A. Problem und Ziel
Der Netzzugang in Deutschland und die Bedingungen für den Netzzugang werden ganz wesentlich durch die Stromgebotszone in Deutschland definiert. Die Größe und Aufteilung der Stromgebotszone haben erheblichen Einfluss auf die Bedingungen für den Netzzugang, denn sie bestimmen das Marktgebiet und damit jeweils die aggregierte Stromnachfrage und das aggregierte Stromangebot, aus denen sich die Großhandelsstrompreise ergeben. Ferner beeinflussen die Größe und Aufteilung der Stromgebotszone die Handelsströme mit angrenzenden Stromgebotszonen und die Liquidität der Großhandelsmärkte und insbesondere die Liquidität des für den "Strommarkt 2.0" wichtigen untertägigen Stromhandels. In Deutschland gibt es bislang keine gesetzliche Festschreibung der deutschen Stromgebotszone. Die deutsche Stromgebotszone ist historisch gewachsen und zeichnet sich durch ihre Einheitlichkeit aus, die für gleiche Bedingungen für den Netzzugang, für die Stromerzeugung und für den Strombezug im gesamten Bundesgebiet sorgt. Die stetige Zunahme grenzüberschreitender Stromflüsse und der verstärkte Ausbau der erneuerbaren Energien, die die bestehenden Übertragungsnetze stark beanspruchen und erhebliche Anstrengungen beim Netzausbau verlangen, unterstreichen die Bedeutung der Einheitlichkeit der deutschen Stromgebotszone als Basis für gleiche Bedingungen zum Netzzugang. In einer einheitlichen Stromgebotszone ist der Austausch von Energie ohne Kapazitätsvergabe vorgeschrieben. Dies gewährleistet, dass die Grundbedingung für den Netzzugang in ganz Deutschland einheitlich ist. Die Festschreibung der tatsächlich bereits bestehenden einheitlichen Stromgebotszone ist somit die erste Bedingung für einen einheitlichen Netzzugang im gesamten Bundesgebiet.
Ungeregelt sind auch die nationalen Pflichten der privatrechtlichen Betreiber von Übertragungsnetzen im Hinblick auf die einheitliche deutsche Stromgebotszone. So ist nach der aktuellen Rechtslage unklar, ob Betreiber von Übertragungsnetzen einseitig und ohne Einbeziehung staatlicher Stellen eine Aufteilung der einheitlichen deutschen Stromgebotszone vornehmen können. Im Hinblick auf die mit einer solchen Aufteilung einhergehenden erheblichen gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen ist es nicht hinnehmbar, dass Änderungen, die die Einheitlichkeit der deutschen Stromgebotszone in Frage stellen, von den privatrechtlich organisierten Betreibern der Übertragungsnetze ohne Einbeziehung staatlicher Stellen getroffen werden können.
Die Regelung soll sicherstellen, dass die Bewertung der Einheitlichkeit der Stromgebotszonen in Europa und auch in Deutschland im Rahmen der dafür vorgesehenen europäischen Prozesse erfolgt und nicht einseitig durch einen oder mehrere Betreiber von Übertragungsnetzen in Frage gestellt werden kann.
B. Lösung
Die Betreiber von Übertragungsnetzen werden rechtlich verpflichtet, Handelstransaktionen innerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland ohne Kapazitätsvergabe so zu ermöglichen, dass das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eine einheitliche Stromgebotszone bildet.
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Es entstehen keine Haushaltsausgaben.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Es entsteht kein Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft. Kleine und mittlere Unternehmen sind nicht anders betroffen als alle anderen Unternehmen.
Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten
Es entstehen keine Bürokratiekosten und es werden keine Informationspflichten geschaffen.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Für die öffentliche Verwaltung fällt kein Erfüllungsaufwand an.
F. Weitere Kosten
Es entstehen keine weiteren Kosten
Verordnung der Bundesregierung
Verordnung zur Änderung der Stromnetzzugangsverordnung
Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 22. November 2017
Die Bundeskanzlerin
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Regierenden Bürgermeister
Michael Müller
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die von der Bundesregierung beschlossene Verordnung zur Änderung der Stromnetzzugangsverordnung mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.
Federführend ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Vom ...
