Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Ein erneuertes Engagement für ein soziales Europa: Verstärkung der offenen Koordinierungsmethode für Sozialschutz und soziale Eingliederung KOM (2008) 418 endg.; Ratsdok. 11560/08

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 11. Juli 2008 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 2. Juli 2008 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 4. Juli 2008 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 420/03 (PDF) = AE-Nr. 032039,
Drucksache 365/04 (PDF) = AE-Nr. 041532 und
Drucksache 497/08 (PDF) = AE-Nr. 080517

1. Einleitung

Diese Mitteilung ist Teil der Mitteilung der Kommission "Eine erneuerte Sozialagenda:

Chancen, Zugangsmöglichkeiten und Solidarität im Europa des 21. Jahrhunderts". Sie schlägt die Stärkung eines der wichtigsten Instrumente zur Förderung der sozialen Entwicklung in der EU und den Mitgliedstaaten vor, nämlich der offenen Methode der Koordinierung (offene Koordinierungsmethode, OKM) in den Bereichen Sozialschutz und soziale Eingliederung (nachstehend: OKM Soziales). Diese 2000 als freiwillige Selbstbeurteilung auf Basis gemeinsamer Zielvorgaben eingeführte Methode ergänzt einen Komplex aus Rechtsvorschriften, Finanzinstrumenten (einschließlich des Europäischen Sozialfonds) und Koordinierungsverfahren (besonders die Lissabon-Strategie), die den sozialen Zusammenhalt und die Solidarität in der EU gefördert haben.

In den letzten acht Jahren haben die Mitgliedstaaten die OKM Soziales bei der Koordinierung ihrer Anstrengungen genutzt, um alte und neue soziale Herausforderungen zu bewältigen und ihre Sozialschutzsysteme an die neuen sozialen Gegebenheiten anzupassen. Sie vereinbarten gemeinsame Ziele und einigten sich auf Indikatoren zur Ausrichtung ihrer Maßnahmen in den Bereichen soziale Eingliederung, Reform der Rentensysteme sowie Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege. Während dieses Zeitraums hat sich die OKM Soziales bewährt durch Förderung des Voneinanderlernens, durch Förderung der stärkeren Einbeziehung der Akteure, durch Anregung zur Modernisierung der Sozialschutzsysteme, durch Schärfung des Bewusstseins für die vielfältigen Aspekte der Armut und der sozialen Ausgrenzung, durch Schaffung eines gemeinsamen Ansatzes für gemeinsame Herausforderungen und durch Lenkung der Aufmerksamkeit auf neu aufkommende gemeinsame Probleme.

Die Erzielung von Ergebnissen bezüglich gemeinsamer Ziele - Bekämpfung von Armut und gesellschaftlicher Ausgrenzung, Sicherung angemessener und tragfähiger Renten, Gewährleistung gerechten Zugangs zur Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege - bleibt jedoch eine Herausforderung. Ein offener Koordinierungsprozess auf Grundlage einer freiwilligen Zusammenarbeit zahlreicher unterschiedlicher Mitgliedstaaten kann definitionsgemäß in einem begrenzten Zeitraum keine weitreichenden Ergebnisse zeitigen.

Eine Vielzahl schriftlicher und mündlicher Stellungnahmen im Ausschuss für Sozialschutz (SPC) und seitens aller relevanten Akteure1 zeigt jedoch einen breiten Konsens darüber dass mehr getan werden kann und sollte, um das Potenzial der OMK Soziales voll auszuschöpfen.

In der vorliegenden Mitteilung wird vorgeschlagen, die OKM Soziales durch Verbesserung der Außenwirkung und der Arbeitsmethoden zu stärken, ihre Verbindungen zu anderen Politikbereichen auszubauen, ihre Analyseinstrumente und die Evidenzbasis zu verbessern und die Akzeptanz in den Mitgliedstaaten durch Peer Reviews, Voneinanderlernen und Einbeziehung aller relevanten Akteure anzuregen. Diese Stärkung wird insbesondere durch die schrittweise Einführung einiger der im Rahmen der Lissabon-Strategie angewandten Verfahren im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten erreicht werden. Dieser Ansatz wird unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips und der Freiwilligkeit der OKM neue Impulse geben für die Entwicklung der nationalen Politikanalyse und Politikgestaltung. Gleichzeitig wird sie, wie vom Europäischen Rat im März 2008 gefordert, die Effizienz und die Außenwirkung der sozialen Dimension der EU als Bestandteil der Lissabon-Strategie verbessern und eine stärkere Verzahnung der Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik sicherstellen.

