827. Sitzung des Bundesrates am 3. November 2006
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Finanzausschuss (Fz) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat unterstützt das Vorhaben der Kommission, im Finanzsektor den Binnenmarkt durch eine Konvergenz der Aufsichtsanforderungen in Bezug auf Übernahmen und Beteiligungen an Banken, Versicherungs- und Wertpapierunternehmen zu stärken.
- 2. Der Richtlinienvorschlag bezieht sich sowohl auf rein nationale als auch auf EU-weite und die EU-Grenzen überschreitende Fälle. Der Bundesrat bittet deshalb die Bundesregierung, darauf zu achten, dass nur Bereiche geregelt werden, in denen im grenzüberschreitenden Geschäfts- und Kapitalverkehr der EU ein Regelungsbedarf besteht.
- 3. Die nach dem Vorschlag zu ändernden Richtlinien werden das gesamte Verfahren einschließlich der einzuhaltenden Fristen und Kriterien festlegen, die von den zuständigen Behörden bei der Beurteilung des Erwerbs von Beteiligungen zu beachten sind. Der Bundesrat ist nicht der Überzeugung, dass die detaillierten Fristenregelungen den von der Kommission erarbeiteten Leitlinien für eine "Better Regulation" voll entsprechen. Die Bundesregierung wird darum gebeten, sich dafür einzusetzen, dass für die Fristen ein Rahmen gesetzt wird, der flexibel genutzt werden darf.
Der Ansatz der Kommission, den Verfahren jegliche Flexibilität zu nehmen, wird praktischen und rechtlichen Erfordernissen kaum gerecht werden können. Die Kommission hat in ihrem Vorschlag sowohl für die Investoren als auch für die Behörden idealtypische Maßstäbe an den Verfahrensablauf zu Grunde gelegt. Der Richtlinienvorschlag könnte deshalb zum einen dazu führen, dass von einer Aufsichtsbehörde gegen so manche erste Erwerbsabsicht aus Zeitnot wegen ungenügender Entscheidungsreife Einspruch erhoben wird. Solche Einsprüche können jedoch den Ruf eines Erwerbers beeinträchtigen und damit abschreckend auch auf andere solvente Investoren wirken und das Investitionsklima insgesamt schädigen. Zum anderen muss einer Aufsichtsbehörde im Interesse der Finanzstabilität genügend Zeit für eine Beweisführung bleiben, die einer gerichtlichen Überprüfung standhält. Dafür wird teilweise die 30-Tage-Frist zu kurz sein.
- 4. Im Übrigen ist der Bundesrat der Auffassung, dass sich die Aufsichtsbehörde nicht immer mit den vorgelegten Unterlagen begnügen kann, sondern insbesondere um das Risiko von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung auszuschließen, auch von Amts wegen den einwandfreien Ruf von potenziellen Erwerbern prüfen muss.
- 5. Nach Darstellung der Kommission dürfte der Vorschlag mit keinen zusätzlichen Verwaltungskosten verbunden sein. Die Initiative habe keine Auswirkungen auf den Haushalt und es bedürfe auch keiner zusätzlichen Human- und Verwaltungsressourcen. Diese Aussagen unterliegen - angesichts bürokratischer Einzelvorschriften und kurzer Fristen sowie der Einschaltung mehrerer Behörden - Zweifeln und bedürfen daher im weiteren Verfahren der Überprüfung. Die Bundesregierung wird gebeten, die Auswirkungen der Vorschläge auf die Haushalte nachvollziehbar darlegen zu lassen und dabei auf das Ziel der konsequenten Begrenzung und Verringerung der Bürokratiekosten hinzuwirken.