Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. März 2009 zu den Verträgen betreffend die Millenniums-Entwicklungsziele (MDG) (2008/2128(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 306669 - vom 21. April 2009.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 24. März 2009 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass sich die Europäische Union aufgrund ihrer Zustimmung zur Millenniumserklärung zur Entwicklung (2000) zusammen mit der gesamten internationalen Gemeinschaft verpflichtet hat, ihre Bemühungen auf die acht Millenniums-Entwicklungsziele zu konzentrieren und den Anteil der in extremer Armut lebenden Menschen bis zum Jahr 2015 zu halbieren,

B. in der Erwägung, dass nach neueren Schätzungen noch immer etwa 1,4 Milliarden Menschen unterhalb der Armutsgrenze (von 1,25 US-Dollar pro Tag) leben, was mehr als einem Viertel der Bevölkerung der Entwicklungsländer entspricht,

C. in der Erwägung, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Jahr 2007 neue Verpflichtungen übernommen haben, die erheblich dazu beitragen sollen, den Rückstand bei der Umsetzung dieser Ziele aufzuholen,

D. in der Erwägung, dass das Fehlen des Zugangs zu medizinischer Versorgung und zu grundlegenden Dienstleistungen Millionen von Menschen das Leben kostet und den Kreislauf der Armut fortsetzt, obgleich der Zugang zu medizinischer Versorgung und zu Grundbildung ein Menschenrecht ist, für dessen Achtung und Umsetzung die Regierungen die Verantwortung tragen,

E. in der Erwägung, dass die MDG-Verträge eines von mehreren Instrumenten sein könnten, um den durch die Nahrungsmittelkrise entstandenen Herausforderungen in den Entwicklungsländern, insbesondere im Agrarsektor, zu begegnen,

F. in der Erwägung, dass die meisten Entwicklungsländer ungeachtet der zahlreichen Anstrengungen, denen sie bisher zustimmen konnten, nicht über die erforderlichen Mittel verfügen, um die Herausforderungen zu bewältigen, die sich ihnen im Gesundheits- und Bildungsbereich stellen, und in der Erwägung, dass Hilfe von außen daher unverzichtbar ist,

G. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament aufgerufen ist, die Entlastung für den Europäischen Entwicklungsfonds zu erteilen,

H. in Anbetracht der Absicht der Kommission, den Einsatz der Budgethilfe während der Laufzeit des zehnten EEF erheblich zu steigern, um die Wirksamkeit ihrer Hilfe zu verbessern und die selbst gesetzten Ziele zu erreichen,

I. in der Erwägung, dass Lehrer und Fachkräfte des Gesundheitswesens in den Entwicklungsländern derzeit unter schlechten Bedingungen arbeiten, dass zwei Millionen Lehrer und mehr als vier Millionen medizinische Fachkräfte benötigt werden, damit die Millenniumsziele erreicht werden können, und dass ein angemessenes Maß an Hilfe in Form von Budgethilfe im Rahmen eines MDG-Vertrags dazu beitragen könnte, dass diese angestellt und ausgebildet werden können,

J. in der Erwägung, dass der ständige Mangel an Lehrern und Fachkräften des Gesundheitswesens durch die von den reichen Ländern organisierte Abwanderung von Fachkräften noch verschlimmert wird,

K. in Anbetracht der Absicht der Europäischen Union, ihre Ausgaben für die Budgethilfe weiterhin zu erhöhen, insbesondere durch eine signifikante Erhöhung der sektorspezifischen Budgethilfe für Gesundheit und Bildung, vor allem in den afrikanischen Staaten,

L. in der Erwägung, dass in den MDG-Verträgen konkrete Zielvorgaben im Hinblick auf die Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele für die Bereiche Gesundheit und Grundbildung festgelegt sind, dass sich ein MDG-Vertrag jedoch auch auf andere vorrangige Bereiche erstrecken könnte,