2. Entwicklung und wichtigste Errungenschaften der OKM Soziales

Die Gesamtbewertung der OKM Soziales durch die Mitgliedstaaten und Akteure ist weitgehend positiv. Sie ist als ein Instrument zur Förderung des Fortschritts im sozialen Bereich und als ein innovatives Werkzeug des Europäischen Regierens anerkannt2. Sie hat die Reform vorangebracht, den Willen zur Zusammenarbeit und die Bereitschaft gefördert, bei der Suche nach den besten Lösungen zur Verwirklichung des sozialen Fortschritts voneinander zu lernen, ohne die Verpflichtung, einen "gemeinsamen Mindeststandard" festzulegen. Regelmäßige Überprüfungen ihrer politischen Auswirkungen und der Wirksamkeit ihrer Arbeitsmethoden erfolgen im Rahmen des Ausschusses für Sozialschutz (SPC), im Dialog mit Akteuren der Zivilgesellschaft und Sozialpartnern und in regelmäßigen Berichten unabhängiger Sachverständiger.

Die OKM Soziales ist seit ihrer Einführung im Jahre 2000 grundlegend reformiert worden. Im Jahre 2005 wurden die drei Koordinierungsprozesse (soziale Eingliederung, angemessene und tragfähige Altersversorgung sowie hochwertige und nachhaltige Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege) zu einer einzigen OKM im Bereich Soziales zusammengefasst3. Es wurden gemeinsame Zielsetzungen festgelegt und vom Europäischen Rat aktualisiert; dieser bestätigte ihre Gültigkeit auf der Frühjahrstagung 2008 (siehe Anhang 1). Der Ausschuss für Sozialschutz (SPC) vereinbarte Indikatoren - sowohl übergreifende als auch spezifische für die drei Bereiche - zur Prüfung der Fortschritte im Hinblick auf die gemeinsam vereinbarten Ziele (siehe Anhang 2).

Außerdem wurde der Prozess als ein Dreijahreszyklus mit vereinfachter Berichterstattung ausgestaltet. Die Mitgliedstaaten legen im ersten Jahr nationale Strategieberichte vor, die in einem Gemeinsamen Bericht des Rates und der Kommission über Sozialschutz und soziale Eingliederung zusammengefasst werden. Dieser "Gemeinsame Bericht" umfasst gesonderte Länderprofile, in denen die vorrangigen Themen und nationalen Herausforderungen hervorgehoben werden. In den dazwischen liegenden Jahren - ohne Berichterstattung - sind eingehende Analysen und wechselseitiges Lernen zu den vorrangigen Themen vorgesehen.

Die Straffung der OKM Soziales hat zu einer stärkeren Fokussierung auf die Politikumsetzung und einer positiven Wechselwirkung mit der erneuerten Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung geführt. Die nationalen Berichte 2006 waren eher strategisch ausgerichtet und beschäftigten sich schwerpunktmäßig mit einer begrenzten Auswahl von Prioritäten und kohärenten Ansätzen zur Erreichung der gemeinsamen Ziele.

Der Gemeinsame Bericht 2007 ergab, dass die Gesamtbetrachtung aller gemeinsamen sozialen Ziele zur Verbesserung der Kohärenz und Effizienz der Politik beiträgt. Außerdem trug der neue Zyklus zu einer umfassenderen Analyse bei und förderte den Lernprozess zu den zentralen Prioritäten. Der Gemeinsame Bericht 2008 konzentrierte sich auf die Themen Kinderarmut, Zugang zu Gesundheitsleistungen, Entwicklung des Bedarfs an Langzeitpflege, Verlängerung des Erwerbslebens und private Altersversorgung, was die Ergiebigkeit des neuen Ansatzes bestätigt.

