Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 5466 - vom 16. Dezember 2009.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 25. November 2009 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf die Erklärung von Barcelona, die bei der ersten Euromed-Ministerkonferenz vom 27.-28. November 1995 verabschiedet wurde und mit der eine Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und den südlichen und östlichen Mittelmeerländern begründet wurde,
- - in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 11. März 2003 mit dem Titel "Größeres Europa - Nachbarschaft: Ein neuer Rahmen für die Beziehungen der EU zu ihren östlichen und südlichen Nachbarn" (KOM (2003) 0104), ihres Strategiepapiers vom 12. Mai 2004 zur Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) (KOM (2004) 0373), ihrer Mitteilung vom 9. Dezember 2004 über ihre Vorschläge für Aktionspläne im Rahmen der ENP (KOM (2004) 0795), der Aktionspläne für Israel, Jordanien, Marokko, die Palästinensische Autonomiebehörde, Tunesien und den Libanon sowie der Verordnung (EG) Nr. 1638/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 2006 zur Festlegung allgemeiner Bestimmungen zur Schaffung eines Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments1,
- - unter Hinweis auf die Europa-Mittelmeer-Assoziationsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Tunesien2, Israel3, Marokko4, Jordanien5, Ägypten6, dem Libanon7 und Algerien8 andererseits sowie das Europa-Mittelmeer-Interimsassoziationsabkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen den Gemeinschaften und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) (zugunsten der Palästinensischen Autonomiebehörde)9;
- - unter Hinweis auf den Beschluss Nr. 001/95 des Assoziationsrates EG-Türkei vom 22. Dezember 1995 über die Durchführung der Schlussphase der Zollunion (96/142/EG)10,
- - unter Hinweis auf das am 25. Februar 2004 von Jordanien, Ägypten, Tunesien und Marokko unterzeichnete Freihandelsabkommen (bekannt unter der Bezeichnung "Agadir-Abkommen"),
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der Europa-Mittelmeer-Ministerkonferenzen und sektoralen Ministerkonferenzen, die seit der Einleitung des Barcelona-Prozesses stattgefunden haben, insbesondere die Schlussfolgerungen der sechsten Europa-Mittelmeer-Handelsministerkonferenz, die am 21. Oktober 2007 in Lissabon stattfand, und der siebten Europa-Mittelmeer-Handelsministerkonferenz, die am 2. Juli 2008 in Marseille stattfand,
- - unter Hinweis auf das Pariser Gipfeltreffen für den Mittelmeerraum der Staats- und Regierungschefs Europas und des Mittelmeerraums vom 13. Juli 2008, auf dem die Union für das Mittelmeer (UfM) ins Leben gerufen wurde,
- - unter Hinweis auf die vom Institut für Entwicklungspolitik und -management der Universität Manchester durchgeführte Nachhaltigkeitsprüfung zu den Folgen der Freihandelszone (FHZ) Europa-Mittelmeer,
- - unter Hinweis auf die Schlusserklärung des Euromed-Gipfeltreffens der Wirtschafts- und Sozialräte und vergleichbarer Institutionen, das am 18. und 19. Oktober 2009 in Alexandria stattfand,
- - unter Hinweis auf das Treffen hochrangiger Beamter der Handelsministerien Europas und des Mittelmeerraums am 11. November 2009 in Brüssel,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Mittelmeerpolitik der Europäischen Union und insbesondere seine Entschließung vom 15. März 2007 zur Errichtung der Freihandelszone Europa-Mittelmeer1 sowie seine Entschließung vom 19. Februar 2009 zum Barcelona-Prozess: Union für das Mittelmeer2,
- - gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass auf der Konferenz von Barcelona 1995 ein äußerst ehrgeiziges Vorhaben ins Leben gerufen wurde, nämlich die Schaffung neuer und engerer politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Beziehungen zwischen dem nördlichen und dem südlichen Mittelmeerraum; und unter Hinweis darauf, dass dieses Projekt noch sehr weit von seiner Vollendung entfernt ist,
