Der Bundesrat hat in seiner 830. Sitzung am 16. Februar 2007 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat betrachtet die Mitteilung der Kommission "Erwachsenenbildung: Man lernt nie aus" als einen umfassenden Diskussionsbeitrag zur Bedeutung der Erwachsenen- und Weiterbildung im Kontext lebenslangen Lernens und zur Umsetzung des künftigen Programms "Grundtvig".
- 2. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Kommission, dass der Erwachsenen- und Weiterbildung zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit, bei der Bewältigung der Folgen des demografischen Wandels und für die soziale Integration eine zentrale Bedeutung zukommt.
- 3. Die Zuständigkeit für die Weiterbildung liegt bei den Mitgliedstaaten. Der Bundesrat begrüßt deshalb das Selbstverständnis der Kommission, in diesem Bereich bei der Modernisierung der Weiterbildungssysteme unterstützend tätig sein zu wollen und verweist auf die in seiner Stellungnahme zum "Vorschlag für eine Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates zu Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen" vom 10. Februar 2006 (BR-Drucksache 820/05(B) , Ziffer 2) bekräftigte Position zur Einhaltung der Harmonisierungsverbote nach Artikel 149/150 EGV.
- 4. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Kommission, dass eine Steigerung der Weiterbildungsbeteiligung, insbesondere von Menschen mit geringer Qualifikation, von älteren und zugewanderten Menschen, anzustreben sei. Er betont aber die Verantwortung aller Beteiligten in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, dazu ihren Beitrag zu leisten.
- 5. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission mit der Mitteilung auch Fragen der Geschlechtergerechtigkeit herausstellen möchte. Er erachtet es als notwendig, die Herstellung von Chancengleichheit für Frauen und Männer in Ausbildung und Beruf in der Erwachsenenbildung verstärkt zu berücksichtigen, um auch der Querschnittszielsetzung in den auf europäischer Ebene verfügbaren Finanzierungsmechanismen, z.B. die Strukturfonds, gerecht zu werden.
- 6. Der Bundesrat erkennt an, dass die Integration von Zugewanderten entscheidend für die Zukunft der Gesellschaft ist. Beschäftigung ist dabei eine der wesentlichen Bedingungen für eine erfolgreiche Integration. Die Erwachsenenbildung ist hier von besonderer Bedeutung. Sie fördert die Beschäftigungschancen und damit die Integration von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte.
- 7. Der Bundesrat sieht daher die Ausweitung und Förderung von Erwachsenenbildungsangeboten, die die sprachliche, gesellschaftliche und kulturelle Integration unterstützen, als vorrangig an.
- 8. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission das Thema "Lernen im Alter" auch in der nachberuflichen Phase aufgreift. Betont werden sollte allerdings, dass ältere Menschen gerade in der nachberuflichen Phase vielfältige neue Möglichkeiten und Bedürfnisse haben, sich an Lernprozessen zu beteiligen. Dazu gehören klassische Bildungsangebote genauso wie interkulturelle und intergenerative Lernformen, universitäre Angebote wie solche von anderen Trägern. Angesichts der demografischen Entwicklung wird "Bildung im Alter" auch ein immer wichtiger werdender Beschäftigungs- und Wirtschaftsfaktor. Ein Ausbau dieses Sektors zu Lasten der Aus- und Weiterbildung von Jugendlichen und Erwachsenen im erwerbsfähigen Alter ist jedoch unbedingt auszuschließen.
- 9. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Kommission zur Bedeutung der Qualität von Didaktik, Lehrpersonal, Anbietern und des Unterrichts, verweist aber darauf, dass in diesem Bereich seit geraumer Zeit erhebliche Anstrengungen unternommen werden.
- 10. Der Bundesrat begrüßt die Aussagen der Kommission über die Bedeutung der Validierung und Anerkennung von nichtformalem und informellem Lernen. Bezüglich der von der Kommission zu diesem Zweck geforderten Systeme der Mitgliedstaaten bei der Entwicklung nationaler Qualifizierungsrahmen im Kontext des Europäischen Qualifikationsrahmens bekräftigt der Bundesrat die in seiner Stellungnahme zum "Vorschlag für eine Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung eines Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen" vom 13. Oktober 2006 (BR-Drs. 655/06(B) , Ziffer 2) vertretene Position, dass die Entscheidung über die Schaffung nationaler Qualifizierungsrahmen in der alleinigen Entscheidung der Mitgliedstaaten bleibt. Darüber hinaus ergibt sich aus dem in der Mitteilung verwendeten Begriff von "Erwachsenenbildung", dass "Lernen durch Erwachsene nach Abschluss der allgemeinen und/oder beruflichen Bildung" nicht ausschließlich der Vermittlung von Schlüsselkompetenzen dient, sondern auch dem Ausbau und der Weiterentwicklung bereits vorhandener Kompetenzen und Qualifikationen.
- 11. Bezüglich der Forderung der Kommission nach verbesserter Qualität und Vergleichbarkeit der Daten über die Erwachsenenbildung bekräftigt der Bundesrat seine Stellungnahme zum "Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Erstellung und den Ausbau von Statistiken über Bildung und lebenslanges Lernen" vom 10. März 2006 (BR-Drucksache 902/05(B) ).
- 12. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass die Kommission darlegt, inwieweit über das zukünftige Grundtvig-Programm hinaus, dessen strategische Grundlage diese Mitteilung darstellen soll, Bedarf nach einem weiteren Aktionsplan besteht.
- 13. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass zum Erfahrungsaustausch, zur Berichterstattung und Validierung der Mitteilung im Zusammenhang mit dem Grundtvig-Programm eine begleitende Arbeitsgruppe im Kontext des Programms zum lebenslangen Lernen sinnvoll ist.