Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 25. Oktober 2007 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf den von Jelko Kacin im Namen der ALDE-Fraktion eingereichten Vorschlags einer Empfehlung an den Rat zu den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Serbien (B6-0202/2007),
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 29. September 2005 zum Schutz der multiethnischen Struktur in der Provinz Vojvodina1,
- - unter Hinweis auf den Abschlussbericht der Untersuchungskommission seiner adhoc Delegation vom 2. März 2005 in die Vojvodina und nach Belgrad,
- - unter Hinweis auf die Gründung der Republik Serbien als Nachfolgestaat der Staatenunion Serbien und Montenegro nach dem am 21. Mai 2006 in Montenegro abgehaltenen Referendum, bei dem für die Unabhängigkeit votiert wurde,
- - unter Hinweis auf die neue Verfassung Serbiens, die durch eine Volksabstimmung am 28./29. Oktober 2006 angenommen wurde,
- - in Kenntnis des am 8. November 2006 von der Kommission vorgelegten Fortschrittsberichts über Serbien 2006 (SEK(2006)1389),
- - unter Hinweis auf den Beitritt Serbiens zur "Partnerschaft für den Frieden" der NATO am 14. Dezember 2006,
- - unter Hinweis auf das Ergebnis der Parlamentswahlen in Serbien vom 21. Januar 2007,
- - in Kenntnis des Urteils des Internationalen Gerichtshofs (IGH) vom 26. Februar 2007 in Sachen Bosnien und Herzegowina gegen Serbien und Montenegro,
- - in Kenntnis des Gutachtens Nr. 405/2006 der Venedig-Kommission des Europarates zur Verfassung Serbiens vom 19. März 2007,
- - unter Hinweis auf die Bildung einer neuen serbischen Regierung in Belgrad am 15. Mai 2007,
- - unter Hinweis auf die am 15. Mai 2007 vorgelegten fünf wichtigsten Ziele der neuen serbischen Regierung,
- - unter Hinweis auf die Wiederaufnahme der Verhandlungen über das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) zwischen der Europäischen Union und Serbien am 13. Juni 2007,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates Allgemeine Angelegenheiten zu den westlichen Balkanstaaten vom 12. Februar und 18. Juni 2007,
- - in Kenntnis des Berichts der Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien (IStGHJ) vom 18. Juni 2007 an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen betreffend die Zusammenarbeit Serbiens mit dem IStGHJ,
- - unter Hinweis auf den Meinungsaustausch mit der Chefanklägerin des IStGHJ anlässlich der Sitzung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des Parlaments vom 26. Juni 2007,
- - unter Hinweis auf das Abkommen zwischen der Europäischen Union und Serbien über die ordnungsgemäße Durchsetzung von Eigentumsrechten im Hinblick auf die politische und wirtschaftliche Stabilität,
- - gestützt auf Artikel 114 Absatz 3 und Artikel 90 seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A6-0325/2007),
A. in der Erwägung, dass die Zukunft Serbiens in der Europäischen Union liegt,
B. in der Erwägung, dass Serbien ein wichtiger Faktor für Stabilität und Wohlstand in der Region ist, wobei die Aussicht auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union ein großer Anreiz für Reformen ist,
C. in der Erwägung, dass Serbien ein Unterzeichner des Mitteleuropäischen Freihandelsabkommens (CEFTA) ist und vor kurzem die technischen Verhandlungen über das SAA abgeschlossen hat; in der Erwägung, dass der Beitritt Serbiens zur Welthandelsorganisation (WTO) vor 2008 abgeschlossen sein könnte,
D. in der Erwägung, dass 70 % der Serben, die zur Wahl gegangen sind, für eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union sind und zwei Drittel der Bürger Parteien gewählt haben, die dem demokratischen Lager angehören,
E. in der Erwägung, dass Serbien eine neue Regierung hat, die proeuropäisch und reformorientiert ist,
F. in der Erwägung, dass die erfolgreiche Wiederaufnahme der Verhandlungen über das SAA durch Serbien als ein weiteres Beispiel für die positiven Veränderungen in den westlichen Balkanstaaten, die unter anderem auf den Einfluss der Europäischen Union zurückzuführen sind, dienen könnte,
