5. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung zu prüfen, ob von der in Artikel 16 Absatz 7 des Richtlinienvorschlags vorgesehenen Pflicht zur Aufzeichnung von Telefongesprächen beim Handel mit und für Kunden zugunsten des bisher bestehenden Wahlrechts der Mitgliedstaaten abgesehen werden sollte.
Ein zwingendes Bedürfnis für eine solche Regelung ist nicht erkennbar. In diesem Zusammenhang sollte insbesondere geprüft werden, ob konkrete Missstände im Zusammenhang mit der reinen telefonischen Ordererteilung bekannt sind. Als problematisch sieht der Bundesrat ferner die Frage, wie in der Praxis gewährleistet werden soll, dass eine Sprachaufzeichnung in Gesprächssituationen, die sowohl Auftragsannahme - als auch Beratungselemente enthalten, ausschließlich in Bezug auf die Auftragsannahme stattfindet. Der Richtlinienvorschlag enthält eine Verpflichtung zur Aufzeichnung von Telefongesprächen oder elektronischen Mitteilungen in Bezug auf zumindest die beim Handel für eigene Rechnung getätigten Geschäfte und die Kundenaufträge, bei denen die Dienstleistungen der Entgegennahme und Weiterleitung von Aufträgen und die Ausführung von Aufträgen im Namen der Kunden erbracht werden (Artikel 16 Absatz 7 des Richtlinienvorschlags). Damit würde das insoweit bisher bestehende nationale Wahlrecht aufgehoben. Der deutsche Gesetzgeber hat von einer - zunächst diskutierten - Normierung einer Sprachaufzeichnungspflicht für den Privatkundenbereich Abstand genommen und damit auch bestehenden Vorbehalten aus diesem Bereich gegenüber einer Aufzeichnung von Telefonaten Rechnung getragen. Dem Aspekt der Vorsorge für zivilrechtliche Streitigkeiten ist durch die bestehenden Regelungen hinreichend Rechnung getragen (nach Artikel 7 und 8 der MiFID-Durchführungsverordnung sind Kundenaufträge sowie ihre Weiterleitung und Ausführung auf einem dauerhaften Datenträger zu speichern). Darüber hinaus ist weder ein "Mehrwert" für die aufsichtsrechtliche Nachprüfbarkeit, noch für die Bekämpfung von Marktmissbrauch erkennbar. Weiterhin erscheint zweifelhaft, ob diese Regelung von den Kunden gewünscht ist. Diese erwarten gerade bei den in der Fläche tätigen Instituten vielfach eine besondere Kundennähe und persönliche Kundenansprache. Der Bundesrat weist ferner darauf hin, dass die Pflicht zur Aufzeichnung von Telefongesprächen bei Kundenaufträgen gemäß Artikel 16 Absätze 6 und 7 Unterabsatz 1 des Richtlinienvorschlags eine große finanzielle Belastung mit sich bringen würde.
In Deutschland wären vor allem die zahlreichen dezentral organisierten Institute mit ausgedehntem Filialnetz betroffen, die für die Beraterplätze in sämtlichen Bankstellen die Möglichkeit zur Sprachaufzeichnung schaffen müssten. Bei von der Branche für das Jahr 2005 bezifferten Einmalkosten für die Anschaffung von Sprachaufzeichnungsmöglichkeiten, die den Anforderungen an eine nicht manipulierbare Sprachaufzeichnung entsprechen, in Höhe von mindestens 3 000 Euro pro Beraterplatz und laufenden Kosten in Höhe von geschätzten weiteren 1 850 Euro pro Beraterplatz kämen erhebliche finanzielle Aufwendungen auf diese Institute zu. Die von der Kommission europaweit ermittelten Investitionskosten in einer Größenordnung von 41,7 bis 99,2 Millionen Euro und 45,2 bis 101,2 Millionen Euro an laufenden Kosten erscheinen damit deutlich zu niedrig angesetzt. Es sollte deshalb von der zwingenden Einführung einer Telefonaufzeichnungspflicht abgesehen und wie bisher (Artikel 51 Absatz 4 der MiFID-Durchführungsrichtlinie) den Mitgliedstaaten lediglich eine Option zur Einführung einer solchen Pflicht eingeräumt werden. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher, bei den weiteren Beratungen des Richtlinienvorschlags auf EU-Ebene darauf hinzuwirken, dass statt der geforderten Aufzeichnung von Telefongesprächen bei Kundenaufträgen andere, finanziell jedoch weniger belastende Maßnahmen erwogen werden. Der Bundesrat spricht sich insoweit für ein Beratungsprotokoll entsprechend der Regelung in § 34 Absatz 2a WpHG aus.
Dies gilt ungeachtet der Frage, ob nach dem - insoweit nicht ganz eindeutigen - Text des Richtlinienvorschlags "lediglich" die Orderaufgabe oder auch die Anlageberatung von der Aufzeichnungspflicht erfasst werden soll.