Der Bundesrat hat in seiner 798. Sitzung am 2. April 2004 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Grundsätzlich begrüßt der Bundesrat den von der Kommission vorgelegten Aktionsplan für Umwelttechnologie, der das Ziel hat, durch Umwelttechnologie gleichzeitig Wirtschaftswachstum und Lebensqualität in der EU zu steigern und Ressourcen zu schonen. Mit der Kommission ist er der Auffassung, dass die wirtschafts- und forschungspolitischen Ziele nur von starken Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten erreicht werden können, die führend im internationalen Wettbewerb sind.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich bei den weiteren Verhandlungen auf EU-Ebene für die Verwirklichung der folgenden Gesichtspunkte einzusetzen:
Zur Vorlage allgemein
- 2. Entsprechend dem Subsidiaritätsgedanken sollten Selbstverpflichtung und Eigenverantwortung der Wirtschaft Vorrang vor Regulierung eingeräumt werden.
- 3. Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und Innovationen zu stimulieren, ist ein stabiler und wettbewerbsneutraler Rechtsrahmen im Bereich Umwelt zu schaffen. Dazu müssen bestehende Strategien und Regelungen zur Umwelt- und Ressourcenschonung sowie energiesparrechtliche Vorschriften auf EU- und Bundesebene integriert und die Regelungsdichte muss zurückgeführt werden.
- 4. Zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen sollte eine Angleichung an internationale Standards oder eine Internationalisierung der EU-Standards angestrebt werden. Neue Strategien sollten nur nach sorgfältiger Abschätzung der Folgekosten eingeführt werden.
- 5. Nachhaltige Technologien wirken nur dann wachstumsfördernd, wenn sie aus wirtschaftlichen und sozialen Gründen akzeptiert werden und sich im Wettbewerb ohne Subventionen am Markt behaupten. Regulative Maßnahmen sollten deshalb nur bei Marktversagen ergriffen werden. Die finanzielle Förderung sollte sich auf Forschung und Entwicklung und hier auf die Entwicklung neuer Technologiefelder, nicht die Förderung einzelner Technologien, beschränken. Für die Markteinführung und -behauptung hingegen muss ausreichend Risikokapital zur Verfügung gestellt werden.
- 6. Die Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft und der internationale Technologie- und Wissenstransfer sollen unterstützt werden. Bei der geplanten Entwicklung von Technologieplattformen und Kooperationsbörsen sollten vorrangig vorhandene Systeme und Einrichtungen zu Grunde gelegt und ausgebaut werden.
- 7. Für Unternehmen, die freiwillig Umweltmanagementsysteme einführen, sollen Anreize geschaffen werden, damit diese ihre Vorreiterstellung im Umweltschutz weiter ausbauen. Dabei ist zu vermeiden, dass europäische Binnenregelungen zu Nachteilen im internationalen Wettbewerb führen. Deshalb sind freiwillig eingeführten Umweltmanagementsystemen internationale Normen zu Grunde zu legen.
- 8. Akzeptanz und Offenheit für neue Technologien sind die Voraussetzung für Technologieführerschaft und Markterfolg. Deshalb ist es erforderlich, der Gesellschaft die Situation und die Ziele im Umweltbereich sowie die Mittel und Wege zur Erreichung dieser Ziele durch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit zu vermitteln. Dabei müssen Vorzüge und Chancen neuer Technologien in den Mittelpunkt gestellt werden, nicht allein deren Risiken. Bestehende Strategien stehen häufig nicht im Einklang mit diesem Ziel.
Zu Anhang II Abschnitt "Ordnungspolitische Hindernisse und Normung" Abs. 1
- 9. Der Bundesrat teilt die Auffassung, dass unklare Formulierungen in Rechtsvorschriften zu Unsicherheit auf dem Markt führen und sich negativ auf Investitionsanreize auswirken können. Er hält jedoch die Formulierung dieser Aussage in der vorliegenden Fassung für zu allgemein und daher für nicht nachvollziehbar.
Das wird besonders an dem gewählten Beispiel der Abgrenzung der Begriffe "Abfallverwertung" und "Abfallbeseitigung" deutlich, weil Unschärfen in der Abgrenzung dieser Begriffe Investitionen nicht verhindern und bisher auch nicht verhindert haben. So werden beispielsweise Verbrennungsanlagen unabhängig davon gebaut, ob die Verbrennung von Siedlungsabfällen als Verwertung oder Beseitigung eingestuft wird. Das trifft ebenso auf Bodenbehandlungsanlagen zu. Deshalb bittet der Bundesrat die Bundesregierung sich dafür einzusetzen, dass die Aussage klarer formuliert und zum besseren Verständnis durch geeignete konkrete Beispiele belegt wird.
- 10. Außerdem hält der Bundesrat die Aussage, dass sich die Festlegung von Grenzwerten innovationshemmend auswirken kann, für nicht zutreffend. Gerade die Festlegung von Grenzwerten bewirkt die Entwicklung, Erprobung, Einführung und Weiterentwicklung neuer Techniken. Beispiele dafür sind die Einführung von Emissionsgrenzwerten von Abfallverbrennungsanlagen, von Grenzwerten für Autoabgase, von Ablaufwerten von Kläranlagen oder von Vorgaben für Energieeinsparungen. Wenn bestimmte Grenzwerte vorgegeben werden, wird in neue Anlagen bzw. Verfahren investiert. Der Wettbewerb zwischen den Verfahrensanbietern führt zu weiteren Innovationen und zu einer technischen Weiterentwicklung. Wenn diese einen bestimmten Stand erreicht hat, bewirkt die Fortschreibung der Grenzwerte eine Einführung der höher entwickelten Verfahrenstechnik und damit eine Verbesserung der technischen Standards auf breiter Linie. Dies ist dann eine Plattform für die Weiterentwicklung der jeweiligen technischen Standards. Insoweit ist davon auszugehen, dass sich ohne die Festlegung von Grenzwerten die Entwicklung von Techniken zum Schutz der Umwelt eher verlangsamen wird oder gar zum Stillstand kommen kann wenn sich aus der technischen Weiterentwicklung keine ökonomischen oder sonstigen Vorteile für den Investor ergeben.