Auf Grund des § 24 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Satz 2 Nummer 1 und 2 sowie Satz 3 des Energiewirtschaftsgesetzes vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970), dessen Satz 1 Nummer 1 durch Artikel 1 Nummer 9 Buchstabe b des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2503) geändert worden ist, verordnet die Bundesregierung:
Die Stromnetzzugangsverordnung vom 25. Juli 2005 (BGBl. I S. 2243), die zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 29. August 2016 (BGBl. I S. 2034) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 3 folgende Angabe zu § 3a eingefügt:
" § 3a Gewährleistung des Netzzugangs in der einheitlichen Stromgebotszone".
2. Nach § 2 Nummer 2 wird folgende Nummer 2a eingefügt:
"2a. Stromgebotszone das größte geografische Gebiet, in dem Marktteilnehmer ohne Kapazitätsvergabe Energie austauschen können;".
3. Nach § 3 wird folgender § 3a eingefügt:
" § 3a Gewährleistung des Netzzugangs in der einheitlichen Stromgebotszone
Die Betreiber von Übertragungsnetzen sind verpflichtet, Handelstransaktionen innerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland ohne Kapazitätsvergabe in der Weise zu ermöglichen, dass das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eine einheitliche Stromgebotszone bildet. Sie dürfen insbesondere nicht einseitig eine Kapazitätsvergabe einführen, die zu einer einseitigen Aufteilung der einheitlichen deutschen Stromgebotszone führen würde. Sobald für einen Betreiber von Übertragungsnetzen erkennbar wird, dass die Erfüllung der Pflicht nach Satz 1 und die Einhaltung des Verbots nach Satz 2 unmöglich zu werden droht, hat er dies der Bundesnetzagentur unverzüglich in Textform anzuzeigen. § 20 Absatz 2 des Energiewirtschaftsgesetzes bleibt unberührt.".
Artikel 2
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Der Bundesrat hat zugestimmt.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen
Die Einheitlichkeit der deutschen Stromgebotszone hat derzeit sehr hohe energiepolitische Priorität. In Deutschland besteht eine bundesweite, einheitliche Stromgebotszone, die nicht gesetzlich geregelt, sondern historisch gewachsen ist. Diese einheitliche Stromgebotszone umfasst neben dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland derzeit auch das Gebiet der Republik Österreich und das Gebiet des Großherzogtums Luxemburg. Die Verordnung regelt nur den Teil der einheitlichen Stromgebotszone, der sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bezieht. Sie schließt nicht aus, dass die einheitliche deutsche Stromgebotszone Teil einer größeren einheitlichen Stromgebotszone ist. Die Einheitlichkeit der deutschen Stromgebotszone ist bislang ebenso wie die nationalen Pflichten der Betreiber von Übertragungsnetzen im Hinblick auf die Wahrung der einheitlichen deutschen Stromgebotszone nicht ausdrücklich geregelt. So ist nach der aktuellen Rechtslage unklar, ob Betreiber von Übertragungsnetzen einseitig und ohne Einbeziehung staatlicher Stellen eine Aufteilung der einheitlichen deutschen Stromgebotszone vornehmen können. Im Hinblick auf die mit einer solchen Aufteilung einhergehenden erheblichen gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen ist es nicht hinnehmbar, dass Änderungen, die die Einheitlichkeit der deutschen Stromgebotszone in Frage stellen, von den privatrechtlich organisierten Betreibern der Übertragungsnetze ohne Einbeziehung staatlicher Stellen getroffen werden können. Die Einheitlichkeit der deutschen Stromgebotszone ist die Basis für einen unbeschränkten und im gesamten Bundesgebiet einheitlichen Netzzugang. In einer einheitlichen Stromgebotszone ist der Austausch von Energie ohne Kapazitätsvergabe vorgeschrieben. Dies gewährleistet, dass die Grundbedingung für den Netzzugang in ganz Deutschland einheitlich ist. Die Festschreibung der tatsächlich bereits bestehenden einheitlichen Stromgebotszone ist somit die erste Bedingung für einen einheitlichen Netzzugang im gesamten Bundesgebiet. Größe und Aufteilung der Stromgebotszone haben erheblichen Einfluss auf die Bedingungen für den Netzzugang, denn sie bestimmen das Marktgebiet und damit jeweils die aggregierte Stromnachfrage und das aggregierte Stromangebot, aus denen sich die Großhandelsstrompreise ergeben. Ferner beeinflussen die Größe und Aufteilung der Stromgebotszone die Handelsströme mit angrenzenden Stromgebotszonen und die Liquidität der Großhandelsmärkte und insbesondere die Liquidität des für den "Strommarkt 2.0" wichtigen untertägigen Stromhandels.