B. unter Hinweis darauf, dass die Schaffung der UfM, mit der der Integrationsprozess Europa-Mittelmeer mit Hilfe konkreter und sichtbarer Projekte eine neue Dynamik erhalten sollte, noch immer nicht abgeschlossen ist, in der Erwägung, dass zwischen Januar und Juli 2009 wegen des Konflikts im Gaza-Streifen keine Euromed-Treffen anberaumt worden sind,
C. unter Hinweis darauf, dass das Treffen der Euromed-Außenminister, das am 24.-25. November 2009 in Istanbul stattfinden sollte, wegen eines Boykotts durch die arabischen Staaten, die gegen die Haltung der Israelis im Friedensprozess im Nahen Osten protestierten, vertagt werden musste,
D. in der Erwägung, dass die Europäische Union Assoziationsabkommen mit all ihren Partnern des südlichen Mittelmeerraums mit Ausnahme Syriens und Libyens abgeschlossen hat; unter Hinweis darauf, dass die Verhandlungen mit Syrien über ein Assoziationsabkommen abgeschlossen worden sind, seine Unterzeichnung jedoch von Syrien verschoben wurde; und unter Hinweis darauf, dass die Kommission Verhandlungen mit Libyen aufgenommen hat,
E. in der Erwägung, dass der bilaterale Ansatz, der Bestandteil jedes derartigen Prozesses und eine Folge der spezifischen kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Unterschiede zwischen den betreffenden Ländern ist, von einer umfassenderen Vision und einem breit angelegten Plan für die Beziehungen zwischen den verschiedenen Partnern geleitet und gestützt werden und somit von einem regionalen Ansatz begleitet werden sollte,
F. in der Erwägung, dass es nach wie vor ein riesiges wirtschaftliches, soziales und demografisches Gefälle zwischen den beiden Seiten des Mittelmeers gibt, das von einem Wohlstandsgefälle zeugt, welches die Ursache für Instabilität, Migrationsdruck und Umweltbelastungen in der Region ist; in der Erwägung, dass zwischen den einzelnen Mittelmeerländern beträchtliche Entwicklungsunterschiede bestehen; und unter Hinweis darauf, dass über 30% der Bevölkerung der südlichen und östlichen Mittelmeerländer weniger als 2 USD pro Tag zum Leben haben;
G. unter Hinweis darauf, dass die Volkswirtschaften der südlichen und östlichen Mittelmeerländer in hohem Maße vom Außenhandel abhängig sind; in der Erwägung, dass etwa 50 % ihres Handelsvolumens in die Europäische Union geht, auch wenn es nur 8 % des Außenhandels der Europäischen Union ausmacht, wobei die Bilanz für die Europäische Union positiv ausfällt; unter Hinweis darauf, dass die Exportstrukturen der südlichen und östlichen Mittelmeerländer in äußerst geringem Maße diversifiziert sind und die betreffenden Länder nach wie vor auf Bereiche spezialisiert sind, die wenig Wachstum erbringen,
H. in der Erwägung, dass die Europäische Union der größte ausländische Investor in der Region ist, dass jedoch die ausländischen Direktinvestitionen dort im Vergleich zu anderen Teilen der Welt weiterhin sehr niedrig sind; und unter Hinweis darauf, dass es von einem Land zum anderen große Unterschiede im Hinblick auf die Fähigkeit gibt, ausländische Direktinvestitionen anzuziehen,
I. unter Hinweis darauf, dass die regionale Integration in Richtung Süd-Süd bei weitem noch nicht verwirklicht ist und dass der Süd-Süd-Handel unterentwickelt ist und nur 6 % des Handels der südlichen und östlichen Mittelmeerländer insgesamt ausmacht,
