Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments
- 313128 - vom 30. November 2004. Das Europäische Parlament hat die
Entschließung in der Sitzung am 28. Oktober 2004 angenommen.
Entschließung des Europäischen Parlaments zu Streumunition
Das Europäische Parlament,
- - Auswirkungen nicht zur Wirkung gelangter Kampfmittel (Landminen und Streumunition)
und abgereichertes Uran enthaltender Munition", vom 13. Dezember 2001 zu Streubomben
und vom 6. September 2001 zu Maßnahmen zur Förderung einer Verpflichtung
nichtstaatlicher Akteure zur vollständigen Ächtung von Anti-Personenminen,
- - unter Hinweis auf das dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über bestimmte
konventionelle Waffen (Waffenübereinkommen) beigefügte Protokoll V vom 28.
November 2003, das explosive Kampfmittelrückstände betrifft,
- - Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Anti-Personenminen und
über deren Zerstörung,
- - unter Hinweis auf die am 13. November 2003 von 115 nichtstaatlichen Organisationen in 47
Ländern gegründete "Cluster Munition Coalition",
A. in der Erwägung, dass der Begriff "explosive Kampfmittelrückstände" sich auf nicht
explodierte Munition (explosive Munition, die scharf gemacht, mit Zündvorrichtung
versehen, geladen oder in anderer Weise zur Verwendung vorbereitet und in einem
bewaffneten Konflikt eingesetzt worden ist und die hätte explodieren sollen, aber nicht
explodiert ist) und auf zurückgelassene explosive Munition bezieht, und unter Hinweis
darauf, dass Anti-Personenminen Minen sind, die dazu bestimmt sind, durch die Gegenwart,
Nähe oder Berührung einer Person zur Explosion gebracht zu werden, und die durch das
Übereinkommen von Ottawa verboten werden,
B. unter Hinweis darauf, dass es notwendig ist, das internationale humanitäre Recht in Bezug
auf Streumunition zu stärken und neue Protokolle, die die Verwendung von Streumunition
und Anti-Fahrzeug-Minen einschränken, durch die Gruppe der Regierungsexperten (GGE)
im Rahmen des Waffenübereinkommens zu schaffen,
C. unter Hinweis darauf, dass der Begriff Streumunition sich auf Waffensysteme bezieht, die
aus der Luft abgeworfen oder vom Boden abgeschossen werden,
D. unter Hinweis darauf, dass Streumunition eine hohe Blindgängerquote hat, dass sie häufig
nicht beim Aufprall explodiert und dass sie noch lange nach Beendigung eines Konflikts
eine Gefahr für die Bevölkerung bleibt, wobei viele Arten von Streumunition und Anti-
Fahrzeug-Minen mit empfindlichen Zündvorrichtungen ausgestattet sind, die auf einen
geringeren physischen Kontakt reagieren als Anti-Personenminen,
E. unter Hinweis darauf, dass Streumunition sehr unpräzise wirkt, häufig in hohen Stückzahlen
eingesetzt wird und sich nach der Ausbreitung auf ein großes Gebiet verteilt, was große
Mengen explosiver Kampfmittelrückstände verursacht,
F. unter besorgtem Hinweis auf die erheblichen humanitären Folgen nicht explodierter
Munitionsteile, einschließlich Anti-Fahrzeug-Minen, für empfindliche
Bevölkerungsgruppen und Personen, die zur humanitären Hilfe eingesetzt werden, und auf
die hohe Rate an Todesfällen und Verletzungen, gerade bei Kindern, die sich durch die
geringe Größe und die Farben dieser Waffen angezogen fühlen,
G. in der Erwägung, dass sämtliche Arten von Aufhebeschutzvorrichtungen Personen
gefährden, die in der humanitären Minenräumung eingesetzt sind,
H. unter Hinweis darauf, dass nicht explodierte Streumunition sich schädlich auf die
Entwicklung insgesamt auswirkt, weil die von nicht explodierter Munition ausgehende
Gefahr die Benutzung von Straßen unmöglich macht und die Nutzung von Agrarflächen
verhindert, was den Handel und die Verbindungen vor Ort beeinträchtigt, die
Nahrungsmittelversorgungssicherheit verschlechtert und die Gewährung humanitärer Hilfe
verhindern kann,
I. unter Hinweis darauf, dass zu den Staaten, die von Streumunition geschädigt wurden, einige
der ärmsten der Welt gehören, wie Afghanistan, Kambodscha, Tschad, Eritrea, Äthiopien,
Laos, Sudan und Vietnam, und dass Streumunition außerdem im Falklands/Malwinen-
Konflikt eingesetzt wurde sowie in Albanien, Bosnien und Herzegowina, Irak, Kuwait,
Libanon, Russland (Tschetschenien), Saudi-Arabien sowie Serbien und Montenegro
(einschließlich Kosovo),
J. unter Hinweis darauf, dass nach Schätzungen 78 Staaten noch rund 400 Millionen Anti-
Personenminen und Anti-Fahrzeug-Minen lagern, dass 15 000 bis 20 000 Menschen pro
