Der Bundesrat hat in seiner 835. Sitzung am 6. Juli 2007 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
Zur Vorlage insgesamt
- 1. Der Bundesrat sieht wie die Kommission die Notwendigkeit, die EU-rechtliche Grundlage für agrarstatistische Erhebungen vor dem Hintergrund der geänderten Rahmenbedingungen für den Landwirtschaftssektor grundlegend zu überarbeiten.
Hierbei müssen neben veränderten fachlichen Anforderungen vor allem auch die auf europäischer Ebene formulierten Ziele zum Abbau von Bürokratiekosten eine maßgebliche Rolle spielen.
- 2. Der Bundesrat stellt fest, dass das Ziel der EU, Recht zu vereinfachen und Verwaltungsaufwand zu verringern, im vorliegenden Vorschlag für eine Verordnung nur bedingt erreicht wird. So dienen die Verringerung der Zahl der Zwischenerhebungen von drei auf zwei oder die erweiterte Möglichkeit zur Nutzung bereits vorhandener Daten im Grundsatz diesem Ziel.
- 3. Der Bundesrat stellt fest, dass die Bemühungen der EU zur Erstellung vergleichbarer Gemeinschaftsstatistiken über die Struktur landwirtschaftlicher Betriebe und die Durchführung einer Erhebung über landwirtschaftliche Produktionsmethoden nicht in vollem Umfang der Verringerung von Meldelasten in den Mitgliedstaaten gerecht werden.
- 4. Der Bundesrat bedauert, dass der Vorschlag mit der Verpflichtung zur Erhebung landwirtschaftlicher Produktionsmethoden gemäß Anhang V und zusätzlicher Merkmale bei der Struktur landwirtschaftlicher Betriebe gemäß Anhang III neue über die bisherige Verordnung (EWG) Nr. 571/88 des Rates vom 29. Februar 1988 hinausgehende Berichtspflichten begründet. Darüber hinaus umfasst nach Auffassung des Bundesrates Anhang III nicht oder nicht mehr notwendige Merkmale, wie die Erhebung zu Maschinen und Einrichtungen.
- 5. Der Informationsgewinn durch Erhebung landwirtschaftlicher Produktionsmethoden gemäß Anhang V und neuer bzw. nicht mehr notwendiger Merkmale über die Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe gemäß Anhang III steht nach Auffassung des Bundesrates in keinem Verhältnis zum Aufwand und widerspricht dem Streben von EU, Bund und Ländern nach Abbau von Bürokratie und Verringerung administrativer Belastungen.
- 6. Der Bundesrat lehnt die in Artikel 11 und Anhang V vorgesehene zusätzliche Erhebung von Daten zu den Produktionsmethoden ab. Er sieht keine fachliche Notwendigkeit für die Erhebung dieser Daten. Der erhebliche zusätzliche Aufwand für die landwirtschaftlichen Betriebe und die statistischen Ämter ist durch den erkennbar begrenzten Informationsgewinn nicht zu rechtfertigen. Die Erhebung über Produktionsmethoden steht dem Ziel des Abbaus von Bürokratiekosten insoweit diametral entgegen.
- 7. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, im weiteren Verfahren dafür einzutreten dass die geplante Erhebung über landwirtschaftliche Produktionsmethoden (Kapitel III, Artikel 11 der vorgeschlagenen Verordnung) entfällt.
Die zu erwartenden Ergebnisse aus der Erhebung über die landwirtschaftlichen Produktionsmethoden werden nicht belastbar sein, da es bei dieser einmaligen Erhebung keine Basis für eine Hochrechnung gibt.
Bei Umsetzung des Kapitels III der vorgeschlagenen Verordnung würden fast 100 zusätzliche Erhebungsmerkmale im neuen Erhebungsteil zu den landwirtschaftlichen Produktionsmethoden erfragt, was zu deutlichen Mehrkosten führen würde. Zusätzlich wird die Belastung der Auskunftspflichtigen deutlich erhöht wobei von einem Zusatzaufwand von ca. einer Stunde je Berichtspflichtigem ausgegangen wird.
- 8. Mit Bezug auf die Merkmale der Betriebsstrukturerhebungen (Artikel 7 des Verordnungsvorschlags und Anhang III) stellt der Bundesrat fest, dass bei einigen Merkmalskomplexen eine Ausweitung der Erhebung vorgesehen ist:
- - Das Merkmal "Georeferenz des Betriebssitzes" lehnt der Bundesrat entschieden ab.
- - Es entsteht ein erheblicher zusätzlicher Aufwand, dem im Vergleich zum bisherigen Nachweis mit Gemeindeschlüssel kaum ein zusätzlicher Informationsgewinn gegenübersteht. Es ist in diesem Zusammenhang nicht erkennbar, welcher Nutzen mit dieser Information verbunden sein soll.
- - Die Erhebung von Merkmalen zum Bereich erneuerbarer Energien wird dagegen im Grundsatz für sinnvoll gehalten, weil sie der geänderten betrieblichen Ausrichtung vieler landwirtschaftlicher Betriebe Rechnung trägt. Bei der Erhebung des Maschinenbestands ist dagegen nicht erkennbar, welche politische Dimension damit verbunden sein soll. Die diesbezüglichen Merkmale werden für verzichtbar gehalten und sollten nicht mehr erhoben werden.
- - Die zusätzliche Erhebung von Daten zur ländlichen Entwicklung wird angesichts des vorhandenen Datenbestands im Rahmen des Monitoring- und Evaluierungssystems für die ländlichen Entwicklungsprogramme und der zukünftigen Verpflichtung der Veröffentlichung von Empfängerdaten abgelehnt.