G. in der Erwägung, dass echte Anstrengungen unternommen worden sind und weiterhin unternommen werden sollten, um die Spaltungen und Haltungen der Vergangenheit zu überwindenund eine europäische Zukunft für die Bürger Serbiens zu fördern,
H. in der Erwägung, dass die serbische Wirtschaft 2006 kräftig gewachsen ist (ca. 5,8 %) und ein steigendes Volumen an ausländischen Direktinvestitionen verbuchen konnte; in der Erwägung, dass das weiter zunehmende Leistungsbilanzdefizit und die hohe Arbeitslosenrate (ca. 20,9 % im Jahr 2006) jedoch weiterhin Anlass zur Sorge geben,
I. in der Erwägung, dass Korruption in Serbien nach wie vor ein ernstes Problem darstellt und dass Serbien auf dem "Corruption Perceptions Index" 2006 von Transparency International mit einem Durchschnittswert von 3,0 (auf einer Skala von 0 "hochgradig korrupt" bis 10 "korruptionsfrei") vertreten ist,
J. in der Erwägung, dass zwei der sechs flüchtigen, vom IStGHJ wegen Kriegsverbrechen Angeklagten vor kurzem festgenommen und nach Den Haag überstellt wurden und dass vier weiterhin auf freiem Fuß sind, darunter Ratko Mladiæ und Radovan Karadiæ,
K. in der Erwägung, dass die serbische Öffentlichkeit unzureichend über das Ausmaß der Verbrechen informiert ist, die in den Kriegen der jüngsten Vergangenheit verübt wurden, ganz besonders in Srebrenica,
L. in der Erwägung, dass die Kriege in Jugoslawien das soziale Gefüge Serbiens tief greifend verändert und unter anderem die Auswanderung großer Teile der politischen und intellektuellen Elite und einen Zustrom von Flüchtigen und Binnenvertriebenen sowie die Rückkehr von Kriegsveteranen, die von der Gewalt in den 90er Jahren traumatisiert sind, verursacht haben,
M. in der Erwägung, dass der Zerfall Jugoslawiens angesichts des hervorgerufenen menschlichen Leids und des Verlusts von Menschenleben verheerende Folgen hatte, weshalb die interethnische Aussöhnung ein Faktor von herausragender Bedeutung für die Gewährleistung der Stabilität in der Region ist,
- 1. vertritt die Auffassung, dass Serbien besondere Anerkennung für die friedliche Bewältigung einer Reihe schwieriger Herausforderungen während des letzten Jahres verdient einschließlich der Auflösung der Staatenunion Serbien und Montenegro, der fairen und freien Parlamentswahlen und der Bildung einer Regierung mit einem europafreundlichen Kurs;
- 2. begrüßt den Abschluss der technischen Verhandlungen über ein SAA zwischen der serbischen Regierung und der Europäischen Union nach einer dreizehnmonatigen Unterbrechung; ermutigt beide Parteien, alle erforderlichen Vereinbarungen zu treffen, um technische Verzögerungen vor der Unterzeichnung des SAA zu vermeiden, so dass die Unterzeichnung vor Ende 2007 erfolgen kann; betrachtet die Unterzeichnung des SAA als einen wichtigen Schritt auf dem Weg zum EU-Beitritt;
- 3. begrüßt den Willen der serbischen Regierung zur Zusammenarbeit mit dem IStGHJ, wodurch der Weg für die weitere Zusammenarbeit mit der Europäischen Union geebnet wird, fordert jedoch mit Nachdruck, dass diese Zusammenarbeit in Kürze zu weiteren Ergebnissen führt;
- 4. nimmt die Unterrichtung des Rates Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen der EU durch die Chefanklägerin des IStGHJ, Carla Del Ponte, auf ihrem Treffen am 15. Oktober 2007 in Luxemburg zur Kenntnis; fordert Serbien auf, die noch bestehenden Probleme bei der uneingeschränkten Zusammenarbeit mit dem IStGHJ mit Blick auf den bevorstehenden Besuch von Frau Del Ponte in Belgrad zu lösen fordert die Kommission auf, das SAA ohne weitere Verzögerung zu paraphieren sobald diese Probleme gelöst sind;
- 5. beglückwünscht Serbien zu seinen jüngsten Fortschritten bei der Zusammenarbeit mit dem IStGHJ, die eine Wiederaufnahme der Verhandlungen über das SAA und eine positive Bewertung der Zusammenarbeit Serbiens mit dem Gerichtshof durch dessen Chefanklägerin Carla Del Ponte ermöglicht haben; begrüßt die Festnahme und Überstellung von Zdravko Tolimir und Vlastimir Ðorðeviæ nach Den Haag, die Zusicherung von Ministerpräsident Kotunica gegenüber Carla Del Ponte, dass weitere Festnahmen wahrscheinlich seien (einschließlich des ehemaligen bosnischserbischen Generals Ratko Mladiæ) und die Schaffung neuer Strukturen, die darauf abzielen, alle Maßnahmen im Hinblick auf die Festnahme der Flüchtigen zu zentralisieren und die Transparenz des Nationalen Sicherheitsrates zu verbessern; begrüßt die Zusammenarbeit zwischen den Behörden Serbiens, Bosnien und Herzegowinas sowie Montenegros bei der Erleichterung der vor kurzem erfolgten Überstellungen nach Den Haag;