Jahr Minen zum Opfer fallen und dass Streumunition nachweislich in über 15 EU-
Mitgliedstaaten gelagert und in mindestens zehn EU-Mitgliedstaaten hergestellt wird,
K. im Bedauern über die großen Mengen an Streumunition, die die Koalitionsstreitkräfte in
den Kriegen in Afghanistan und Irak eingesetzt haben,
- 1. verlangt ein sofortiges Moratorium für die Verwendung, Lagerung, Herstellung,
Verbringung und Ausfuhr von Streumunition einschließlich der aus der Luft abgeworfenen
Streumunition und der Munitionsteile, die durch Flugkörper, Raketen und
Artilleriegeschosse transportiert werden, bis ein internationales Übereinkommen
ausgehandelt ist, das den Einsatz dieser Waffen regelt, einschränkt oder verbietet,
- 2. fordert alle Staaten, die nicht Vertragsparteien des Protokolls V über explosive
Kampfmittelrückstände und des Übereinkommens von Ottawa über Anti-Personenminen
sind, beide Instrumente zu unterzeichnen und zu ratifizieren und in der Zwischenzeit in
deren Geist zu handeln, und fordert den Vorsitz des Rates und die EU-Mitgliedstaaten auf,
für ein Mandat zur Aushandlung eines neuen Protokolls zu dem Waffenübereinkommen
einzutreten, das der Bewältigung aller mit dem Einsatz von Streumunition
zusammenhängenden humanitären Probleme dient;
- 3. fordert all diejenigen, die Streumunition und vergleichbare, explosive
Kampfmittelrückstände verursachende Waffen einsetzen, auf, die Verantwortung für die
Räumung dieser Kampfmittel zu übernehmen und insbesondere genaue Aufzeichnungen
darüber zu führen, wo solche Kampfmittel eingesetzt worden sind, um
Räumungsmaßnahmen nach Konflikten zu unterstützen; vertritt die Auffassung, dass solche
Aufzeichnungen dazu benutzt werden sollten, entsprechend dem Protokoll V über explosive
Kampfmittelrückstände deutliche Warnungen vor gefährlichen Gebieten an die
Bevölkerung vor Ort und die zur humanitären Hilfe eingesetzten Personen abzugeben,
- 4. fordert alle Staaten auf, das Übereinkommen von Ottawa zu unterzeichnen und zu
ratifizieren, und legt allen EU-Mitgliedstaaten und Vertragsparteien des Übereinkommens
von Ottawa nahe, darauf zu beharren, dass jede Mine, die durch die Gegenwart, Nähe oder
Berührung einer Person detonieren kann, eine durch das Übereinkommen verbotene Anti-
Personenmine ist; weist darauf hin, dass dies ausdrücklich bedeutet, dass Stolperdrähte,
Alarmdrähte, Kipp-Zündvorrichtungen, Niedrigdruck-Zündvorrichtungen,
Aufhebeschutzvorrichtungen und ähnliche Zündvorrichtungen für Vertragsstaaten des
Übereinkommensverboten sind;
- 5. verlangt, dass EU-Streitkräfte unter keinen Umständen und keinen Bedingungen
irgendwelche Streumunition einsetzen sollten, bis ein internationales Übereinkommen über
die Regelung, die Einschränkung oder das Verbot des Einsatzes dieser Waffen ausgehandelt
worden ist;
- 6. betont, dass der Staat, der ein Gebiet unter Kontrolle hat, die Verantwortung dafür trägt,
Warnhinweise zu geben und Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung zu treffen, auch
durch Aufklärung von Kindern, und spezielle Informationen über die Unterstützung der
Opfer von explosiven Kampfmittelrückständen abzugeben;
- 7. fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, unverzüglich Maßnahmen zu treffen, die bewirken, dass
Anti-Fahrzeug-Minen, die durch die Anwesenheit, Nähe oder Berührung einer Person leicht
detonieren können, entsprechend den Bestimmungen des Übereinkommens von Ottawa
vernichtet werden müssen;
- 8. fordert alle EU-Mitgliedstaaten, die Streumunition eingesetzt haben, auf, der betroffenen
Bevölkerung Unterstützung zu gewähren; fordert zudem die Kommission auf, über alle
verfügbaren Instrumente die finanzielle Unterstützung der von nicht explodierter
Streumunition betroffenen Bevölkerungsgruppen und Einzelpersonen zu erhöhen;
- 9. fordert die einschlägigen Ausschüsse auf, Treffen auf der Ebene des
Waffenübereinkommens genau zu beobachten und daran mitzuwirken, über die auf
Streumunition und verwandte Kampfmittel bezogenen Initiativen der Mitgliedstaaten
Bericht zu erstatten und über internationale Maßnahmen, die solche Kampfmittel betreffen,
zu berichten;
- 10. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, dem
Hohen Vertreter für die GASP, den Regierungen und Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten,
dem UN-Generalsekretär sowie dem Präsidenten und dem Kongress der USA zu
übermitteln.