Staatsministerium Baden-Württemberg Stuttgart, den 27. März 2006
Der Staatssekretär
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Regierung des Landes Baden-Württemberg hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage mit Begründung beigefügte
- Entschließung des Bundesrates zur Registrierung sowie zur Haltung und Kennzeichnung von Tieren bestimmter wildlebender Arten in Zirkus- und Tierschaubetrieben
zuzuleiten.
Ich bitte, gemäß § 36 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates die Beratung der Entschließung in den Ausschüssen zu veranlassen.
Mit freundlichen Grüßen
Rudolf Böhmler
Anlage
Entschließung des Bundesrates zur Registrierung sowie zur Haltung und Kennzeichnung von Tieren bestimmter wildlebender Arten in Zirkus- und Tierschaubetrieben
Der Bundesrat möge beschließen:
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, dem Bundesrat zeitnah den Entwurf einer Rechtsverordnung zuzuleiten, die
- 1. unter Inanspruchnahme einer neu zu schaffenden Ermächtigungsgrundlage gemäß § 13b Abs. 4 (neu) des Tierschutzgesetzes die Eintragung, Speicherung, Tilgung, Übermittlung und Nutzung der in Absatz 2 genannten Daten im Zirkuszentralregister näher regelt und dabei die Behörde bestimmt, bei der das Zirkuszentralregister geführt wird; das Zirkuszentralregister sollte an eine der bereits im Veterinärwesen bestehenden länderübergreifenden Datenbanken (z.B. HIT) angegliedert werden, um den Aufwand zu minimieren;
- 2. gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 des Tierschutzgesetzes an das Halten von Tieren wildlebender Arten sowie an die Sachkunde der Betreuungspersonen sehr strenge Anforderungen stellt und das Halten dieser Tiere insbesondere verbietet, wenn keine geeigneten Winter- oder Standquartiere bzw. Unterbringungsmöglichkeiten während der Tourneen zur Verfügung stehen; dabei sind die im Auftrag des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft erstellten Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen und insbesondere die dort genannten Haltungsverbote für Tiere bestimmter wildlebender Tierarten heranzuziehen;
- 3. gemäß § 2a Abs. 1b des Tierschutzgesetzes die Kennzeichnung sowie die Art der Durchführung der Kennzeichnung der Tiere wildlebender Arten regelt.
Begründung
Der Bundesrat hat bereits mit seinem Beschluss vom 17. Oktober 2003 (BR-Drucksache 595/03 (PDF) -Beschluss-) die Bundesregierung aufgefordert, eine Rechtsverordnung mit dem Ziel zu erlassen, dass das Halten von Tieren wildlebender Arten in Zirkusbetrieben grundsätzlich verboten ein Zirkuszentralregister eingerichtet und die Kennzeichnung der in mobilen Zirkusbetrieben und Tierschauen vorhandenen Wildtiere geregelt wird. Der Beschluss wurde von der damaligen Bundesregierung nicht umgesetzt, obwohl ein Zirkuszentralregister aus fachlicher Sicht nach wie vor dringend geboten ist und auch nach Auffassung der EU-Kommission in den Mitgliedstaaten eingerichtet werden sollte. So wird in den Erwägungsgründen zu der VO (EG) Nr. 1739/2005 der Kommission vom 21. Oktober 2005 zur Festlegung der Veterinärbedingungen für die Verbringung von Zirkustieren zwischen Mitgliedstaaten (ABl. EG (Nr. ) L 279 S. 47) zum Ausdruck gebracht, dass Zirkus- und Tierschaubetriebe und ihr Tourneeplan in den Mitgliedstaaten in einem Zentralregister erfasst werden sollten.
Zum Schutz des Wohlbefindens der Tiere und der Tiergesundheit müssen den zuständigen Behörden bestimmte Informationen über Wanderzirkusse mit Tieren, mobile Tierschauen und Dressurnummern zur Verfügung stehen. Hierzu ist es erforderlich, dass Zirkusbetriebe mit Tiernummern, Tierschauen und Dressurnummern von der zuständigen Behörde, in deren Dienstbezirk sie normalerweise ihren Sitz oder Standort bzw. Winterquartier haben, registriert und in einem zentralen Register erfasst werden. Neben der Erfassung der Betriebe, welche grenzüberschreitend in den Mitgliedstaaten der EU ihrer Tätigkeit nachgehen in dem Zentralregister mit einem Tierregister sowie einem Gastspielregister gemäß den Artikeln 4 bis 6 in Verbindung mit den Anhängen I und II der Verordnung (EG) Nr. 1739/2005 sind diese Daten auch für eine effiziente tierschutzrechtliche Überwachung tierhaltender Schaustellerbetriebe mit wechselnden Standorten eine wesentliche Voraussetzung. Aus der Sicht des Tierschutzes sind Eintragungen in einem Zirkuszentralregister über tierschutzrechtliche Verstöße sowie die daraufhin von der zuständigen Behörde getroffenen Maßnahmen für eine konsequente Durchsetzung der tierschutzrechtlichen Bestimmungen von großer Bedeutung.
Wesentliche Voraussetzung für die Erfassung der Tiere ist deren eindeutige Kennzeichnung, soweit die Kennzeichnung nicht bereits aufgrund tierseuchen- oder artenschutzrechtlicher Bestimmungen vorgeschrieben ist.
Eine individuelle Kennzeichnung der Tiere ist zudem erforderlich, um diese einwandfrei identifizieren zu können. Dies ist insbesondere bei Kontrollen von angeordneten Maßnahmen durch unterschiedliche Behörden im Zusammenhang mit Einzeltieren ein nicht zu unterschätzendes Instrument. Darüber hinaus fordert der Tierpass nach der Verordnung (EG) 1739/2005 eine individuelle Kennzeichnung, deren Umsetzung auf nationaler Ebene rechtlich zu verankern ist. Da potentiell jeder Zirkusbetrieb bzw. jede Dressurnummer im innergemeinschaftlichen Raum auftreten kann, ist es zielführend, alle Tiere, unabhängig davon, ob diese über die Grenze verbracht werden, zu kennzeichnen.
Gemäß § 11 Abs. 2a des Tierschutzgesetzes kann die Erlaubnis, soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist, unter Befristungen, Bedingungen und Auflagen erteilt werden.
Diese betreffen neben der Kennzeichnung der Tiere und der Führung eines Tierbestandsbuchs beispielsweise auch die Beschränkung der Tierarten und -zahlen. In der Praxis hat sich gezeigt, dass zur Vereinheitlichung des Verwaltungshandelns und zur konsequenten Durchsetzung tierschutzrechtlicher Bestimmungen dringend konkrete Bestimmungen in einer Rechtsverordnung notwendig sind, mit der die Haltung Tiere bestimmter Arten streng reglementiert bzw. verboten wird. Hierfür sind Einzelfallentscheidungen, wie sie das Tierschutzgesetz in § 11 Abs. 2a vorsieht, kein geeignetes Instrumentarium.
Das Halten und Mitführen von Tieren in Schaustellerbetrieben ist dann abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 2 des Tierschutzgesetzes nicht erfüllt werden können und eine tiergerechte Unterbringung nicht möglich ist. Nach Auffassung der Autoren der Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen gilt dies für die Haltung und das Mitführung von Menschenaffen, Tümmlern, Delfinen, Greifvögeln, Flamingos, Pinguinen, Nashörnern und Wölfen in Zirkussen und mobilen Tierhaltungen.