- 6. erinnert Serbien daran, dass die Unterzeichnung des SAA von der uneingeschränkten Zusammenarbeit mit dem IStGHJ abhängt und dass diese zur Festnahme und Überstellung aller übrigen Angeklagten führen sollte; stellt fest, dass die Festnahmen der jüngsten Vergangenheit zeigen, dass die serbischen Behörden in der Lage sind, angeklagte Kriegsverbrecher aufzuspüren und festzunehmen; betont, dass die uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem IStGHJ nicht nur eine internationale Verpflichtung ist, sondern auch einen entscheidenden Schritt zur dauerhaften Aussöhnung in der Region darstellt; fordert das serbische Parlament in diesem Zusammenhang auf, seine Verpflichtungen zu erfüllen, die aus dem oben genannten Urteil des IStGHJ erwachsen, und eine Erklärung zu verabschieden, mit der der Völkermord in Srebrenica verurteilt wird;
- 7. vertritt die Auffassung, dass es angesichts des Zeitplans für die Schließung des IStGHJ, der derzeit den Abschluss der Verfahren bis 2008 vorsieht, erforderlich wäre, eine Verlängerung des Mandats des IStGHJ für den Fall in Erwägung zu ziehen, dass angeklagte Kriegsverbrecher nach diesem Termin festzunehmen wären;
- 8. stellt fest, dass die auf der Tagung des Europäischen Rates in Brüssel am 21. und 22. Juni 2007 erzielte Kompromissvereinbarung den Weg zu einer Erneuerung der Rechtsgrundlage der Europäischen Union bis 2009 ebnet, wodurch der erforderliche institutionelle Rahmen für künftige Erweiterungen geschaffen wird und es der Europäischen Union und Serbien ermöglicht wird, den Beitrittsprozess auf der Grundlage der Entwicklung und der Leistungen Serbiens dynamisch zu führen;
- 9. vertritt die Ansicht, dass eine Entscheidung über den Status des Kosovo sowohl die Stabilität in den westlichen Balkanstaaten festigen als auch die Integrierung Serbiens in die Europäische Union erleichtern wird;
- 10. begrüßt, dass Serbien seit 2000 mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 5 % beträchtliche wirtschaftliche Fortschritte erzielt hat; stellt jedoch fest, dass dies nach Einschätzung des IMF nicht zu einer Verminderung der Armut oder der hohen Arbeitslosenrate (die über 20 % beträgt) geführt hat; vertritt die Auffassung, dass die Bewältigung dieser Probleme eine zentrale Herausforderung für die neue Regierung ist; fordert die serbische Regierung daher auf, sich stärker für die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Linderung der Armut einzusetzen und konkrete Maßnahmen zu ergreifen, die darauf abzielen, in allen Bezirken des Landes eine ausgewogene wirtschaftliche Entwicklung zu gewährleisten und dabei den wirtschaftlich am wenigsten entwickelten südöstlichen und östlichen Landesteilen besondere Aufmerksamkeit zu widmen;
- 11. ist der Überzeugung, dass der Ausbau der Verwaltungsstrukturen und -verfahren das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit erhöhen, die Marktwirtschaft stärken und das Wirtschaftswachstum in Serbien anregen kann; fordert die serbischen Staatsorgane auf das Wirtschaftsklima für ausländische Investitionen und die Transparenz in den Handelsbeziehungen zu verbessern;
- 12. begrüßt, dass Serbien eine neue Verfassung hat, die positive rechtliche Bestimmungen über die Menschenrechte enthält; stellt jedoch fest, dass der Rechtsrahmen für den Minderheitenschutz weiter verbessert werden muss; ist besorgt angesichts problematischer Bestimmungen wie etwa über das Verfahren zur Ernennung, Beförderung und Amtsenthebung von Richtern und Staatsanwälten und des Mangels an angemessener Anhörung der Öffentlichkeit oder an parlamentarischer Debatte während ihrer Ausarbeitung; fordert die serbischen Behörden auf, in Erwägung zu ziehen den Umfang der territorialen Dezentralisierung, insbesondere in Bezug auf die Provinz Vojvodina auszudehnen;
