A. Problem und Ziel
- Für eine Freiheitsentziehung auf Grund gerichtlicher Entscheidung gewährt der Staat nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen vom 8. März 1971 (BGBl. I S. 157) eine Entschädigung, sofern - gerichtlich festgestellt - die Freiheitsentziehung letztlich zu Unrecht erfolgt ist. Die Entschädigung erfasst nicht nur den Ersatz des Vermögensschadens, sondern daneben den Ersatz des immateriellen Schadens in Form einer Pauschale von derzeit 11 Euro pro Hafttag. Nachdem diese Pauschale seit 1988 - also mehr als 20 Jahre - nahezu unverändert blieb, ist eine angemessene Anhebung angezeigt.
B. Lösung
- Der Entschädigungsbetrag für immaterielle Schäden wird auf 25 Euro pro Hafttag angehoben.
C. Alternativen
- Keine.
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
- 1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Aus den auf Bitte des Bundesministeriums der Justiz von den Ländern erhobenen sowie teilweise geschätzten Daten ergibt sich, dass von 2003 bis 2007 bundesweit in 14 Ländern (für zwei Länder liegen keine Zahlen vor) insgesamt durchschnittlich pro Jahr rd. 770.000 Euro Entschädigung für immaterielle Schäden gezahlt wurden. Ausgehend von diesen Zahlen werden sich bei der Anhebung des Entschädigungsbetrages auf 25 Euro pro Hafttag die voraussichtlichen Mehrkosten bundesweit (bezogen auf die 14 Länder) auf etwa rund 1 Mio. Euro pro Jahr belaufen.
Der Bundeshaushalt ist lediglich bei Entschädigungsleistungen in vom Generalbundsanwalt geführten Verfahren betroffen und wird unter Zugrundelegung der Vorjahreszahlen voraussichtlich nur sehr geringfügig mit Mehrkosten belastet werden.
- 2. Vollzugsaufwand
Ein Mehraufwand ist nicht zu erwarten.
E. Sonstige Kosten
- Es sind weder zusätzliche Kosten für die Wirtschaft noch Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, zu erwarten.
F. Bürokratiekosten
- Es werden keine Informationspflichten für Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger sowie die Verwaltung eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.
Gesetzesantrag des Landes Rheinland-Pfalz
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen
Der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz Mainz, den 11. Februar 2009
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Müller
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Regierung des Landes Rheinland-Pfalz hat beschlossen, dem Bundesrat den in der Anlage mit Vorblatt und Begründung beigefügten
- Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen
zuzuleiten.
Ich bitte Sie, diesen Gesetzesantrag gemäß § 23 Abs. 3 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 856. Sitzung des Bundesrates am 6. März aufzunehmen und eine sofortige Entscheidung in der Sache herbeizuführen.
Mit freundlichen Grüßen
Kurt Beck
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen
Vom ...
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen
- In § 7 Absatz 3 des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen vom 8. März 1971 (BGBl. I S. 157), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3574) geändert wurde, wird das Wort "elf" durch das Wort "fünfundzwanzig" ersetzt.
Artikel 2
Inkrafttreten
- Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung des Entwurfs
Für eine Freiheitsentziehung auf Grund gerichtlicher Entscheidung gewährt der Staat nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen vom 8. März 1971 (BGBl. I S. 157) eine Entschädigung, sofern - gerichtlich festgestellt - die Freiheitsentziehung letztlich zu Unrecht erfolgte. Die Entschädigung erfasst nicht nur den Ersatz des Vermögensschadens, sondern daneben den Ersatz des immateriellen Schadens durch eine Pauschale von derzeit 11 Euro pro Hafttag. Die Höhe der pauschalen Haftentschädigung für immaterielle Schäden ist seit 1988 nahezu unverändert geblieben; zum 1. Januar 2002 erfolgte im Zuge der Einführung des Euro eine Anpassung des Betrags von 20 DM auf dann 11 Euro (BGBl. I 2001 S. 3574). Schon bei der Festlegung der Pauschale im Jahr 1988 wurde die Notwendigkeit gesehen, sie auch in Zukunft wieder anzupassen (vgl. die Plenardebatte vom 11. März 1988 sowie den Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drs. 011/1892). Nach nunmehr mehr als 20 Jahren ist eine angemessene Anhebung der Pauschale geboten.