Aus diesem Grund ist eine Regelung der einheitlichen deutschen Stromgebotszone erforderlich, um den Einfluss der Bundesregierung in dieser Frage aufrechtzuerhalten. Hierdurch soll der Status quo gegen einseitige Änderungen durch Betreiber von Übertragungsnetzen abgesichert werden, ohne europäische Prozesse zur Stromgebotszonenkonfiguration, insbesondere das Verfahren zur Überprüfung der Stromgebotszonenkonfiguration nach der Verordnung (EU) Nr. 2015/1222 der Kommission vom 24. Juli 2015 (ABl. L 197 vom 25.7.2015, S. 24)1), vorwegzunehmen oder in Frage zu stellen.
Die Aufteilung der deutschen Stromgebotszone würde dazu führen, dass die Großhandelsstrompreise in Deutschland nicht mehr einheitlich wären. Preissteigerungen in einigen Gebieten wären sehr wahrscheinlich, während es in anderen Gebieten zu Preissenkungen kommen könnte. Die Auswirkungen einer Aufteilung der Stromgebotszone werden unterschiedlich eingeschätzt. Verteilungs- und Preiseffekte mit gesamtgesellschaftlicher Relevanz wären jedoch unstreitig die Folge. Eine Stromgebotszonenaufteilung hätte möglicherweise Auswirkungen auf die Zubauraten und die Rentabilität von Anlagen der erneuerbaren Energien und könnte in der Folge auch die Grundlagen des bisher geplanten Netzausbaus in Frage stellen. Aus diesen Gründen sollte über eine Aufteilung der Stromgebotszone nicht ohne Mitwirkung der Bundesregierung entschieden werden.
II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs
Die bereits heute bestehende einheitliche deutsche Stromgebotszone wird in der Stromnetzzugangsverordnung festgelegt. Die Pflichten der Betreiber der Übertragungsnetze zur Wahrung der einheitlichen Stromgebotszone werden konkretisiert.
III. Alternativen
Keine. Wird die Einheitlichkeit der deutschen Stromgebotszone nicht geregelt, besteht die Gefahr, dass die nationale Stromgebotszone einseitig durch Übertragungsnetzbetreiber aufgeteilt werden könnte. Dies würde zu uneinheitlichen Großhandelsstrompreisen in Deutschland führen. Verteilungseffekte zwischen Regionen sowie Erzeugern und Verbrauchern wären die Folge. Die Grundlagen des bisher geplanten Netzausbaus und die regionale Verteilung bei dem geplanten Zubau von Anlagen der Erneuerbaren Energien könnten in Frage stehen. Der "Strommarkt 2.0" erhält die Flexibilität und die räumlichen Ausgleichseffekte, die zur Aufrechthaltung der Stromversorgung zu jeder Zeit bei einem hohen Anteil an erneuerbaren Energien erforderlich sind, ganz wesentlich aus dem großen und liquiden Marktgebiet der einheitlichen deutschen Stromgebotszone. Auch die Marktakteure sprachen sich daher im Jahr 2015 für den Erhalt der einheitlichen Stromgebotszone aus.2)
Die Änderung ist zu diesem Zeitpunkt erforderlich, um die Handlungsspielräume für die nächste Bundesregierung zu erhalten.
IV. Regelungskompetenz
Die Verordnung stützt sich auf § 24 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Satz 2 Nummer 1 und 2 sowie Satz 3 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG):
Bei den in der Verordnung getroffenen Regelungen handelt es sich um "Bedingungen für den Netzzugang" im Sinne von § 24 Satz 1 Nummer 1 EnWG. Zwar betrifft die einheitliche Stromgebotszone unmittelbar nur die Gestaltung und den geografischen Zuschnitt des Strommarktes. Die dafür wesentlichen rechtlichen und netztechnischen Grundlagen werden jedoch durch die Gewährung uneingeschränkten Netzzugangs geschaffen. So setzt eine einheitliche Stromgebotszone voraus, dass Strom unabhängig vom Ort seiner Erzeugung zu Kunden im gesamten Bundesgebiet transportiert werden kann. Deshalb müssen die Betreiber von Übertragungsnetzen auf technischem Wege dafür Sorge tragen, dass für Handelstransaktionen auf dem Strommarkt jederzeit ausreichende Kapazitäten zur Verfügung stehen. Um dies sicherzustellen, wird Betreibern von Übertragungsnetzen durch die Verordnung untersagt, den Netzzugang an die Bedingung zu knüpfen, dass eine Kapazitätsvergabe durchgeführt wird.
