Der Bundesrat hat in seiner 805. Sitzung am 5. November 2004 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
Zur Vorlage allgemein
- 1. Der Bundesrat nimmt den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung humaner Fangnormen für bestimmte Tierarten zur Kenntnis. Er begrüßt die Übereinkommen mit dem Ziel der Festlegung humaner Fangnormen bei der Fallenjagd auf internationaler Ebene.
- 2. Der Bundesrat erkennt und unterstützt das Hauptziel des Richtlinienvorschlags, das in der Umsetzung der in den internationalen Abkommen über humane Fangnormen getroffenen Vereinbarungen liegt. Bei der Umsetzung ist jedoch darauf zu achten, dass die Umsetzung der in den internationalen Abkommen über humane Fangnormen getroffenen Vereinbarungen 1 : 1 erfolgt, bisher notwendiger Falleneinsatz zumindest im Ausnahmeweg weiter möglich bleibt und dabei zusätzlicher Kosten- und Verwaltungsaufwand nach Möglichkeit vermieden wird.
- 3. Der Richtlinienvorschlag enthält äußerst differenzierte Vorgaben, die den sowohl auf Landes-, Bundes- sowie europäischer Ebene bestehenden Bestrebungen zur Subsidiarität und Deregulierung von Vorschriften entgegenlaufen.
Der Bundesrat bittet deshalb bei den weiteren Verhandlungen darauf zu achten, dass in die Richtlinie keine über das Übereinkommen hinausgehenden Verpflichtungen aufgenommen werden, etwa der Anwendungsbereich der Richtlinie nicht über die im Übereinkommen aufgeführten Tierarten auf weitere Tierarten erstreckt wird.
- 4. Der Richtlinienvorschlag enthält mehrere Regelungen, die lediglich zu einer Zunahme der Bürokratie nicht aber gegenüber bestehenden innerstaatlichen Regelungen, zu einer weiteren Verbesserung des Schutzes der Tiere führen werden. So gibt es bereits auf Länderebene vergleichbare Normen, die auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse einen humanen Fang der Tiere gewährleisten. Die Mitgliedstaaten sollten deshalb die neben den vorgesehenen Regelungen der Richtlinie bereits bestehenden Normen, die sich in der Vergangenheit als tierschutzkonform und praktikabel erwiesen haben, weiterhin anwenden dürfen.
- 5. In dem Übereinkommen ist die Verpflichtung enthalten, geeignete Verfahren für die Bescheinigung von Fallen, die den Normen entsprechen, festzulegen. In der Richtlinie ist diese Vorgabe mit der Verpflichtung zur Zertifizierung mit Standardzertifizierungsnachweis umgesetzt.
Um sicherzustellen, dass auf Länderebene möglicherweise bereits bestehende Kennzeichnungen und Registrierungen von Fallen ausreichend bleiben, sollte in der Richtlinie anstelle des Begriffs "Zertifikat" bzw. "Zertifizierung" der Begriff "Bescheinigung" gewählt werden.
- 6. Das vorgesehene neue Zertifizierungssystem einschließlich Prüfung der verschiedenen Fallentypen würde nicht nur einen unverhältnismäßigen zusätzlichen Verwaltungsaufwand hervorrufen, sondern auch mit Tierversuchen verbunden sein. Es sollten daher auch bereits bestehende Verfahren der Mitgliedstaaten zulässig sein, um derartige Tierversuche zu vermeiden.
In der Richtlinie ist daher eine Ermächtigung für die Mitgliedstaaten vorzusehen, mit der die Zulassung der Verwendung von Fallen durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten - abweichend von den Bestimmungen der Richtlinie - möglich ist, wenn durch vergleichbare Regelungen der Mitgliedstaaten ein entsprechend hohes Tierschutzniveau gewährleistet ist.
Zur Vorlage im Einzelnen
Zu Artikel 4 Abs. 1
- 7. Der Bundesrat spricht sich außerdem dafür aus, dass die Zertifizierung nach Artikel 4 Abs. 1 des Richtlinienvorschlags außer durch die zuständigen Behörden selbst auch durch sonstige Stellen erfolgen kann, die von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten beauftragt werden.
Zu Artikel 5 Abs. 3 und Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe e
- 8. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich bei der Kommission dafür einzusetzen, dass der Einsatz von Käfigfallen beim Fang der Bisamratte zumindest im Ausnahmeweg weiterhin möglich bleibt, um insbesondere in besonders gefährdeten Gebieten Deichsicherheit und Hochwasserschutz, aber auch den Schutz von öffentlichem und privatem Eigentum gewährleisten zu können. Die Ergebnisse der von der Europäischen Gemeinschaft in Auftrag gegebenen Studie, die das Ziel hatte, eine standardisierte Methode der Eignungsprüfung von Bisamfallen zu entwickeln, hat bei den Käfigfallen zu keiner abschließenden Aussage geführt; vor einer Entscheidung wurde von der Forschungsgruppe weiterer Forschungsbedarf konstatiert. Diesen noch ausstehenden Bewertungen wird der Vorschlag nicht hinreichend gerecht, solange keine Klarheit über die Anwendung der in Artikel 5 Abs. 3 des Richtlinienvorschlags genannten Kriterien auf den Käfigfalleneinsatz bei Bisamratten besteht. Die Erwähnung der Studie in Nummer 2 der Begründung ist dazu nicht ausreichend. Die Ausnahmeregelung in Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe e des Richtlinienvorschlags stellt nur auf die Forschungen über Ersatzfallen ab und trifft daher das vorgenannte Problem nicht vollständig. In Buchstabe e sollten daher zumindest die Worte "über Ersatzfallen" gestrichen werden.