Der Entschädigungsbetrag für immaterielle Schäden soll auf 25 Euro pro Hafttag angehoben werden. Für diese Erhöhung haben sich die Justizministerinnen und Justizminister der Länder auf ihrer Herbstkonferenz am 20. November 2008 ausgesprochen.
Mit der Anhebung wird die Pauschale nach über 20 Jahren mehr als verdoppelt werden. Auf diese Weise wird auch der dem § 7 Absatz 3 des Gesetzes über die Entschädigung von Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) zugrunde liegende Genugtuungs- und Anerkennungsgedanke stärker betont.
II. Gesetzgebungskompetenz; Vereinbarkeit mit EU-Recht
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 25 des Grundgesetzes (Staatshaftung). Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.
III. Gesetzesfolgen
Aus Angaben und Schätzungen der Länder, die auf Erfahrungen der letzten fünf Jahre beruhen, ergibt sich, dass von 2003 bis 2007 in 14 Ländern (für zwei Länder liegen noch keine Zahlen vor) insgesamt durchschnittlich pro Jahr rd. 770.000 Euro Entschädigung für immaterielle Schäden nach § 7 Absatz 3 StrEG für 70.105 Tage der Freiheitsentziehung gezahlt wurden. Ausgehend von diesen Zahlen werden sich bei der Anhebung des Entschädigungsbetrags auf 25 Euro pro Hafttag die voraussichtlichen Mehrkosten bundesweit (bezogen auf die 14 Länder) auf etwa rund 1.000.000 Euro pro Jahr belaufen.
Der Bundeshaushalt ist lediglich bei Entschädigungsleistungen in vom Generalbundsanwalt geführten Verfahren betroffen und wird unter Zugrundelegung der Vorjahreszahlen voraussichtlich nur sehr geringfügig mit Mehrkosten belastet werden; im genannten Fünfjahreszeitraum war nur ein Fall entschädigungspflichtig. Diese Zahl weist keine statistische Breite für eine konkretere Benennung der finanziellen Auswirkungen auf den Bundeshaushalt aus.
Auf der Vollzugsseite entsteht kein Mehraufwand. Die Justizverwaltungsbehörden werden ab dem Datum des Inkrafttretens einheitlich die neue Entschädigungspauschale anwenden.
Es sind weder zusätzliche Kosten für die Wirtschaft noch Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, zu erwarten. Mitteilungspflichten oder andere administrative Pflichten werden weder eingeführt noch erweitert.
Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung sind nicht zu erwarten.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen)
Der Entschädigungsbetrag für immaterielle Schäden soll auf 25 Euro pro Hafttag angehoben werden. Auf diese Weise wird auch der dem § 7 Absatz 3 StrEG zugrunde liegende Genugtuungs- und Anerkennungsgedanke stärker betont. Mit der Anpassung der Pauschale wird an der Struktur und Wertung des Gesetzes festgehalten wonach bei der Bemessung der Haftentschädigung keine persönlichen Verhältnisse des Betroffenen berücksichtigt werden. Der Gesetzgeber hat sich ausdrücklich gegen eine Ungleichbehandlung armer und reicher Beschuldigter, zu der eine Berücksichtigung der unterschiedlichen persönlichen Verhältnisse führen würde, ausgesprochen (BT-Drs. VI /1512 S. 3).
Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten. Die Regelung soll die mit jeder Stichtagsregelung verbundenen Härten soweit als möglich mildern. Deswegen ist vorgesehen, dass das Gesetz bereits am Tag nach der Verkündung in Kraft tritt. Damit wird verhindert, dass in der Zeitspanne zwischen der Verkündung und bis zum Inkrafttreten Anträge noch auf Basis der alten Pauschale beschieden werden müssten. Ab dem Datum des Inkrafttretens sollen die Justizverwaltungsbehörden im Betragsverfahren einheitlich und unabhängig vom Zeitpunkt der Inhaftierung die neue Entschädigungspauschale anwenden. Die einheitliche Anwendung des neuen Pauschalbetrages verhindert zudem einen Mehraufwand, der beispielsweise bei einer gespaltenen Berechnung, bei der Haftzeiträume vor und nach dem Inkrafttreten zugrunde gelegt würden, entstünde.