Soweit die Betreiber von Übertragungsnetzen den Netzzugang für Handelstransaktionen innerhalb der einheitlichen Stromgebotszone nur durch Zusammenarbeit und den Austausch von Daten gewährleisten können, ergibt sich die Ermächtigungsgrundlage aus § 24 Satz 2 Nummer 1 und 2 EnWG. Eine solche Zusammenarbeit und der damit verbundene Datenaustausch zwischen Betreibern von Übertragungsnetzen sollen einheitliche Bedingungen für den Netzzugang in der ebenfalls einheitlichen Stromgebotszone ermöglichen. Sie dienen dem Ziel eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Stromversorgung und der Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs der Übertragungsnetze innerhalb des gesamten Bundesgebiets (§ 24 Satz 3 zweiter Halbsatz i.V.m. § 1 Absatz 2 EnWG).
V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen
Die Verordnung ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar. Sie ist insbesondere mit der Verordnung (EG) Nr. 714/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 (ABl. L 211 vom 14.8.2009, S. 15)3) und der Verordnung (EU) Nr. 2015/1222 der Kommission vom 24. Juli 2015 (ABl. L 197 vom 25.7.2015, S. 24)4) vereinbar.
Im Bereich der für den Energiebinnenmarkt geltenden geteilten Zuständigkeit nehmen gemäß Artikel 2 Absatz 2 AEUV "die Mitgliedstaaten (...) ihre Zuständigkeit wahr, sofern und soweit die Union ihre Zuständigkeit nicht ausgeübt hat." Sowohl die Regelungen zum Engpassmanagement in Artikel 16 der Stromhandelsverordnung als auch die Regelungen in Kapitel 2 der CACM gelten nur für grenzüberschreitende Stromflüsse. Demgegenüber hat § 3a ausschließlich Stromflüsse innerhalb Deutschlands zum Gegenstand. Die europäischen Verordnungen und § 3a haben unterschiedliche Anwendungsbereiche.
Sowohl die Stromhandelsverordnung als auch die CACM enthalten darüber hinaus keinen derartigen Grad der Harmonisierung, durch den eine Sperrwirkung für nationale Maßnahmen eintreten könnte. Die Stromhandelsverordnung regelt für den grenzüberschreitenden Stromhandel Kapazitätsvergabemethoden und ein diskriminierungsfreies Engpassmanagement; Aussagen über die Festlegung einer (nationalen) Stromgebotszone trifft sie dagegen nicht. Gleiches gilt für die CACM, die als delegierter Rechtsakt den räumlichen Anwendungsbereich der Stromhandelsverordnung teilt. Zwar enthält Kapitel 2 der CACM
Regelungen zur Konfiguration von Stromgebotszonen. Dabei umfassen die Vorschriften dieses Kapitels allerdings nur die Überprüfung und Änderung bestehender Stromgebotszonen. Zur vorgelagerten Entstehung einer einheitlichen Strompreiszone, also zum Status quo selbst, enthält die Verordnung keine Regelungen. Selbst wenn die CACM aber in diesem Bereich anwendbar sein sollte, ergäbe sich keine andere Bewertung der Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union. Die CACM enthält ausweislich ihrer Erwägungsgründe in Nummer 3 nämlich lediglich harmonisierte Mindestvorschriften. Die Verfahren zur Überprüfung der Stromgebotszonenkonfiguration gemäß den Artikeln 32 bis 34 CACM bleiben zudem von § 3a unberührt. Sollte nach diesen Vorschriften ein Verfahren der Stromgebotszonenkonfiguration die Aufspaltung der einheitlichen deutschen Stromgebotszone erforderlich machen, müsste § 3a geändert werden. Daraus ergibt sich, dass Stromhandelsverordnung und CACM den Handlungsspielraum des nationalen Gesetzgebers, eine einheitliche deutsche Stromgebotszone festzuschreiben, nicht einschränken. Auch seinem materiellen Regelungsgehalt nach steht § 3a den Vorschriften der Stromhandelsverordnung und der CACM nicht entgegen. Die Stromhandelsverordnung legt nach Artikel 1 Buchstabe a Regeln für den grenzüberschreitenden Stromhandel fest. Die Regelungen der Verordnung finden mithin nur auf grenzüberschreitende Sachverhalte Anwendung. Ein rein nationaler Sachverhalt ist von der Stromhandelsverordnung gerade nicht erfasst. Da § 3a sich lediglich auf die Gewährleistung des Netzzugangs in der einheitlichen Stromgebotszone im geographischen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bezieht, hat er einen rein nationalen Anwendungsbereich. Zudem ergibt sich aus diesen Regelungen aber auch keine unmittelbare Verpflichtung der Betreiber von Übertragungsnetzen, die einheitliche deutsche Stromgebotszone unter bestimmten Voraussetzungen aufzuteilen.
