Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 117789 - vom 19. September 2008.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 4. September 2008 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Iran, insbesondere die Entschließungen zu den Menschenrechten, insbesondere die Entschließung zur Hinrichtung jugendlicher Straftäter in Iran1 vom 19. Juni 2008 ,
- - unter Hinweis auf die vom Vorsitz am 13. Juni 2008 im Namen der Europäischen Union abgegebene Erklärung zur Hinrichtung von Mohammed Hassanzadeh,
- - unter Hinweis auf die vom Vorsitz am 18. Juli 2008 im Namen der Europäischen Union abgegebene Erklärung zur Anwendung der Todesstrafe in Iran,
- - unter Hinweis auf die vom Vorsitz am 29. Juli 2008 im Namen der Europäischen Union abgegebene Erklärung zur Hinrichtung von 29 Personen im Evin-Gefängnis in Iran,
- - unter Hinweis auf die vom Vorsitz am 25. August 2008 im Namen der Europäischen Union abgegebene Erklärung 2008 zur Hinrichtung von Reza Hejazi durch Erhängen,
- - unter Hinweis auf die Erklärungen des Ratsvorsitzes der Europäischen Union zur bevorstehenden Hinrichtung von Behnood Shojaee und Bahman Soleimanian vom 19. bzw. 28. August 2008,
- - unter Hinweis auf die Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen, insbesondere die Resolution A/RES/62/168 vom 18. Dezember 2007 zur Menschenrechtslage in der Islamischen Republik Iran und die Resolution A/RES/62/149 vom gleichen Tag zu einem Moratorium für die Todesstrafe,
- - unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, das Übereinkommen über die Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung und das Übereinkommen über die Rechte des Kindes, zu dessen Vertragsstaaten die Islamische Republik Iran gehört,
- - gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass Amnesty International zufolge sich die Zahl der im Iran vollstreckten Hinrichtungen in diesem Jahr bisher auf mindestens 191 beläuft, während im Jahr 2007 im Iran mehr Hinrichtungen durchgeführt wurden (317) als in jedem anderen Land der Welt mit Ausnahme von China, wobei aber die Bevölkerung des Iran um das 18-fache kleiner als die Chinas,
B. in der Erwägung, dass im Evin-Gefängnis in Teharan am 27. Juli 2008 29 Hinrichtungen gleichzeitig durchgeführt wurden,
C. in der Erwägung, dass am 10. Juni 2008 Mohammad Hassanzadeh, ein 16-jähriger iranischer Kurde, wegen einer Straftat hingerichtet wurde, die er im Alter von 14 Jahren begangen hatte; ferner in der Erwägung, dass am 22. Juli 2008 die jugendlichen Straftäter Hassan Mozafari und Rahman Shahidi hingerichtet wurden und am 19. August 2008 der 19 Jahre alte Reza Hejazi wegen eines angeblichen Mordes, den er im Alter von 15 Jahren begangen hatte, durch Erhängen hingerichtet wurde; in der Erwägung, dass am 26. August 2008 der 19-jährige Behnam Zare wegen einer Straftat hingerichtet wurde, die er im Alter von 15 Jahren begangen hatte, und der somit der sechste jugendliche Straftäter war, der im Iran allein im Jahr 2008 hingerichtet wurde,
D. in der Erwägung, dass weder die Familie von Behnam Zare noch die Familie von Reza Hejazi noch deren Anwalt über die Zeit und den Ort der geplanten Hinrichtungen in Kenntnis gesetzt wurden, was gegen das iranische Recht verstößt,
E. in der Erwägung, dass die Hinrichtung der jugendlichen Straftäter Amir Marollahi, Behnood Shojaee, Mohammed Fadaei and Bahman Soleimanian kurz bevorstehen könnte,
F. in der Erwägung, dass das Völkerrecht die Hinrichtung jugendlicher Straftäter verbietet, wie dies in Artikel 6 Absatz 5 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte und im Übereinkommen über die Rechte des Kindes festgelegt ist; in der Erwägung, dass derzeit - trotz der rechtlichen Verpflichtungen des Iran - mindestens 130 Kinder und jugendliche Straftäter in Todeszellen warten,
G. in der Erwägung, dass Aktivisten, die sich für die Rechte der Minderheiten einsetzen, immer stärker der Gefahr der Todesstrafe ausgesetzt sind, wie im Falle von Yaghoub Mehrnehad, der als Angehöriger der Baluchi-Minderheit und geschäftsführender Direktor der Jugendorganisation "Stimme der Gerechtigkeit" am 4. August 2008 hingerichtet wurde, nachdem er örtliche Beamte öffentlich zur Rede gestellt und gefordert hatte, dass sie die Verantwortung für ihre schlechten Leistungen übernehmen,
H. in der Erwägung, dass ein anderer Aktivist im Bereich der Minderheitenrechte, der kurdische Lehrer Farzad Kamangar, aufgrund diverser Beschuldigungen zum Tode verurteilt wurde, ohne dass Beweise darüber vorliegen, dass er die Waffen gegen den Staat erhoben hat,
I. in der Erwägung, dass oft Geständnisse unter Folter erpresst werden, kein Zugang zu Anwälten gewährt wird und die Urteile ohne die Einhaltung der Mindeststandards eines fairen Verfahrens gefällt werden,
J. in der Erwägung, dass die iranische Justiz am 5. August 2008 angekündigt hat, die Anwendung der Steinigung als Hinrichtungsart einzustellen, was zur Folge hat, dass 10 nicht namentlich genannte Frauen, die durch Steinigung hingerichtet werden sollten, nicht gesteinigt werden,
