Der Bundesrat hat in seiner 926. Sitzung am 10. Oktober 2014 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt das mit dem Vorschlag für eine Verordnung zur Errichtung einer Agentur der EU für die Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet der Strafverfolgung (CEPOL) verfolgte Ziel, die Fortbildung von Strafverfolgungsbediensteten zum Zweck der grenzüberschreitenden Verbrechensbekämpfung zu verbessern.
- 2. Die Polizeibehörden der Mitgliedstaaten sehen sich im Bereich der grenzüberschreitenden Kriminalitätsbekämpfung sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung mit stetig wandelnden Herausforderungen konfrontiert. Aus dieser Entwicklung resultieren auch sich regelmäßig ändernde Anforderungen an die polizeiliche Aus- und Weiterbildung. Vor diesem Hintergrund unterstützt der Bundesrat das Bemühen der Kommission, den Bildungsauftrag von CEPOL fortzuschreiben und an die seit der Verabschiedung der aktuellen Rechtsgrundlage im Jahr 2005 geänderten Rahmenbedingungen anzupassen.
- 3. Der Bundesrat begrüßt ausdrücklich die mit der Vorlage des Verordnungsvorschlags zum Ausdruck kommende Absicht der Kommission, von der ursprünglich geplanten Zusammenlegung von CEPOL mit dem Europäischen Polizeiamt (Europol) abzusehen und damit CEPOL als eigenständige Agentur zu erhalten. Diese Entscheidung trägt der besonderen Bedeutung der Aus- und Weiterbildung im Bereich der Strafverfolgung auf europäischer Ebene Rechnung. Sie berücksichtigt zudem die seitens des Bundesrates diesbezüglich artikulierte Position - siehe Stellungnahme vom 3. Mai 2013 (BR-Drucksache 248/13(B) ) zur Mitteilung der Kommission für ein Europäisches Fortbildungsprogramm für den Bereich Strafverfolgung und Stellungnahme vom 7. Juni 2013 (BR-Drucksache 346/13(B) ) zum Vorschlag für eine Europol-Verordnung.
- 4. Der aktuelle Verordnungsvorschlag bezieht sich an mehreren Stellen (unter anderem bei den in Artikel 3 definierten Zielen von CEPOL) auf ein so genanntes "Fortbildungsprogramm im Bereich Strafverfolgung". Hierdurch wird der Eindruck erweckt, es handele sich dabei um einen konsentierten Handlungsrahmen. Tatsächlich wurde die zugrundeliegende Mitteilung der Kommission vom 27. März 2013 auf europäischer Ebene weder im Detail in den hierfür zuständigen Gremien erörtert noch in dem für ein solches Instrument vorgesehenen Verfahren verabschiedet. Der Bundesrat hatte gerade gegen wesentliche Inhalte dieser Mitteilung der Kommission ausgeprägte Bedenken vorgetragen - siehe die oben genannte Stellungnahme vom 3. Mai 2013. Der Bundesrat bittet daher um Streichung dieser Verweise.
- 5. Anlässlich der Vorlage der Mitteilung der Kommission über ein Europäisches Fortbildungsprogramm für den Bereich Strafverfolgung hatte der Bundesrat auf das beschränkte Mandat der EU im Bereich der polizeilichen Aus- und Weiterbildung gemäß Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b AEUV hingewiesen - siehe die oben genannte Stellungnahme vom 3. Mai 2013. Aufgrund der Inhalte des Vorschlags der durch die Kommission vorgelegten Europol-Verordnung hatte der Bundesrat in diesem Zusammenhang sogar eine Subsidiaritätsrüge ausgesprochen - siehe Stellungnahme vom 7. Juni 2013 (BR-Drucksache 346/13(B) ).
Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission die damals vorgetragenen Bedenken in dem nunmehr vorgelegten Vorschlag für eine CEPOL-Verordnung weitgehend berücksichtigt hat. Gleichwohl enthält der Vorschlag in Bezug auf das Mandat von CEPOL noch Inhalte, insbesondere zur "Ausarbeitung gemeinsamer Lehrpläne" (Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe d), zur "Schulung von Ausbildern" (Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe f) sowie zur "Entwicklung und Aktualisierung von Lehrmitteln und -methoden" (Artikel 3 Absatz 2), die sich aus Sicht des Bundesrates nach wie vor nicht gänzlich im Einklang mit dem übergeordneten europäischen Rechtsrahmen befinden. Der Bundesrat bittet daher um Modifizierung der entsprechenden Passagen.