Da der CACM auf der Grundlage der Stromhandelsverordnung erlassen wurde, ist auch dieser auf den vorliegenden Sachverhalt mangels grenzüberschreitenden Bezugs nicht anwendbar. Selbst wenn der CACM anwendbar wäre, sind keine Gründe ersichtlich, warum die Festlegung der einheitlichen Stromgebotszone den Regelungen dieser Verordnungen widersprechen könnten, denn § 3a regelt ausschließlich den aktuellen Stand der Stromgebotszonenfestlegung in Deutschland und schließt keine Überprüfungsverfahren für eine etwaige zukünftigen Anpassung der Stromgebotszone aus. Dies verdeutlicht bereits die Anzeigepflicht gegenüber der Bundesnetzagentur in Fällen, in denen für den Netzbetreiber Schwierigkeiten mit der Einhaltung der Verpflichtung einer einheitlichen Stromgebotszone entstehen. Zudem wird auf das Verfahren nach § 20 EnWG verwiesen. Insoweit blieben auch die Regelungen zur Überprüfung der Stromgebotszonenkonfiguration gemäß den Artikeln 32 bis 34 CACM von § 3a völlig unberührt, denn die Artikel 32 bis 34 CACM regeln lediglich das Verfahren zur Überprüfung einer Stromgebotszone. Sollte nach diesen Vorschriften ein Verfahren der Stromgebotszonenkonfiguration die Aufspaltung der einheitlichen deutschen Stromgebotszone erforderlich machen, so könnte in der Folge § 3a geändert werden. Insoweit kann im Ergebnis - selbst für den Fall, dass von einer Anwendbarkeit der Artikel 32 bis 34 CACM auf den vorliegenden Sachverhalt ausgegangen würde - kein Konflikt mit den Regeln der CACM auftreten.
Die Regelung ist auch mit dem europäischen Primärrecht vereinbar. VI. Verordnungsfolgen
Die Verordnung regelt den bereits bestehenden Status quo, um für Rechtsklarheit und - sicherheit zu sorgen.
1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung
Die Verordnung schafft Rechtsklarheit hinsichtlich einer möglichen Aufteilung der deutschen Stromgebotszone.
2. Nachhaltigkeitsaspekte
Bei der Erarbeitung der Verordnung wurden die Ziele und Managementregeln der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie berücksichtigt. Nach Überprüfung der zwölf Managementregeln der Nachhaltigkeit und der 21 Schlüsselindikatoren für eine nachhaltige Entwicklung erweist sich das Gesetz als vereinbar mit der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie.
Die Verordnung leistet einen wichtigen Beitrag für den Zugang zu bezahlbarer Energie im gesamten Bundesgebiet.
Die Verordnung verfolgt das Ziel, die einheitliche Stromgebotszone in Deutschland zu sichern, um sicherzustellen, dass die Preise für Energie in Deutschland weiter einheitlich sind. Dieses Ziel steht im Einklang mit dem Indikatorbereich 7.
3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Es entstehen keine Haushaltsausgaben.
4. Erfüllungsaufwand
Es entsteht kein Erfüllungsaufwand für die Bürgerinnen und Bürger oder die Wirtschaft. Kleine und mittlere Unternehmen sind durch die vorliegende Verordnung nicht in besonderem Maße betroffen. Es entstehen keine Bürokratiekosten und es werden keine Informationspflichten geschaffen.
5. Weitere Kosten
Es entstehen keine weiteren Kosten.
6. Weitere Verordnungsfolgen
Gleichstellungspolitische Auswirkungen oder Auswirkungen auf den demografischen Wandel sind durch diese Verordnung nicht zu erwarten.
