Das Europäische Parlament,
- - gestützt auf den Akt vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments",
- - gestützt auf die Artikel 3, 4 und 9 sowie auf die Anlage I seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis der offiziellen Mitteilungen der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten über die Ergebnisse der Wahl zum Europäischen Parlament,
- - in Kenntnis der Anfechtungen, die in Bezug auf die Gültigkeit der Wahl bestimmter Mitglieder des Europäischen Parlaments geltend gemacht werden,
- - in Kenntnis des Berichts des Rechtsausschusses (A6-0043/2004),
- A. in der Erwägung, dass in Artikel 7 Absätze 1 und 2 des Akts vom 20. September 1976 jene Aufgaben klar festgelegt sind, die mit der Eigenschaft als Mitglied des Europäischen Parlaments unvereinbar sind,
- B. in der Erwägung, dass gemäß Artikel 9 und Anlage I seiner Geschäftsordnung die Abgeordneten gehalten sind, eine Erklärung abzugeben, in der ihre beruflichen Tätigkeiten sowie alle sonstigen gegen Entgelt ausgeübten Funktionen oder Tätigkeiten genau anzugeben sind,
- C. in der Erwägung, dass alle Mitgliedstaaten dem Europäischen Parlament die Namen der gewählten Kandidaten mitgeteilt haben, einige von ihnen jedoch noch nicht die Liste der etwaigen Stellvertreter einschließlich ihrer Rangfolge aufgrund des Wahlergebnisses gemäß Artikel 3 Absatz 2 der Geschäftsordnung übermittelt haben,
- D. in der Erwägung, dass in einigen Fällen seitens eines Mitgliedstaats erst eine teilweise und später eine ergänzende Mitteilung der gewählten Kandidaten erfolgte, wodurch das Europäische Parlament seit der konstituierenden Sitzung nicht in seiner vollständigen Zusammensetzung zusammentreten konnte,
- E. in der Erwägung, dass in einigen Mitgliedstaaten derzeit Anfechtungen der Wahl einiger Mitglieder des Europäischen Parlaments gemäß den geltenden nationalen Gesetzen geprüft werden, und dass diese Verfahren dazu führen könnten, dass die Wahl der betreffenden Mitglieder für ungültig erklärt wird,
- F. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament über die Anfechtungen der Gültigkeit des Mandats seiner Mitglieder gemäß Artikel 12 des Akts vom 20. September 1976 lediglich bei einem Verstoß gegen die Vorschriften des genannten Akts befindet, mit Ausnahme jedes eventuellen Verstoßes gegen die Wahlvorschriften in den nationalen Gesetzen, auf die der Akt verweist,
- G. in der Erwägung, dass die Änderungen des Akts vom 20. September 1976 mit Beschluss 2002/772/EG, Euratom des Rats vom 25. Juni 2002 und 23. September 2002, die Unangemessenheit der Bestimmungen von Artikel 3 und 4 der Geschäftsordnung unterstrichen haben, insbesondere was die Maßnahmen betreffend die Prüfung von offenkundigen Unvereinbarkeiten (gemäß Artikel 7 des Akts vom 20. September 1976) ab dem Beginn der konstituierenden Sitzung des Europäischen Parlaments anbelangt,
- 1. erklärt, vorbehaltlich etwaiger rechtsgültiger Entscheidungen der zuständigen Stellen in den Mitgliedstaaten, in denen ein Wahlergebnis angefochten wurde, das Mandat der in Anhang I des vorliegenden Beschlusses aufgeführten Mitglieder des Europäischen Parlaments, deren Wahl von den zuständigen nationalen Behörden mitgeteilt wurde und die die schriftlichen Erklärungen gemäß Artikel 7 Absätze 1 und 2 des Akts vom 20. September 1976 und gemäß Anlage 1 der Geschäftsordnung abgegeben haben, für gültig;
- 2. erklärt die geltend gemachten Anfechtungen der Gültigkeit der Wahl einzelner Mitglieder des Europäischen Parlaments mit der für jede Anfechtung in Anhang II des vorliegenden Beschlusses genannten Begründung für unzulässig und unbegründet;
- 3. bekräftigt das Ersuchen an die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, ihm nicht nur die Namen der gewählten Kandidaten, sondern auch die Namen ihrer etwaigen Stellvertreter einschließlich ihrer Rangfolge aufgrund des Wahlergebnisses mitzuteilen;
- 4. ersucht die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, die Mitteilung der gewählten Mitglieder des Europäischen Parlaments unverzüglich vorzunehmen, damit die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments ab seiner konstituierenden Sitzung vollständig ist;
- 5. ersucht die zuständigen Stellen in den Mitgliedstaaten, die Prüfung der ihnen vorgelegten Anfechtungen rasch abzuschließen und das Europäische Parlament von dem Ergebnis zu unterrichten;
- 6. beauftragt seinen Präsidenten, den zuständigen Ausschuss mit der Frage zu befassen, wie die Artikel 3 und 4 der Geschäftsordnung einerseits an den Akt vom 20. September 1976 in seiner geänderten Fassung angepasst werden können und andererseits die Bestimmungen dergestalt präzisiert werden können, dass es dem Parlament möglich ist, auf eventuelle Fälle offenkundiger Unvereinbarkeit zu reagieren, damit es ab der konstituierenden Sitzung in seiner vollständigen Zusammensetzung zusammentreten kann;
- 7. beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss den zuständigen nationalen Behörden und den Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
Anhang I:
Verzeichnis der Mitgieder des Europäischen Parlaments, deren Mandat für gültig erklärt wurde.