M. in der Erwägung, dass gemäß der offiziellen Position des Parlaments zur Entwicklungshilfe, die in seiner Entschließung vom 13. Februar 2006 zu neuen Instrumenten zur Finanzierung der Entwicklung im Rahmen der Millenniumsziele1 : (...) "eine mengenmäßige Aufstockung der Hilfe einhergehen muss mit einer qualitativen Verbesserung, d. h. dass die Wirksamkeit der Hilfe durch die drei K - Koordination, Komplementarität, Kohärenz - verbessert werden muss, sowie dadurch, dass die Transaktionskosten der Hilfe verringert, die Kalkulierbarkeit und die Nachhaltigkeit der Hilfsmechanismen verbessert, das Tempo der tatsächlichen Auszahlung der Hilfe beschleunigt, weitere Hilfen freigegeben, Lösungen für nicht nachhaltige Schuldenlasten gefunden, eine solide Staatsführung sowie die Bekämpfung der Korruption gefördert und die Aufnahmefähigkeit der Hilfeempfänger verbessert werden",

N. in der Erwägung, dass ein vorhersehbarer und langfristiger Mittelfluss einen unmittelbaren und wirksamen Beitrag zur konkreten Umsetzung der in den MDG-Verträgen festgelegten Armutsbekämpfungsstrategien leisten könnte,

O. in der Erwägung, dass viele Mitgliedstaaten der Union trotz ihrer Zusagen von Monterrey (2002), Gleneagles (2005), Paris (2005) und Accra (2008), die Quantität und Qualität der Entwicklungshilfe aufzustocken, noch immer nicht die gesamte Hilfe ausreichen, zu deren Bereitstellung sie sich verpflichtet haben, und dass sich ein Teil dieser Hilfe, wenn sie denn gewährt wird, als unangemessen erweist,

P. in der Erwägung, dass offenbar in 30 % der Fälle bei der Auszahlung der derzeit von der Kommission gewährten Budgethilfe aufgrund ihrer äußerst aufwändigen Verwaltungsverfahren Verzögerungen auftreten,

Q. in der Erwägung, dass die mangelnde Vorhersehbarkeit der Budgethilfe vor allem daher rührt, dass die Auszahlung der meisten dieser Hilfen an jährlich zu erfüllende Auflagen gebunden ist, und dass diese mangelnde Vorhersehbarkeit dazu führt, dass die Empfängerländer die Hilfen ausgeben müssen, bevor sie gezahlt wurden und ohne sichergehen zu können, dass sie überhaupt gezahlt werden,

R. in der Erwägung, dass dieser Mangel an Vorhersehbarkeit der europäischen Entwicklungshilfe auch die Empfängerländer betrifft, die über eine gewisse Rechtssicherheit und ein stabiles rechtliches Umfeld verfügen,

S. in der Erwägung, dass die Kommission der wichtigste multilaterale Geber von Entwicklungshilfe und einer der wichtigsten Geber von Budgethilfe ist und dass sie zunehmend von dieser Art der Hilfe Gebrauch macht, die ein Fünftel der in den letzten Jahren bereitgestellten Hilfen ausmacht,

T. in der Erwägung, dass die Budgethilfe zwar bereits ein Instrument ist, mit dem die Hilfe der Gemeinschaft verbessert werden kann, sie aber vorhersehbarer sein und langfristiger eingesetzt werden sollte,

U. in der Erwägung, dass die derzeit von der Kommission gewährte Budgethilfe im Allgemeinen auf einen Zeitraum von drei Jahren sowie bei bestimmten Agenturen einem Jahr angelegt ist,

V. in der Erwägung, dass der Vorschlag für einen MDG-Vertrag keine Auswirkungen auf den Haushalt hat, und in der Erwägung, dass der MDG-Vertrag kein neues Instrument ist, sondern eine Durchführungsvereinbarung für die bestehenden Instrumente darstellt,

W. in der Erwägung, dass der Status des Kommissionsdokuments über die MDG-Verträge nach dem derzeitigen Stand unklar ist,

