Der Bundesrat hat in seiner 956. Sitzung am 31. März 2017 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat nimmt den Vorschlag zur weitgehenden Zusammenführung der Politikbereiche "Klima" und "Energie" und verfahrensmäßig die Einführung eines kohärenten, stringenten und robusten Governance-Systems zur Kenntnis. Dadurch soll sich der Verwaltungsaufwand für die Mitgliedstaaten, die Kommission und die anderen EU-Organe bedeutend verringern.
- 2. Mit Blick auf den bis heute schon erheblich angewachsenen Verwaltungsaufwand zur Verwirklichung der Klima- und Energiepolitik kann eine gewisse Skepsis gegenüber der Zielerreichung nicht vermieden werden. Auch soweit der Vorschlag von bereits 23 gestrichenen Planungs- und Berichterstattungsvorschriften ausgeht, ist die Möglichkeit weiterer Streichungen gegeben. Die Bundesregierung wird deshalb gebeten, im Rahmen des Verfahrens zum Erlass der vorgeschlagenen Verordnung darauf hinzuwirken, dass die Verordnung nur die unumgänglich notwendigen Planungs-, Berichterstattungsund Überwachungsvorschriften enthält.
- 3. Soweit die im Verordnungsvorschlag vorgesehenen Regelungen zu Vorgaben für die Planungen der Mitgliedstaaten bezüglich ihrer Politiken zur Anpassung an den Klimawandel oder zu integrierten Berichtspflichten in diesem Themenfeld führen, wird dies aufgrund der bundesweit sehr divergierenden Bedingungen und Datenlage sehr kritisch gesehen. Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf, sich entsprechend gegen Berichtspflichten in diesem Themenfeld einzusetzen.
- 4. Er bittet die Bundesregierung, darauf hinzuwirken, dass die von den Mitgliedstaaten geforderte Berichterstattung und Überwachung über Erneuerbare Energien einschließlich Bioenergien konsequent auf das Wesentliche beschränkt und auf vorhandene Verwaltungsdaten (zum Beispiel Länderstatistik, InVeKoS) ausgerichtet wird, um bürokratische Lasten bei der Wirtschaft oder gar einzelnen Landwirten oder Waldbesitzern zu vermeiden.
- 5. Insbesondere sollten bei der Festlegung der einzelnen Erhebungsmerkmale Fachgremien wie der Ständige Forstausschuss mit einbezogen werden.
- 6. Für eine rasche weitgehende Dekarbonisierung im Sinne des Abkommens von Paris gemäß der Dimension "Verringerung der CO₂-Emissionen" wird eine integrierte Betrachtung und Vernetzung der Energieverbrauchssektoren (Sektorkopplung) immer wichtiger. Der Bundesrat regt an, diesen Gesichtspunkt mittelfristig verstärkt zu berücksichtigen.
- 7. Er begrüßt, dass die Kommission im Vorschlag für ein Governance-System der Energieunion einen einheitlichen Rahmen für die Koordinierung gemeinsamer Ziele der Energieunion festlegt und damit Transparenz hinsichtlich der Berichtspflichten insgesamt und zwischen den Mitgliedstaaten herstellt. Das Governance-System sollte jedoch nur die Berichte und Daten einfordern, die zur Erreichung der Ziele der Energieunion benötigt werden. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, sich entsprechend dafür einzusetzen.
- 8. Er bittet die Bundesregierung, sich bei der Kommission dafür einzusetzen, dass die drei übergreifenden Themen des Winterpakets "Vorrang für Energieeffizienz", "Erreichen einer globalen Führungsrolle bei den Erneuerbaren Energien" und "Ein faires Angebot für die Verbraucherinnen und Verbraucher" um ein weiteres Ziel "Ein hohes Maß an Versorgungssicherheit und -qualität" ergänzt werden. Versorgungssicherheit ist ein wichtiger Standortfaktor für die europäische Industrie. Sie ist maßgeblich für die Wettbewerbsfähigkeit der in Europa ansässigen Unternehmen und die Sicherung von Arbeitsplätzen.