3. Erforderliche stärkung der OKM Soziales

Diese positiven Ergebnisse der OKM ändern nichts an der Notwendigkeit einer Stärkung der Methode, insbesondere, um die Ergebnisse bezüglich der vereinbarten gemeinsamen Zielvorgaben und einer besseren Nutzung der vereinbarten Indikatoren zu verbessern. Trotz des Engagements des Europäischen Rates vom Jahr 2000, "die Beseitigung der Armut entscheidend voranzubringen", gibt es keine Anzeichen für einen Gesamtrückgang der Armutsquoten in der EU. 16 % der EU-Bürger (78 Millionen) sind von Armut bedroht. Bei den Kindern ist das Risiko noch höher, nämlich 19 %. Die Reformen der Altersversorgungssysteme haben das Risiko einer unangemessenen Altersversorgung für künftige Generationen nicht beseitigt, und die gesundheitlichen Ungleichheiten (kürzeres Leben, schlechterer Gesundheitszustand in benachteiligten Gruppen) bestehen weiter.

Die Suche nach Lösungen für diese Probleme fällt gemäß dem Subsidiaritätsprinzip in erster Linie in die Zuständigkeit der nationalen Behörden. Wie ihre Ergebnisse zeigen, war die OKM ein Katalysator für Reformen in den Mitgliedstaaten; nach dem im Folgenden dargestellten Konzept kann sie sogar noch an Effektivität gewinnen.

3.1. Mehr politisches Engagement und Außenwirkung

Die Lissabon-Strategie als Muster

Die erneuerte Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung mit ihrer Ausrichtung auf die Umsetzung und ihren fortschrittlichen ordnungspolitischen Maßnahmen unter Einbeziehung der Mitgliedstaaten, der Kommission, des Ministerrates und des Europäischen Parlaments in ein Partnerschaftskonzept dient gleichzeitig als Muster und als zentraler Bezugspunkt für die Verstärkung der OKM Soziales. Der Erfolg der Lissabon-Strategie mit den in den letzten Jahren erzielten wirtschaftlichen und beschäftigungspolitischen Ergebnissen zeigt, dass ein starkes politisches Engagement auf höchster Ebene, koordinierte Reformbemühungen und Peer Review konkrete und sichtbare Erfolge zeitigen können.

Eine der Stärken der Wachstums- und Beschäftigungsstrategie liegt darin, dass sie auf einem Partnerschaftskonzept beruht und durch eine gemeinsam vereinbarte politische Agenda bestimmt ist. Zudem wird ihr hoch entwickelter methodologischer Rahmen durch eine Kombination von Indikatoren und quantitativen Zielvorgaben ergänzt, was die Überprüfung politischer Maßnahmen effektiver, transparenter und glaubwürdiger macht. Auf dieser Grundlage nimmt die Kommission eine systematische Bewertung der von den einzelnen Ländern erzielten Fortschritte vor und gibt länderspezifische Empfehlungen bzw. Hinweise auf Schwachstellen. Diese Vorschläge ermöglichen es den Mitgliedstaaten, im Europäischen Rat und im Ministerrat zu einem Konsens über die besten politischen Maßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene zu gelangen. Außerdem erleichtert der Nachdruck auf leicht fassbaren Zielvorgaben das Verständnis und die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für den Prozess.

Die Bedeutung der positiven Wechselwirkung zwischen der OKM Soziales und der Lissabon-Strategie wurde in der Mitteilung der Kommission über die offene Koordinierungsmethode aus dem Jahre 2005 hervorgehoben: "Die OKM sollte die überarbeitete Lissabon-Strategie flankieren und mit ihr in einer engen Wechselwirkung stehen, d. h. sie soll einwirken auf die Wachstums- und Beschäftigungsziele, während die Lissabon-Programme ihrerseits auf die Ziele im Bereich sozialer Zusammenhalt ausstrahlen, also zu deren Realisierung beitragen sollen." Mehr Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen waren als solche nicht ausreichend um die erhofften Ergebnisse im Hinblick auf die Armutsbekämpfung und die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Schwächsten zu erzielen. Folglich hat der Europäische Rat im März 2008 bekräftigt, "wie wichtig die soziale Dimension der EU als Bestandteil der Lissabon-Strategie" ist, und hervorgehoben, dass die Wirtschafts-, die Beschäftigungs- und die Sozialpolitik stärker miteinander verzahnt werden müssen4.