(Liste beim Bundesrat im PDF-Format)
Anhang II:
Kurze Zusammenfassung der Anfechtungen, die geltend gemacht werden
Eingegangene Anfechtungen:
Elias NIKOLOPOULOS, Grieche, beschwert sich im Namen der Partei DI.K.Kl über deren Ausschluss von den letzten in Griechenland abgehaltenen Wahlen zum Europäischen Parlament. Insbesondere wurde die Liste der Kandidaten von der Ersten Zivilkammer des griechischen Kassationsgerichtes wegen Nichterfüllung der im griechischen Recht vorgesehenen Anforderungen an die Legitimation der die Liste vorlegenden Personen abgelehnt.
Da es sich um eine Anfechtung wegen Verstoßes gegen die Vorschriften der nationalen Gesetze handelt, wird sie gemäß Artikel 12 des Akts von 1976 für unzulässig erachtet.
Christopher SCIBERRAS, Malteser, Kandidat bei den Wahlen, beklagt angebliche Unregelmäßigkeiten bei den in Malta abgehaltenen Wahlen zum Europäischen Parlament. Dabei werden von ihm insbesondere genannt: die unterschiedliche Behandlung der kleinen und großen Parteien in Bezug auf die Informationen über die Gesetzesänderungen der betreffend die Höchstgrenze der Wahlkampfkosten für die einzelnen Kandidaten und die faktische Unmöglichkeit, in Radio und Fernsehen gleichberechtigt Wahlwerbung zu machen. Die diesbezügliche Beschwerde, die bei der maltesischen Wahlkommission eingereicht wurde, wurde abgewiesen.
Da es sich um eine Anfechtung betreffend Sachverhalte handelt, die auf einen Verstoß gegen Vorschriften der nationalen Gesetze und nicht auf einen Verstoß gegen die Vorschriften des Akts von 1976 zurückzuführen sind, wird sie gemäß Artikel 12 des Akts von 1976 für unzulässig erachtet.
Juan Pedro PEREZ BARRERA, Spanier, ficht die Wahl eines in Spanien gewählten Mitglieds des Europäischen Parlaments an. Der beschriebene Sachverhalt bezieht sich in keiner Weise auf die Vorschriften des Akts von 1976. Daher wird die Anfechtung gemäß Artikel 12 des Akts von 1976 für unzulässig erachtet.
Stanislav PECKA, Tscheche, Kandidat bei den Wahlen, beschwert sich über das mangelhafte Gesetz über die Wahlen zum Europäischen Parlament, andere Wahlgesetze und das Gesetz über die Wahlen zum tschechischen Senat.
Da es sich um eine Anfechtung betreffend Sachverhalte handelt, die auf einen Verstoß gegen Vorschriften der nationalen Gesetze und nicht auf einen Verstoß gegen die Vorschriften des Akts von 1976 zurückzuführen sind, wird sie gemäß Artikel 12 des Akts von 1976 für unzulässig erachtet.
Friedrich Wilhelm MERCK, Deutscher, Vorsitzender der Kommission der Europäischen Föderalisten für die Europäische Verfassung, ficht die Wahl der in der Bundesrepublik Deutschland gewählten Mitglieder des Europäischen Parlaments der Liste "Die Grünen" an. Der Anfechtende beklagt einen Verstoß gegen Artikel 1 Absatz 3 des Akts von 1976, und insbesondere gegen den Grundsatz der allgemeinen unmittelbaren Wahlen durch die Liste "Die Grünen", auf der ein Wechsel zwischen Kandidatinnen (auf den ungeraden Plätzen) und Kandidaten (auf den geraden Plätzen) vorgesehen war, wodurch Erstere gegenüber Letzteren begünstigt werden. Die quotenmäßige Aufteilung zwischen den beiden Geschlechtern beruhe nicht auf dem Gleichheitsprinzip, da die Kandidaten in keinem Falle einen ungeraden Platz auf der Liste erhalten könnten, während die Kandidatinnen die Möglichkeit hätten, auch für männliche Kandidaten vorgesehene (gerade) Plätze einzunehmen.
