Der Bundesrat hat in seiner 829. Sitzung am 15. Dezember 2006 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst.
Anlage
Entschließung des Bundesrates zur Reduzierung des Lärms durch Güterverkehr auf der Schiene
- 1. Der Bundesrat unterstützt das Ziel, den Güterverkehr auf der Schiene weiter zu stärken. Insbesondere im Vergleich zum Güterverkehr auf der Straße ist die Schiene ein umweltfreundlicher und sicherer Verkehrsträger. Mehr Schienengüterverkehr wird insbesondere an den Hauptstrecken aber nur dann akzeptiert werden wenn die Schiene gleichzeitig leiser wird.
- 2. Er begrüßt daher, dass die Bundesregierung im Haushalt 2006 die Mittel für das Programm zur Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen von 51 Mio. Euro auf 76 Mio. Euro aufgestockt hat. Für den neuen Bundeshaushalt 2007 zeichnet sich dabei eine weitere Erhöhung auf rund 100 Mio. Euro ab. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, das Lärmsanierungsprogramm fortzuführen.
- 3. Angesichts der derzeit deutlich wachsenden Schienengüterverkehre und der vielfach bestehenden erheblichen Belastungen reichen die bisherigen Anstrengungen zur Lärmminderung an bestehenden Schienenwegen auch im Vergleich zum Verkehrsträger Straße allerdings noch nicht aus. Neben der Fortführung der Lärmsanierung an den Strecken, z.B. durch Lärmschutzfenster und -wände, ist die Bekämpfung des Lärms an der Quelle - insbesondere durch den Einsatz von Kunststoff-Verbundbremssohlen (so genannte K-Sohle) bei Güterwagen - nach Auffassung des Bundesrates ein entscheidender Ansatzpunkt. Eine Bekämpfung des Lärms an der Quelle schafft im Übrigen Erleichterungen an allen Schienengüterverkehrsstrecken.
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, im Jahr 2007 ein Sonderprogramm zur finanziellen Unterstützung einer schnelleren Umrüstung vorhandener, in Deutschland zugelassener Güterwagen auf lärmmindernde Verbundstoffbremssohlen aufzulegen. Um in einem Zeitraum von weniger als zehn Jahren den vorhandenen Bestand an lauten Güterwagen umzurüsten, sollten dazu jährlich 60 Mio. Euro bereitgestellt werden. Das Sonderprogramm ist wettbewerbsneutral und diskriminierungsfrei auszugestalten.
- 4. Darüber hinaus sollte das bestehende Lärmsanierungsprogramm zur Erprobung effizienter und kostengünstiger Lärmminderungstechnologien, beispielsweise von Dämpfungselementen am Gleisoberbau geöffnet werden.
- 5. Der Bundesrat bittet den Bund als Eigentümer, die DB Netz AG mit einer Prüfung zu beauftragen, ob und in welcher Weise auf der Grundlage des § 21 Abs. 2 Satz 1 Eisenbahninfrastrukturbenutzungs-Verordnung (EIBV) ein verwaltungseinfaches System zur Berücksichtigung der umweltbezogenen Auswirkungen des Schienengüterverkehrs bei der Gestaltung der Trassenpreise geschaffen werden kann. Ziel ist es, mit höheren Trassenpreisen für laute Fahrzeuge einen wirtschaftlichen Anreiz zur schnelleren Umrüstung alter Güterwagen zu schaffen.
- 6. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei der Europäischen Kommission darauf hinzuwirken, dass auch auf europäischer Ebene Anstrengungen für eine möglichst schnelle Umrüstung aller in Europa verkehrenden Güterwagen unternommen werden.
Begründung
:
Die Stärkung des Güterverkehrs auf der Schiene ist seit Jahren ein vorrangiges Ziel der europäischen und deutschen Verkehrspolitik. Derzeit nimmt der Gütertransport auf der Schiene deutlich zu; auch die Prognosen gehen von einem deutlichen Wachstum des Schienengüterverkehrs aus.