J. unter Hinweis darauf, dass diese Situation sehr schädliche Auswirkungen auf den Integrationsprozess Europa-Mittelmeer und insbesondere auf die Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung und die Nahrungsmittelsouveränität der südlichen und östlichen Mittelmeerländer haben könnte, indem die Auswirkungen der Handelskonzentration verschärft werden, z. B. die zunehmende Abhängigkeit von einigen wenigen - in erster Linie landwirtschaftlichen - Erzeugnissen, die in die Europäische Union exportiert werden, während parallel dazu die Notwendigkeit der Einfuhr von Grundnahrungsmitteln zunimmt, sodass sich keinerlei Vorteil für die südlichen und östlichen Mittelmeerländer und ihre Unternehmen ergibt,
K. unter Hinweis darauf, dass die südlichen und östlichen Mittelmeerländer die politischen und wirtschaftlichen Hindernisse beseitigen müssen, die dem Integrationsprozess derzeit in der gesamten Region im Wege stehen, um eine fruchtbarere Zusammenarbeit untereinander zu erreichen,
L. unter Hinweis darauf, dass die Hersteller von Textilien, Bekleidung und Schuhwaren auf beiden Seiten des Mittelmeers aufgrund eines globalisierten Marktes und eines starken Wettbewerbsdrucks aus Asien große Marktanteile verlieren,
M. unter Hinweis darauf, dass die Freihandelszone - um eine wirklich positive Wirkung zu haben - die Integration der südlichen und östlichen Mittelmeerländer in den internationalen Handeln fördern und ihre wirtschaftliche Diversifizierung sowie die faire Teilung der daraus resultierenden Vorteile gewährleisten sollte, um das wichtigste Ziel der Wirtschafts- und Handelspartnerschaft Europa-Mittelmeer zu verwirklichen, das im Abbau des Entwicklungsgefälles zwischen den nördlichen und südlichen Anrainerstaaten des Mittelmeers besteht,
N. in der Erwägung, dass die in den Partnerländern bereits bestehenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen durch die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise verschärft wurden, insbesondere was das Problem der Arbeitslosigkeit betrifft; unter Hinweis darauf, dass es im gemeinsamen Interesse dieser Länder und der Europäischen Union liegt, die Arbeitslosenraten in der Region zu senken und der betroffenen Bevölkerung - vor allem Frauen, jungen Menschen und der Bevölkerung im ländlichen Raum - Aussichten auf eine menschenwürdige Zukunft zu bieten,
- 1. erkennt zwar bestimmte Verbesserungen an, bedauert allerdings die Tatsache, dass die wichtigsten Ziele der Partnerschaft Europa-Mittelmeer bei weitem noch nicht verwirklicht sind; unterstreicht, dass der Erfolg dieses Prozesses und vor allem der Freihandelszone, der zu Frieden, Wohlstand und Sicherheit in der gesamten Region beitragen könnte, anhaltende und konvergente Bemühungen aller Parteien sowie eine stärkere Mitwirkung der Zivilgesellschaft und der Menschen auf beiden Seiten des Mittelmeers erfordert;
- 2. ist der Auffassung, dass zahlreiche Schwierigkeiten - nicht nur wirtschaftlicher, sondern auch politischer Natur wie der Nahostkonflikt - äußerst negative Auswirkungen auf die Fortschritte und die Entwicklung bei diesem Prozess und vor allem bei der Freihandelszone gehabt haben; bedauert, dass aus denselben politischen Gründen die Ministertagung der Euromed-Außenminister, die am 24.-25. November 2009 in Istanbul stattfinden sollte, vertagt wurde und sich die UfM nicht voranbewegt;
- 3. verweist darauf, dass im Rahmen der UfM bedeutende Projekte in strategischen Bereichen wie dem Aufbau neuer Infrastrukturen, der Zusammenarbeit zwischen den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), der Kommunikation und der Nutzung erneuerbarer Energiequellen festgelegt wurden, um zur Entwicklung und zur Erleichterung von Handel und Investitionen im Raum Europa-Mittelmeer beizutragen; fordert, dass die im Rahmen der UfM geplanten Sitzungen weiterhin abgehalten werden und ein ständiges Sekretariat in Barcelona eingerichtet wird;
