" Unterabschnitt "Auswertung der Messergebnisse für den Monatsmittelwert" Absatz 2 - neu -)
In Nummer 3 Abschnitt "ALTANLAGEN" ist dem Unterabschnitt "Auswertung der Messergebnisse für den Monatsmittelwert" folgender Absatz anzufügen:
"Die angegebenen Monatsmittelwerte gelten auch als eingehalten, wenn das Ergebnis von Einzelmessungen, die einmal pro Jahr und nach maßgeblichem Brennstoffwechsel durchzuführen sind, nicht darüber liegen. Für den Fall, dass der Maximalwert mit einem Vertrauensniveau von 50 Prozent nach der VDI-Richtlinie 2448 Blatt 2, Ausgabe Juli 1997, den Emissionswert nicht überschreitet, kann nach einem Jahr die Messung gemäß Nummer 5.3.2.1 der TA Luft von 2002 alle drei Jahre erfolgen."
Begründung:
Das Einrichten einer kontinuierlichen Messstelle ist insbesondere auch wegen der räumlichen Verhältnisse bei Altanlagen sehr aufwendig. Es ist an bestimmte Kriterien gebunden (z.B. Ein- und Auslauflängen für das Abgas), die nicht bei allen Feuerungen erfüllt werden können. Die Einzelmessung nach TA Luft ist so ausgelegt, dass sie bei den ungünstigsten Emissionsbedingungen durchgeführt wird. Maßstab ist der maximale Emissionswert zuzüglich der erweiterten Messunsicherheit von in der Regel drei Messungen. Wenn dieser Wert den Grenzwert einhält, ist der Monatsmittelwert, bei dem auch Messwerte bei günstigen Messbedingungen zur Mittelung eingerechnet werden, in jedem Fall eingehalten. Die Verpflichtung einer kontinuierlichen Messung zur Einhaltung der Monatsmittelwerte würde bedeuten, dass mit viel Aufwand ein niedrigerer Wert bestimmt werden muss, der bei der alternativen Bestimmung durch Einzelmessung eventuell nicht erreicht werden kann. Nach BVT 4 wird für die Messung von NOx-Emissionen für Feuerungsanlagen < 50 MW eine wiederkehrende Einzelmessung einmal pro Jahr und nach maßgeblichem Brennstoffwechsel als direkte Messung oder indirekte Überwachung zugelassen. Nach Fußnote 5 zu den Messintervallen in der BVT 4 kann die Häufigkeit der Überwachung angepasst werden, wenn die Datenreihe nach einem Jahr eindeutig eine hinreichende Stabilität aufweist.
3. Zu Nummer 5.2 (Destillations- oder Konversionsrückstände Abschnitt "ALTANLAGEN" Unterabschnitt "Stickstoffoxide" - neu -)
In Nummer 5.2 ist im Abschnitt "ALTANLAGEN" nach dem Unterabschnitt "Gesamtstaub" folgender Unterabschnitt "Stickstoffoxide" einzufügen:
"Stickstoffoxide
Feuerungsanlagen in Raffinerien dürfen beim Einsatz von Flüssigbrennstoff mit einem Stickstoffgehalt von mehr als 0,5 Gew.-% oder bei Luftvorwärmung einen Emissionsgrenzwert von 450 mg/m3 nicht überschreiten."
Begründung:
Die Regelung in der AVV geht über eine 1 : 1-Umsetzung von EU-Recht hinaus.
Der Änderungsvorschlag setzt die BVT 34 Tabelle 11 Fußnote 1 um und ist aus feuerungstechnischen Gründen für bestehende Feuerungsanlagen geboten. Die Regelung für Mischfeuerungen wurde aus rechtssystematischen Gründen nicht aufgenommen.
Aussichtsreiche Anträge nach Nummer 9 der AVV auf die Zulassung von Ausnahmen in den Fällen der BVT 34 Tabelle 11 Fußnote 1 könnten somit für die Betreiber von Anlagen und die Vollzugsbehörden vermieden werden.
4. Zu Nummer 8 (Besondere Regelungen für Mineralöl-, Schmierstoff- und Gasraffinerien Abschnitt "Kompensationsmöglichkeit für Stickstoffoxide" Satz 1)
In Nummer 8 ist im Abschnitt "Kompensationsmöglichkeit für Stickstoffoxide" in Satz 1 in der Berechnungsformel nach der Angabe "<" die Angabe "0,95" einzufügen.
Begründung:
Durch die Einführung eines Minderungsfaktors von 5 Prozent soll erreicht werden, dass die Emissionen infolge der Glockenregelung niedriger sind als bei der Festlegung von Emissionen für jede einzelne Quelle. Dadurch wird bewirkt, dass das integrierte Emissionsmanagement nicht nur Kostenminderungen beim Betreiber ermöglicht, sondern zugleich auch ein niedrigeres Emissionsniveau im Interesse der Luftreinhaltung erreicht wird.
