Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Kammern für internationale Handelssachen (KfiHG) - Antrag der Länder Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Hessen, Niedersachsen -

869. Sitzung des Bundesrates am 7. Mai 2010

A.

Der federführende Rechtsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen beim Deutschen Bundestag einzubringen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a (§ 93 Absatz 2 GVG), Buchstabe c - neu - (§ 93 Absatz 4 - neu - GVG)

Artikel 1 Nummer 3 ist wie folgt zu ändern:

Folgeänderungen:

Begründung (nur für das Plenum):

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass für den Bezirk eines oder mehrer Landgerichte innerhalb eines Oberlandesgerichtsbezirks Kammern für internationale Handelssachen eingerichtet werden können. Dieser Beschränkung auf den Oberlandesgerichtsbezirk bedarf es nicht. Gibt es in einem Land mehrere Oberlandesgerichtsbezirke kann es sich dennoch anbieten, nur an dem zentralsten Landgericht entsprechende Kammern zu schaffen. Gleiches kann für das Gebiet mehrerer Länder gelten.

2. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 114b Satz 2 GVG), Nummer 5 Buchstabe b (§ 184 Absatz 2 Satz 4 - neu - GVG),

Artikel 2 Nummer 1 - neu - (§ 73 Absatz 2 - neu - ZPO), Nummer 2 - neu - (§ 253 Absatz 3a - neu - ZPO)

"Artikel 2
Änderung der Zivilprozessordnung

Die Zivilprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3202; 2006 I S. 431; 2007 I S. 1781), die zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Zu Nummer 1 (§ 73 Absatz 2 - neu - ZPO)

Nach § 184 Absatz 2 Satz 1 GVG-E wird vor den Kammern für internationale Handelssachen und den für Berufungen und Beschwerden gegen Entscheidungen der Kammern für internationale Handelssachen zuständigen Senaten der Oberlandesgerichte das Verfahren in englischer Sprache geführt. Dies hat zur Folge, dass der nach dem bisherigen § 73 Satz 1 ZPO zum Zwecke der Streitverkündung einzureichende Schriftsatz in englischer Sprache zu verfassen ist. An die beklagte Partei kann demgegenüber die in englischer Sprache verfasste Klageschrift nur zugestellt werden, wenn ihr eine schriftliche Erklärung der Einwilligung beigefügt worden ist. Die Zustellung eines Schriftsatzes in einer anderen Sprache als der deutschen ist im Hinblick auf den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs bedenklich und dürfte daher grundsätzlich nicht zulässig sein. Diese Wertung ergibt sich auch aus Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates - EGZustVO, ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 79. Daher muss der Dritte vor der Zustellung einer in der englischen Sprache verfassten Streitverkündungsschrift geschützt werden, wenn er diese gegen sich nicht gelten lassen will. Diesem Schutz trägt der neue § 73 Absatz 2 ZPO in Anlehnung an die Regelung des Artikels 8 EGZustVO Rechnung. Nach § 73 Absatz 2 Satz 1 ZPO-E darf der Dritte die Annahme des in englischer Sprache abgefassten Schriftsatzes bei der Zustellung verweigern oder diesen binnen zwei Wochen dem Gericht zurücksenden. Auf diese Rechte ist der Dritte nach Satz 2 in deutscher Sprache durch das Gericht bei der Zustellung hinzuweisen. Dies kann beispielsweise durch einen Hinweis auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftsatzes erfolgen. Die Ausübung eines der Rechte nach Satz 1 hat das Gericht nach Satz 3 dem Streitverkünder unverzüglich bekannt zu machen und diesem eine Frist zu setzen, innerhalb derer er eine Übersetzung des Schriftsatzes in die deutsche Sprache beizubringen hat. Wird diese Übersetzung innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist beigebracht, wirkt nach Satz 4 die Zustellung des Schriftsatzes zusammen mit der Übersetzung in die deutsche Sprache auf den Zeitpunkt zurück, an dem der erste Schriftsatz zugestellt worden ist. Als Frist für die Beibringung der Übersetzung dürfte in der Regel ein Monat ausreichend sein (vgl. Zöller/Geimer, Zivilprozessordnung, 27. Aufl. 2009, Anh II EG-VO Zustellung Artikel 8 Rnr. 7). Die Regelung einer solchen Rückwirkung ist notwendig, da für den Streitverkünder bei Einreichung des in englischer Sprache verfassten Schriftsatzes nicht abzusehen ist, ob der Dritte von einem der Rechte nach Satz 1 Gebrauch macht. Und nur so kann sichergestellt werden, dass der Streitverkünder mittels eines in englischer Sprache abgefassten Schriftsatzes die in § 167 ZPO genannte Frist wahren und die dort genannten Wirkungen herbeiführen kann.