- 4. ist der Auffassung, dass die gegenwärtigen Hindernisse ein Anzeichen dafür sind, dass die Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen Hand in Hand mit einer Vertiefung der politischen Beziehungen voranschreiten muss; glaubt, dass eine wirkliche regionale und wirtschaftliche Integration nur erreicht werden kann, wenn konkrete Fortschritte bei der Beilegung der bestehenden Konflikte sowie auf dem Gebiet der Demokratie und der Menschenrechte erzielt werden;
- 5. fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und die südlichen und östlichen Mittelmeerländer auf, den Auswirkungen der Finanz-, Wirtschafts- und Umweltkrise Rechnung zu tragen, indem sie in größerem Umfang soziale und ökologische Belange in die Wirtschafts- und Handelspartnerschaft einbeziehen; fordert die Regierungen der südlichen und östlichen Mittelmeerländer auf, Maßnahmen im Bereich der Beschäftigung und der sozialen Sicherung durchzuführen, die in sich schlüssig und wirksam sind, um die Auswirkungen der Krise abzumildern;
- 6. verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass das Ziel der Freihandelszone nicht allein unter Zugrundelegung des Wirtschaftswachstums, sondern auch und vor allem im Hinblick auf die Schaffung von Arbeitsplätzen zu bemessen ist; macht darauf aufmerksam, dass die Jugend- und Frauenarbeitslosigkeit in den Mittelmeerländern das drängendste soziale Problem darstellt;
- 7. unterstreicht die Bedeutung der regionalen Integration der südlichen und östlichen Mittelmeerländer und der Ausweitung des Süd-Süd-Handels; bedauert, dass die Süd-Süd-Zusammenarbeit noch immer unterentwickelt ist;
- 8. ermutigt die südlichen und östlichen Mittelmeerländer nachdrücklich zum Ausbau des Süd-Süd-Handels nach dem Vorbild des Agadir-Abkommens, das von Ägypten, Jordanien, Marokko und Tunesien unterzeichnet wurde; ist der Auffassung, dass diese Maßnahme für die regionale Integration von wesentlicher Bedeutung ist; fordert die übrigen Länder in der Region auf, dem Abkommen beizutreten, um die auf Integration gerichteten Initiativen der südlichen und östlichen Mittelmeerländer weiterzuentwickeln und auf der Grundlage der Vertiefung der Europa-Mittelmeer-Assoziationsabkommen zwischen südlichen und östlichen Mittelmeerländern und der Europäischen Union Synergien auszuschöpfen; unterstreicht, dass die Institutionen der Europäischen Union positiv auf Forderungen nach technischer und finanzieller Unterstützung zur Förderung einer derartigen Süd-Süd-Wirtschaftsintegration reagieren müssen;
- 9. ist der Ansicht, dass das System der Ursprungskumulierung verstärkt werden sollte, weil es ein nützliches zollpolitisches Instrument zur Wiederbelebung des Handels in der Region ist, und dass die Ursprungsregeln aktualisiert und vereinfacht werden sollten, um den Interessen der Euromed-Partner Rechnung zu tragen; fordert die Europa-Mittelmeer-Handelsminister auf, die regionale Übereinkunft über das Paneuropa-Mittelmeer-System von Ursprungsregeln zu billigen, die den Weg für die Vereinfachung der Ursprungsregeln ebnet, und weitere Schritte zur Umsetzung des Paneuropa-Mittelmeer-Systems des Systems der Ursprungskumulierung zu ergreifen;
- 10. stellt fest, dass die Europa-Mittelmeer-Handelsminister Maßnahmen zur Überwindung der gegenwärtigen Schwäche in den Handels- und Wirtschaftsbeziehungen im Euromed-Raum, einen neuen Fahrplan für den Europa-Mittelmeer-Handel und einen neuen Mechanismus zur Erleichterung von Handel und Investitionen in der Region erörtern müssen; begrüßt alle gemeinsamen Initiativen zur Überprüfung der bestehenden Assoziationsabkommen vor dem Hintergrund neuer wirtschaftlicher Erfordernisse und Herausforderungen;