In jedem Fall muss sichergestellt sein, dass hierbei ausschließlich bereits vorhandene Verwaltungsdaten zur Anwendung kommen können.
- 9. Der Bundesrat stellt fest, dass die geplante Durchführung der Strukturerhebungen in den Jahren 2010, 2013 und 2016 die Landwirtschaftsbetriebe erheblich belasten und bei den Statistischen Ämtern zusätzliche Kosten verursachen werden.
- 10. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Neuregelung der Finanzierung der Erhebungen durch die EU eine deutliche Mehrbelastung der Länder zur Folge haben wird.
Zu den einzelnen Vorschriften
- 11. Der Bundesrat bittet deshalb die Bundesregierung, im weiteren Verfahren dafür einzutreten, dass
- - die Erhebung landwirtschaftlicher Produktionsmethoden gemäß Anhang V
- - soweit diese Erhebung nicht vollständig vermieden werden kann - auf wenige aussagekräftige Merkmale beschränkt wird,
- - es bei Betriebsstrukturerhebungen gegenüber den bisherigen Erhebungen in der Summe zu keiner Ausweitung kommt und auf die Erhebung nicht oder nicht mehr notwendiger Merkmale verzichtet wird,
- - eine stärkere Flexibilisierung im Hinblick auf Anpassungen an nationale Besonderheiten ermöglicht wird, u. a. durch den Verzicht auf aufwändige Genehmigungsverfahren sowohl beim Ausschluss von in einem Mitgliedstaat nicht existenter oder nicht bedeutender Erhebungsmerkmale als auch bei der Verwendung weiterer als im Verordnungsvorschlag vorgesehener Verwaltungsdaten,
- - finanzielle Mehrbelastungen der Länder vermieden werden,
- - der Datenschutz bei Angabe der geographischen Lage des Betriebes gewahrt bleibt,
- - die Anforderungen hinsichtlich der Genauigkeit und die im Grundsatz berechtigten Anliegen nach Methodikberichten nicht zu zusätzlichen Belastungen der Auskunftspflichtigen und der statistischen Ämter führen, insbesondere die Genauigkeitsanforderungen für Deutschland auf die Ebene NUTS 1 (Länderebene) beschränkt wird und
- - ein Datum für das Außerkrafttreten in die Verordnung aufgenommen wird.
- 12. Auf die in Artikel 2 in Verbindung mit Anhang I vorgesehene Erhebung bei Betrieben, "deren Tätigkeit ausschließlich darin besteht, Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand zu halten", sollte verzichtet werden, da der Merkmalskatalog in weiten Teilen auf sie nicht anwendbar ist. Der letzte Absatz im Anhang I ist daher zu streichen.
- 13. Die Festlegung zum Erfassungsbereich gemäß Artikel 3 Abs. 2 des Verordnungsvorschlags stellt keine eindeutige Regelung dar. Die neue Definition des Erfassungsbereichs könnte darüber hinaus zu einer Erhöhung der Anzahl Auskunft gebender Betriebe führen. Nach Absatz 2 können Mitgliedstaaten eine andere Erhebungsschwelle festlegen. Aber in jedem Fall dürfen nur Einheiten ausgeschlossen werden die zusammen einen Anteil von nicht mehr als 2 % an der gesamten Landwirtschaftsfläche ohne Gemeindeland und von nicht mehr als 2 % an der Gesamtzahl der Großvieheinheiten haben. Da die Gesamtheit der Landwirtschaftsfläche und der Großvieheinheiten jedoch unbekannt ist, ist es nicht möglich, unter Beachtung der unter Absatz 2 genannten Grenzen die Anzahl der Erhebungseinheiten exakt zu berechnen.
Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, bei den Beratungen auf EUEbene darauf hinzuwirken, dass die Festlegungen zum Erfassungsbereich in Artikel 3 Abs. 2 des Verordnungsvorschlags konkretisiert werden, indem auch bei Anwendung einer anderen Erhebungsschwelle die eindeutige Festlegung des Erfassungsbereichs möglich ist. Grundsätzlich ist dabei zu sichern, dass die neue Definition des Erfassungsbereichs nicht zu einer Erhöhung der Anzahl Auskunft gebender Betriebe führt.
- 14. Artikel 3 Abs. 3 des Verordnungsvorschlags in Verbindung mit Anhang II erlaubt die Anhebung der allgemeinen Erfassungsschwelle von 1 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche (LF) auf bis zu 5 ha, wenn dadurch nicht mehr als 2 % der gesamten LF und 2 % der gesamten Großvieheinheiten im Mitgliedstaat unberücksichtigt bleiben. Die neue Regelung sollte insoweit präzisiert werden dass als Referenzfläche z.B. die aktuelle LF aus der Erhebung von 2007 Verwendung findet.
- 15. Die in Artikel 13 vorgesehene Kürzung der gemeinschaftlichen Zuschüsse für die nach 2010 vorgesehenen Stichprobenerhebungen wird abgelehnt.
Artikel 13 des Verordnungsvorschlags setzt zunächst, wie in den bisherigen Vorschriften über die Betriebsstrukturerhebungen, die Höchstbeträge der gemeinschaftlichen Förderung fest. Allerdings soll der Höchstbetrag nicht mehr für alle Erhebungen gezahlt werden, sondern nur für die Grunderhebung 2010.
Für die Betriebsstrukturerhebungen 2013 und 2016 werden die Höchstbeträge um 60 % verringert (Artikel 13 Abs. 3). Sachliche Gründe hierfür sind nicht ersichtlich. Insbesondere in Anbetracht der fortwährenden Aufgabenzuwächse in der Statistik und den damit verbundenen Kosten darf es zu keinen Kürzungen bei den Finanzzuschüssen kommen.