Der Bundesrat hat in seiner 906. Sitzung am 1. Februar 2013 beschlossen, die aus der Anlage ersichtliche Entschließung zu fassen.
Anlage
Entschließung des Bundesrates zum Umgang mit dem Einsatz von Fracking-Technologien mit umwelttoxischen Chemikalien bei der Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten
- 1. Der Bundesrat lehnt den Einsatz umwelttoxischer Substanzen bei der Anwendung der Fracking-Technologie zur Aufsuchung und Gewinnung unkonventioneller Erdgaslagerstätten ab, solange die Risiken nicht geklärt sind.
- 2. Der Bundesrat stellt fest, dass
- - der Einsatz umwelttoxischer Chemikalien bei Anwendung der Fracking-Technologie zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten erhebliche Risiken beinhaltet; - der Einsatz von Fracking-Technologien mit umwelttoxischen Chemikalien in Trinkwasserschutzgebieten, Gebieten für die Gewinnung von Trinkwasser oder Mineralwasser, Heilquellenschutzgebieten sowie in Gebieten mit ungünstigen geologischhydrogeologischen Verhältnissen auszuschließen ist;
- - auf Grund der aktuellen wissenschaftlichen Datenlage es nicht verantwortbar ist, zu diesem Zeitpunkt Vorhaben zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten mit dem Einsatz der Fracking-Technologie mit umwelttoxischen Chemikalien zu genehmigen;
- - über Anträge auf Genehmigung von Fracking-Maßnahmen mit umwelttoxischen Chemikalien zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten erst dann entschieden werden kann, wenn die nötige Datengrundlage zur Bewertung vorhanden ist und zweifelsfrei geklärt ist, dass eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist (Besorgnisgrundsatz des Wasserhaushaltsgesetzes), wobei die im Auftrag des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen erstellten Gutachten zu dem Ergebnis kommen, dass diese Voraussetzungen zurzeit nicht vorliegen;
- - die Entsorgung des Flowback aus Frack-Vorgängen mit Einsatz umwelttoxischer Chemikalien in Versenkbohrungen (Disposalbohrungen) wegen fehlender Erkenntnisse über die damit verbundenen Risiken derzeit nicht verantwortbar ist.
- 3. Der Bundesrat spricht sich daher dafür aus, dass - sowohl auf Länder- als auch auf Bundesebene - unter Einbeziehung der Wissenschaft in einem gemeinsamen Prozess mit den Unternehmen überlegt wird, welche konkreten Erkenntnisse die Erkundungen letztlich liefern müssen, um die Informations- und Wissensdefizite zu beseitigen und eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung über mögliche nachfolgende Schritte zu schaffen. Dies soll in einem transparenten und breiten Prozess erfolgen. Im Dialog mit allen Beteiligten (Unternehmen, Behörden, Wissenschaft und den an der Thematik interessierten Bürgerinnen und Bürger) sollen unter Federführung der Wissenschaft Forschungsbohrungen ohne Fracking erörtert werden.
- 4. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, gemeinsam mit den Ländern folgende Maßnahmen umzusetzen:
- - Die vorhandenen Gutachten werden systematisch in einem gemeinsamen Prozess ausgewertet.
- - Die für das Fracking einzusetzenden Stoffe werden systematisiert und hinsichtlich ihres Umweltverhaltens und ihrer Auswirkungen insbesondere auf die Wasserqualität bewertet (Datenbank).
- 5. Der Bundesrat sieht die Notwendigkeit, bei der Zulassung von Maßnahmen zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten mittels Fracking eine obligatorische Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung vorzusehen. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, kurzfristig eine Änderung der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben vorzulegen.
- 6. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung und Dimensionen des Bohrlochbergbaus fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, den Geltungsbereich des Bergschadensrechts auf die Gewinnung von Bodenschätzen durch Tiefbohrungen einschließlich des Betriebs von unterirdischen Kavernenspeichern zu erweitern.