- 11. unterstreicht, dass diese Debatten in einem Klima des gegenseitigen Vertrauens und der Achtung zwischen den Partnern stattfinden müssen, um das Recht der südlichen und östlichen Mittelmeerländer sicherzustellen, die Kontrolle über die Geschwindigkeit, mit der sie ihren Handel öffnen, und über ihre nationalen Strategien für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu behalten; verweist darauf, dass die Verhandlungen über die Freihandelszone auf der Grundlage eines konzertierten und schrittweisen Vorgehens im Rahmen einer rationalen und vorhersehbaren Partnerschaft, die die sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten der südlichen und östlichen Mittelmeerländer widerspiegelt, geplant werden sollten;
- 12. unterstreicht, dass bei jedweder weiteren Liberalisierung auf dem Gebiet der Landwirtschaft und der Fischerei der Notwendigkeit Rechnung getragen werden sollte, sensible Güter zu schützen, während gleichzeitig systematisch die sozialen Auswirkungen des Prozesses der Liberalisierung sowie der Normen im Bereich des Pflanzenschutzes bewertet werden; fordert die Euromed-Handelsminister auf, dafür Sorge zu tragen, dass dieser Prozess schrittweise erfolgt, und dabei die Zeit zu berücksichtigen, die erforderlich ist, um gerechte Steuerreformen als Ausgleich für die Verringerung der Zolleinnahmen für den Fiskus durchzuführen; fordert die Europa-Mittelmeer-Partner auf, das Konzept einer integrierten Agrarpolitik Europa-Mittelmeer zu prüfen, die sich auf die Komplementarität der Agrarkette und eine nachhaltige Wasserpolitik stützt und bei der der Schwerpunkt auf den Erfordernissen der Nahrungsmittelsouveränität und weniger auf handelspolitischen Überlegungen liegt;
- 13. betrachtet den Dienstleistungssektor als wesentlich für die Entwicklung der südlichen und östlichen Mittelmeerländer; ist der Auffassung, dass jedwede Liberalisierung der Dienstleistungen in Abstimmung mit den südlichen und östlichen Mittelmeerländern erfolgen sollte, wobei sie das Recht haben würden, die Öffnung sensibler und anfälliger Bereiche ihrer Volkswirtschaften schrittweise und eigenverantwortlich vorzunehmen; ist der Auffassung, dass zwischen gewerblichen und öffentlichen Diensten unterschieden werden muss;
- 14. fordert, dass der Zeitplan für die Liberalisierung des Industriesektors auf der Grundlage der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse im jeweils betroffenen Land - einschließlich der Höhe der Arbeitslosigkeit und der Umweltauswirkungen - angepasst wird; betont, dass bei der Wirtschafts- und Handelspartnerschaft eine größere Diversifizierung bei der Produktion von Industriegütern sowie eine höhere Wertschöpfung gefördert werden sollten; fordert die südlichen und östlichen Mittelmeerländer auf, regionale politische Initiativen zu ergreifen, die der Rolle der Kleinstunternehmen sowie der KMU"s Rechnung tragen;
- 15. stellt fest, dass die Textilerzeuger im Raum Europa-Mittelmeer im Zuge des zunehmenden weltweiten Wettbewerbs mit großen Schwierigkeiten konfrontiert sind; verweist auf die Notwendigkeit, die Nord-Süd-Partnerschaft zu stärken, um die Wettbewerbsfähigkeit im Herstellungs- und Handelsraum Europa-Mittelmeer im Bereich Textilien und Bekleidung zu erhalten, und die Aktivitäten der südlichen und östlichen Mittelmeerländer zu fördern, die mit höherer Wertschöpfung verbunden sind und auf Kreativität und Innovation und nicht nur auf der Auslagerung von Unternehmensteilen beruhen;
- 16. unterstreicht die Notwendigkeit, die Investitionssicherheit im Mittelmeerraum mithilfe eines Systems zu fördern, das der Koordinierung KMU-orientierter Strategien dient und eine breite Palette von Feldern abdeckt: Schutzvorkehrungen, Finanzierung, Information und Vernetzung von KMU;
- 17. ist der Auffassung, dass der neue Vorschlag zur Schaffung eines Investitionsfördermechanismus Europa-Mittelmeer ein bedeutender Schritt in Richtung auf die Bündelung und Verbreitung von Informationen über ein einziges Netzwerk ist, so dass die Wirtschaftsakteure ein umfassendes Bild von den Handels- und Investitionsbedingungen in der Region erhalten; unterstreicht, dass das Instrument die bestehenden Netze ergänzen sollte;