- 13. betont, wie wichtig es ist, dafür Sorge zu tragen, dass die Unterstützung der EU in einer Weise bereitgestellt wird, dass der derzeitigen territorialen und administrativen Struktur Serbiens und der ethnischen Zusammensetzung und den traditionellen wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen innerhalb der betroffenen Gebiete Rechnung getragen wird und die lokalen und regionalen Behörden vollumfänglich einbezogen werden; fordert die Kommission, den Rat und seine zuständigen Ausschüsse auf, die Einrichtung von Regionen der NUTS-Ebene 2 (Gemeinsame Klassifikation der Gebietseinheiten für die Statistik) in Serbien aufmerksam zu überwachen
- 14. beglückwünscht Serbien zu der größeren Transparenz der Regierungs- und Parlamentsarbeit und zu seinen guten Verwaltungskapazitäten; gratuliert Serbien zur Verabschiedung des Haushaltsgesetzes für 2007 und zur Wahl eines Ombudsmannes und eines Beauftragten für Öffentlichkeitsarbeit, eines Gouverneurs der serbischen Nationalbank und der Mitglieder des Rates der staatlichen Rechnungsprüfungsbehörde; bedauert, dass die Ernennung von Richtern für das Verfassungsgericht noch aussteht;
- 15. ist fest davon überzeugt, dass eine wichtige Menschenrechtsfrage darin besteht, dauerhafte Lösungen für Flüchtlinge und Binnenvertriebene zu finden, insbesondere weil sich in Serbien nach wie vor eine sehr hohe Zahl von Flüchtlingen, zumeist aus Kroatien und teilweise aus Bosnien und Herzegowina, und Binnenvertriebene aus dem Kosovo aufhalten; bedauert zutiefst, dass die für Ende 2006 festgesetzte Frist für die Lösung aller ausstehenden Fragen, die in der am 31. Januar 2005 von Kroatien, Bosnien und Herzegowina sowie Serbien und Montenegro unterzeichneten Erklärung von Sarajewo über die Rückkehr von Flüchtlingen und Entschädigungsleistungen für den Verlust von Eigentum aufgeführt sind, nicht eingehalten wurde und dass seither wenig Fortschritte erzielt wurden;
- 16. fordert die serbische Regierung daher auf, ihre Anstrengungen in Bezug auf die Umsetzung der Erklärung von Sarajewo fortzusetzen und einen klaren Rechtsrahmen anzunehmen in dem unter anderem die Rückkehr zum Herkunftsort und das Recht auf Entschädigungsleistungen für den Verlust von Eigentum vorgesehen sind; fordert die Europäische Union, ihre Mitgliedstaaten und die internationale Gemeinschaft auf, sich weiterhin für die Einhaltung der Rechte von Flüchtlingen einzusetzen und den in Rede stehenden Ländern kontinuierlich Unterstützung zu leisten, auch indem zu diesem Zweck ausreichende finanzielle Mittel bereitgestellt werden; betont, dass die Integrierung oder Wiederansiedelung von Binnenvertriebenen und Flüchtlingen das ursprüngliche ethnische Gleichgewicht eines Gebiets oder einer Region nicht signifikant verändern sollten; weist in diesem Zusammenhang auf das Rahmenübereinkommen des Europarates über den Schutz der Minderheiten vom 1. Februar 1995 hin;
- 17. erkennt die Fortschritte bei der Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Korruption an, die vor kurzem zu zahlreichen Festnahmen einschlägig bekannter Personen führten; stellt jedoch fest, dass Korruption, insbesondere bei der Polizei und im Justizapparat, immer noch ein ernstes Problem darstellt und dass offizielle Ermittlungen wegen Korruption oftmals politisch motiviert zu sein scheinen; weist darauf hin, dass Korruption ein Haupthindernis für die Anziehung größerer Auslandsinvestitionen ist, und fordert die serbische Regierung auf, eine umfassende Strategie zur Korruptionsbekämpfung umzusetzen; hält es für erforderlich, die Bekämpfung der organisierten Kriminalität fortzusetzen;
- 18. begrüßt den Abschluss der Übertragung der Zuständigkeit für den Grenzschutz von der Armee auf die Polizei als einen wichtigen Schritt, um die EU-Normen zu erfüllen; fordert den Rat und die Kommission eindringlich auf, die serbische Regierung weiter zu ermutigen, eine substanzielle Reform der Polizei, der Sicherheitsdienste und der Armee durchzuführen, einschließlich Maßnahmen zur Gewährleistung einer größeren Kontrolle des Militärs durch die Zivilgesellschaft; vertritt die Auffassung, dass bei der Polizeireform berücksichtigt werden sollte, dass in Regionen, in denen große Minderheitspopulationen leben, Polizeikräfte erforderlich sind, die die Sprache der Minderheiten sprechen;