VII. Befristung; Evaluierung
Eine Befristung der Verordnung ist geprüft und abgelehnt worden, da zum aktuellen Zeitpunkt nicht mit Sicherheit absehbar ist, wann erste Entscheidungen der Mitgliedstaaten auf Grundlage der Ergebnisse der europäischen Untersuchungen der aktuellen Stromgebotszonenkonfiguration getroffen werden, und da eine Befristung der Verordnung mit dem Ziel der Wahrung der einheitlichen deutschen Stromgebotszone zur Wahrung gleicher Lebensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet und mit dem Ziel eines bezahlbaren Zugangs zu Energie nicht vereinbar wäre. Eine Evaluierung der Verordnung ist ebenfalls nicht erforderlich, da die Verordnung lediglich den bestehenden Status quo, der schon seit vielen Jahren besteht, absichert.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung der Stromnetzzugangsverordnung)
Zu Nummer 1
Die Änderungen dienen der Anpassung des Inhaltsverzeichnisses an die Änderungen des Verordnungstextes durch diesen Artikel.
Zu Nummer 2
Die Verordnung (EU) Nr. 543/2013 der Kommission vom 14. Juni 2013 (ABl. L 163 vom 15.6.2013, S. 1) enthält die Definition der Stromgebotszone. Diese Definition wird in der Stromnetzzugangsverordnung übernommen. So wird der Gleichklang zwischen den unionsrechtlichen und den nationalen Vorschriften über die Stromgebotszone hergestellt. Die Definition der Stromgebotszone stellt sicher, dass innerhalb der Stromgebotszone auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland kein Netzengpass ausgewiesen werden kann. Innerhalb der Stromgebotszone erfolgen Handelstransaktionen ohne Kapazitätsvergabe.
Zu Nummer 3
Der neue § 3a enthält netzzugangsbezogene Pflichten für Betreiber von Übertragungsnetzen im Zusammenhang mit der Wahrung einer einheitlichen Stromgebotszone. Diese Pflichten stellen zugleich Bedingungen für den Netzzugang im Sinne von § 24 Satz 1 Nummer 1 EnWG dar.
Nach § 3a Satz 1 sind die Betreiber von Übertragungsnetzen verpflichtet, Handelstransaktionen innerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland ohne Kapazitätsvergabe in der Weise zu ermöglichen, dass das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eine einheitliche Stromgebotszone bildet. Dies schließt nicht aus, dass die einheitliche Stromgebotszone sich über die Grenzen der Bundesrepublik hinaus erstreckt, was auch der tatsächlichen derzeitigen Lage entspricht. Die Regelung schließt aber aus, dass es auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mehr als eine Stromgebotszone gibt.
Damit sind die Anwendungsbereiche der nur auf grenzüberschreitende Stromflüsse anwendbaren Stromhandelsverordnung und der CACM nicht berührt.
Artikel 16 der Stromhandelsverordnung ist nur auf Engpässe anwendbar, welche die grenzüberschreitenden Stromflüsse beschränken. Dies ergibt sich zum einen aus dem Anwendungsbereich der Verordnung in Artikel 1 Buchstabe a und zum anderen aus der Definition des grenzüberschreitenden Stromflusses in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b und des Engpasses in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe c. Denn danach ist ein Engpass eine Situation, in der eine Verbindung zwischen nationalen Übertragungsnetzen die grenzüberschreitenden Stromflüsse nicht im gewünschten Rahmen bewältigen kann. Demgegenüber knüpft § 3a weder an eine Engpasssituation an, noch gilt die Vorschrift für grenzüberschreitende Stromflüsse. Im Gegenteil regelt § 3a ausschließlich Stromflüsse innerhalb Deutschlands, so dass die Regelungen der Stromhandelsverordnung, die sich auf grenzüberschreitende Sachverhalte beziehen, nicht berührt werden. Gleiches gilt für die CACM, die als delegierter Rechtsakt den räumlichen Anwendungsbereich der Stromhandelsverordnung teilt.
Soweit die Artikel 32 bis 34 der CACM ein Verfahren zur Überprüfung der Stromgebotszonenkonfiguration vorsehen, wird dies im Übrigen durch § 3a nicht ausgeschlossen. Sollte ein solches Verfahren die Aufspaltung der einheitlichen deutschen Stromgebotszone erforderlich machen, müsste § 3a deshalb geändert werden. Denn das Ziel des § 3a ist es, eine einseitige Aufteilung der einheitlichen deutschen Stromgebotszone durch einen oder mehrere Betreiber von Übertragungsnetzen zu verhindern. Dies stellt Satz 2 in beispielhafter Weise ("insbesondere") klar.
