Der Bundesrat hat in seiner 863. Sitzung am 6. November 2009 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
Zum Gesetzentwurf insgesamt
Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis und begrüßt, dass die Bundesregierung an der in § 46 Absatz 5 SGB II gesetzlich festgelegten Entlastung der Kommunen in Höhe von bundesweit 2,5 Milliarden Euro festhält. Dieses Ziel kann allerdings nur erreicht werden, wenn die Bestimmung der Höhe der Bundesbeteiligung an den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sachgerecht erfolgt. Angesichts der Entwicklung der letzten Jahre ist festzustellen, dass die bisher maßgebliche Anzahl der Bedarfsgemeinschaften in keinem direkt proportionalen Verhältnis zur Entwicklung der Ausgaben der kommunalen Träger für Unterkunft und Heizung steht.
Dieser Trend wird sich im Jahr 2010 infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise deutlich fortsetzen.
Ein im Gesetzentwurf vorgesehenes Absinken der Bundesbeteiligung auf bundesdurchschnittlich 23,6 Prozent widerspricht der gesetzlichen Zusage einer bundesweiten Entlastungswirkung von 2,5 Milliarden Euro im Jahr 2010. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise im Bereich der Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht einseitig auf die ohnehin stark belasteten kommunalen Haushalte verlagert werden dürfen.
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, in dem vorliegenden Gesetzentwurf eine Änderung der Anpassungsformel für die Höhe der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft und Heizung in § 46 Absatz 7 SGB II vorzunehmen, indem die Bundesbeteiligung entsprechend der Entwicklung der Ausgaben für Unterkunft und Heizung nach § 22 Absatz 1 SGB II und nicht entsprechend der Entwicklung der Bedarfsgemeinschaften berechnet wird. Vor diesem Hintergrund ist eine neue Berechnung vorzunehmen und die Quote der Bundesbeteiligung im Gesetzentwurf anzupassen. Der Bundesrat geht davon aus, dass die Ausgaben für Unterkunft und Heizung für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ohne Schwierigkeiten aus den Zahlen der Länder zur Abrechnung der Bundesbeteiligung nach § 46 Absatz 9 SGB II ermittelbar sind. Dabei sollte als Ausgangspunkt der Berechnungen auf die Höhe der Bundesbeteiligungsquoten im Jahr 2007 gemäß § 46 Absatz 6 Satz 2 SGB II abgestellt werden.
Begründung
Die jetzt vorgesehene Höhe der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft und Heizung für das Jahr 2010 von bundesdurchschnittlich 23,6 Prozent ist nicht auskömmlich, um eine ausreichende Entlastung der Kommunen zu erreichen. Die im SGB II verankerte jährliche Entlastung der Kommunen um 2,5 Milliarden Euro ist bereits gegenwärtig bei weitem nicht gewährleistet.
Die geltende Regelung war vor dem Hintergrund kontroverser Ermittlungen der Be- und Entlastungen durch das SGB II mit dem Ziel eingeführt worden, einen verlässlichen und validen Indikator für die Entwicklung der Bundesbeteiligung zu erhalten. Es wurde verbindlich eine Überprüfung der Angemessenheit der Bundesbeteiligung im Jahr 2010 vereinbart. Dieser Kompromiss hatte die Länder seinerzeit veranlasst, von ihrer ursprünglichen Forderung, eine jährliche Festlegung der Bundesbeteiligung auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung vorzunehmen, Abstand zu nehmen.
Die Befristung des Anpassungsmechanismus auf das Jahr 2010 war bereits mit dem Vierten Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch aufgehoben worden.
Inzwischen stellt sich der im Gesetz nunmehr dauerhaft vorgesehene Anpassungsfaktor in Abhängigkeit von der Entwicklung der Zahl der Bedarfsgemeinschaften insbesondere aus folgenden Gründen jedoch als unzutreffender Korrekturmechanismus heraus:
Zum einen bildet dieser Anpassungsfaktor nicht die tatsächliche aktuelle Kostenentwicklung ab, zum anderen werden retrospektiv zeitlich weit zurückliegende Daten (durchschnittliche Entwicklung der Bedarfsgemeinschaften im Vergleich des Vorjahres zum Vorvorjahr) einbezogen.
Die Bedarfsgemeinschaften nehmen ab mit der Folge, dass die Quote der Bundesbeteiligung sinkt. Demgegenüber gehen die tatsächlichen Ausgaben der kommunalen Träger für Unterkunft und Heizung nicht zurück.
Im Vergleich der Jahre 2008 und 2007 war bundesweit ein Rückgang der Zahl der Bedarfsgemeinschaften um rund 4,3 Prozent (2009 zu 2008: - 3,9 Prozent) zu verzeichnen. Im Gegensatz dazu sind die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung nicht gesunken. Hierfür sind insbesondere die gestiegenen Energiepreise des Vorjahres sowie die Zunahme der Arbeitslosigkeit in Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise maßgebend. Seit Februar 2009 ist bundesweit ein kontinuierlicher Anstieg der Kosten der Unterkunft und Heizung zu verzeichnen, der sich in 2010 voraussichtlich infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise deutlich fortsetzen wird. Die negative finanzielle Entwicklung in den Kommunalhaushalten ist absehbar: Im Jahre 2010 sind die kommunalen Träger erheblichen Mehrausgaben bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung ausgesetzt, während gleichzeitig die Bundesbeteiligung sinkt. Im Ergebnis werden die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise im SGB II einseitig zu Lasten der kommunalen Träger und letztendlich auch zu Lasten der Länder verschoben. Eine Änderung der Anpassungsformel durch Aufnahme der Entwicklung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung anstelle der Entwicklung der Bedarfsgemeinschaften und eine entsprechende Erhöhung der Quote der Bundesbeteiligung sind daher dringend geboten. Als Ausgangspunkt der Berechnungen ist auf die Höhe der Bundesbeteiligungsquoten im Jahr 2007 gemäß § 46 Absatz 6 Satz 2 SGB II abzustellen. Damit wird an die im Jahr 2006 zwischen Bund und Ländern abgestimmte Höhe der Bundesbeteiligung einschließlich der Sonderquoten für die Länder Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg angeknüpft.