- 19. ist der Auffassung, dass die Förderung der Rechtsstaatlichkeit und die konsequente Durchführung der Rechtsvorschriften zu den größten Prioritäten der Regierung gehören müssen; begrüßt die bisherigen Maßnahmen für die Justizreform, unterstreicht jedoch gleichzeitig, dass dieser Prozess fortgesetzt werden muss, insbesondere im Hinblick auf die Beschleunigung der Verfahren, den Zeugenschutz, die Verhütung von Korruption und die Unabhängigkeit der Richter; bedauert, dass das Verfassungsgericht nicht funktioniert, und hebt hervor, dass dies der Entwicklung der Demokratie und einer demokratischen Gesetzgebung in Serbien nicht zuträglich ist;
- 20. begrüßt den Abschluss des Gerichtsverfahrens wegen Mordes an Ministerpräsident Zoran Ðinðiæ und unterstützt die jüngste Initiative der Sonderstaatsanwaltschaft, die dem Mord zugrunde liegenden politischen Motive aufzudecken;
- 21. begrüßt die Arbeit des für Kriegsverbrechen zuständigen serbischen Staatsanwalts, bedauert jedoch, dass die wegen Kriegsverbrechen eingeleiteten inländischen Verfahren untergraben werden durch mangelnde Transparenz und den fehlenden politischen Willen, die Verantwortung in der Befehlskette über die unmittelbaren Täter hinaus zu denjenigen zurückzuverfolgen, die die Befehle erteilt haben; ist der Auffassung, dass die Strafen, die das für Kriegsverbrechen zuständige serbische Gericht gegen vier Mitglieder der paramilitärischen Gruppe namens "Scorpions" wegen der Exekutierung von sechs Muslimen aus Srebrenica verhängt hat, dem abscheulichen Charakter des Verbrechens nicht gerecht werden; stellt fest, dass der serbische Staatspräsident in der Öffentlichkeit sein Bedauern über das geringe Strafmaß zum Ausdruck gebracht hat;
- 22. vertritt die Auffassung, dass die Bürger Serbiens ein Recht darauf haben, die Wahrheit über die in der jüngsten Vergangenheit in ihrem Namen durchgeführte Kriegspolitik und den begangenen Völkermord zu erfahren und die Kriegsverbrecher zu kennen; ist der Ansicht, dass Serbien mit seiner jüngsten Vergangenheit ehrlich umgehen muss, um Fortschritte zu erzielen, und dass die Aufarbeitung der Vergangenheit ein integraler Bestandteil des Aussöhnungsprozesses mit den Nachbarn Serbiens ist; fordert die Regierung auf, die Wahrheits- und Versöhnungskommission, die 2001 eingerichtet worden war, wieder einzusetzen, nicht zuletzt, um ein positives Klima in den Landesteilen zu fördern, die am stärksten von dem interethnischen Konflikt betroffen sind; fordert die Kommission eindringlich auf, Initiativen zu fördern, die die persönlichen Kontakte zwischen den Menschen in der Region fördern, und für diesen Zweck mehr Mittel bereitzustellen;
- 23. begrüßt, dass sich der serbische Staatspräsident bei den kroatischen Bürgern für die Kriegsverbrechen entschuldigt hat, die im Namen Serbiens während des Krieges der jüngsten Vergangenheit verübt wurden; wertet diese Entschuldigung als einen Ausdruck großer politischer Reife und demokratischer Führung und als konkreten Beweis für die Entschlossenheit der gegenwärtigen Regierung, eine Politik der Freundschaft und der Zusammenarbeit mit ihren Nachbarstaaten zu verfolgen;
- 24. vertritt die Auffassung, dass Aussöhnung und Gerechtigkeit für die Stabilität und Entwicklung aller Länder in der Region sowie für ihre Integration in die Europäische Union unverzichtbar sind; fordert die Nachbarstaaten Serbiens auf, diesem Beispiel zu folgen und jeden Ausdruck ethnischer Intoleranz und von Rassismus auf ihren Hoheitsgebieten zu verurteilen;
- 25. ist der Ansicht, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten Programme auflegen und unterstützen sollten, die eine psychischsoziale Beratung vorsehen, die sich vorwiegend, aber nicht ausschließlich, auf Frauen und Kinder konzentriert, die durch ihre Erfahrungen vor und während des Krieges traumatisiert sind;