Es erscheint deshalb logisch, im Rahmen der OKM Soziales schrittweise einige der Methoden und Ansätze anzuwenden, die im Rahmen der erneuerten Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung angewandt werden. Es würde die Wirksamkeit der OKM Soziales verstärken. Die Umsetzung nationaler Politiken zur Erreichung der gemeinsamen sozialen Zielsetzungen würde gefördert, Engagement und Sichtbarkeit würden verbessert. Im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates würde ein größerer Input in die Lissabon-Strategie erfolgen und es würde eine optimale Wechselwirkung zwischen Beschäftigung, Wachstum und Sozialpolitik sichergestellt. Gleichzeitig wäre dieser Ansatz voll mit dem Subsidiaritätsprinzip und der Freiwilligkeit der offenen Koordinierungsmethode vereinbar. Dies zeigt sich in anderen Bereichen der offenen Koordinierung (Bildung und Beschäftigung), für die Zielvorgaben der EU festgelegt wurden, etwa für Erwerbsquoten, Schulabbrecher, lebenslanges Lernen, und die wesentlich zur Dynamik der Lissabon-Strategie beitragen.

Zielvorgaben

Die Mitgliedstaaten haben sich schon auf eine Reihe von Indikatoren in den Bereichen Sozialschutz und soziale Ausgrenzung geeinigt (siehe Anhang 2) und diese sind als Basis für die Einführung quantitativer Ziele hinreichend aussagekräftig. Dies ist insbesondere als anzunehmen bei dem Ziel "die Beseitigung der Armut entscheidend voranzubringen". Trotz dieses Engagements des Europäischen Rates im Jahre 2000 bleibt hier noch viel zu tun. Ziele würden eine neue Dynamik einbringen; sie könnten sowohl bezüglich der Verringerung der Armut im Allgemeinen als auch im Hinblick auf bestimmte Formen der Armut, wie die Kinderarmut formuliert werden, die derzeit drei Prozentpunkte über der Armutsquote für die Gesamtbevölkerung liegt (19 % gegenüber 16 %), und betrifft in manchen Ländern jedes vierte Kind, Erwerbstätigenarmut, die 8 % der Erwerbstätigen trifft und im Wachsen begriffen ist andauernde, Langzeit-Armut, für die bald aussagekräftige Indikatoren vorliegen werden; und Armut älterer Menschen (65+), die auch ein Indikator für angemessene Altersversorgung ist.

Da die künftige Rentengerechtigkeit aufmerksam zu beobachten ist, könnte ein Ziel für die Reform der Altersversorgungssysteme an ein Mindesteinkommen geknüpft werden, das durch private oder gesetzliche Renten erzielt wird. Die Erreichung der Ziele im Bereich Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege könnte durch Zielvorgaben bezüglich des Zugangs und der Qualität der Gesundheitsversorgung und der Pflege unterstützt werden.

Außerdem könnten Zielvorgaben bezüglich des Gesundheitszustands eingeführt werden, z.B. zur Steigerung der Lebenserwartung (bei der in den Mitgliedstaaten Unterschiede von bis zu 13 Jahren für Männer und 7 Jahren für Frauen zu verzeichnen sind) und der Lebenserwartung bei guter Gesundheit sowie zur Verringerung der Säuglingssterblichkeit (die in einigen Mitgliedstaaten noch immer bei etwa 10 je 1000 Lebendgeburten liegt). Der Gesundheitszustand ist entscheidend für eine aktive Arbeitsmarktbeteiligung, eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit und die Verringerung der Armut.

Die Einführung dieser quantifizierten Zielvorgaben, gestützt auf die gemeinsam vereinbarten Indikatoren und aussagekräftige Analyseinstrumente, wird den Mitgliedstaaten helfen, ihr Engagement fortzusetzen und konkreter auf die Erreichung der gemeinsamen Ziele hinzuarbeiten. Um ihrer Unterschiedlichkeit, dem besonderen nationalen Kontext und unterschiedlichen Ausgangspunkten Rechnung zu tragen, könnten die Mitgliedstaaten nationale Zielvorgaben festlegen.

Die nationalen Zielvorgaben könnten Teil einer an unterschiedlichen Pfaden orientierten Differenzierung sein und die Zusammenarbeit von Gruppen von Ländern mit ähnlichen Situationen oder Problemen ermöglichen. Diese Methode wird schon bei der Flexicurity im Rahmen der Lissabon-Strategie angewandt und wurde in gewissem Umfang 2007 bei einer thematischen Analyse zur Kinderarmut verwendet. Die bis jetzt gemachten Erfahrungen sind zwar noch begrenzt, sie legen jedoch nahe, dass diese Methode eine gute Basis für maßgeschneiderte politische Analysen und Empfehlungen darstellt und realistischerweise eine Verbindung zwischen einzelnen Mitgliedstaaten und gemeinsamen Zielen herstellen kann.