Zu Nummer 2 (§ 253 Absatz 3a - neu - ZPO)

§ 253 Absatz 3a ZPO-E setzt § 114b Satz 1 GVG-E im Hinblick auf das Erfordernis des übereinstimmenden Willens der Parteien zur Durchführung des Verfahrens in englischer Sprache um. Bereits nach geltendem Recht ist nach § 96 GVG in der Klageschrift neben dem Gericht die Kammer für Handelssachen anzugeben, wenn vor dieser verhandelt werden soll (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 28. Aufl., 2010, § 253 Rnr. 9). Da konstituierende Voraussetzung für die Zuständigkeit der Kammer für internationale Handelssachen nach § 114b Satz 1 GVG-E der übereinstimmende Wille der Parteien ist, das Verfahren in englischer Sprache durchzuführen, sieht § 253 Absatz 3a ZPO-E zusätzlich vor, dass entweder die Vereinbarung der Parteien über die Durchführung des Verfahrens in englischer Sprache oder das schriftliche Einverständnis der Gegenpartei zur Verhandlung in englischer Sprache der Klageschrift beizufügen ist. Das Einverständnis der klagenden Partei braucht hingegen nicht ausdrücklich erklärt zu werden; dieses ergibt sich konkludent aus dem Antrag der Partei nach § 114c Absatz 1 GVG-E in Verbindung mit § 96 GVG zur Verhandlung der Streitigkeit vor der Kammer für internationale Handelssachen."

Begründung (nur für das Plenum):

Der Gesetzentwurf ist hinsichtlich der Regelung zur Streitverkündung zu überarbeiten. Nach der bisherigen Regelung konnte der Dritte im Gegensatz zu den Parteien gegen seinen Willen an einem in englischer Sprache geführten Verfahren beteiligt werden. Die vorgeschlagene Regelung stärkt zum einen die Rechte des Dritten dadurch, dass er die Zustellung einer deutschen Übersetzung der Streitverkündungsschrift und im Falle des Beitritts zum Rechtsstreit verlangen kann, dass ein Dolmetscher hinzugezogen oder der Rechtsstreit in der deutschen Sprache fortgeführt wird. Zum anderen ermöglicht der Vorschlag die Fortführung des Verfahrens in der englischen Sprache auch bei einer Streitverkündung, wenn der Dritte nach erfolgtem Beitritt damit einverstanden ist.

Der Gesetzentwurf ist ferner um das Erfordernis der Beifügung der Vereinbarung der Parteien über die Durchführung des Verfahrens in englischer Sprache oder der entsprechenden schriftlichen Erklärung der Gegenpartei zur Verhandlung in englischer Sprache zu der Klageschrift zu ergänzen. Die vorgeschlagene Regelung stellt sicher, dass bereits bei Klageeinreichung fest steht, ob das insoweit als konstituierende Voraussetzung der Zuständigkeit der Kammer für internationale Handelssachen ausgestaltete Merkmal des übereinstimmenden Willens zur Verfahrensführung in englischer Sprache gegeben ist.

Im Übrigen werden mit dem Änderungsantrag offensichtliche Unrichtigkeiten in der Nummerierung der Einzelbegründungen berichtigt.

B.

C.