- 26. begrüßt die vor kurzem eingeleitete Zusammenarbeit zwischen Belgrad und Pritina bei der Suche nach vermissten Personen aufgrund des Krieges im Kosovo, insbesondere die jüngsten gemeinsamen Anstrengungen im Bezirk Raka; fordert die serbische Regierung auf, einen öffentlichen Bericht über Maèkatica zu erstellen;
- 27. fordert den Rat und die Kommission auf, der Internationalen Kommission für vermisste Personen (ICMP) ausreichende Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, damit sie die Identifizierung aller Vermissten im Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens bis 2010 abschließen kann; vertritt die Auffassung, dass die Tätigkeit der ICMP einen erheblichen Beitrag zum Prozess der Wahrheitsfindung, der Gerechtigkeit und der Aussöhnung in der Region leistet;
- 28. stellt fest, dass laut einer Umfrage, die 2004 von der Strategic Marketing Agency für die Studentenunion Serbiens durchgeführt wurde, 70% der serbischen Studenten noch nie ins Ausland gereist sind; begrüßt die Initiativen, den serbischen Studenten Studienmöglichkeiten in den EU-Staaten zu eröffnen; fordert die Mitgliedstaaten auf, neue Wege der Förderung der Interaktion mit dem serbischen Volk zu suchen;
- 29. stellt fest, dass Serbien durch seine Mitgliedschaft in zahlreichen regionalen Initiativen wie etwa im Stabilitätspakt/Regionalen Kooperationsrat und im Mitteleuropäischen Freihandelsabkommen (CEFTA) aktiv zur regionalen Zusammenarbeit und zu gutnachbarschaftlichen Beziehungen beiträgt; fordert Serbien auf, weiterhin eine verantwortungsvolle Rolle in der Region zu spielen; betont, dass es im eigenen Interesse Serbiens ist, mit seinen regionalen Partnern gute Beziehungen zu entwickeln und zu unterhalten, die wirksame grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu verstärken das Potenzial der nationalen Minderheiten in den Grenzgebieten vollständig auszuschöpfen und sich aktiv an bilateralen, regionalen und europäischen Infrastrukturprojekten zu beteiligen; bekräftigt, dass die Zukunft aller Länder in der Region in der Europäischen Union liegt;
- 30. ermutigt die serbische Regierung, gutnachbarschaftliche Beziehungen mit Bosnien und Herzegowina zu pflegen:;
- 31. fordert die serbische Regierung eindringlich auf, den Dialog mit ihren Nachbarn im Südosten Europas über Grenzfragen fortzusetzen, da die territorialen Grenzen zwischen Serbien und Kroatien sowie Serbien und Bosnien und Herzegowina noch festgelegt werden müssen;
- 32. beglückwünscht Serbien zu den verbesserten interethnischen Beziehungen, insbesondere in der Vojvodina, in der Zwischenfälle zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen erheblich abgenommen haben, wenngleich sie nicht völlig ausbleiben fordert die serbischen Behörden auf, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, um die Entwicklung der nationalen Minderheiten in der multiethnischen Vojvodina zu unterstützen ihr friedliches Zusammenleben zu fördern und zu gewährleisten, dass Polizei, Justiz und die übrigen Staatsorgane ethnisch neutral handeln, und dafür Sorge zu tragen, dass sich die ethnische Zusammensetzung in angemessener Weise in der Zusammensetzung des Personals dieser Staatsorgane widerspiegelt, damit in der Bevölkerung das erforderliche Vertrauen in diese Institutionen entsteht; fordert die serbischen Staatsorgane ferner auf, einen potenziellen Zustrom von Flüchtlingen sorgsam zu steuern, damit das ethnische, kulturelle, religiöse, wirtschaftliche und politische Gleichgewicht der Region nicht gestört wird und ihre Integration in ein multikulturelles Umfeld erfolgreich verläuft; betont, von welch ausschlaggebender Bedeutung Programme sind, die auf die Schaffung von Toleranz zwischen den Gemeinschaften, insbesondere in der Vojvodina, abzielen; vertritt die Auffassung, dass EU-Mittel auch für diese Programme erforderlich sind;
- 33. begrüßt, dass erstmals in einem Jahrzehnt albanische Parteien aus dem Preevo-Tal an den jüngsten Wahlen teilgenommen haben und dass Minderheiten sowohl in der Legislative als auch in der Exekutive vertreten sind; vertritt die Ansicht, dass der Sandak eine Region ist, die weiterhin Anlass zu besonderer Besorgnis geben wird; fordert die Regierung auf, mit den örtlichen politischen Akteuren zusammenzuarbeiten um politische Maßnahmen zu erarbeiten, die einer weiteren Radikalisierung und weiteren Spaltungen innerhalb der Gemeinschaft entgegenwirken;