Die Kommission wird die Erschließung von Pfaden und die Ausarbeitung von gemeinsamen Grundsätzen im Rahmen der OKM - analog zu ihren vom Europäischen Rat im Dezember 2007 angenommenen Vorschlägen zur Flexicurity - sondieren.

Empfehlungen der Kommission

Die Diskussionen im Ausschuss für Sozialschutz decken eine ganze Reihe von Themen im Bereich Sozialschutz und soziale Eingliederung ab. Die im Zusammenhang mit der OKM stehenden Themen könnten durch Formalisierung einer Konvergenz der Standpunkte weiter konsolidiert werden, wenn sich dies anbietet. Die Kommission wird hierzu beitragen, indem sie gegebenenfalls Empfehlungen gemäß Artikel 211 EG-Vertrag erlässt, in denen sie gemeinsame Grundsätze niederlegt, die als Grundlage für Monitoring und Peer Review herangezogen werden können. Eine Zustimmung auf politischer Ebene durch die anderen Organe wird diesen gemeinsamen Grundsätzen Kraft und Sichtbarkeit verleihen. Die Kommission plant einen schrittweisen Ausbau dieses Ansatzes, aufbauend auf den Erfahrungen mit der Empfehlung über die aktive Eingliederung, die sie im Oktober 2008 als Grundlage für Schlussfolgerungen des Rates und eine Entschließung des Europäischen Parlament vorzulegen beabsichtigt.

Bessere Berichterstattung, Kommunikation und Verbreitung

Auf der Grundlage des oben dargestellten Ansatzes wird die Kommission ihre Fähigkeit zur Bewertung und Überwachung der Fortschritte auf EU- und nationaler Ebene verbessern. Die verstärkte Überwachung sollte in dem regelmäßig erstellten Gemeinsamen Bericht des Rates und der Kommission über Sozialschutz und soziale Eingliederung berücksichtigt werden, der die Grundlage für den Beitrag des EPSSCO-Rates (Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz) zur Frühjahrstagung des Europäischen Rates bildet. Das Europäische Parlament wird regelmäßig unterrichtet. Außerdem wird die Kommission den alljährlich gemäß Artikel 143 EG-Vertrag erstellten Bericht über die soziale Lage nutzen, um den anderen Institutionen ihre eigene Bewertung aktueller Trends und der Fortschritte auf dem Weg zur Verwirklichung der gemeinsamen Ziele mitzuteilen und damit die politische Debatte auf eine breitere Basis zu stellen und reicher zu gestalten. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, alle drei Jahre in integrierter Weise über die im Rahmen der OKM erzielten Fortschritte zu berichten, vorbehaltlich künftiger Aussprachen zur Zukunft der Lissabon-Strategie.

Die Kommunikation und Verbreitung der Ergebnisse wird effektiver gestaltet werden durch die ständige Weiterentwicklung einer proaktiven Kommunikationsstrategie, die alle vom Programm PROGRESS gebotenen Möglichkeiten nutzt. Dies ist ein fester Bestandteil der OKM Soziales, im Interesse der Förderung des Wissensaustauschs, der Anregung eines "positiven Wettbewerbs" zwischen Peers und der Nachhaltigkeit der Mobilisierung und des Engagements. Die Kommission wird insbesondere ihre Anstrengungen verstärken, um die Informationen über die Errungenschaften der OKM Soziales gut zugänglich, verständlich und nützlich zu gestalten. Die neu gestaltete Website Sozialschutz und soziale Eingliederung5 wird dabei ein wichtiges Instrument sein.

3.2. Verstärkung der positiven Wechselwirkung mit anderen EU-Politiken

Mainstreaming

Wie in der Mitteilung der Kommission über eine ganzheitliche, übergreifende erneuerte Sozialagenda betont, ist allgemein anerkannt, dass sozialpolitische Erwägungen auch anderweitig überall in die EU-Politik einbezogen werden müssen (Wettbewerb, Binnenmarkt, Wirtschaftspolitik, Gesundheit, Einwanderung, Handel, Landwirtschaft, usw.).