Diesbezüglich ist festzustellen, dass der Grundsatz der allgemeinen Wahlen in keiner Weise eingeschränkt ist. Dieser bezieht sich auf das aktive und passive Wahlrecht, das allen Bürgern der Europäischen Union unterschiedslos zusteht. Im vorliegenden Fall verstoßen die Regeln einer Partei oder einer unabhängigen Bürgervereinigung zum Zwecke der Aufstellung einer Liste für die Wahlen zum Europäischen Parlament mit der Vorgabe, ein Gleichgewicht zwischen den Kandidaten beider Geschlechter herzustellen, in keiner Weise gegen das allgemeine Wahlrecht, da die Bürger der Europäischen Union und des Mitgliedstaates vor der Wahl mehrere Listen vorlegen und dann aus den vorgelegten Listen auswählen können, unabhängig von den Kriterien des Gleichgewichts zwischen den Geschlechtern und der Reihenfolge der Kandidatinnen und Kandidaten.
Ferner stehen die konkreten Maßnahmen zur Herstellung eines Gleichgewichts zwischen den Geschlechtern auf einer Wahlliste voll und ganz im Einklang mit dem Grundsatz der Gleichheit von Männern und Frauen, der von der Mehrheit der Mitgliedstaaten anerkannt wird und in Artikel 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist. Dieser nicht rein formale Grundsatz, erlaubt, ja fördert sogar Maßnahmen, die besondere Vorteile für das unterrepräsentierte Geschlecht vorsehen. Wie das Europäische Parlament wiederholt feststellen konnte, liegt der Anteil der gewählten weiblichen Mitglieder des Europäischen Parlaments unbestreitbar noch weit unter der Hälfte der Mitglieder der Versammlung.
Daher wird die Anfechtung gemäß Artikel 12 des Akts von 1976 für unbegründet erachtet.
Tadeus ANDZEJEVSKI, Litauer, Kandidat bei den Wahlen, ficht die in Litauen vorgenommene Zuteilung der Sitze im Europäischen Parlament an. Er beklagt insbesondere, dass die Liste "Gemeinsam sind wir stark", in der eine Koalition aus drei regionalen Parteien der polnischen und russischen Minderheiten vertreten ist, keinen einzigen Sitz erhalten hat, obwohl sie die für die Sitzzuteilung vom litauischen Wahlgesetz vorgesehene 5%-Hürde genommen hatte, während sechs andere Listen die 13 Sitze erhalten haben, die Litauen zustehen. Diese von der zentralen Wahlkommission vorgenommene Sitzzuteilung widerspreche Artikel 3 des Akts von 1976, der besagt: "Für die Sitzvergabe können die Mitgliedstaaten eine Mindestschwelle festlegen. Diese Schwelle darf jedoch landesweit nicht mehr als 5 %. der abgegebenen Stimmen betragen".
Abgesehen von dem oben angeführten Artikel 3 ist darauf hinzuweisen, dass in Artikel 1 Absatz 1 des Akts vorgesehen ist, dass die Wahl auf der Grundlage von Listen oder übertragbaren Einzelstimmen nach dem Verhältniswahlsystem zu erfolgen hat. Daran sind die Gesetze der Mitgliedstaaten gebunden, die jedoch eine Beschränkung durch eine Mindestschwelle für die Sitzvergabe (bis zu 5% der auf nationaler Ebene abgegebenen Stimmen) festlegen können, um die Aufsplitterung der Wählerschaft zu vermeiden. Allerdings ist es nicht möglich, Artikel 3 des Akts in dem Sinne auszulegen, dass jeder Liste, die die
Mindestschwelle von 5% überschreitet, mindestens ein Sitz zugeteilt werden muss, da ja im Falle von Mitgliedstaaten, die eine geringe Zahl von Sitzen haben (im Falle Litauens: unter 20), dies aus allein arithmetischen Gründen unmöglich ist. Nach abschließender Prüfung im Lichte der vorgelegten Unterlagen kann die vorgebrachte Anfechtung nicht als begründet angesehen werden und infolgedessen können die Mandate der von Litauen mitgeteilten Mitglieder des Europäischen Parlaments nicht für gültig erklärt werden.
Daher wird die Anfechtung gemäß Artikel 12 des Akts von 1976 für unbegründet erachtet.