Empfehlungen der Ausschüsse 877. Sitzung des Bundesrates am 26. November 2010
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Genehmigung von zweirädrigen, dreirädrigen und vierrädrigen Fahrzeugen sowie über die entsprechende Marktüberwachung KOM (2010) 542 endg.

A

Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) und der Verkehrsausschuss (Vk) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:

Begründung zu Ziffern 1, 4, 8, 9 und 11 (nur gegenüber dem Plenum):

Die Luftqualitätsgrenzwerte werden in vielen europäischen Städten immer noch häufig überschritten. Sie können in vielen Ballungsräumen selbst bei Inanspruchnahme der verlängerten Einhaltungsfristen nur schwer eingehalten werden. Auch die städtische Lärmbelastung liegt häufig über den gesundheitlich relevanten Schwellenwerten.

Die Abgasstandards für Pkw und Lkw wurden deshalb in den letzten Jahren unter Ausschöpfung des technischen Fortschritts bei der Abgasminderung sukzessive verschärft.

Der jetzt vorliegende Verordnungsvorschlag lässt jedoch eine ähnlich ambitionierte Anpassung der Emissionsnormen an den technischen Fortschritt für "L"-Fahrzeuge vermissen.

So entsprechen die vorgeschlagenen, erst für 2014/15 verbindlichen Euro-3- Grenzwerte für die Luftschadstoffemissionen in weiten Bereichen noch den Abgasvorschriften für Pkw von 1992. Dies führt zu der paradoxen Situation, dass die vorgeschlagene Verordnung Motorrädern und anderen Kleinfahrzeugen bis auf Weiteres erheblich mehr Emissionen zugesteht, als selbst Pkw und Lkw, die unter das Fahrverbot in Umweltzonen fallen.

Auch bezüglich der Geräuschemission werden wenig anspruchsvolle Grenzwerte vorgeschlagen. Beispielsweise wird für zweirädrige Krafträder mit einem Hubvolumen > 175 cm3 in dem Vorschlag der Verordnung ein Geräuschgrenzwert von 80 dB(A) sowohl für Euro 3 als auch für Euro 4 vorgeschlagen, wohingegen für zweirädrige Krafträder mit einem Hubvolumen > 150 cm3 mit Stand des Jahres 2003 schon 75 dB(A) als Geräuschgrenzwert vorgeschlagen wurde, welcher in einer zweiten Stufe noch einmal um 2 dB(A) gesenkt werden sollte. Hier werden Minderungspotentiale offenbar, die eine Absenkung der Euro-4-Grenzwerte für die Geräuschemission möglich machen.

Gleichzeitig erlaubt der derzeitige Stand der Abgasminderungstechnik eine um mindestens drei Jahre vorgezogene Einführung der Euro-4-Norm, um dem Ziel näher zu kommen, dass langfristig auch Motorräder und Kleinfahrzeuge nicht mehr Schadstoffe und Lärm verursachen als Pkw und kleine Lkw.

Im Rahmen der bei der UN/ECE anhängigen Entwicklung der Regelungen zur Typprüfung sollte darauf hingewirkt werden, dass die zugrundeliegenden technischen Kriterien die Geräuschemissionen in der Realität widerspiegeln.

Begründung zu Ziffern 5 bis 7 und 10 (nur gegenüber dem Plenum):

Motorräder stellen bezüglich ihres Lärmpotenzials in der EU die mit Abstand lauteste Fahrzeugkategorie dar. Die Grundlage für die in dem Verordnungsvorschlag im Anhang VI unter D) genannten Geräuschgrenzwerte für Motorräder ist die Richtlinie 87/56/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986. Diese Grenzwerte traten am 1. Oktober 1993 bzw. am 31. Dezember 1994 in Kraft. Es ist deshalb notwendig, die Grenzwerte anzupassen und zu senken. Zudem sollen künftig die Grenzwerte zu jeder Stufe im Grenzwertmodell dynamisiert fortgeschrieben werden. Neben den zweirädrigen Motorrädern sollten die anspruchsvolleren Grenzwerte auch für Straßen-Quads und sogenannte "Trikes" gelten.

Seit einigen Jahren ist ein neues Messverfahren für die Geräuschtypprüfung von Kraftfahrzeugen bei der UN/ECE in Entwicklung, welches realitätsnähere Geräuschpegelmessungen ermöglichen soll. Das Ergebnis liegt voraussichtlich erst ab 2013 vor. Es ist allerdings für eine Fortschreibung von Geräuschemissionsgrenzwerten nicht erforderlich, dieses Ergebnis abzuwarten.

Lärmminderung bei den wichtigsten Lärmquellen, wie beispielsweise Straßenfahrzeuge, ist ein wichtiges Ziel der Umgebungslärmrichtlinie (Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002), um vorzugsweise schädliche Auswirkungen, einschließlich Belästigungen, durch Umgebungslärm zu verhindern, ihnen vorzubeugen oder sie zu mindern. Im Regelungsbereich der vorgeschlagenen Verordnung besteht bei zwei-, drei- und vierrädrigen Fahrzeugen der Klasse L ein besonders hohes Lärmminderungspotenzial an der Quelle.

B