Die Kommission wird ihre eigenen Bemühungen um aussagekräftige Folgenabschätzungen zu jeder neuen politischen Initiative fortsetzen und in diesem Zusammenhang den sozialen Auswirkungen besondere Aufmerksamkeit schenken. Der Ausschuss für Sozialschutz hat dem Mainstreaming sozialer Zielsetzungen schon wachsende Aufmerksamkeit gewidmet und dabei auch die spezifischen in der EU schon im Zusammenhang mit dem Gender Mainstreaming6 (Gleichstellung der Geschlechter) gewonnenen Erfahrungen genutzt. Die Kommission wird weiter mit dem Ausschuss für Sozialschutz zusammenarbeiten, um die gemeinsame Kapazität zur Folgenabschätzung zu stärken.

Horizontale Koordinierung

Die OKM Soziales ist zunehmend zu einem Bezugspunkt für ein breites Spektrum von sozialen Fragen geworden, die ganz oben auf der Agenda der Mitgliedstaaten stehen und unterschiedliche Politikbereiche betreffen, wie etwa die sozialen Auswirkungen der Migration; die soziale Eingliederung ethnischer oder benachteiligter Minderheiten, etwa der Roma-Gemeinschaften; Armut im ländlichen Raum;

Langzeitpflege und soziale Eingliederung behinderter Menschen; soziale Folgen des Klimawandels, Umweltschädigungen und die Entwicklung der Energiepreise;

Bildungsbenachteiligungen und ungleichen Zugang zur beruflichen Weiterbildung und zum lebenslangen Lernen; finanzielle Bildung und Zugang zu grundlegenden Finanzdienstleistungen; "digitale Kluft" und soziale Ausgrenzung; aktives Altern und Solidarität zwischen den Generationen.

Die Ausweitung der OKM Soziales auf übergreifende Fragen hat deren Bedeutung und ihre Auswirkungen deutlich verstärkt und den Weg für eine bessere horizontale Koordinierung geebnet. Es kam zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen dem Ausschuss für Sozialschutz und anderen einschlägigen Ausschüssen wie dem Beschäftigungsausschuss und dem Ausschuss für Wirtschaftspolitik, die weiter verstärkt werden sollte. Gleiches gilt für den laufenden Prozess der Entwicklung von Synergien mit eng verbundenen Politikbereichen, wie der OKM zur allgemeinen und beruflichen Bildung, der EU-Gesundheitsstrategie7 und der Europäischen Agenda für die Integration von Zuwanderern. Die Kommission wird weiter Wege suchen, um die Koordinierung zwischen dem Ausschuss für Sozialschutz und anderen Ausschüssen und hochrangigen Gruppen zu verstärken; sie wird auch die Effizienz ihrer eigenen ständigen dienststellenübergreifenden Gruppe zum Thema Mainstreaming von sozialer Eingliederung und Sozialschutz sicherstellen.

3.3. Verbesserung der Analyseinstrumente

Das Programm PROGRESS wird die Verbesserung der statistischen Kapazitäten und der Datenerhebung unterstützen, insbesondere in Bereichen, in denen vergleichbare Daten fehlen oder unzureichend sind. So müssen z.B. EU-weite Erhebungen überarbeitet werden, um materielle Deprivation (einschließlich der "digitalen Ausgrenzung"), Haushaltsvermögen, die Situation von Migranten, den Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand besser zu erfassen Daten zur Lebenserwartung nach sozioökonomischem Status zu erheben; die Verfügbarkeit und Analyse von nach Geschlecht aufgeschlüsselten Daten zu verbessern.

Das Programm PROGRESS wird auch die Erhebung über Gesundheit, Altern und Ruhestand und die neue Europäische Haushaltserhebung sowie eingehende Analysen zu spezifischen Themen fördern und damit die Mitgliedstaaten bei der Verbesserung ihrer Politiken in besonders kritischen Bereichen unterstützen. Eine stärkere Einbindung der Wissenschaft und der Ausbau der Verbindungen zu anderen Forschungsaktivitäten innerhalb der Kommission und der internationalen Organisationen wird weiter zur Entwicklung von wissens- und evidenzbasierten politischen Strategien beitragen.