- 34. begrüßt die im Haushalt 2007 bereitgestellten Mittel für Projekte, die direkt an das Jahrzehnt der Integration der Roma gekoppelt sind; ist jedoch besorgt angesichts des allgemeinen Mangels an einem systematischen politischen Konzept für die Verbesserung des Lebens und der Lebensbedingungen der Roma sowie der Binnenvertriebenen und Rückkehrer sowie angesichts der anhaltenden Diskriminierung der Gemeinschaft der Roma;
- 35. fordert die serbische Regierung auf, die nationalen Aktionspläne für die Durchführung des Jahrzehnts der Integration der Roma sowohl finanziell als auch institutionell vollständig umzusetzen, um konkrete und dauerhafte Lösungen für die Gemeinschaft der Roma zu konzipieren; erinnert Serbien daran, dass die Annahme umfassender Rechtsvorschriften für die Bekämpfung von Diskriminierung und die nachhaltige Repatriierung der Roma, die noch in Lagern leben, zu den Prioritäten der europäischen Partnerschaft mit Serbien zählen;
- 36. nimmt die Einrichtung einer Agentur für Menschen- und Minderheitenrechte, die direkt dem Ministerpräsidenten unterstellt ist und das ehemalige Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte der Staatenunion ersetzt, zur Kenntnis; fordert den Ministerpräsidenten auf, eine kohärente und aktive Minderheitenpolitik zu verfolgen und sicherzustellen, dass Menschen- und Minderheitenrechte eine Priorität auf der Regierungsagenda sind; begrüßt die Tatsache, dass die neue Verfassung Serbiens den Nationalen Räten ethnischer Minderheiten eine Verfassungsgrundlage bereitstellt und fordert die Annahme neuer Rechtsvorschriften, um den Status, die Tätigkeit und die Wahl dieser Räte besser zu regeln; hofft, dass diese einen besseren Rechtsrahmen für den Schutz der Minderheitenrechte und die Integration aller Minderheiten in alle staatlichen Strukturen bieten;
- 37. begrüßt die Annahme einer umfassenden nationalen Strategie zur Bekämpfung des Menschenhandels, fordert die serbische Regierung jedoch eindringlich auf, die entsprechenden Fälle konsequenter zu verfolgen und zu gewährleisten, dass gegen Menschenhändler Haftstrafen verhängt werden, die der Art der Straftat entsprechen, und dass sie diese Haftstrafen auch tatsächlich verbüßen;
- 38. vertritt die Ansicht, dass die Umwandlung des staatlichen Rundfunk- und Fernsehsenders Serbiens (RTS) in eine öffentlichrechtliche Rundfunk- und Fernsehanstalt einen Fortschritt darstellt, weist jedoch auf die mangelnde öffentliche Debatte über Änderungen des Rundfunk- und Fernsehgesetzes und Mängel beim Verfahren für die Ernennung der Mitglieder des Verwaltungsrats von RTS hin; weist ferner darauf hin, dass uneingeschränkt demokratische Regeln für die Vergabe von Lizenzen für die Übertragung von Radio- und Fernsehsendungen aufgestellt werden müssen die insbesondere die Möglichkeit vorsehen, gegen Entscheidungen der Vergabebehörde Rechtsmittel einzulegen; bedauert zutiefst, dass keine Fortschritte bei der Aufklärung der Morde an Journalisten zu verzeichnen sind und beklagt den jüngsten Mordversuch an einem prominenten Enthüllungsjournalisten für Kriegsverbrechen und organisierte Kriminalität; fordert die zuständigen Behörden auf, die Täter zu ermitteln und die Straftat gründlich zu untersuchen;
- 39. stellt fest, dass es einen gut entwickelten NRO-Sektor gibt, und begrüßt die Anstrengungen der Behörden, einen Austausch mit der Zivilgesellschaft zu pflegen, vor allem die besondere Kooperationsvereinbarung, die vom serbischen Amt für europäische Integration, von NRO und von dem vom serbischen Staatspräsidenten ins Leben gerufenen Rat für die Beziehungen zur Zivilgesellschaft unterzeichnet wurde, und den Rat für Außenpolitik, der vom serbischen Außenminister eingerichtet wurde, sowie die Aufnahme von Vertretern von NRO in den Staatsrat für europäische Integration, dem der serbische Ministerpräsident vorsitzt; fordert das serbische Parlament auf, Rechtsvorschriften zu verabschieden, um die Rechtslage für zivilgesellschaftliche Organisationen zu verbessern;