5. Zu Nummer 8 (Besondere Regelungen für Mineralöl-, Schmierstoff- und Gasraffinerien Abschnitt "Kompensationsmöglichkeit für Schwefeloxide" Satz 1)
In Nummer 8 sind im Abschnitt "Kompensationsmöglichkeit für Schwefeloxide" in Satz 1 die Wörter ", ausgenommen die Regelung für Schwefelemissionen bei Altanlagen der Nummer 5.2. dieser Verwaltungsvorschrift," zu streichen.
Begründung:
Der zu streichende Einschub zielt auf eine Einschränkung der sogenannten Glockenregelung ab, die es Raffinerien ermöglicht, die Reduzierung von Schadstoffemissionen dort zu erzielen, wo dies am kostengünstigsten ist. Diese Einschränkung ist europarechtlich nicht erforderlich (siehe Durchführungsbeschluss der Kommission vom 9. Oktober 2014 über Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken (BVT) in Bezug auf das Raffinieren von Mineralöl und Gas; BVT 58) und widerspricht damit der Forderung nach einer 1 : 1-Umsetzung von EU-Recht. Um deutsche Raffinerien im Wettbewerb mit Raffinerien in anderen EU-Mitgliedstaaten nicht zu benachteiligen, ist hierauf zu verzichten.
Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass sich die Schwefeldioxid-Immissionsbelastung in Deutschland auf Grund der umfangreichen Abgasminderungsmaßnahmen zur SO2-Reduktion erheblich verbessert hat und der europäische Immissionsgrenzwert zum Schutz der menschlichen Gesundheit in Deutschland sicher eingehalten wird. Somit besteht keine Notwendigkeit, über das EU-Recht hinausgehende Minderungsmaßnahmen zu fordern.
6. Zu Nummer 8 (Besondere Regelungen für Mineralöl-, Schmierstoff- und Gasraffinerien Abschnitt "Kompensationsmöglichkeit für Schwefeloxide" Satz 1)
In Nummer 8 ist im Abschnitt "Kompensationsmöglichkeit für Schwefeloxide" in Satz 1 in der Berechnungsformel nach der Angabe "<" die Angabe "0,95" einzufügen.
Begründung:
Durch die Einführung eines Minderungsfaktors von 5 Prozent soll erreicht werden, dass die Emissionen infolge der Glockenregelung niedriger sind als bei der Festlegung von Emissionen für jede einzelne Quelle. Dadurch wird bewirkt, dass das integrierte Emissionsmanagement nicht nur Kostenminderungen beim Betreiber ermöglicht, sondern zugleich auch ein niedrigeres Emissionsniveau im Interesse der Luftreinhaltung erreicht wird.
7. Zu Nummer 8 (Besondere Regelungen für Mineralöl-, Schmierstoff- und Gasraffinerien Abschnitt "Kompensationsmöglichkeit für Schwefeloxide" Satz 2)
In Nummer 8 ist im Abschnitt "Kompensationsmöglichkeit für Schwefeloxide" in Satz 2 das Wort "Tagesmittelwert" jeweils durch das Wort "Monatsmittelwert" zu ersetzen.
Begründung:
Die Festlegung von Tagesmittelwerten widerspricht den Vorgaben des Durchführungsbeschlusses der Kommission vom 9. Oktober 2014 über Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken (BVT) in Bezug auf das Raffinieren von Mineralöl und Gas (BVT 26, 36, 54 und 58), die jeweils BVT assoziierte Emissionswerte auf Monatsmittelwertbasis festlegt. Dies widerspricht damit der Forderung einer 1 : 1-Umsetzung von EU-Recht in das nationale Umweltrecht.
Die Festlegung der SO2-Emissionswerte auf Basis von Monatsmittelwerten berücksichtigt die Tatsache, dass in Raffinerien eine Vielzahl unterschiedlicher Rohölqualitäten mit schwankenden Schwefelinputgehalten eingesetzt werden. Bedingt durch die anerkanntermaßen komplexen Anlagenkonfigurationen und vielfältigen Feuerungs- und Prozessanlagen besteht die Notwendigkeit, bei weiteren Verschärfungen von Emissionsgrenzwerten den Betreibern eine zeitliche Flexibilität einzuräumen, um die Anlagen sicher gesetzeskonform betreiben zu können.
Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass sich die Schwefeldioxid-Immissionsbelastung in Deutschland auf Grund der umfangreichen Abgasminderungsmaßnahmen zur SO2-Reduktion erheblich verbessert hat und der europäische Immissionsgrenzwert zum Schutz der menschlichen Gesundheit in Deutschland sicher eingehalten wird. Somit besteht keine Notwendigkeit, über das EU-Recht hinausgehende Minderungsmaßnahmen zu fordern.