- 9. Der Bundesrat begrüßt ferner, dass das Governance-System hinsichtlich des zeitlichen Ablaufes und der inhaltlichen Anforderungen am Übereinkommen von Paris ausgerichtet ist, um die Gleichförmigkeit und Wirksamkeit der parallelen Prozesse zu gewährleisten. Er sieht allerdings die von der Kommission geplanten Fristen für die erste Erstellung der Entwürfe zum 1. Januar 2018 und deren Fertigstellung bis 1. Januar 2019 als ambitioniert an. Er ersucht daher die Bundesregierung, die Kommission um eine Prüfung der von ihr vorgesehenen Ersterstellungsfristen und von Vereinfachungsmöglichkeiten zu bitten, um sicherzustellen, dass von Anfang an alle Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, sich an diesem neuen Governance-Prozess angemessen zu beteiligen.
- 10. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Kommission, dass die Ziele und Zielvorgaben der Energieunion durch ehrgeizige komplementäre und kohärente Maßnahmen der Union und ihrer Mitgliedstaaten erreicht werden können. Dazu bedarf es nach seiner Auffassung eines entsprechenden Ambitionsniveaus in den nationalen Energie- und Klimaplänen der Mitgliedstaaten. Er sieht es jedoch als kritisch an, dass eine Aktualisierung der nationalen Energie- und Klimapläne nur auf der Grundlage noch ehrgeizigerer Ziele des jeweiligen Mitgliedstaates möglich sein soll. Dies nimmt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, durch notwendige Korrekturen in begründeten Einzelfällen nachzusteuern. Daher bittet der Bundesrat die Bundesregierung, die Kommission um Prüfung einer möglichen Regelung für einen solchen Fall zu ersuchen. Die fehlende Korrekturmöglichkeit könnte ansonsten aus Sicht des Bundesrates zu einem insgesamt niedrigeren Ambitionsniveau der nationalen Pläne führen.
- 11. Der Bundesrat unterstützt die Absicht der Kommission, bereits zu einem früheren Zeitpunkt erbrachte ambitionierte Beiträge einzelner Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Empfehlungen zu Maßnahmen auf Unionsebene zu berücksichtigen, sollten die Fortschritte der Union im Hinblick auf die Ziele und Vorgaben nicht zu ihrer Verwirklichung ausreichen. Dieses Vorgehen bietet für alle Mitgliedstaaten den Anreiz, sich bereits von Anfang an ambitionierte Ziele zu setzen, ohne befürchten zu müssen, zu einem späteren Zeitpunkt zu zusätzlichen überproportionalen Beiträgen herangezogen zu werden. Dies entspricht einer fairen Aufteilung der Lasten im Hinblick auf die kollektive Verwirklichung der Ziele.
- 12. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung dazu auf, die Kommission um eine nähere Beschreibung der von ihr vorgesehenen Finanzierungsplattform für Erneuerbare Energien zu bitten, weil deren Ziele und Verwendung als von der Kommission verwaltetes Instrument nicht näher erläutert werden. Da dort ab 2021 Finanzbeiträge der Mitgliedstaaten hineinfließen sollen, erscheint es aus seiner Sicht angemessen, die geplante konkrete Ausgestaltung und den entsprechenden Entscheidungsprozess nachvollziehbar zu machen und erforderlichenfalls eine Beteiligung der Mitgliedstaaten vorzusehen.
- 13. Der Bundesrat bewertet Sektorenkopplung grundsätzlich positiv. Er ist allerdings der Auffassung, dass die Entscheidung über die Ausgestaltung von Sektorzielen weiterhin in der Verantwortung der Mitgliedstaaten verbleiben sollte. Dies gilt auch für die Vorgabe der Kommission, Sektorziele in nationalen Energie- und Klimaschutzplänen nach Artikel 4 des Verordnungsvorschlags festzulegen. Er fordert die Bundesregierung auf, die Kommission um Prüfung der beabsichtigten Regelungen zu bitten. Er regt vielmehr an, die sektorenübergreifende Nutzung des Stroms aus Erneuerbaren Energien durch ein entsprechendes Marktdesign anzureizen.
- 14. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung weiterhin auf, die Kommission um nähere Erläuterung der sogenannten speziellen Maßnahmen der regionalen Zusammenarbeit zu bitten, wie sie im Rahmen der Fortschrittsberichte hinsichtlich der integrierten Berichterstattung zur Durchführung von Maßnahmen und Strategien vorgesehen sind.