Der Bundesrat hat in seiner 858. Sitzung am 15. Mai 2009 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Die bisherigen gemeinschaftlichen Katastrophenschutzaktivitäten haben sich fast ausschließlich auf Komponenten der Reaktion und der Folgenbewältigung konzentriert und wurden zwischenzeitlich gut ausgebaut. Der Bundesrat begrüßt daher die Vorlage einer Mitteilung zum bisher zu wenig berücksichtigten Element der Prävention, um ein ausgeglichenes gemeinschaftliches Gesamtkonzept anzustreben, sowie die Einladung der Kommission zur Beteiligung an der Weiterentwicklung eines solchen Präventionskonzepts.
- 2. Von den in der Mitteilung genannten Aktionsfeldern ist primär der Punkt der Verbesserung der Wirksamkeit existierender strategischer Verhütungsinstrumente voranzutreiben. Die erforderlichen praktischen Maßnahmen sind dabei nicht von weiteren wissenschaftlichen oder statistischen Ausarbeitungen abhängig zu machen. Die wissenschaftliche Erkenntnisgewinnung über die Verhütung von Katastrophen hat auf EU-Ebene bereits eine längere Tradition (vgl. Antwort der Kommission auf die Anfrage Nr. 1369/87, ABl. C 244 vom 19. September 1988, S. 6; Antwort auf die Anfrage E-450/94, ABl. C 17 vom 23. Januar 1995, S. 31 bzw. auf die Anfrage 857/87 , ABl. C 303 vom 28. November 1988, S. 2; Studie des Europäischen Parlaments "Waldbrände: Ursachen und beitragende Faktoren", IP/A/ENVI/ST/2007-15, Brüssel 2008), sodass von einer tragfähigen Wissensgrundlage für konkrete Empfehlungen und Maßnahmen auszugehen ist. Gegebenenfalls kann ergänzend auf die Erkenntnisse langjähriger Forschungsarbeiten innerhalb der Europarat-Strukturen zurückgegriffen werden.
- 3. Im Begleitdokument zur Mitteilung - SEK(2009) 202 - wird unter Punkt 5.1 darauf hingewiesen, dass bei vergleichbaren Gefahrenlagen sowohl die Maßnahmen zur Vermeidung von Katastrophen als auch der Wille zu ihrer tatsächlichen Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede aufweisen. Die in Ziffer 2 genannte Studie des Europäischen Parlaments untermauert diesen Befund. Der Bundesrat ermutigt die Kommission, die Umsetzung von Präventionsmaßnahmen in den Mitgliedstaaten konsequent und nachdrücklich voranzutreiben.
- 4. Sowohl das Europäische Parlament als auch die Kommission haben wiederholt auf das Spezialproblem der Naturkatastrophen in Form von Dürren und Bränden im Mittelmeerraum hingewiesen. Die EU sollte daher prioritär diesen Mitgliedstaaten und Regionen, die wiederkehrend von diesen Katastrophen heimgesucht werden, bei der schrittweisen Entwicklung und Implementierung eigener Präventionsmaßnahmen unter Nutzung des bestehenden Finanzrahmens effektive Hilfe leisten. Ein Instrument hierfür könnte, gerade auch mit Blick auf den eingeschränkten gemeinschaftlichen Kompetenzrahmen, die "offene Methode der Koordinierung" mit einem integrierten Leitlinienprozess sein, der einen Zeitplan für kurz-, mittel- und langfristige Ziele umfasst, ein Benchmarking einführt und die Umsetzung in nationale und regionale Politik vergleicht und bewertet. Bei der Festlegung und Umsetzung von Zielen für die verschiedenen nationalen Ebenen könnte der von der Kommission als verbesserungsfähig eingestufte Einsatz von EU-Fördermitteln für Präventionsmaßnahmen ebenfalls einbezogen werden.
- 5. Für die Einrichtung weiterer Datenbanken oder eines webbasierten Instruments für den Informationsaustausch besteht hingegen kein Bedürfnis. Vielmehr sind die bereits zahlreich existierenden Einrichtungen, Plattformen und Informationssysteme, von denen nur einige unter Punkt 5.2 im Begleitdokument aufgezählt werden, auf ihren tatsächlichen Nutzen zu evaluieren und gegebenenfalls zu reduzieren. Die an gleicher Stelle vorgeschlagene Einrichtung einer Beobachtungsstelle für Katastrophen ist entbehrlich.
- 6. Ausführungen zur Begründung des gemeinschaftsrelevanten Charakters von Katastrophen, wie in Punkt 3.5 im Begleitdokument aufgeführt, sind auf ihre tatsächliche rechtliche Belastbarkeit genau zu prüfen. Extremereignisse sind in der Regel räumlich begrenzt, können gegebenenfalls sogar nur von lokaler Dimension sein. Faktoren wie der Klimawandel, denen eine globale Dimension immanent ist, können ebenso wenig wie Eurobarometer-Umfragen vertraglich nicht vorgesehene Gemeinschaftskompetenzen begründen. Gleiches gilt für den unter Punkt 3.5 im Begleitdokument postulierten "Anspruch der EU-Bürger auf gleichwertigen Schutz und Sicherheit auf dem Gebiet der Union". Auch im Bereich des Katastrophenschutzes sind die kompetenzrechtlichen Grundlagen der Verträge sowie das Subsidiaritätsprinzip strikt zu beachten.