Mit den Regelungen in den Sätzen 1 und 2 wird der zu den Grundlagen des Netzzugangs gehörende Anspruch auf Netznutzung näher ausgestaltet. Dieser Anspruch besteht zwar grundsätzlich nur in den Grenzen der Kapazitäten des jeweiligen Netzes (§ 3 Absatz 1 Satz 2 StromNZV), so dass die verbliebenen Kapazitäten bei Engpässen nach marktorientierten und transparenten Verfahren diskriminierungsfrei bewirtschaftet werden müssen ( § 15 Absatz 2 StromNZV).
Eine solche Kapazitätsvergabe wäre mit der einheitlichen Stromgebotszone jedoch nicht vereinbar. Sie würde dazu führen, dass Strom nicht mehr geografisch unbeschränkt innerhalb Deutschlands transportiert werden müsste. Die Sätze 1 und 2 schließen deshalb eine Kapazitätsvergabe innerhalb der einheitlichen Stromgebotszone aus. Damit ist auch klargestellt, dass die Nutzung des Übertragungsnetzes grundsätzlich nicht unter Hinweis auf mangelnde Kapazitäten beschränkt werden darf. Betreiber von Übertragungsnetzen haben deshalb insbesondere durch technische oder marktliche Maßnahmen wie Redispatch und Countertrading sicherzustellen, dass Handelstransaktionen innerhalb Deutschlands uneingeschränkt möglich sind. Dies korrespondiert mit den Pflichten aus § 15 Absatz 1 StromNZV, deren Anwendungsbereich jedoch enger ist, weil sie voraussetzen, dass bereits ein Engpass vorliegt. Demgegenüber gilt § 3a auch dann, wenn (noch) keine Engpasssituation eingetreten ist. Beide Vorschriften zielen aber gleichermaßen darauf ab, eine in § 15 Absatz 2 StromNZV auch nur als "ultima ratio" vorgesehene Kapazitätsvergabe unter allen Umständen abzuwenden.
§ 3a stellt somit klar, dass es nicht zur Deklaration eines nationalen Engpasses kommen soll, sondern dass die Entstehung eines Engpasses in der einheitlichen Stromgebotszone möglichst zu vermeiden ist.
Die Sätze 1 und 2 adressieren nicht einen, sondern alle Betreiber von Übertragungsnetzen. Diese sind deshalb auch verpflichtet, zusammenzuarbeiten und ggf. Daten auszutauschen, wenn und soweit dies für die Gewährleistung des Netzzugangs in der einheitlichen Stromgebotszone erforderlich ist.
Die Bundesnetzagentur kann Verstöße gegen die Pflichten aus den Sätzen 1 und 2 durch Aufsichtsmaßnahmen nach § 65 EnWG durchsetzen. Um die darin geregelten Eingriffsbefugnisse gegenüber einem Betreiber von Übertragungsnetzen zu wahren, muss die Bundesnetzagentur rechtzeitig über drohende Verstöße informiert sein. Satz 3 sieht deshalb eine Anzeigepflicht vor: Sobald für einen Betreiber von Übertragungsnetzen erkennbar wird, dass die Einhaltung der Pflichten nach den Sätzen 1 und 2 unmöglich zu werden droht, hat er dies der Bundesnetzagentur unverzüglich in Textform anzuzeigen. Satz 4 stellt klar, dass § 3a insgesamt keine mit den gesetzlichen Vorgaben im EnWG unvereinbare Regelung trifft, sondern lediglich die Bedingungen für den Netzzugang konkretisiert. Dieser kann insbesondere verweigert werden, soweit ein Netzbetreiber nachweist, dass ihm die Gewährung des Netzzugangs aus betriebsbedingten oder sonstigen Gründen unter Berücksichtigung des Zwecks des § 1 EnWG nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Dies gilt selbstverständlich auch in den Fällen des § 3a StromNZV.
Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)
Die Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
- 1) Im Folgenden als CACM bezeichnet.
- 2) Siehe hierzu das im Juli 2015 vom BMWi veröffentlichte Weißbuch "Ein Strommarkt für die Energiewende"
- 3) Im Folgenden als Stromhandelsverordnung bezeichnet.
- 4) Im Folgenden als CACM bezeichnet.