Zu Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe f
- 9. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich bei der Kommission dafür einzusetzen, dass die Ausnahmeregelung in Buchstabe f sich auch auf die Herstellung und Verwendung bestimmter von den zuständigen Behörden genehmigter Fallenmuster erstreckt. Dabei sollte nicht differenziert werden, ob diese von Einzelpersonen oder öffentlichen Einrichtungen hergestellt und/oder verwendet werden. Die jetzige Formulierung ist zumindest missverständlich und dürfte über die Anmerkung 1 zu Artikel 7 der Internationalen Übereinkommen hinausgehen. Eine personenbezogene Ausnahme wäre mit unvertretbarem Aufwand verbunden und nicht sachgerecht.
Zu Artikel 7
- 10. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich bei der Kommission dafür einzusetzen, dass der Prüf- und Zertifizierungsaufwand reduziert oder zumindest ausreichend berücksichtigt wird, dass die dabei entstehenden Kosten je Fallentyp, die von der Kommission auf 30.000 bis 100.000 Euro geschätzt werden (Nummer 5 der Begründung), in einigen Bereichen von den bisher tätigen Betrieben nicht aufzubringen sein werden. So werden die Fallen für den Bisamrattenfang (Ausnahme: z.B. Schlagfallenmodelle der Marke Conibear) in vergleichsweise kleiner Zahl von kleinen Betrieben hergestellt, die nicht in der Lage sein dürften, die geschätzten Zertifizierungskosten zu tragen. Die Folge der vorgesehenen Abläufe wird sein, dass selektiv fangende, vogelsichere Schlagfallen wegen der hohen Prüfgebühren nicht mehr hergestellt werden; vielmehr werden nicht selektiv fangende Fallentypen internationaler zahlungskräftiger Firmen zum Nachteil des Artenschutzes eine Monopolstellung erhalten.
- 11. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung darüber hinaus, sich bei der Kommission dafür einzusetzen, die Möglichkeiten, die sich aus der Fußnote zu Artikel 7 des Übereinkommens ergeben ("(1) Die Vertragsparteien kommen überein, dass Artikel 7 kein Verbot für die Herstellung und Verwendung von Fallen durch Einzelpersonen darstellt, sofern die Fallen den von der zuständigen Behörde genehmigten Mustern entsprechen."), auch in der Richtlinie zu eröffnen, da damit ein großer Teil des oben dargestellten zusätzlichen Verwaltungsaufwandes z.B. im Bereich der Jagd nicht anfallen würde. Zu Artikel 10
- 12. Der Bundesrat anerkennt, dass weitere Forschung zur Verbesserung der humanen Fangformen im Sinne des Artikels 10 des Richtlinienvorschlags notwendig ist. Er bittet die Bundesregierung, hierfür die erforderlichen Mittel bereitzustellen.
Zu Anhang II Ziffer 3.3 - neu -
- 13. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, in die Richtlinie aufzunehmen, dass die humanen Fangmethoden bei Totschlagfallen mit den von der Deutschen Versuchs- und Prüfanstalt für Jagd- und Sportwaffen e. V. (DEVA) auf Grundlage des Gutachtens "Untersuchung von jagdlichen Schlagfallen (Schlageisen) zur Feststellung ihrer physikalischen Kenngrößen für das sofortige Töten des zu fangenden Tieres und die Entwicklung von Prüfgeräten zur Überprüfung der Funktionssicherheit der Schlageisen" ermittelten Parametern als erfüllt gelten. In dieser Untersuchung hat die DEVA, ausgehend von den Feldversuchen des Instituts für Wildtierforschung an der Tierärztlichen Hochschule Hannover die dynamischen und statischen Parameter tötungseffizienter Fangeisen ermittelt und dabei festgestellt, dass es wegen des offensichtlichen Zusammenhangs zwischen beiden Parametern zulässig ist, nur statistische Überprüfungen (Messung der Klemmkraft) vorzunehmen. Insoweit liegen bereits wissenschaftlich abgesicherte und fundierte Fakten vor, die gerade aus Tierschutzgründen ohne Tötungsversuche an lebenden Tieren erfolgt sind.
Anhang II der Richtlinie sollte deshalb um folgende Ziffer 3.3. ergänzt werden:
"3.3. Anerkannte TötungsfangmethodenAls Fallen für den Totfang (Schlagfallen) dürfen Fangeisen mit zwei Halbrundbügeln und einer oder zwei Spannfedern (so genannte "Schwanenhälse" oder "Eiabzugseisen") verwendet werden, wenn sie
- 1. über einen Köderabzug ausgelöst werden und
- 2. im Verhältnis zur Bügelweite folgende Mindestklemmkräfte in Newton (N) einhalten:
- - Bügelweite 33 cm bis 41 cm: 150 N
- - Bügelweite über 41 cm bis 51 cm: 175 N
- - Bügelweite über 51 cm bis 66 cm: 200 N
- - Bügelweite über 66 cm bis 74 cm: 300 N."