- 40. verurteilt die öffentliche Verunglimpfung von Akteuren der Zivilgesellschaft, die die Regierung kritisieren oder auf sensible Fragen wie Kriegsverbrechen aufmerksam machen bedauert die Serie politisch motivierter Übergriffe der jüngsten Vergangenheit und warnt vor einem zunehmenden Vorherrschen von Hassreden in den Medien und in der Politik, die gegen Menschenrechtsaktivisten, Journalisten und Politiker gerichtet sind;
- 41. begrüßt die Unterzeichnung der Abkommen über Visaerleichterung und Rückübernahme am 18. September 2007 und fordert den Rat eindringlich auf, Sorge dafür zu tragen, dass sie bis Ende 2007 in Kraft treten; begrüßt die Annahme des Gesetzes über Reisedokumente und stellt fest, dass gegenwärtig Gesetze über Asyl, die Staatsgrenzen und Ausländer verabschiedet werden; fordert den Rat auf, mit der Unterstützung der Kommission einen konkreten Fahrplan für den visumfreien Verkehr zu erarbeiten und flankierende Maßnahmen zu verabschieden, um die Reisemöglichkeiten für eine größere Anzahl von Bürgern zu verbessern, insbesondere für junge Menschen; betont, wie wichtig die Mobilität für die politische und wirtschaftliche Entwicklung Serbiens ist, weil Mobilität den Menschen die Möglichkeit bietet, eigene Erfahrungen mit der Europäischen Union zu sammeln, und Serbien den europäischen Integrationsprozess erleichtert; fordert eine größere Beteiligung am lebenslangen Lernen und an kulturellen Austauschprogrammen; ersucht den Rat, auch die Einrichtung eines gemeinsamen Systems für die Bearbeitung von Visumanträgen zu prüfen, mit dem die Belastung der am stärksten frequentierten Konsulate vermindert wird, und zu gewährleisten, dass die Anträge in angemessener Frist bearbeitet werden;
- 42. vertritt die Auffassung, dass die Reform des Bildungssystems nicht nur ein unbedingt erforderlicher sondern der einzige Weg ist, auf dem Serbien ein neues Wertesystem für jüngere Generationen im Rahmen des derzeitigen Demokratisierungsprozesses entwickeln kann;
- 43. fordert den Rat, die Kommission und alle Mitgliedstaaten auf, gemeinsame Anstrengungen zu unternehmen, um die Sichtbarkeit der Europäischen Union in Serbien zu erhöhen, und fordert die Kommission eindringlich auf, weitere Verzögerungen bei der Einstellung von Personal für das Büro ihrer Delegation, einschließlich von Experten für die Verwaltung von IPA-Mitteln (Instrument für Heranführungshilfe), zu vermeiden;
- 44. fordert den Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten und seinen Unterausschuss für Menschenrechte auf, die Situation in der Vojvodina weiterhin aufmerksam zu verfolgen und den Schlussfolgerungen des Berichts der Untersuchungsmission seiner adhoc Delegation in die Vojvodina und nach Belgrad Rechnung zu tragen;
- 45. fordert die serbischen Staatsorgane auf, so schnell wie möglich Rechtsvorschriften für die Rückgabe von Eigentum zu verabschieden, die im Einklang mit denen anderer Länder stehen und die gegebenenfalls eine Erstattung der realen Kosten anstelle einer Entschädigung mit Staatsanleihen vorsehen;
- 46. fordert die neuen Mitgliedstaaten auf, eine aktive Rolle bei der Annäherung Serbiens an die Europäische Union zu spielen und Serbien ihre Erfahrungen mit Reformen zugute kommen zu lassen;
- 47. fordert die serbischen Behörden auf, den Angleichungsprozess an die EU-Rechtsvorschriften und -normen im Umweltbereich fortzuführen und die angenommenen Rechtsvorschriften durchzuführen und umzusetzen;
- 48. begrüßt die Teilnahme Serbiens am Siebten Rahmenprogramm der Europäischen Gemeinschaft für Forschung und technologische Entwicklung; fordert den Rat auf, Partnerschaftsprogramme und Programme zur technischen Unterstützung, insbesondere jene, die auf junge Menschen ausgerichtet sind, zu verstärken;
- 49. beauftragt seinen Präsidenten, diese Empfehlung dem Rat, und zur Information der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und Serbiens zu übermitteln.
- 1 ABl. C 227 E vom 21.9.2006, S. 620.