962. Sitzung des Bundesrates am 24. November 2017
A
Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die von der Kommission verfolgten Ziele, die öffentliche Auftragsvergabe in und für Europa zu verbessern. Zudem erachtet der Bundesrat es als erstrebenswert, durch die Professionalisierung der öffentlichen Beschaffer, eine verstärkte Digitalisierung sowie eine stärkere strategische Herangehensweise bei der öffentlichen Auftragsvergabe, die nachhaltige Beschaffung zu fördern. Allerdings hält der Bundesrat die Bewertung und die Maßnahmen der Kommission zum jetzigen Zeitpunkt für verfrüht.
- 2. Die EU hat das Vergaberecht in den letzten Jahren weitgreifenden Änderungen unterzogen. Die Mitgliedstaaten hatten die legislativen Maßnahmen der EU aus dem Jahr 2014 umzusetzen. Die Bundesrepublik Deutschland hat hierzu im Jahr 2016 umfangreiche Änderungen am vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in Kraft gesetzt. Zudem hat der deutsche Gesetzgeber zeitgleich die Vergabeverordnung (VgV) eingeführt. Sowohl GWB als auch VgV ermöglichen nun zu einem stärkeren Grad, dass neben dem Preis nachhaltige Aspekte ausschlaggebend für die Vergabe öffentlicher Aufträge sein können. Das Ende der Umsetzungsfrist im Jahr 2016 liegt noch nicht lange genug zurück, um evaluieren zu können, ob die Gesetzesnovelle die beabsichtigten Wirkungen entfaltet.
- 3. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Bundesrepublik Deutschland bereits Maßnahmen ergriffen hat, die ein nachhaltiges, digitales, professionelles Beschaffungswesen fördern sollen. Beispielsweise unterstützt die Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung beim Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern öffentliche Auftraggeber bei der Berücksichtigung von Kriterien der Nachhaltigkeit bei Beschaffungsvorhaben. Diese Kompetenzstelle bietet Schulungen und Aufklärung für öffentliche Auftraggeber an und stellt Beschaffungsleitfäden sowie Informationsbroschüren zur Verfügung. Zudem ergreifen Länder und Kommunen weitere Initiativen und Engagements auf lokaler bzw. regionaler Ebene.
- 4. Der Bundesrat unterstützt die Absicht, eine breitere strategische öffentliche Auftragsvergabe zu fördern. Obwohl die Reform des Vergaberechts im Jahr 2016 die stärkere Berücksichtigung von strategischen Aspekten ermöglicht, kommen derartige Maßnahmen zu früh. Die Mitgliedstaaten sollten zunächst selbst Schritte einleiten, die diese Herangehensweise unterstützen.
- 5. Auch das Ziel, öffentliche Beschaffer zu professionalisieren und die Zusammenarbeit bei der Auftragsvergabe zu stärken, begrüßt der Bundesrat. Er ist jedoch der Ansicht, dass zunächst den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einzuräumen ist, Maßnahmen zu ergreifen. So ist gewährleistet, dass die speziellen Bedürfnisse und Anforderungen der Beschäftigten mit einbezogen werden können.
- 6. Der Bundesrat hält es - in Übereinstimmung mit dem Vorschlag der Kommission - gleichfalls für erstrebenswert, den Zugang zu den Märkten für öffentliche Aufträge insbesondere durch eine stärkere Digitalisierung zu verbessern. Dies kann die Zahl der Bieter aufgrund einer größeren Reichweite erhöhen, Ressourcen schonen und den Wettbewerb stärken. Allerdings existieren bereits Initiativen und Maßnahmen, bei denen die digitalisierte Abwicklung von Vergabeverfahren über die EU-rechtlichen Mindestanforderungen hinausgeht.
- 7. Der Bundesrat befürwortet des Weiteren das Ziel, die Transparenz, die Kohärenz und die Datenqualität zu stärken. Auch dies fördert den Wettbewerb und damit die Effizienz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Jedoch hält der Bundesrat es für angezeigt, diese Ziele zunächst mit den bereits ergriffenen Maßnahmen zu verfolgen. Die durch die Reform des Vergaberechts im Jahr 2016 eingeführten Berichtspflichten sind geeignet, zu einer verbesserten Datenbasis beizutragen. Zudem hat der Bundesgesetzgeber 2017 das Gesetz zur Einrichtung und zum Betrieb eines Registers zum Schutz des Wettbewerbs um öffentliche Aufträge und Konzessionen (Wettbewerbsregistergesetz) verabschiedet, das diese Zielsetzung gleichfalls unterstützt.
- 8. Der Bundesrat bekennt sich zu den Zielen der Vergaberechtsnovelle des Jahres 2016 und der Zielrichtung zur Verbesserung der Vergabe öffentlicher Aufträge. Er sieht es jedoch derzeit als sinnvoll an, die Vergabestellen zunächst das neue Recht in der täglichen Beschaffungspraxis umsetzen zu lassen und nicht bereits nach so kurzer Zeit nach der Reform des Wettbewerbsrechts auf europäischer Ebene im Jahr 2014 weitere Maßnahmen bzw. Schritte zu formulieren.
B
- 9. Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union, der Finanzausschuss, der Gesundheitsausschuss, der Ausschuss für Innere Angelegenheiten, der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.