- 18. verweist auf die Notwendigkeit der Gründung einer Investitions- und Entwicklungsbank Europa-Mittelmeer, die Geber von beiden Seiten des Mittelmeers sicherstellen würde und imstande wäre, die ausländischen Direktinvestitionen anzuziehen, an denen es der Region Europa-Mittelmeer fehlt;
- 19. begrüßt die Schaffung des "Inframed"-Fonds, der im Rahmen der UfM angekündigt wurde und bei dem es sich um einen langfristigen Investitionsfonds zur Finanzierung von Infrastrukturvorhaben handelt;
- 20. vertritt die Auffassung, dass die UfM die bestehenden Formen der Zusammenarbeit im Euromed-Rahmen stärken sollte, um allen Partnerländern die Chance zu bieten, sich auf der Grundlage von im gegenseitigen Einvernehmen festgelegten Prioritäten und Zielen an den Programmen und den entsprechenden politischen Initiativen der Europäischen Union zu beteiligen; verweist darauf, dass es wichtig ist, die Gemeinschaftsprogramme noch stärker für die Teilnahme von Partnerländern insbesondere in den Bereichen grenzüberschreitende Zusammenarbeit (InterReg), Bildung, Forschung und berufliche Bildung (Studentenaustausch usw.) zu öffnen;
- 21. ruft zur Nutzung der Solar- und Windenergie im Mittelmeerraum auf; begrüßt die jüngsten Initiativen wie den "Plan Solaire" und die ersten Vorstellungen für die Desertec-Initiative zur Ausschöpfung des ungeheuren Potenzials der Sonnenenergie im Nahen Osten und in Nordafrika, bedauert jedoch, dass die Maßnahmen noch immer zu sehr auf nationaler Ebene konzipiert werden; betont, dass die Europäische Union im Hinblick auf das Desertec-Projekt abgestimmt handeln und einen aktiven Beitrag zur endogenen Entwicklung der Länder Nordafrikas und des Nahen Ostens leisten muss, und fordert die Kommission auf, die Bemühungen der Europäischen Union aktiv zu koordinieren;
- 22. nimmt mit Besorgnis die Schlussfolgerungen der Nachhaltigkeitsprüfung zur Kenntnis; fordert die Kommission auf, den im Zuge der Nachhaltigkeitsprüfung ausgesprochenen Empfehlungen betreffend die sozialen und ökologischen Auswirkungen des Liberalisierungsprozesses systematisch zu folgen, um Dimensionen des sozialen Zusammenhalts und der nachhaltigen Entwicklung zu berücksichtigen; betont ferner, dass diese Auswirkungen von einem Sektor zum anderen und von Land zu Land sehr unterschiedlich sein können; unterstreicht, dass es zur Erzielung von wirklichem sozialem Fortschritt wichtig ist, im Rahmen der Wirtschafts- und Handelspartnerschaft menschenwürdige Arbeitsbedingungen und Verhaltenskodizes zu fördern, die mit multinationalen Unternehmen ausgehandelt werden und in die das Ziel der Bereitstellung menschenwürdiger Beschäftigungsverhältnisse einbezogen wird;
- 23. ist der Auffassung, dass die Freihandelszone durch die schrittweise und an Auflagen geknüpfte Einführung der Freizügigkeit für Arbeitnehmer vervollständigt werden sollte, wobei die Lage auf dem europäischen Arbeitsmarkt sowie gegenwärtige Überlegungen der internationalen Gemeinschaft über die Zusammenhänge zwischen Migration und Entwicklung zu berücksichtigen sind; hält es für dringend notwendig, rechtliche und administrative Verfahren festzulegen, um die Erteilung von Visa zu erleichtern, insbesondere für die Akteure der Partnerschaft Europa-Mittelmeer, Studenten, Hochschulpersonal sowie sozioökonomische Akteure; unterstreicht, dass es wichtig und notwendig ist, die Kosten für die Überweisungen durch Migranten zu senken, damit diese Gelder der Wirtschaft vor Ort den größtmöglichen Nutzen bringen;
