Punkt 66 der 904. Sitzung des Bundesrates am 14. Dezember 2012
Der Bundesrat möge beschließen, der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift gemäß Artikel 108 Absatz 7 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen zuzustimmen:
Zu Artikel 1 Nummer 27 (R 6.11 Absatz 3 - neu - EStÄR 2012)
In Artikel 1 ist Nummer 27 wie folgt zu fassen:
"27. R 6.11 wird wie folgt geändert:
Begründung:
Mit der Einführung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) vom 25.09.2009 wurde die Zielsetzung verfolgt, das HGB-Bilanzrecht zu einer dauerhaften und im Verhältnis zu den internationalen Rechnungslegungsstandards vollwertigen, aber kostengünstigeren und einfacheren Alternative weiterzuentwickeln, ohne die Eckpunkte des HGB-Bilanzrechts und das bisherige System der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung aufzugeben.
Durch das BilMoG hat sich auch die handelsrechtliche Bewertung von Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen verändert. Anders als bisher sind sachleistungsbezogene Rückstellungen (z.B. für Rekultivierungs-, Rückbau-, Entsorgungs- und Sanierungsverpflichtungen) nach § 253 Abs. 2 HGB n.F. mit dem durchschnittlichen Marktzins am Bilanzstichtag bis zum erwarteten Zeitpunkt der zukünftigen Erfüllung abzuzinsen.
Steuerrechtlich sind dagegen Rückstellungen für Verpflichtungen mit einem Zinssatz von 5,5 Prozent abzuzinsen sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a lit. e) EStG). Außerdem ist der Zeitraum vom Bilanzstichtag bis zum Beginn der Erfüllung maßgeblich.
Aufgrund der unterschiedlichen Abzinsungszeiträume und Abzinsungssätze im Handelsrecht einerseits und im Steuerrecht andererseits sind die Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen in der Handelsbilanz regelmäßig niedriger als in der Steuerbilanz. Da nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz die niedrigeren handelsrechtlichen Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen grundsätzlich Eingang in die Steuerbilanz finden würden, ergäben sich durch die Teilauflösung der steuerlichen Rückstellungen erhebliche Auflösungsgewinne.
Mit der Änderung sollen die durch die Auflösung der steuerlichen Rückstellungen ausgelösten Gewinnauswirkungen nicht sofort, sondern wahlweise verteilt über 10 Jahre eintreten. Dieser Zeitraum war zur Einführung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a im EStG 1999/ 2000/2002 allgemein vorgesehen, um Anpassungsschwierigkeiten abzufedern (vgl. § 52 Abs. 16 Satz 11 bis Satz 14 in der Fassung des Einkommensteuergesetzes 2002 bis 2008). Er soll daher auch für die Teilauflösung der Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen herangezogen werden. Systemgerecht erfolgt die Umsetzung durch eine steuerliche Gewinnrücklage, die in den Folgejahren zu mindestens einem Zehntel gewinnerhöhend aufzulösen ist.
Begründung nur für das Plenum
Der Finanzausschuss des Bundesrats hat vor diesem Hintergrund im Rahmen der Abstimmung über die Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 2012 am 29.11.2012 beschlossen, dass R 6.11 Abs. 3 wie folgt lauten soll:
"Die in § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG genannten Grundsätze (z.B. zur Abzinsung) sind auch dann anzuwenden, wenn in der Handelsbilanz ein niedrigerer Wert auszuweisen ist; der handelsrechtliche Wert bildet insoweit keine Obergrenze für den steuerlichen Wert."
Das Bundesfinanzministerium sieht hierin einen Widerspruch zum Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG und damit zu höherrangigem Recht.
Um einen solchen Widerspruch zu vermeiden, wird mit diesem Antrag die im Richtlinienentwurf vorgesehene Regelung grundsätzlich akzeptiert und lediglich um eine Verteilungsmöglichkeit der Gewinnauswirkung ergänzt.