X. in der Erwägung, dass nach Einschätzung der Kommission der Zeitpunkt gekommen ist, die jährliche Überprüfung der herkömmlichen Auflagen der einzelnen Geber durch das Konzept eines "Vertrags" zu ersetzen, das auf greifbare Ergebnisse bei der Verwirklichung der Millenniumsziele abzielt,

Y. in der Erwägung, dass sich aus dem Begriff "Vertrag" eine finanzielle Verpflichtung ergibt, durch die eine bessere Vorhersehbarkeit des Geberlands und im Gegenzug ein stärkeres Engagement des Empfängerlands im Hinblick auf konkret zu erreichende Ergebnisse gewährleistet wird,

Z. in der Erwägung, dass die Kommission den Abschluss einer ersten Reihe von MDG-Verträgen für einen Zeitraum von sechs Jahren, d. h. bis zum Ende der Laufzeit des zehnten EEF, geplant hat,

AA. in der Erwägung, dass der Vorschlag der Kommission, Verträge für einen Zeitraum von sechs Jahren zu schließen, über die derzeitige Tendenz der anderen weltweiten Geber für den Fonds hinausgeht,

AB. in der Erwägung, dass die Kommission die Mitgliedstaaten aufgerufen hat, sich über zusätzliche freiwillige Beiträge an den EEF an der Finanzierung der MDG-Verträge zu beteiligen,

AC. in der Erwägung, dass nach den MDG-Verträgen zum Instrument der allgemeinen Budgethilfen, das auf der Grundlage der im Abkommen von Cotonou festgelegten Kriterien erarbeitet wurde, keine Änderungen hinsichtlich der Beschlüsse zu den laufenden Programmen und der unterschiedlichen Vorschriften für die Durchführung der allgemeinen Budgethilfen erforderlich sind, dass die MDG-Verträge nicht die Schaffung eines neuen Finanzinstruments vorsehen und daher weiterhin auf den im Abkommen von Cotonou enthaltenen Bestimmungen zu den Budgethilfen basieren, und ebenso in der Erwägung, dass die MDG-Verträge weiterhin mit den kürzlich abgeschlossenen internen Leitlinien für die allgemeinen Budgethilfen vereinbar sind,

AD. in der Erwägung, dass eines der Förderkriterien für den MDG-Vertrag die Einhaltung von Artikel 9 des Abkommens von Cotonou betreffend Menschenrechte, demokratische Grundsätze und Rechtsstaatlichkeit ist,

AE. in der Erwägung, dass eine wirksame Budgethilfe den Empfängern die Finanzierung ihrer eigenen konkreten Strategien und Programme zur Verbesserung des Zugangs zu leistungsfähigen öffentlichen Diensten im Gesundheits- und Bildungsbereich gestatten sollte,

AF. in der Erwägung, dass die Kommission ihre Zusage, die Mitglieder der Parlamente und die Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen systematisch an ihrem Dialog mit den Regierungen der Entwicklungsländer zu beteiligen, nicht eingehalten hat, und ferner in der Erwägung, dass nach dem heute bestehenden breiten Konsens die Entwicklung aus Gründen der Wirksamkeit zur Gänze in den Händen der Regierungen sowie der Parlamente und der zivilgesellschaftlichen Organisationen der Entwicklungsländer liegen sollte,

AG. in der Erwägung, dass nach den Plänen der Kommission diejenigen Länder als förderfähig gelten sollen, die auf makroökonomischer Ebene sowie im Hinblick auf die Haushaltsführung zufriedenstellende Ergebnisse beim Einsatz der Budgethilfe erzielen, und dass sich die Kommission damit von anderen Budgethilfegebern wie dem IWF oder der Weltbank unterscheidet, welche entgegen dem Grundsatz der Eigenverantwortung des Empfängerlands zahlreiche Auflagen an ihre Hilfe knüpfen,< /p>