3.4. Bessere Akzeptanz durch gegenseitige Überprüfung (Peer Review), Voneinanderlernen und Einbeziehung aller relevanten Akteure

Gegenseitige Überprüfung ("Peer Reviews")

Peer Reviews haben sich als nützliche und bereichernde Instrumente zur Verbesserung des wechselseitigen Lernens erwiesen. Sie sollten im Rahmen der OKM Soziales stärker und strategischer eingesetzt werden. Bessere Hintergrundinformationen, eine stabilere analytische Grundlage und eine umfassende Verbreitung der Ergebnisse würden zum Erkennen bewährter Verfahren beitragen und den Austausch von Strategien erleichtern. Auch die stärkere Einbindung von Beamten auf lokaler und regionaler Ebene wäre wichtig. Die Kommission wird gemeinsam mit dem Ausschuss für Sozialschutz prüfen, wie die Modalitäten der Peer-Reviews-Runde 2009 erweitert werden können.

Neue Instrumente für das Voneinanderlernen

Das Programm PROGRESS gibt Unterstützung bei der Erprobung neuer Instrumente für das Voneinanderlernen und den Austausch über bewährte Verfahren, d. h. befristete Projekte für die Zusammenführung und den Transfer von Fachkenntnissen;

Fortbildungen zur strategischen Planung, Mainstreaming, Koordinierung, Einbeziehung von Akteuren, Überwachung und Bewertung im Rahmen der OKM Soziales. PROGRESS kann auch bei der Entwicklung einer "sozialen Erprobung" als Mittel zur Prüfung innovativer Ideen vor Einleitung groß angelegter sozialer Programme helfen, etwa in den Bereichen Mindesteinkommen, Familienleistungen oder Langzeitpflege; das Programm unterstützt die Untersuchung, Verbreitung und Evaluierung von Projekten zur sozialen Erprobung.

Einbeziehung aller relevanten Akteure

Regionale und lokale Behörden sollten stärker in den EU-Prozess für Sozialschutz und soziale Eingliederung einbezogen werden. Derzeit ist ihre Beteiligung in den meisten Mitgliedstaaten noch begrenzt. Mehrere Länder haben erhebliche Fortschritte bei der Einbeziehung der Zivilgesellschaft und anderer relevanter Akteure in der Phase der Politikplanung gemacht; in der Durchführungsphase wird dies jedoch selten fortgeführt. Die Erfahrung zeigt, dass die Koordinierung und die Beteiligung aller relevanten Akteure im gesamten Verlauf des Politikzyklus für eine wirksame Umsetzung von wesentlicher Bedeutung sind. Die Kommission schlägt vor, diese Lenkungsaspekte verstärkt zum Gegenstand des Bemühens um das Voneinanderlernen im Rahmen der OKM Soziales zu machen. Die Kommission wird auf dieser Grundlage freiwillige Leitlinien für die Mitgliedstaaten ausarbeiten.

4. Zusammenfassung und Fazit

Um das Potenzial der OMK Soziales voll auszuschöpfen, wurden in der vorliegenden Mitteilung eine Reihe von Bereichen dargestellt, in denen die Methode verbessert, verstärkt oder weiter entwickelt werden kann. Diese Maßnahmen sind vier Zielen zugeordnet: erstens, mehr politisches Engagement und Außenwirkung des Prozesses; zweitens, Verstärkung der positiven Wechselwirkung mit anderen EU-Politiken; drittens, Verbesserung der Analyseinstrumente zur Untermauerung des Prozesses, mit Blick auf die Festlegung quantifizierter Zielvorgaben und die Förderung faktengestützter politischer Strategien; viertens stärkere Akzeptanz in den Mitgliedstaaten durch Einführung und Verstärkung des Voneinanderlernens.

Einige Maßnahmen laufen auf die Konsolidierung bestehender Praktiken hinaus. Andere, insbesondere die Zielvorgaben, erfordern wesentlichere Änderungen und die Herbeiführung eines Konsenses zwischen Mitgliedstaaten und Akteuren. Die Kommission beabsichtigt deshalb ein schrittweises Vorgehen, dessen Abfolge und notwendige Rangfolge mit den Mitgliedstaaten und anderen maßgeblichen Akteuren erörtert werden soll.

Eine verstärkte OKM auf dem Gebiet Sozialschutz und soziale Eingliederung wird einen wichtigen Beitrag zur Durchführung der erneuerten Sozialagenda darstellen und das erneuerte Engagement für ein soziales Europa untermauern.

Anhang 1
Ziele der OKM für Sozialschutz und soziale Eingliederung

Die übergreifenden Ziele der offenen Koordinierungsmethode im Bereich des Sozialschutzes und der sozialen Integration bestehen in der Förderung

Anhang 2
Übergreifende Indikatoren für das Monitoring der OKM Soziales