A. Problem und Ziel
- Den Strafvollstreckungskammern soll es ermöglicht werden, in Tatbestand und Entscheidungsgründen auf konkret bezeichnete Aktenbestandteile Bezug zu nehmen. Bisher muss nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung der Akteninhalt zum Teil seitenweise wörtlich wiedergegeben werden.
B. Lösung
- Einbringung eines Entwurfes zur Änderung des § 115 StVollzG in den Bundesrat.
C. Alternativen
- Beibehaltung der bisherigen Regelung, die zu erheblichen unnötigen Belastungen der Gerichte führt.
D. Kosten der öffentlichen Haushalte
- 1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
"Keine
- 2. Vollzugsaufwand
"Keiner
E. Sonstige Kosten
Gesetzesantrag der Freien und Hansestadt Hamburg
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes
Der Präsident des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg Hamburg, den 23. September 2003
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Prof. Dr. Wolfgang Böhmer
Sehr geehrter Herr Präsident,
der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg hat beschlossen, dem Bundesrat den
mit dem Antrag zuzuleiten, seine Einbringung beim Deutschen Bundestag gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes zu beschließen.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates den zuständigen Ausschüssen zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Ole von Beust
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
§ 115 Abs. 1 des Strafvollzugsgesetzes vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581, 2088, 1977 I S. 436), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 5. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3954), wird wie folgt gefasst:
(1) Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss. Der Beschluss stellt den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt zusammen. Wegen der Einzelheiten soll auf bei den Gerichtsakten befindliche Schriftstücke verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt. Das Gericht kann von einer Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt."
Artikel 2
"Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2004 in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Vorbemerkungen
"Es besteht Übereinstimmung, dass in allen Bereichen der Justiz nach Wegen gesucht werden muss die Verfahren effektiver zu gestalten und so zu einer Entlastung der Gerichte beizutragen. Diesbezügliche Maßnahmen sollten allerdings nicht mit einer Verschlechterung des Rechtsschutzes einhergehen, sondern vielmehr stets die Sicherung des Justizgewährungsanspruches im Auge behalten. Der Gesetzentwurf erfüllt diese Voraussetzungen, indem er die gerichtliche Arbeit erleichtert, ohne den Rechtsschutz des Bürgers zu beeinträchtigen.
II. Ausgangslage
"Rechtsschutz gegen alle Maßnahmen des Strafvollzuges ist für Strafgefangene oder sonstige Betroffene im Wege des Verfahrens nach §§ 109 ff StVollzG zu suchen; zuständig sind in erster Instanz die Strafvollstreckungskammern, Rechtsmittel ist die Rechtsbeschwerde zum OLG. Der Aufwand für die Abfassung der erstinstanzlichen Beschlüsse steht häufig in keinem Verhältnis zur Bedeutung der Sache.
Nach weitgehend gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung erfordern die erstinstanzlichen Beschlüsse einen Tatbestand und Entscheidungsgründe. Im Tatbestand sind dabei - unter anderem - die angefochtenen Entscheidungen der Vollzugsanstalt in ihren wesentlichen Teilen wörtlich wiederzugeben. Auch sonstige entscheidungserhebliche Tatsachen müssen, auch wenn sie sich aus der Akte ergeben, ausdrücklich ausgeführt werden; Bezugnahmen auf den Akteninhalt werden zumeist nicht akzeptiert und führen häufig zur Aufhebung eines Beschlusses. In der Praxis sind Fälle, in welchen auf 20 oder mehr Seiten der Akteninhalt wörtlich wiedergegeben wird, durchaus nicht unbekannt. Der Begründungsaufwand ist zudem ebenfalls erheblich; auch zu knappe Entscheidungsgründe ziehen zum Teil Zurückverweisungen nach sich.
"Hierdurch werden die Eingangsgerichte in erheblichem Maße mit vermeidbarer Arbeit belastet.
III. Lösung
"Durch das Gesetz wird es den Strafvollstreckungskammern ermöglicht, in weitem Umfang mit Bezugnahmen auf konkret zu benennende Aktenbestandteile zu arbeiten. Dadurch wird unnötige Schreibarbeit für Richter und Schreibkräfte vermieden.
Die vorgeschlagene Lösung führte zu einer erheblichen Entlastung der Eingangsgerichte, ohne das OLG in nennenswertem Umfange zusätzlich zu belasten oder die Qualität des Rechtsschutzes zu verschlechtern.
"Es liegt auf der Hand, dass die Qualität einer Entscheidung nicht davon abhängt, ob in ihr ausführlich der Akteninhalt wörtlich wiedergegeben wird. Auch eine Verschlechterung der Kontrolle der Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern durch die Oberlandesgerichte ist nicht zu besorgen: Solange die tatsächlichen Grundzüge des Falles sowie die wesentlichen Entscheidungsgründe niedergelegt werden bzw. sich die genauen Einzelheiten aus konkret in Bezug genommenen Aktenbestandteilen ergeben, ist eine Überprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht nennenswert erschwert.
IV. Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes
"Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes ergibt sich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (Strafvollzug) i.V.m. Art. 72 Abs. 2 GG. Die bundesgesetzliche Regelung ist zur Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich.
V. Kosten
"Die Änderung zieht keine Kosten nach sich.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1
"Die Formulierung lehnt sich an § 117 Abs. 3, 5 VwGO (Form und Inhalt des Urteiles) an, was sachgerecht erscheint, da das Verfahren nach §§ 109 ff StVollzG dem VwGO-Verfahren nachgebildet ist und der Sache nach einen Verwaltungsrechtsstreit darstellt.
Dadurch, dass die in Bezug zu nehmenden Schriftstücke Aktenbestandteil sein müssen und konkret zu bezeichnen sind, ist vollständige und unschwere Überprüfbarkeit in der Rechtsbeschwerdeinstanz sichergestellt. Durch die Beschränkung der Bezugnahmemöglichkeit auf die Gerichtsakten wird klargestellt, dass schon unter dem Gesichtspunkt des Art. 103 Abs. 1 GG sowie des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung nur solche Schriftstücke Gegenstand einer Bezugnahme sein können, die alle Verfahrensbeteiligten kennen oder jedenfalls kennen können.
Zu Artikel 2
"Artikel 2 regelt das In-Kraft-Treten zum 1. Januar 2004.