Während bei Neu- und Ausbaumaßnahmen Lärmschutzmaßnahmen im Sinne einer Lärmvorsorge vorgesehen werden müssen, ist die an den bestehenden Hauptstrecken lebende Bevölkerung erheblichen und weiter zunehmenden Lärmbelastungen ausgesetzt. Die breite öffentliche Unterstützung für eine Fortsetzung der Politik zur Stärkung des Schienengüterverkehrs könnte gefährdet sein wenn die daraus resultierenden Lärmbelastungen nicht intensiver als bislang bekämpft werden.
Seit dem Jahr 1999 setzt die Bundesregierung ein Lärmsanierungsprogramm an bestehenden Schienenstrecken um. Die erwarteten Gesamtkosten für alle passiven und aktiven Lärmschutzmaßnahmen an bestehenden Schienenstrecken liegen aber bei rund 2 Mrd. Euro, so dass bei Fortsetzung der bisherigen Förderpraxis nahezu 30 Jahre notwendig wären, um die Sanierung abzuschließen.
Hinzu kommt, dass punktuelle Lärmsanierungsmaßnahmen keine flächenhafte Wirkung entfalten, sie sind im Übrigen nicht überall möglich und teilweise sehr kostenintensiv.
Die Anstrengungen müssen sich daher verstärkt auf die Bekämpfung des Schienenlärms an der Quelle richten. Ursache der erheblichen Lärmbelastungen durch Güterzüge sind insbesondere alte, mit Graugussbremsen versehene Güterwagen. Eine Umrüstung dieser Güterwagen auf lärmarme Kunststoff-Verbundbremsen (so genannte K-Sohlen) ist in der Lage, die Lärmemissionen zu halbieren, weil sie für glatte Radlaufflächen sorgt. Dadurch wird nicht nur beim Bremsen, sondern auch bei der normalen Fahrt weniger Lärm abgestrahlt. Deshalb sollte neben der Weiterführung des Lärmsanierungsprogramms, das im Übrigen auch zur Erprobung insbesondere von Dämpfungselementen an der Schiene selbst geöffnet werden sollte, auch ein Sonderprogramm zur schnelleren Umrüstung alter Güterwagen eingerichtet werden.
Nach Angaben der DBAG müssten insgesamt (DBAG und andere Fahrzeughalter und Eisenbahnunternehmen) etwa 135.000 Wagen, die noch länger als vier Jahre im Einsatz sind, umgerüstet werden. Bei einem Investitionsbedarf von rund 4.000 Euro pro Wagen ergibt dies einen Gesamtfinanzierungsbedarf in Höhe von 540 Mio. Euro. Eine Finanzierung der Umrüstung allein durch die Eisenbahnen würde die Kosten des Schienengüterverkehrs erhöhen, die Wettbewerbsfähigkeit des Verkehrsträgers Schiene beeinträchtigen und zu unerwünschten Verlagerungen auf die Straße führen.
Weiterhin sollte geprüft werden, ob durch die Einführung einer Umweltkomponente in das Trassenpreissystem der DB Netz AG ein zusätzlicher Anreiz geschaffen werden kann, nur noch lärmarme Güterwagen und Lokomotiven einzusetzen. Dabei kommt es darauf an, ein möglichst verwaltungseinfaches Verfahren zu finden.
Bei zunehmendem grenzüberschreitendem Schienengüterverkehr wird eine volle Wirksamkeit nur erreicht, wenn auch die übrigen Mitgliedstaaten und die Kommission selbst das Ziel einer schnellen Umrüstung unterstützen. Auf der EU-Ebene ist deshalb die Einführung von Umrüstprogrammen ebenfalls zu prüfen. Die Bundesregierung ist aufgefordert, bei der Kommission entsprechend vorstellig zu werden.