AH. in der Erwägung, dass zahlreiche Länder, die mehr und bessere Hilfe benötigen, um die Verwirklichung der Millenniumsziele zu beschleunigen, die derzeit von der Kommission festgelegten Kriterien zum Abschluss eines MDG-Vertrags nicht erfüllen,

AI. in der Erwägung, dass sich die MDG-Verträge in ihrer derzeitigen Form ausschließlich auf die AKP-Staaten erstrecken,

AJ. in der Erwägung, dass die Budgethilfe der Kommission an einem massiven Mangel an Transparenz und Eigenverantwortlichkeit bei den armen Ländern krankt und die Finanzierungsabkommen nur selten veröffentlicht werden,

AK. in der Erwägung, dass der Hauptgrundsatz der Entwicklungshilfe darin besteht, diese Hilfe denjenigen zu gewähren, die sie am dringendsten benötigen, und sie dort zu gewähren, wo sie am effektivsten eingesetzt werden kann,

AL. in der Erwägung, dass zum Beispiel im Fall von Burkina Faso niemand über die laufenden Verhandlungen über einen MDG-Vertrag zwischen Burkina Faso und der Kommission informiert war und auf der Website der Delegation der Kommission in Burkina Faso derzeit keine Informationen zu dem Thema zu finden sind,

AM.in der Erwägung, dass sich die Europäische Union im Rahmen des Europäischen Konsenses über die Entwicklungspolitik verpflichtet hat, einen Ansatz zu verfolgen, der auf Ergebnissen und auf der Verwendung von Leistungsindikatoren beruht,

AN. in der Erwägung, dass die Kommission ihre Budgethilfe weiterhin an die Ergebnisse knüpfen muss, die von den Empfängerländern im Hinblick auf die Gleichstellung von Frauen und Männern und die Förderung der Rechte der Frau erzielt werden,

AO. in der Erwägung, dass die Kommission bereits Vereinbarungen über Budgethilfe mit Burkina Faso (2005-2008), Äthiopien (2003-2006), Ghana (2007-2009), Kenia (2004-2006), Madagaskar (2005-2007), Malawi (2006-2008), Mali (2003-2007), Mosambik (2006-2008), Tansania (2006-2008), Uganda (2005-2007) und Sambia (2007-2008) geschlossen hat,

AP. in der Erwägung, dass es 650 Millionen Menschen mit Behinderungen gibt, von denen 80 % in Entwicklungsländern leben und jeder fünfte in extremer Armut lebt; in der Erwägung, dass sie eine der größten Gruppen von Ausgegrenzten und Armen bilden, die vielfach diskriminiert werden und selten Zugang zu Bildung und zur Gesundheitsversorgung haben,

AQ. in der Erwägung, dass die Unterzeichnerstaaten des besagten UN-Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen nach Maßgabe der "Allgemeinen Verpflichtungen" und insbesondere des Artikels 32 verpflichtet sind, Behinderungen in ihrer Entwicklungszusammenarbeit zu berücksichtigen,

AR. in der Erwägung, dass sich die MDG bis 2015 nicht erreichen lassen, ohne dass der Integration und Beteiligung von Menschen mit Behinderungen gebührende Beachtung geschenkt wird,

AS. in der Erwägung, dass im Bericht über die Durchführung der EU-Afrika-Strategie vom 22. November 2008, insbesondere in Ziffer 37, bei den Bemühungen um die Erreichung der MDG die eklatante Tatenlosigkeit im Hinblick auf die Situation von Menschen mit Behinderungen bemängelt wird,

Millenniumsziele - Entwicklungszusammenarbeit

Schwerpunktbereiche

Wirksamkeit der Hilfe - Stabilität und Vorhersehbarkeit

Budgethilfe

MDG-Verträge

Parlamente und Zivilgesellschaft - Eigenverantwortlichkeit - Transparenz

Auswahlkriterien - Kreativität und Flexibilität

Bewertung - Leistungsindikatoren

Geschlechterspezifischer Aspekt