- 24. fordert die Kommission auf, es umfassend über Fortschritte beim Assoziierungsabkommen mit Syrien zu unterrichten, dessen Unterzeichnung vor kurzem durch Syrien verschoben wurde; vertritt die Auffassung, dass es einige Besorgnisse im Zusammenhang damit gibt, dass Libyen wieder in die Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen und generell in die UfM einbezogen werden soll; fordert die Kommission auf, es auf allen Stufen der Verhandlungen umfassend zu unterrichten, einzubinden und zu konsultieren;
- 25. stellt fest, dass mehrere Mittelmeerländer Interesse daran bekundet haben, ihre Handelsabkommen mit der Europäischen Union zu vertiefen und/oder zu erweitern, und fordert die Kommission auf, mit Blick auf die dem Parlament durch den Vertrag von Lissabon übertragenen neuen Befugnisse im Bereich des Handels bei der Aushandlung dieser neuen Abkommen eine frühere Entschließung des Parlaments zu berücksichtigen;
- 26. unterstreicht, dass bilaterale Ansätze nicht auf Kosten eines multilateralen regionalen Ansatzes gehen sollten; befürwortet zwar eine engere Zusammenarbeit mit den am meisten entwickelten Partnern unter gebührender Berücksichtigung ihrer politischen, kulturellen und sozialen Besonderheiten, ist allerdings der Auffassung, dass die Kommission am Grundsatz einer Differenzierung der Verhandlungen von Region zu Region festhalten muss;
- 27. unterstreicht, dass aufgrund der Lage in Palästina spezifische und besondere Maßnahmen für die Bevölkerung ergriffen werden sollten, um die Einbeziehung dieser Region in den Mittelmeerhandel zu gestatten; ist diesbezüglich der Auffassung, dass eine Lösung gefunden werden sollte, um die Frage der Ursprungszertifizierung und anschließend der Vorzugsbehandlung auf der Grundlage des Assoziationsabkommens EG-Israel, das auf Waren aus dem Gazastreifen und der Westbank Anwendung findet, zu bewältigen;
- 28. ist der Auffassung, dass ein ausgewogener Fahrplan, der sich auf einen breiten Konsens und unter anderem eine positive soziale und ökologische Folgenabschätzung stützt, ein nützliches Instrument zur Wiederbelebung der Wirtschafts- und Handelszusammenarbeit in den kommenden Jahren sein könnte; fordert deshalb die Handelsminister Europa-Mittelmeer auf, den Fahrplan auf ihrer Ministertagung im Dezember 2009 zu verabschieden; fordert die hochrangigen Beamten der Handelsministerien Europas und des Mittelmeerraums auf, in den kommenden Jahren die Umsetzung des Fahrplans zu überwachen und alle notwendigen Anpassungen vorzuschlagen; und fordert, über derartige Maßnahmen unterrichtet zu werden;
- 29. betont, dass der Prozess der Partnerschaft Europa-Mittelmeer wieder zu einer politischen Priorität für die Europäische Union werden muss;
- 30. unterstreicht die Rolle, die der Parlamentarischen Versammlung Europa-Mittelmeer (PVEM) innerhalb der Partnerschaft als dem demokratischen Gremium zukommt, in dem Parlamentarier von beiden Seiten des Mittelmeers auf der Grundlage der drei Säulen des Barcelona-Prozesses zusammenkommen; ruft abschließend zur verstärkten Zusammenarbeit zwischen der PVEM, der Kommission und dem Rat im Bereich der Wirtschaftspolitik auf;
- 31. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, den Staats- und Regierungschefs, den Parlamenten der Mitgliedstaaten und der südlichen und östlichen Mittelmeerländer sowie der PVEM zu übermitteln.
- 1 ABl. L 310 vom 9.11.2006, S. 1.
- 2 ABl. L 97 vom 30.3.1998, S. 2.
- 3 ABl. L 147 vom 21.6.2000, S. 3.
- 4 ABl. L 70 vom 18.3.2000, S. 2.
- 5 ABl. L 129 vom 15.5.2002, S. 3.
- 6 ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 39.
- 7 ABl. L 143 vom 30.5.2006, S. 2.
- 8 ABl. L 265 vom 10.10.2005, S. 2.
- 9 ABl. L 187 vom 16.7.1997, S. 3.
- 10 ABl. L 35 vom 13.2.1996, S. 1.
- 1 ABl. C 301 E vom 13.12.2007, S. 210.
- 2 Angenommene Texte, P6_TA(2009)0077.