- 6. Der Verordnungsvorschlag enthält an nachrangiger Stelle - Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c - den Hinweis auf die Möglichkeit der Durchführung von Aus- und Fortbildungsmaßnahmen zu bestimmten Themenbereichen, sofern "durch die Schulungen auf Unionsebene ein zusätzlicher Nutzen entsteht". Diese Maßgabe sollte aus Sicht des Bundesrates generelle Handlungsmaxime von CEPOL sein, da sie einerseits dem in Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b in Verbindung mit Artikel 87 Absatz 1 AEUV enthaltenen Mandat der EU im Bereich der Aus- und Weiterbildung Rechnung trägt, andererseits nochmals die eigentliche Zielrichtung und den Mehrwert der Aktivitäten von CEPOL verdeutlicht. Der Bundesrat bittet daher, eine solche Formulierung als übergeordneten Handlungsrahmen für CEPOL in die Verordnung aufzunehmen.
- 7. CEPOL sollte auch künftig - wie bereits dargelegt - nur dort tätig werden, wo der Schulung auf Unionsebene im Verhältnis zu nationalen Fortbildungsmaßnahmen ein zusätzlicher Nutzen zukommt. Soweit die Berufsgruppe der Staatsanwälte betroffen sein sollte, dürfte Maßnahmen der Union der notwendige Mehrwert nur bei Fortbildungsmaßnahmen zukommen, die sich gerade auf die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen beziehen. Alle in Artikel 3 des Verordnungsvorschlags genannten Ziele und alle in Artikel 4 aufgeführten Aufgaben sollten daher diesen Bezug zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Straftaten unmissverständlich zum Ausdruck bringen.
- 8. Wenngleich CEPOL bisher schon eine eigene Rechtspersönlichkeit und einen ausgewiesenen Sitz hatte, funktionierte es als ein Netzwerk der nationalen Ausbildungseinrichtungen der Mitgliedstaaten (Artikel 2 bis 4 des CEPOL-Beschlusses vom 20. September 2005). Obwohl die Konzipierung und Durchführung der einzelnen Fortbildungsmaßnahmen auch zukünftig in erster Linie den Mitgliedern des Netzwerkes obliegen dürfte, sieht der aktuelle Vorschlag der CEPOL-Verordnung eine deutliche Aufweichung dieses Netzwerkgedankens vor: CEPOL wäre demnach nicht mehr selbst Teil des Netzwerkes. Vielmehr würde die Agentur ihre Aufgabe lediglich noch darin sehen, "das Netz der Aus- und Fortbildungseinrichtungen der Mitgliedstaaten für Strafverfolgungsbedienstete zu koordinieren" (Artikel 3 Absatz 3 des Vorschlags der CEPOL-Verordnung) und den zukünftigen eigenständigen Bildungsauftrag (Artikel 3 Absätze 1 und 2) "in Zusammenarbeit mit dem Netz der Aus- und Fortbildungseinrichtungen der Mitgliedstaaten" umzusetzen (Artikel 3 Absatz 4). Diese Planungen sind bedenklich, da sie eine wesentliche Schwächung der nationalen Mitglieder des Netzwerkes bzw. eine deutliche Verschiebung der Kompetenzen zugunsten der CEPOL-Zentralstelle und damit der europäischen Ebene bewirken würden. Der Bundesrat sieht daher das Erfordernis, das Netzwerk in seiner bisherigen Ausgestaltung beizubehalten.
- 9. Aus Sicht des Bundesrates ist auch bei der künftigen Fortentwicklung der Fortbildungstätigkeit im Bereich der Bekämpfung von Straftaten auf europäischer Ebene darauf zu achten, dass die auf Unionsebene entwickelten Maßnahmen freiwillige Angebote bleiben, welche die Mitgliedstaaten weder inhaltlich binden noch sie zur Teilnahme verpflichten, bzw. die national zur Organisation der Fortbildung berufenen Stellen von der Veranstaltung eigener Schulungen oder der Entwicklung eigener Lehrmaterialien ausschließen.
- 10. Der Bundesrat stellt fest, dass es sich nach seiner Auffassung - entgegen der von der Kommission in der Ursprungsfassung der Vorlage vorgenommenen Einstufung - um ein dem Frühwarnmechanismus zur Subsidiaritätskontrolle unterfallendes Dokument handelt.
- 11. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.