8. Zu Nummer 8 (Besondere Regelungen für Mineralöl-, Schmierstoff- und Gasraffinerien Abschnitt "Kompensationsmöglichkeit für Schwefeloxide" Satz 6 - neu -)
In Nummer 8 ist dem Abschnitt "Kompensationsmöglichkeit für Schwefeloxide" folgender Satz anzufügen:
"Ein Kalzinierer kann auf Antrag in ein integriertes Emissionsmanagement in der Weise einbezogen werden, dass die Frachten an Schwefeloxiden, die beim Kalzinierer über einen Grenzwert von 0,35 g/m3 hinausgehen, im Monatsmittel bei anderen Anlagen der Raffinerie zusätzlich gemindert werden."
Begründung:
Durch die Einbeziehung von Kalzinierern in ein integriertes Emissionsmanagement soll eine praktikable Möglichkeit zum Weiterbetrieb der Anlagen eröffnet werden. Der Bezug auf das Monatsmittel trägt dem Umstand Rechnung, dass Kalzinierer in der Regel diskontinuierlich betrieben werden.
9. Zu Nummer 8 (Besondere Regelungen für Mineralöl-, Schmierstoff- und Gasraffinerien Abschnitt "Kontinuierliche Messungen" Absatz 4 - neu -)
In Nummer 8 ist dem Abschnitt "Kontinuierliche Messungen" folgender Absatz anzufügen:
"Auf Antrag bei der zuständigen Behörde kann die kontinuierliche Messung der Massenkonzentration für Schwefeldioxid und Schwefeltrioxid, angegeben als Schwefeldioxid, oder Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid, angegeben als Stickstoffdioxid, unter Berücksichtigung der Nummer 5.3.2 der TA Luft von 2002 für Einzelfeuerungen mit einer Feuerungswärmeleistung von weniger als 20 MW entfallen, wenn an diesen Quellen einmal pro Jahr und nach maßgeblichem Brennstoffwechsel Einzelmessungen durchgeführt werden und der maximale Messwert zuzüglich der erweiterten Messunsicherheit als Ersatzwert für diese Quelle eingesetzt wird sowie der Beitrag zum repräsentativen Abgasvolumenstrom der Gesamtanlage kleiner als 10 Prozent ist."
Begründung:
In BVT 57 und 58 werden nur kontinuierliche Ermittlungen des Rauchgasvolumenstroms der einzelnen Feuerungen verlangt. Dies kann durch Messungen oder Berechnungen erfolgen. Ansonsten wird hier auf BVT 4 verwiesen. Hier wird für die Messung von SOx- und NOx-Emissionen für Feuerungsanlagen < 50 MW eine wiederkehrende Einzelmessung einmal pro Jahr und nach maßgeblichem Brennstoffwechsel als direkte Messung oder indirekte Überwachung zugelassen.
10. Zu Nummer 8 (Besondere Regelungen für Mineralöl-, Schmierstoff- und Gasraffinerien Abschnitt "ALTANLAGEN" Unterabschnitt "Katalytisches Spalten" Satz 4 Buchstabe b)
In Nummer 8 ist im Abschnitt "ALTANLAGEN" Unterabschnitt "Katalytisches Spalten" Satz 4 Buchstabe b die Angabe "0,35 mg/m3" durch die Angabe "0,35 g/m3" zu ersetzen.
Begründung:
Redaktionelle Korrektur.
B
11. Der federführende Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt dem Bundesrat ferner, die folgende Entschließung zu fassen:
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, zukünftig die Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der darauf erlassenen Rechtsverordnungen innerhalb eines Jahres nach der Veröffentlichung der BVT-Schlussfolgerungen durch die Europäische Kommission zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen (§ 48 Absatz 1a Satz 2 BImSchG). Andernfalls können die betroffenen Anlagenbetreiber ihre Anlagen nicht fristgerecht an den neuen Stand der Technik anpassen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Die Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken (BVT-Schlussfolgerungen) müssen nach der Veröffentlichung durch die EU-Kommission von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Die Anforderungen aus den BVT-Schlussfolgerungen sind in bestehenden Anlagen innerhalb von vier Jahren einzuhalten.
Eine verzögerte Umsetzung in nationales Recht durch den Bund führt zu sehr kurzen Sanierungsfristen für bestehende Anlagen, was regelmäßig zu erheblichen Problemen für den jeweiligen Industriesektor führt. Nach § 48 Absatz 1a BImSchG ist der Bund verpflichtet, jeweils innerhalb eines Jahres nach der Veröffentlichung der BVT-Schlussfolgerungen durch die Kommission die Überprüfung und gegebenenfalls die Änderung der Verwaltungsvorschriften vorzunehmen. Diese Frist wurde bisher nicht eingehalten.