Der Bundesrat hat in seiner 846. Sitzung am 4. Juli 2008 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt das mit dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Stärkung von Eurojust verbundene Anliegen, eine möglichst reibungslose Zusammenarbeit zwischen Eurojust und den Mitgliedstaaten anzustreben. Das Bemühen, Eurojust die Mittel an die Hand zu geben, die es benötigt, um die ihm zugewiesenen Aufgaben effektiv zu erledigen, findet Unterstützung. Änderungen der rechtlichen Grundlagen von Eurojust sollten aber nur vorgenommen werden, soweit sie geeignet und erforderlich sind, um in der Praxis festgestellte tatsächliche oder rechtliche Probleme zu beseitigen. Darüber hinausgehende Maßnahmen könnten - abgesehen von dem damit einhergehenden Mehraufwand - zu einer Verunsicherung der Praxis führen und die berechtigte Sorge hervorrufen, beabsichtigt sei nicht nur die Verbesserung der Wirksamkeit von Eurojust, sondern die Vorbereitung einer europäischen Staatsanwaltschaft. Dies wäre für die Zusammenarbeit mit Eurojust kontraproduktiv. Für die Schaffung einer europäischen Staatsanwaltschaft bietet der Vertrag von Lissabon die rechtliche Grundlage. Wenn und soweit hierfür eine Notwendigkeit besteht und der politische Wille hierzu vorhanden ist, kann dieser Weg beschritten werden. Die sukzessive Einführung einer europäischen Staatsanwaltschaft "durch die Hintertür", noch dazu ohne Aufbau einer entsprechenden gerichtlichen Kontrolle, wäre hingegen eher geeignet, das gegenseitige Vertrauen zu beeinträchtigen.
- 2. Bei der Bewertung der Erforderlichkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen ist zu berücksichtigen, dass die Praxis gute Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Eurojust gemacht hat. Strukturelle Probleme sind bislang nicht bekannt geworden. Eurojust wird, wie die stetig steigenden Fallzahlen belegen, zunehmend bekannt und in Anspruch genommen. Die Kommission und auch Eurojust selbst ziehen eine grundsätzlich positive Bilanz. Es wird vor diesem Hintergrund ausdrücklich begrüßt, dass der Entwurf die Grundstruktur von Eurojust unverändert lässt. Die Erfahrungen haben bestätigt, dass sich die Tätigkeiten von Eurojust (zentral strukturiert) und des Europäischen Justiziellen Netzes (EJN) (dezentral strukturiert) wirksam ergänzen.
- 3. Die Einrichtung einer rund um die Uhr erreichbaren und einsatzbereiten Koordinierungsstelle bei Eurojust ist aus praktischer Sicht positiv zu bewerten. Die Zuweisung von einheitlichen Notfallbefugnissen an Eurojust in diesem wie in anderen Zusammenhängen ist demgegenüber mit der (föderalen) Struktur der Strafverfolgungsbehörden in Deutschland nicht vereinbar und abzulehnen. Es ist auch kein Fall bekannt, in dem das Fehlen von Eingriffsbefugnissen deutscher Mitglieder von Eurojust zu praktischen Unzuträglichkeiten geführt hat.
- 4. Der Bedarf für ein nationales Eurojust-Koordinierungssystem ist nicht evident. Wenn ein solches ins Auge gefasst werden sollte, muss es einen erkennbaren Mehrwert bringen und darf nicht zu unnötigem zusätzlichen Verwaltungsaufwand führen. Wenn die Koordinierung im internationalen Bereich verstärkt werden sollte, ist zunächst an die bestehenden Strukturen, etwa die Kontaktstellen des EJN, zu denken.
- 5. Es ist nicht zu bestreiten, dass Eurojust in der Vergangenheit sehr selten von nationalen deutschen Ermittlungsverfahren unterrichtet worden ist. Die Ausweitung der Informationspflichten gegenüber Eurojust in vernünftigem Rahmen erscheint vor diesem Hintergrund hinnehmbar. Bei der Verstärkung von Informationspflichten muss aber Ausgangspunkt sein, dass es nicht um den Ausbau einer neuen europäischen zentralen Institution geht, die die nationalen Strafverfolgungsbehörden kontrolliert. Vielmehr kann es nur darum gehen, die Tätigkeit von Eurojust im bestehenden Rahmen - Unterstützung der Koordinierung von Ermittlungsverfahren - zu stärken.