- 1.
Der federführende Finanzausschuss und
der Agrarausschuss
empfehlen dem Bundesrat,
zu dem Gesetz gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes
die Einberufung des Vermittlungsausschusses mit dem Ziel zu verlangen,
den Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages aufzuheben.Begründung
Der Bundesrat lehnt die vom Deutschen Bundestag beschlossenen einseitig den Sektor Landwirtschaft betreffenden Maßnahmen ab.
- 2. Das Haushaltsbegleitgesetz 2005 unterstreicht einmal mehr die unberechenbare Politik der Regierungskoalition. Bundestag und Bundesrat haben sich im Vermittlungsverfahren Ende vergangenen Jahres aus guten Gründen darauf verständigt, die jetzt wieder aufgegriffenen Einschränkungen nicht umzusetzen. Für den Bundesrat ist es eine Frage der politischen Glaubwürdigkeit, das damals beschlossene Moratorium nicht aufzukündigen. Der Bundesrat stellt fest, dass die von der Regierungskoalition betriebene Politik der Instabilität und Verunsicherung, indem bewährte Regelungen immer häufiger und in immer kürzeren Zeitabständen geändert werden, einer der Hauptgründe für die anhaltend unbefriedigende Lage der deutschen Wirtschaft und die Verunsicherung vieler Bürger ist. Bürger und Unternehmen müssen sich auf einen längerfristigen Bestand von Gesetzesnormen verlassen können sowie auf die Planungssicherheit und langfristige Stabilität einmal getroffener politischer Entscheidungen vertrauen können.
Im Übrigen weist der Bundesrat auf Folgendes hin:*)
- 3.
a) Mit Artikel 1 HBeglG 2005 wird unter anderem beim Agrardiesel ein Selbstbehalt von jährlich 350 Euro sowie eine Begrenzung der vergütungsfähigen Gasölmenge von jährlich 10 000 Litern neu eingeführt. Damit ergibt sich eine weitere Verschlechterung der Wettbewerbsstellung der deutschen Landwirtschaft im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedstaaten. Während der Steuersatz für Agrardiesel beispielsweise in Frankreich bei sechs Cent je Liter, in Italien bei acht Cent je Liter liegt und in Österreich eine Senkung um rund zwei Drittel auf 9,8 Cent je Liter vorgenommen wird, wird der in der EU mit an der Spitze liegende deutsche Steuersatz von derzeit 25,56 Cent je Liter um durchschnittlich 56 v.H. auf dann nahezu 40 Cent je Liter angehoben. Die damit verbundene zusätzliche Wettbewerbsbenachteiligung der Land- und Agrarwirtschaft ist angesichts der schlechten wirtschaftlichen Lage in Deutschland kontraproduktiv und gefährdet Arbeitsplätze, insbesondere auch in den ländlichen Regionen. Nicht zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die Land- und Forstwirtschaft in Deutschland bereits in den vergangenen drei Jahren über die Ökosteuer mit rund einer Milliarde Euro zusätzlich massiv belastet worden ist, ohne an den Entlastungen bei den Sozialversicherungsbeiträgen partizipiert zu haben.
- 4.
b) Mit Artikel 3 HBeglG 2005 wird erstmals seit ihrem Bestehen in elementare Grundregeln der Beitragsgestaltung der Krankenversicherung der Landwirte eingegriffen. Bereits bei Einführung des eigenständigen Versicherungssystems im Jahre 1972 ließ das Verhältnis zwischen der Zahl der aktiven Versicherten und der Zahl der Altenteiler einen internen Generationsausgleich nicht zu. Es war zudem absehbar, dass der Strukturwandel in der Landwirtschaft fortschreiten würde mit der Folge eines stetig sich verschlechternden Verhältnisses von Beitragszahlern zu Leistungsempfängern.
Das Gesetz hätte unter der (optimistischen) Annahme, dass die Zahl der aktiven Mitglieder auch weiterhin nur um 2,5 % pro Jahr sinkt, nach Berechnungen der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft Beitragssteigerungen für die aktiven Mitglieder in Deutschland von durchschnittlich 14,45 % für 2005 zur Folge. Im Jahr 2008 würde die Steigerung sogar 20,5 % betragen.
Diese Beitragssteigerungen müssen in Zusammenhang gesehen werden mit der bereits angekündigten Kürzung des Bundeszuschusses zur Landwirtschaftlichen Unfallversicherung von 50 Mio. Euro sowie mit den enormen Zusatzlasten (über 860 Mio. Euro), die den Landwirten im Bereich der landwirtschaftlichen Sozialversicherungen seit 1999 bereits aufgebürdet wurden.
Während Mitglieder der Gesetzlichen Krankenversicherung im Zuge der Gesundheitsreform durch Senkung der Beitragssätze entlastet werden, tritt im Sektor Landwirtschaft genau das Gegenteil ein.
*) gilt bei Annahme von Ziffer 3 und/oder 4 als mitbeschlossenDer seit über 30 Jahren bestehende politische Konsens, dass der stetig abnehmende Kreis der Aktiven in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung mit ihrem Krankenkassenbeitrag neben den Kosten aus ihren eigenen Leistungsaufwendungen lediglich die Verwaltungskosten für die Krankenversicherung der Altenteiler tragen soll, darf nicht aufgegeben werden.