K. in der Erwägung, dass Anlass zu Sorge besteht, dass Mitglieder und Verbündete der iranischen Opposition, die in Camp Ashraf im Norden des Irak zusammengeführt und durch multinationale Streitkräfte unter der Führung der USA nach Artikel 27 der Vierten Genfer Konvention geschützt werden, möglicherweise ausgewiesen und in den Iran zwangsrückgeführt werden, wo sie starker Verfolgung ausgesetzt und sogar mit der Todesstrafe bedroht sein könnten,
- 1. empfindet tiefe Trauer angesichts der jüngsten Hinrichtung mehrerer jugendlicher Straftäter im Iran, was den Iran zum einzigen Staat der Welt macht, wo diese grausame und unmenschliche Art der Bestrafung im Jahr 2008 immer noch praktiziert wird;
- 2. weist insbesondere auf das Schicksal von Soghra Najafpour hin, die fast die gesamten letzten 19 Jahre ihres Lebens wegen eines Mordes, der geschah, als sie 13 Jahre alt war, in der Todeszelle verbracht hat;
- 3. fordert den Obersten Richter des Iran, Ayatollah Mahmoud Hashemi Sharoudi, auf, alle Todesstrafen für jugendliche Straftäter systematisch in mildere Strafen umzuwandeln, und ersucht die iranischen Behörden eindringlich, insbesondere die Hinrichtungen von Amir Marollahi, Behnood Shojaee, Mohammed Fadaei und Bahman Soleimanian nicht zu vollstrecken;
- 4. verurteilt nachdrücklich die steigende Zahl der Hinrichtungen, und fordert die iranischen Behörden dringend auf, ein Moratorium für die Todesstrafe einzuführen, um die Todesstrafe im Einklang mit der Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 18. Dezember 2007 abzuschaffen;
- 5. bekräftigt erneut seine Forderung an die Mitglieder des Iranischen Parlaments (Majlis), dringend die Gesetze zu ändern, um sicherzustellen, dass niemand für eine Straftat hingerichtet wird, die er in einem Alter von weniger als 18 Jahren begangen hat, und das Strafmündigkeitsalter entsprechend dem internationalen Standard anzuheben;
- 6. unterstützt die Bemühungen des Iran im Bereich der Rechtsetzung im Hinblick auf die Schaffung eines getrennten Rechts- und Gerichtssystems für jugendliche Straftäter, und fordert die Mitglieder des Majlis auf, Maßnahmen zur Aus- und Weiterbildung sowie zur sozialen Wiedereingliederung jugendlicher Straftäter vorzusehen; fordert die Kommission auf, die iranische Regierung bei jedem Ersuchen um internationale Zusammenarbeit in diesem Bereich zu unterstützen;
- 7. verurteilt nachdrücklich die Verfolgung und Inhaftierung von Bürgern im Iran, die sich für den Schutz der Menschenrechte einsetzen und gegen die Todesstrafe protestieren und die häufig wegen "Aktivitäten, die die nationale Sicherheit bedrohen" angeklagt werden; fordert insbesondere die bedingungslose Freilassung von Emadeddin Baghi und Mohammad Sadegh Kabovand sowie die Umwandlung der Todesstrafe für Farzad Kamangar und eine Neuaufnahme seines Falles;
- 8. begrüßt die jüngste Ankündigung der Abschaffung der Steinigung als Hinrichtungsart; bringt jedoch seine Besorgnis zum Ausdruck, dass in dem Vorschlag für die Reform des Strafrechts, der derzeit vom Parlament geprüft wird, die Hinrichtung durch Steinigung für bestimmte Arten des Ehebruchs beibehalten wird; ruft die Mitglieder des Majlis auf, sich der vollständigen Abschaffung der Steinigung zu verpflichten;
- 9. fordert die Behörden des Irak und der USA auf, keine iranischen Mitglieder der Opposition, Flüchtlinge und Asylbewerber, die der ernsthaften Gefahr der Verfolgung ausgesetzt wären, in den Iran zwangsrückzuführen und insbesondere mit dem UN-Hochkommissar für Flüchtlinge (UNHCR) und anderen zusammenzuarbeiten, um für die Personen, die sich derzeit in Camp Ashraf aufhalten, eine zufriedenstellende langfristige Lösung zu finden;
- 10. fordert die Einbringung einer Resolution vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen mit der Aufforderung an alle Staaten, die die Todesstrafe noch nicht abgeschafft haben, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und der Öffentlichkeit sämtliche Informationen über die Todesstrafe zur Verfügung zu stellen, um so die die Todesstrafe umgebende staatliche Geheimhaltung zu überwinden, die zudem eine unmittelbare Ursache der höheren Zahl von Exekutionen ist;
- 11. fordert, in der neuen Resolution das Amt eines Sondergesandten des Generalsekretärs mit der Aufgabe vorzusehen, die Situation zu überwachen, ein Höchstmaß an Transparenz in das System der Todesstrafe zu bringen und einen internen Prozess zu begünstigen, der auf die Durchführung der Resolution der Vereinten Nationen über das Moratorium für die Vollstreckung von Todesstrafen ausgerichtet ist
- 12. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Regierung und dem Parlament der Islamischen Republik Iran, dem Rat, der Kommission, dem Hohen Vertreter für die GASP, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, dem Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge sowie der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika und der Regierung des Irak zu übermitteln.